Schutz des Künstlernamens beginnt nicht mit Benutzung, sondern mit Durchsetzung in Öffentlichkeit

Der Schutz eines Künstlernamens durch § 12 BGB beginnt nicht mit der Annahme der Benutzung des Namens, sondern erst mit Durchsetzung des Pseudonyms im Verkehr (Verkehrsgeltung, im Anschluss an BGH, Urteil v. 26.06.2003 – Az: I ZR 296/00 = maxem.de).

Das Abrücken eines jüngeren Namensträgers (hier: Markeneintragung im Jahr 1999) von seinem Namen bei Namensgleichheit mit einem älteren Namensträger (hier: Eintragung eines Künstlernamens im Personalausweis im Jahr 1991) kann nicht verlangt werden, wenn dies bei Abwägung der gegenüberstehenden Interessen unangemessen ist.

LG Frankfurt am Main
Urteil vom 14. Januar 2005
Az.: 3/12 O 113/04

Landgericht Frankfurt am Main

Urteil

Im Namen des Volkes

In dem Rechtsstreit

Aventis Pharma S. A., ********************************, Frankreich

– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte: *******************************

Gegen

************************, Künstler- und Ordensname „Aventis“*****************

– Beklagter –

Prozessbevollmächtigter: ***********************************

Hat das Landgericht Frankfurt am Main – 12. Kammer für Handelssachen –

Durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht ****** und die Handelsrichter ************ und ****** aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.11.2004 für Recht erkannt:

Es wird festgestellt, dass dem Beklagten keinerlei Unterlassungsansprüche gegen die Klägerin zur Nutzung ihrer Firmenbezeichnung „Aventis“ sowie ihrer Marken „AVENTIS“ sowie der Domain www.aventis.de zusteht sowie der Beklagte keinerlei Ansprüche gegen die Klägerin auf Zahlung von Lizenzgebühren oder Schadensersatz für die Nutzung des Zeichens Aventis sowie für die Domain www.aventis.de hat.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin gehört zur Aventisgruppe. Ihre Muttergesellschaft ist die Firma Aventis, Espace Européen de l´Enterprise, 67300 Schiltigheim, Frankreich. Sie  – die Muttergesellschaft – ist Inhaberin der Marken „Aventis“, Reg.-Nr. 398 39 796 für die Klassen mit Priorität vom 16.07.1998, „Aventis“, Reg.-Nr. 398 64 086 für die Klassen mit Priorität vom 06.11.1998, „Aventis“, Reg.-Nr. EU 99 33 37 für Waren der Klasse 1, 5, 10, 31 mit Priorität vom 18.11.1998 sowie  „Aventis“, Reg.-Nr. IR 731 982 für die Klassen 35, 38, 42 mit Priorität vom 09.09.1999.

Seit dem Zusammenschluß der Chemiekonzerne Rhône-Poulenc und Hoechst nutzt der neu entstandene Konzern die geschäftliche Bezeichnung „Aventis“.

Der Beklagte führt den Künstlernamen „Aventis“, der seit 1991 in seinem Personalausweis ( Nr. **********) eingetragen ist.

Am 01.12.1998 meldete der Beklagte die Marke Aventis zur Eintragung für die Klassen 1, 5, 35 und 42 an. Nach Teilverzicht und Teillöschung blieb die Marke des Beklagten  „Aventis“, Reg.-Nr. 398 69 150 für die Klassen 35 mit Priorität vom 01.12.1998 für die Dienstleistung „Werbung“ bestehen. Am 19.03.2002 trat der Beklagte erstmals schriftlich an die Klägerin heran. Er teilte mit, dass es vermehrt zu Problemen käme, die durch eine Namensverwechslung zwischen ihm und der Klägerin verursacht seien. Er bat um einen Lösungsvorschlag der bestehenden Probleme. Im Rahmen des folgenden Schriftverkehrs teilte der Beklagte zunächst mit, dass er erwäge, seinen Namen aufzugeben und zu veräußern. Er bot ihn der Klägerin an und teilte gleichzeitig mit, dass er den Namen bei fehlendem Interesse seitens der Klägerin anderweitig anbieten werde. Im folgenden erweiterte er sein Angebot um weitere Marken sowie Web- und E-Mail-Adressen. Als Kaufpreis wurde der Betrag von 1.000.000,- € genannt. Nachdem die Klägerin das Veräußerungsgebot nicht annahm, teilte der Beklagte mit, dass er eine weiter Nutzung des Namens „Aventis“ durch die Klägerin nicht wünsche und kündigte an, diesbezüglich eine einstweilige Verfügung erwirken zu wollen. In einem späteren Schreiben wurde ein Löschungsverfahren sowie eine Nichtigkeitsklage angekündigt.

Die Klägerin kündigte am 21.08.2003 an, dass sie sowohl den Namen als auch die Marke „Aventis“ weiterhin nutzen werde, da sie keine Kollision sehe, bot dem Beklagten aber an, den Namen gegen eine Zahlung von 10.000 € zu erwerben. Dieses Angebot lehnte der Beklagte ab und kündigte wiederum an, gerichtlich und unter Einbeziehung der Öffentlichkeit gegen die Klägerin vorzugehen. Die Klägerin teilte daraufhin mit, sie fühle sich an vorgenanntes Angebot nicht mehr gebunden und forderte den Beklagten auf , zu bestätigen, dass er es zukünftig unterlassen werde, der Klägerin mit der gerichtlichen Geltendmachung von Unterlassungsansprüchen sowie Lizenzgebühren und Schadensersatz zu drohen. Für den Fall, dass eine solche Bestätigung nicht erfolgen würde, kündigte die Klägerin die Erhebung einer negativen Feststellungsklage an.

Am 09.12.2003 ließ der Beklagte eine Domain www.aventisag.com registrieren. Die Verwendung dieser Domain wurde dem Beklagten durch Beschluß durch das Landgericht Frankfurt am Main vom 04.02.2004 untersagt. Durch Entscheidung der WIPO vom 13.04.2004 wurde die Domain schließlich der Klägerin übertragen.

Die Klägerin behauptet, Lizenznehmerin ihrer Muttergesellschaft Aventis, Espace Européen del´Enterprise, 67300 Schiltigheim, Frankreich, zu sein und im Rahmen dieses Lizenzvertrages zur Benutzung einschließlich gerichtlicher Geltendmachung der für die Muttergesellschaft eingetragenen Marken berechtigt zu sein. Somit könne sie sich auf die Marke Aventis, Reg.-Nr. 398 39 796 für die Klassen 35, 37, 42 mit Priorität vom 16.07.1998 berufen. Diese sei prioritätsälter als die Marke, aus der der Beklagte seine Rechte geltend mache. Aus diesem Grunde könne der Beklagte keinerlei Ansprüche aus dieser Marke gegen die Klägerin geltend machen.

Weiterhin behauptet die Klägerin, dass der Beklagte den Namen „Aventis“ nur geringfügig in Verbindung mit seinen Aktivitäten im Bereich der Kunst genutzt habe. Von einer Vekehrsgeltung könne nicht ausgegangen werden. Es handele sich daher bei dem Namen Aventis für den Beklagten nicht um ein Pseudonym, das in den Schutzbereich von § 12 BGB fiele. Jedenfalls sei, ein Namensrecht des Beklagten unterstellt, kein schutzwürdiges Interesse im Sinne von § 12 BGB gegeben, da eine Verwechslungsgefahr nicht gegeben sei. Aus diesem Grund sei auch kein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004, 12 BGB anzunehmen. In Ermangelung von Unterlassungsansprüchen seien auch keine Ansprüche auf Lizenzgebühren oder Schadensersatz ersichtlich.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass dem Beklagten keinerlei Unterlassungsanspruch gegen die Klägerin zu Nutzung ihrer Firmenbezeichnung „Aventis“ sowie ihrer Marken „AVENTIS“ sowie der Domain www.aventis.de zusteht sowie dass der Beklagte keinerlei Ansprüche gegen die Klägerin auf Zahlung von Lizenzgebühren oder Schadensersatz für die Nutzung des Zeichens Aventis sowie für die Domain www.aventis.de hat.

Der Beklagte rügt die örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts Frankfurt am Main und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bestreitet, dass die Klägerin Lizenznehmerin ihrer Muttergesellschaft ist und somit zur Benutzung und gerichtlichen Geltendmachung der für die Muttergesellschaft eingetragenen Marken berechtigt sei. Folglich könne sie sich nicht auf eine prioritätsältere Marke beziehen.

Weiterhin behauptet der Beklagte, dass er den Namen „Aventis“ häufig benutzt habe und daher sehr wohl Verkehrsgeltung anzunehmen sei. Zudem sei eine Verwechslungsgefahr entgegen dem Vorbringen der Klägerin gegeben. Es habe sich eine erhebliche Zuordnungsverwirrung eingestellt, die häufig dazu führte, dass der Beklagte erklären müsse, dass er nichts mit dem Pharmakonzern „Aventis“ zu tun habe, sondern vielmehr den Künstlernamen „Aventis“ führe. Weiterhin habe die Klägerin die Rechte des Beklagten anerkannt, wie sich in der Bereitschaft zeige, 10.000 ,- € für den Erwerb des Namens zu zahlen.
Die Klägerin bestreitet, dass der Beklagte Bilder unter dem Namen Aventis veröffentlicht hat bzw. unter diesem Namen je aufgetreten ist. Es sei auch nicht ersichtlich, ob und in welchem Maße Bilder unter diesem Namen veräußert worden seien. Zudem bestreitet die Klägerin, die Rechte des Beklagten anerkannt zu haben. Einen Anerkenntnisvertrag habe es nicht gegeben. Die Zahlung der 10.000 ,- € sei zwar angeboten worden, allerdings habe hierdurch kein Anerkenntnis der Rechte des Beklagten stattgefunden. Vielmehr sei im Zuge dieses Angebots klargestellt worden, dass solche Rechte nicht bestünden. Durch die Zahlung sollte lediglich der Konflikt möglichst kurzfristig ausgeräumt werden.

Wegen aller Einzelheiten des sonstigen Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig.

Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt am Main ist nach § 32 ZPO gegeben. Die Zuständigkeit der negativen Feststellungsklage liegt bei dem Gericht, welches für die Leistungsklage mit umgekehrtem Rubrum zuständig wäre. Würde der Beklagte gegen die Klägerin vorgehen, so wären Ansprüche aus § 14 MarkenG sowie §§ 1004, 12 BGB denkbar. Als unerlaubte Handlung seitens der jetzigen Klägerin käme lediglich die Verwendung der Bezeichnung „Aventis“ in Betracht. Da sich nach § 32 ZPO die örtliche Zuständigkeit nach dem Begehungsort der unerlaubten Handlung richtet und die Klägerin die Bezeichnung „Aventis“ deutschlandweit verwendet, ist jedes Landgericht der Bundesrepublik Deutschland und somit auch das Landgericht Frankfurt am Main örtlich zuständig.

Weiterhin ist das Feststellungsinteresse seitens der Klägerin zu bejahen. Der Beklagte berühmt sich ernstlich verschiedener Ansprüche gegen die Klägerin, indem er behauptet, diese habe nicht das Recht, die Bezeichnung „Aventis“ zu nutzen. Er hat im Vorfeld mehrfach angekündigt, seine Ansprüche gerichtlich und unter Einbeziehung der Örtlichkeit durchsetzen zu wollen. Der Klägerin drohen somit konkrete Nachteile, die ein Interesse der endgültigen Klärung der Rechtslage begründen.

Die Klage ist auch in der Sache begründet.

Dem Beklagten stehen zunächst keine Ansprüche gegen die Klägerin aus seiner Marke „Aventis“, Reg.-Nr. 398 69 150 für die Klassen 35 mit Priorität vom 01.12.1998 nach § 14 MarkenG zu. Zwar besteht hinsichtlich des Namens und der Dienstleistung „Werbung“ eine Identität mit der Marke der Muttergesellschaft der Klägerin mit der Reg.-Nr. 398 39 796, allerdings wurde diese schon am 16.07.1998 zur Eintragung angemeldet und ist somit prioritätsälter.

Das Gericht gelangt zu der Überzeugung, dass die Klägerin Lizenznehmerin der Markeninhaberin Aventis, Espace Européen de l´Entreprise, 67300 Schiltigheim, Frankreich ist. Sie ist auf der Grundlage dieser Lizenz auch zur Nutzung und gerichtlichen Geltendmachung der Rechte dieser Marke berechtigt. Der Beklagte konnte seine Zweifel an der Lizenznehmerschaft der Klägerin nicht substantiieren. Insbesondere hat er keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Klägerin eine unechte Lizenzvereinbarung (Anlage 32) vorgelegt hat. Vor diesem Hintergrund verfügt die Klägerin über Rechte aus einer prioritätsälteren Marke. Der Rechtsnachfolger einer Marke (hier: Aventis, Schiltigheim) erlangt die Priorität einer Marke, wie  sie dem Rechtsvorgänger (hier: Aventis Research und Technologies GmbH + Co. KG) zustand. Markenrechtliche Ansprüche des Beklagten sind daher ausgeschlossen.

Dem Beklagten stehen weiterhin keine Ansprüche gegen die Klägerin aus §§ 1004, 12 BGB zu.

Grundsätzlich kann auch ein Künstlername dem Schutz des § 12 BGB zugeordnet werden ( Palandt, § 12 Rn. 8). Allerdings genügt hierfür nach überwiegender Ansicht nicht die Annahme der Benutzung eines Namens; vielmehr muss der Künstler unter diesem Pseudonym Verkehrsgeltung erlangt, sich also im Verkehr durchgesetzt haben ( BGH MMR 2003, 726, 727 „maxem.de“).

Eine solche Verkehrsgeltung des Beklagten unter dem Namen „Aventis“, und eine für die Anwendung von § 12 BGB notwendige Interessenverletzung in Form der Verwechslungsgefahr unterstellt, läge hier ein Fall der Namensgleichheit der Parteien vor. Namensgleichheiten sind in gewissen Fällen auch von demjenigen zu dulden, der die älteren Rechte an einem Namen hat (Palandt, § 12 Rn. 27). Es muss eine Abwägung der einander gegenüberstehenden Interessen vorgenommen werden (Palandt, § 12 Rn. 27).

Der Beklagte hat die älteren Rechte an der Bezeichnung „Aventis“. Er hat diesen Künstlernamen schon 1991 in seinen Personalausweis eintragen lassen, während die Klägerin erst 1999 gegründet wurde und seitdem im Verkehr diese Bezeichnung führt.

Zunächst wäre – die Richtigkeit seines Vertrages unterstellt – zu berücksichtigen, dass der Beklagte seit der Gründung der Klägerin häufig angesprochen worden ist, inwieweit er mit dem gleichnamigen Pharma-Konzern in Zusammenhang stünde. Veranstaltungen, die unter seinem Künstlernamen stattfinden, erwecken bei den Gästen zunächst den Eindruck, von Aventis Pharma organisiert  oder jedenfalls finanziell unterstützt worden zu sein. Dies bringt den Beklagten in die Lage, immer wieder erklären zu müssen, dass er in keinem Zusammenhang mit dem Pharmakonzern steht, sondern lediglich den gleichen Namen führt. Dies stellt durchaus eine Beeinträchtigung für ihn und seine künstlerische Tätigkeit dar, zumal dies zu Schwierigkeiten hinsichtlich potentieller gewerblicher Kunden führen kann. Allerdings ist dagegen festzustellen, dass die Klägerin unter dem Namen „Aventis“ spätestens 1999 nicht nur in Deutschland, sondern weltweit große Bekanntheit erlangt hat. Sie gehört zu einer Kette, die ebenfalls diesen Namen trägt. Ihre Muttergesellschaft und Lizenzgeberin verfügt über mehrere eingetragene Marken „Aventis“, sowohl nationale wie auch internationale Gemeinschaftsmarken. Es ist jedenfalls sicher davon auszugehen,  dass die Klägerin unter der Bezeichnung „Aventis“ gegenüber dem Beklagten überragende Bekanntheit genießt. Es würde für sie einen erheblichen (finanziellen) Aufwand bedeuten, von diesem Namen abrücken zu müssen.
Fraglich ist, ob es angemessen wäre, dies vor dem Hintergrund der Beeinträchtigungen seitens des Beklagten von ihr zu verlangen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin und Beklagter in vollkommen verschiedenen Branchen tätig sind. Während die Klägerin in der pharmazeutischen Forschung sowie in der Herstellung und im Vertrieb von Arzneimitteln beheimatet ist, ist der Beklagte unter seinem Künstlernamen als bildender Künstler tätig. Diese Bereiche stehen zunächst in keinerlei Beziehung zueinander. Einzig ist problematisch, dass größere Unternehmen, wie es auch Aventis Pharma ist, durchaus künstlerische Projekte finanziell unterstützen und daher im Zusammenhang mit solchen Veranstaltungen stehen können. Dies ist im Verkehr bekannt. Hieraus ergibt sich für den Beklagten die oben genannte Schwierigkeit, dass allein aus der Bewerbung einer Ausstellung unter dem Namen „Aventis“ noch nicht deutlich ist, dass es sich hierbei um eine Ausstellung seiner Werke handelt, sondern bei den (potentiellen) Gästen zunächst nicht der Künstlername assoziiert wird, sondern vorrangig Aventis Pharma. Allerdings kann diese Verwechslungsgefahr sicherlich mit weniger schwerwiegenden Mitteln verringert werden, als damit, der Klägerin das Führen des Namens zu untersagen. Zudem ist fraglich, ob ein Namenswechsel der Klägerin zum gewünschter Erfolg führen würde. Die Assoziation des Begriffs „Aventis“ mit Aventis Pharma läßt sich hierdurch nicht gänzlich – oder jedenfalls nicht kurzfristig – revidieren. Eine solche Assoziation entwickelt sich über Jahre hinweg und wäre auch erst nach Jahren vollumfänglich ausgeräumt.

Der Beklagte könnte sich durch Namenszusätze von Aventis Pharma abgrenzen. Hierbei ist der Kreis derer, die als Zielgruppe der Tätigkeit der Beklagten anzusehen, bei weitem kleiner zu beziffern als die Zielgruppe von Aventis Pharma. All diese Gesichtspunkte führen bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen dazu, dass hier die Namensgleichheit vom Beklagten zu dulden ist und ihm somit keine Ansprüche aus §§ 1004, 12 BGB zustehen.

Von einem Anerkenntnis der Rechte des Beklagten durch die Klägerin geht das Gericht nicht aus. Ein hierfür notwendiger Anerkenntnisvertrag konnte vom Beklagten nicht belegt werden. Lizenz- und Schadenersatzansprüche sind aus den oben ausgeführten Gründen ebenfalls nicht gegeben.

Dem Beklagten stehen keinerlei Unterlassungsansprüche gegen die Klägerin zu Nutzung ihrer Firmenbezeichnung „Aventis“ sowie ihrer Marken „AVENTIS“ sowie der Domain www.aventis.de“ ebenso wenig zu wie Ansprüche gegen die Klägerin auf Zahlung von Lizenzgebühren oder Schadensersatz für die Nutzung des Zeichens Aventis sowie für die Domain www.aventis.de . Die Klage, die auf die Feststellung des Nichtbestehens eben dieser Ansprüche gerichtet ist, ist folglich begründet.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO:

Bei Rebrand-Freigabe eines Motoröls geht der Verkehr von der Identität des Öls aus

Die Bewerbung eines Motoröls mit dem Hinweis "freigegeben unter anderer Bezeichnung nach VW … (es folgen die jeweiligen Zahluenchiffren des Automobilherstellers) versteht der Verkehr als Behauptung der Identität des beworbenen mit dem anders bezeichneten Öl. Er unterliegt nicht dem Irrtum, der Automobilhersteller habe die chemische Identität der Öle selbst überprüft und die sogenannte Rebrand-Freigabe erteilt.

OLG Köln
Urteil vom 27. April 2005
Az.: 6 U 217/04

Die vollständige Entscheidung können Sie hier nachlesen.

Bei Unfall auf Seitenstreifen in einer Baustelle kommt Amtspflichtverletzung in Betracht

Es ist in der Regel sorgfaltswidrig, auf einer Bundesautobahn im Nahbereich einer Anschlussstelle (hier: weniger als 400m) zur Absicherung einer Baustelle das Verkehrszeichen 223.1 "Seitenstreifen
befahren" aufzustellen.

Wenn ein Verkehrsteilnehmer, der Anordnung des Zeichens 223.1 folgend, den Seitenstreifen als rechte Fahrspur benutzt und dadurch im unmittelbaren Bereich der Anschlussstelle ( hier: auf dem
Beschleunigungsstreifen) einen Verkehrsunfall verursacht, kommt ein Schadensersatzanspruch gegen das Land wegen einer Amtspflichtverletzung in Betracht.

OLG Celle
Urteil vom 21. Februar 2006
Az.: 14 U 163/05

Die vollständige Entscheidung können Sie auf der Seite des Oberlandesgerichts Celle nachlesen

Kriterien für die Bezeichnung als Unternehmers bei eBay

Angebote eines nach außen im Geschäftsverkehr auftretenden eBay-Mitglieds können nicht als rein privat gewertet werden, wenn die dafür vorgebrachten Gründe (Schmuckstück der Ehefrau, Gefälligkeit für Verwandte und Bekannte) den potentiellen Kaufinteressenten gegenüber nicht deutlich gemacht werden.

Die Standarderklärung "Dieser Artikel wird von Privat verkauft" reicht nicht.

OLG Frankfurt am Main
Beschluss vom 22. Dezember 2004
Az.: 6 W 153/04

Die vollständige Entscheidung können Sie auf der Seite des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main nachlesen.

Alles klar?

Es geht das Vorurteil um, Juristen bedienten sich einer unverständlichen Sprache:

"Geht der Gegenstand eine Patents über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus und ist eine beschränkte Aufrechterhaltung unter Einfügung einer entsprechenden Erklärung – eines Discaimers – möglich, so dient es der Rechtssicherheit, wenn der Disclaimer erläutert, in welchem Zusammenhang das ursprünglich nicht offenbarte Merkmal mit anderen Merkmalen steht, die ursprünglich offenbart sind, so dass deutlich wird, in welchem Umfang das Patent durch die Aufnahme des Disclaimers beschränkt wird."

Bundespatentgericht vom 17.8.2005. 20 W (pat) 307/05

Das ist nicht nur unverständlich, sonder auch schlechtes Deutsch, ziemlich schlecht sogar. hus

Wettbewerbswidrige Werbung mit Gratiszusage

"Bedingungen" für die Inanspruchnahme von Verkaufsförderungsmaßnahmen i. S. des § 4 UWG sind auch zeitliche oder gegenständliche Limitierungen des Angebots. Der Begriff ist nicht so auszulegen, dass darunter nur Handlungen fallen, die in der Macht des Verbrauchers stehen.

Ist eine Werbeaussage dahin zu verstehen, dass der preisreduzierten Hauptware eine andere Ware gratis solange zugegeben wird, wie der Vorrat der Zugabe reicht, so sind die Bedingungen für die Inanspruchnahme der Zugabe nicht "klar und eindeutig" angegeben, wenn jedwede Erläuterungen zur Vorratsmenge der Zugabe fehlen. Bei einer Zweideutigkeit, die zur Bejahung des Tatbestands des § 4 Nr. 4 UWG führt, kann es sich um eine Bagatelle handeln, die nach § 3 UWG von weiteren Sanktionen ausgenommen ist. Daher ist generalisierend auf die Bedeutung des Informationsdefizites für den Verbraucher abzustellen; auf die tatsächlich gegebenen Umstände bei den beworbenen Verkaufsförderungsmaßnahmen kommt es nicht an.

OLG Köln
Urteil vom 9. September 2005
Az.: 6 U 96/05

Die vollständige Entscheidung können Sie hier nachlesen.

An Kreuzung von Weinbergswegen ist auch der von links kommende Verkehr zu beachten

An einer Kreuzung von Weinbergswegen abseits der dem Durchgangsverkehr dienenden Straßen, an der die Regelung "Rechts vor Links" gilt, müssen die Verkehrsteilnehmer auch den von links kommenden Verkehr im Auge haben. Eine solche Örtlichkeit verleitet dazu, mit dem Auftauchen anderer Verkehrsteilnehmer nicht zu rechnen.

OLG Koblenz
Urteil vom 13. Februar 2006
Az.: 12 U 25/05

Die vollständige Entscheidung können Sie auf der Seite des Oberlandesgerichts Koblenz nachlesen.

Prüfungspflicht gegen Identitätsdiebstahl bei eBay

Ist der Betreiber der Online-Auktionsplattform auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden, muss er Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren Rechtsverletzungen kommt.

Der Grundsatz, dass nur bei Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung die Wiederholungsgefahr entfällt, gilt bei Vergleichbarkeit mit einer wettbewerbsrechtlichen Situation auch für deliktische Unterlassungsansprüche mit gleicher Strenge.

eBay macht sich als Mitstörer haftbar, wenn Nichtberechtigte auf der Auktionsplattform unter fremden Namen handeln können.

Brandenburgisches OLG
Urteil vom 16. November 2005
Az.: 4 U 5/05

Die vollständige Entscheidung können Sie auf der Seite des Brandenburgischen Oberlandesgerichts nachlesen.

Geringe THC-Blutkonzentration rechtfertigt nicht die sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis

Für den Verlust der Fahreignung wegen Verstoßes gegen das Trennungsgebot (Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV) ist entscheidend, ob ein gelegentlicher Konsument von Cannabis objektiv unter dem Einfluss einer THC-Konzentration am Straßenverkehr teilgenommen hat, bei der davon ausgegangen werden muss, dass sich das Risiko einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit durch negative Auswirkungen des Konsums auf den Betroffenen signifikant erhöht.

Der derzeitige medizinisch-naturwissenschaftliche Erkenntnisstand rechtfertigt es nicht, bereits ab einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml im Blut eines Kraftfahrzeugführers eine Erhöhung des Risikos für die Verkehrssicherheit als derart gesichert im Sinn des § 11 Abs. 7 FeV anzusehen, dass dem Betroffenen ohne  weitere Sachverhaltsaufklärung die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen ist.

Bei gelegentlichem Konsum von Cannabis und Fahren mit einer THC-Konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml ist vor einer etwaigen Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV ein medizinisch-psychologisches Gutachten einzuholen. 

Bayerischer VGH
Beschluss vom 25. Januar 2006
Az: 11 CS 05.1711

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

In der Verwaltungsstreitsache
****** ********
**************** *** ***** *********

– Antragsteller –

bevollmächtigt:
Rechtsanwälte ***** *** ********
************** ** ***** ********

gegen

Freistaat Bayern,
vertreten durch:
*****************************,
********** *** ***** ********

– Antragsgegner –

wegen

Entziehung der Fahrerlaubnis
(Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO);

hier: Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 31. Mai 2005, erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 11. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Festl, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Ertl, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Breit ohne mündliche Verhandlung am 25. Januar 2006 folgenden

Beschluss:

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 31. Mai 2005 wird aufgehoben.

II. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 8. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2005 wird wiederhergestellt.

III. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

IV. Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf je 3.750,-€ festgesetzt.

Gründe:

I.

Durch Mitteilung der Verkehrspolizeiinspektion München vom 13. September 2004 erhielt die Fahrerlaubnisbehörde Kenntnis davon, dass der 1983 geborene Antragsteller am 7. Juli 2004 unter Cannabiseinfluss ein Kraftfahrzeug geführt hatte. Die rund eine Stunde nach der Polizeikontrolle durchgeführte Blutentnahme ergab eine Konzentration von 1,9 ng/ml THC, 19,1 ng/ml THC-COOH und 0,3 ng/ml Cannabinol in seinem Blut. Auf den Einspruch des Antragstellers wurde wegen der zunächst nach § 316 StGB geahndeten Trunkenheitsfahrt mit Urteil des Amtsgerichts München vom 19. Januar 2005 lediglich ein Bußgeld nach § 24a Abs. 2 StVG verhängt.

Eine unter dem 28. Januar 2005 erlassene Aufforderung zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nahm die Fahrerlaubnisbehörde mit Schreiben vom 23. Februar 2005 zurück und hörte den Antragsteller zur Entziehung der Fahrerlaubnis der Klassen A1, B, M und L an. Nach den Vollzugshinweisen des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 1. Februar 2005 sei die Fahrerlaubnis bereits ab einem Wert von 1,0 ng/ml THC zu entziehen. Dies ergebe sich sowohl aus Äußerungen des Instituts für Rechtsmedizin der Universität München vom 24. Januar 2005 wie auch aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Dezember 2004. Der Bevollmächtigte des Antragstellers trat dem mit Schreiben vom 16. März 2005 entgegen.

Mit Bescheid vom 8. April 2005 wurde dem Antragsteller in Nr. 1 die Fahrerlaubnis entzogen, unter Nr. 2 wurde er aufgefordert, seinen Führerschein binnen einer Frist von sieben Tagen ab Zustellung des Bescheids bei der Führerscheinstelle abzugeben. Für den Fall der Nichtbefolgung der Aufforderung zur Abgabe des Führerscheins wurde in Nr. 3 des Bescheids ein Zwangsgeld in Höhe von 500 € angedroht. Unter Nr. 4 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 angeordnet. Aufgrund des im Blut des Antragstellers gemessenen THC-Wertes sei dieser ohne weiteres als fahrungeeignet anzusehen (§ 46 Abs. 3, § 11 Abs. 7 FeV). Wegen gelegentlichen Konsums von Cannabis greife die Regelvermutung der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ein. Die nach Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV für die Wiedererlangung der Fahreignung erforderliche einjährige Abstinenz sei nicht gegeben. Die Fahrerlaubnis sei deshalb gemäß § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV zu entziehen. Der am 14. April 2005 eingegangene Widerspruch gegen diesen Bescheid wurde von der Regierung von Oberbayern mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2005, dem Antragsteller zugestellt am 15. Juli 2005, zurückgewiesen. Die  Fahrerlaubnisentziehung sei zu Recht erfolgt, insbesondere sei auch nicht von einer Wiedererlangung der Fahreignung auszugehen. Die Klage gegen den Bescheid vom 8. April 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2005 ging am 16. August 2005 bei dem Verwaltungsgericht München ein.

Bereits mit am 28. April 2005 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz hatte der Antragsteller dort beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und einer eventuell nachfolgenden Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 8. April 2005 wiederherzustellen. In der Begründung dieses Antrags wurde nochmals unstreitig gestellt, dass der Antragsteller bis zu dem Vorfall am 7. Juli 2004 gelegentlich Cannabis konsumiert habe. Auf die Begründung im Übrigen wird Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 31. Mai 2005, dem Antragsteller zugestellt am 13. Juni 2005, lehnte das Verwaltungsgericht München den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ab. Von einem mangelnden Trennungsvermögen im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV sei bereits ab einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml und somit auch beim Antragsteller auszugehen. Dass der Grenzwert nicht bei 2,0 ng/ml, sondern bei 1,0 ng/ml anzusiedeln sei, ergebe sich aus den Festlegungen der Grenzwertkommission, aus den Ausführungen von Prof. Dr. ****** in der mündlichen Verhandlung in dem Verfahren M 6a K 01.3406 und aus der Stellungnahme des Institut für Rechtsmedizin der Universität München, Prof. Dr. ***********, vom 24. Januar 2005. Die Wiedererlangung der Fahreignung komme nach Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV frühestens nach einjähriger nachgewiesener Abstinenz in Betracht. Auf die Begründung des angegriffenen Beschlusses im Übrigen wird Bezug genommen.

Die am 27. Juni 2005 eingelegte Beschwerde wurde mit Schriftsatz vom 13. Juli 2005 begründet. Das Verwaltungsgericht München habe den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung aufgrund einer fehlerhaften Ermessensentscheidung abgelehnt. Von einer mangelnden Trennung im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV sei erst dann auszugehen, wenn eine THCKonzentration von 2,0 ng/ml erreicht oder überschritten sei. Es sei schon mehr als fraglich, ob das Schreiben des Instituts für Rechtsmedizin der Universität München vom 24. Januar 2005, auf welches sich auch das Verwaltungsgericht München in der angegriffenen Entscheidung stütze, vollumfänglich in die summarische Prüfung habe einfließen können. Die vereinzelt vorzufindende wissenschaftliche Meinung, wonach bereits bei einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml im Blut Auswirkungen auf den Körper festzustellen seien, stehe in offensichtlichem Widerspruch zu anders lautenden wissenschaftlichen Ergebnissen, zum Beispiel im Gutachten von Prof. Dr. ****** im Verfahren vor dem BVerfG, welches zu dem Beschluss vom 20. Juni 2002 geführt habe. Das Verwaltungsgericht sei deshalb verpflichtet gewesen aufzuklären, von welchen der sich widersprechenden wissenschaftlichen Erkenntnissen mit Sicherheit ausgegangen werden könne. Im Rahmen von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV müsse entscheidend sein, ab welchem Zeitraum seit der letzten Einnahme von Cannabis der Verkehrsteilnehmer von seiner Fahrtüchtigkeit wieder habe ausgehen können. Die Regelvermutung der genannten Bestimmung greife nur ein, wenn der Betroffene aufgrund ihm wahrnehmbarer Tatbestände von seiner mangelnden Fahreignung habe ausgehen müssen. Im vorliegenden Fall sei der Antragsteller hinsichtlich des Vorwurfs nach § 316 StGB freigesprochen worden, weil rauschbedingte Ausfallerscheinungen bei ihm gerade nicht sicher hätten festgestellt werden können. Dies habe das Verwaltungsgericht nicht berücksichtigt. Bei der Überprüfung der Fahreignung gehe es im Übrigen nicht um die Feststellung einer abstrakten Gefährdung wie bei § 24a StVG, sondern um die positive Feststellung der  Fahruntüchtigkeit. Je geringer der THC-Wert, desto höher seien die Anforderungen an diese Prüfung. Auf die Beschwerdebegründung im Übrigen wird Bezug genommen. Es wurde beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 31. Mai 2005, Az. M 6a S 05.1551, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers und einer eventuell nachfolgenden Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 8. April 2005 wiederherzustellen.

Die **********************************  trat dem für den Antragsgegner entgegen und beantragte mit Schriftsatz vom 1. September 2005,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Insbesondere wurde ausgeführt, die Stellungnahme des Instituts für Rechtsmedizin der Universität München vom 24. Januar 2005 weise nach einer Auswertung realer Fälle aus dem Straßenverkehr auf breiter Datenbasis nach, dass sich die feststellbaren Beeinträchtigungen aufgrund von Cannabiskonsum bei den Vergleichsgruppen zwischen 1,0 und 1,9 ng/ml und über 2,0 ng/ml THC nicht statistisch signifikant unterschieden. Daher liege auch bereits bei THCKonzentrationen zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml eine objektive Gefahr für die Verkehrssicherheit bzw. eine objektive Risikoerhöhung im Straßenverkehr vor. Diese Auffassung stehe auch im Einklang mit der Entscheidung des BVerfG vom 21. Dezember 2004 (Az. BvR 2652/03). Vorliegend sei daher angesichts des THCWertes von 1,9 ng/ml von einer fehlenden Fahreignung des Antragstellers auszugehen. Am Trennungsvermögen im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV könne es auch dann fehlen, wenn keine Fahruntüchtigkeit mit entsprechenden Ausfallerscheinungen festgestellt worden sei. Zwar sei inzwischen wohl die verfahrensrechtliche Einjahresfrist im Sinne des Beschlusses vom 9. Mai 2005 (11 CS 04.2526) abgelaufen, nachdem der Antragsteller seinen Angaben zufolge seit 1. August 2004 abstinent sei. Das führe jedoch nicht  dazu, dass er seine Fahreignung nachgewiesenermaßen wieder erlangt habe.

Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2005 legte der Bevollmächtigte des Antragstellers ein toxikologisches Gutachten vom 26. November 2005 vor, wonach die Untersuchung der Haarprobe für einen zurückliegenden Zeitraum von etwa acht bis neun Monaten ein negatives Ergebnis erbracht habe. Mit diesem und dem (im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten) Gutachten vom 11. Mai 2005 habe der Antragsteller unter Beweis gestellt, dass er mindestens ein Jahr lang keinerlei Betäubungsmittel zu sich genommen habe. Die Prognose für eine etwaige Überprüfung der Fahreignung falle daher positiv aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Behördenakten der Fahrerlaubnisbehörde und der Regierung von Oberbayern Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde, bei deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die form- und fristgerecht vorgetragenen Gründe beschränkt ist, hat in der Sache Erfolg. Auf der Grundlage seines Beschwerdevorbringens kann der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes  Freising vom 8. April 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 12. Juli 2005 beanspruchen.

1.
Der mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2005 erfolgte Vortrag, der Antragsteller habe aufgrund einjähriger Cannabisabstinenz seine Fahreignung bereits wieder erlangt, kann hier nicht berücksichtigt werden, da er weit nach Ablauf der in § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO normierten Beschwerdebegründungsfrist erfolgte. Es muss deshalb offen bleiben, ob hier nach den im Beschluss des Gerichts vom 9. Mai 2005 (Az. 11 CS 04.2526, VRS 109, 64 ff) dargestellten Grundsätzen zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2005 ausreichende Anhaltspunkte dafür bestanden, dass nach Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV wieder von einer Fahreignung des Antragstellers auszugehen war, mit der Folge, dass die Fahrerlaubnis möglicherweise bereits wieder zu erteilen gewesen wäre und deshalb nicht hätte entzogen werden dürfen.

2.
Entscheidend kommt es somit auf die Frage an, ob – wie vom Verwaltungsgericht München in dem angegriffenen Beschluss vom 31. Mai 2005 angenommen – bereits ab einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml von einer mangelnden Trennung zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen eines Kraftfahrzeugs ausgegangen werden muss, mit der Folge, dass nach § 11 Abs. 7 FeV eine unmittelbare Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV erfolgen kann.

Nachdem der Antragsteller die gelegentliche Einnahme von Cannabis eingeräumt hat, kommt hier Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV zur Anwendung. Im Rahmen dieser Bestimmung kommt es nicht auf die subjektive Wahrnehmung des Betroffenen von seiner eigenen Leistungsfähigkeit bzw. Fahrtüchtigkeit an. Ferner ist nicht erheblich, ob sich der Betroffene, etwa wegen des Zeitablaufs seit dem letzten Cannabiskonsum, wieder für fahrtüchtig halten durfte. Die genannten Gesichtspunkte könnten erst im Rahmen von Verhältnismäßigkeitserwägungen im Einzelfall (vgl. Vorbemerkung 3 zu Anlage 4 der FeV) Bedeutung erlangen.

Nach der Rechtsprechung des Senats (BayVGH vom 11.11.2004, Az. 11 CS 04.2348, SVR 2005, 152 f) ist im Rahmen von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV vielmehr entscheidend, ob der Betroffene objektiv unter dem Einfluss einer Cannabiskonzentration am Straßenverkehr teilgenommen hat, bei der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen davon ausgegangen werden muss, dass sich das Risiko von Beeinträchtigungen erhöht, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben. Bislang hat der Senat insbesondere unter Bezugnahme auf das im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Juni 2002 (NJW 2002, 2378) zitierte Gutachten von Prof. Dr. ****** vom 15. August 2001 angenommen, dass bei THC-Konzentrationen bis 2,0 ng/ml nicht von einer Risikoerhöhung für den Straßenverkehr und infolgedessen auch nicht von einer im Sinn von § 11 Abs. 7 FeV feststehenden Fahrungeeignetheit wegen Missachtung des Trennungsgebots (Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV) auszugehen ist.

Nach dem Ergebnis der im vorläufigen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung ist an dieser Rechtsprechung festzuhalten, da sich auch aus den seit der Entscheidung des Senats vom 11. November 2004 neu hinzugekommenen, dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen keine hinreichende wissenschaftlich fundierte Überzeugung für den niedrigeren Grenzwert von 1,0 ng/ml im Rahmen von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV gewinnen lässt. Die Entziehung der Fahrerlaubnis im Falle des Antragstellers als gelegentlichem Cannabiskonsument war daher bei einer THCKonzentration von 1,9 ng/ml nicht ohne weitere Aufklärung zulässig.

a)
Die in der Zeitschrift Blutalkohol 40, 269 ff (2003) von Prof. Dr. ****** ** *** veröffentlichte Studie „Absolute Fahruntüchtigkeit unter der Wirkung von Cannabis – Vorschlag für einen Grenzwert“ knüpft an die auf dem Deutschen Verkehrsgerichtstag 2002 in Goslar erhobene Forderung an, in Analogie zu dem im Fall des Alkoholkonsums für die absolute Fahruntüchtigkeit anerkannten Grenzwert von 1,1 ‰ nach § 316 StGB einen solchen Grenzwert auch für die absolute Fahruntüchtigkeit unter  dem Einfluss von Cannabis zu erarbeiten. Grundlage der Studie waren 585 reale Fälle aus dem Institut für Rechtsmedizin der Universität München. Aus der Studie selbst, sowie aus dem insoweit erläuternden Schreiben des Instituts für Rechtsmedizin der Universität München, Prof. Dr. ***********, vom 24. Januar 2005 geht hervor, dass Ergebnisse von Verkehrskontrollen in der Umgebung von Groß-Diskos ausgewertet wurden, wobei nach dem Wortlaut der Studie „die meisten Kontrollen durch speziell geschulte Polizeibeamte verdachtsunabhängig“ durchgeführt worden sind und jeweils ein Fragebogen „Drogen im Straßenverkehr“ ausgefüllt worden ist. Welche spezielle Schulung die Polizeibeamten genossen haben, wie viele ungeschulte unter ihnen waren, was in diesem Zusammenhang unter „verdachtsunabhängig“ verstanden wurde, ob und in welcher Weise möglicherweise zusätzliche Feststellungen (z. B. ärztliche Feststellungen bei der späteren Blutentnahme) eingeflossen sind, lässt sich der Studie nicht entnehmen. Auch das methodische Vorgehen bei der Auswertung der polizeilichen und toxikologischen Feststellungen wird nicht klar.

Erklärtes Ziel der Untersuchung war der Nachweis einer Konzentrations-Wirkungsbeziehung bei Cannabis, wobei der von Daldrup/Meininger (Fundstelle bei Drasch, a.a.O.) 1996 vorgeschlagene Cannabis-Influence-Factor (CIF), ein nach einer mathematischen Formel berechneter, aus THC-, THC-COOH- und 11-Hydroxy- THC-Konzentration kombinierter Wert, als gegenüber der reinen THC-Konzentration  zur Abbildung nachteiliger Auswirkungen des Cannabiskonsums und zur Bildung eines Grenzwerts überlegen angesehen wird und offenbar deshalb bei der Untersuchung im Vordergrund steht. In Tabelle 2 der Studie wird die Häufigkeit aufgeführt, mit der eine Vielzahl von Auffälligkeiten durch die Polizei festgestellt wurde. Hierbei wird weder nach Höhe der gemessenen THC-Konzentration noch danach differenziert, ob es sich aus Sicht der Studie jeweils um bloße Auffälligkeiten oder um so genannte Ausfallerscheinungen handelt. Aus den Ausführungen auf Seite 281 der Studie (a.a.O.) geht aber hervor, dass zwischen der Bedeutung beider Begriffe sehr wohl ein qualitativer Unterschied gesehen wird, wobei wohl nur Ausfallerscheinungen eine negative Auswirkung auf die Fahrtüchtigkeit haben sollen.  Auch wird nicht zwischen gemessenen THC-Konzentrationen von 1-2 ng/ml und solchen über 2 ng/ml differenziert, sondern eine Schwelle wird bereits bei 1,7 ng/ml und eine weitere bei 3,1 ng/ml angesetzt. Die bei 1,7 ng/ml angesetzte Schwelle zeigt, dass bis zu dieser THC-Konzentration deutlich weniger Auswirkungen festzustellen waren als in der Gruppe zwischen 1,8 und 3,1 ng/ml.

In dem Schreiben des Instituts für Rechtsmedizin der Universität München, Prof. Dr. ***********, vom 24. Januar 2005 wird der Untersuchung von Drasch zusammenfassend entnommen, bei den Parametern „Konzentrationsmängel“ und „Pupillenreaktion“ ergebe sich in den Vergleichsgruppen mit einer THCKonzentration von 1,0 – 2,0 ng/ml und mit einer solchen von 2,0 – 100 ng/ml kein statistisch signifikanter Unterschied. Dieser Schluss ist nach dem oben Dargestellten aus der Studie selbst, so wie sie in der Zeitschrift Blutalkohol veröffentlicht wurde, nicht klar nachzuvollziehen.

b)
In dem an das Bayerische Staatsministerium des Innern gerichteten Schreiben des Instituts für Rechtsmedizin der Universität München vom 24. Januar 2005 referiert Prof. Dr. *********** eine neuere Untersuchung für die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin im März 2005. Wörtlich heißt es:

„Hierzu wurden 1.958 Gutachten von realen Fällen aus dem Straßenverkehr ausgewertet, die wir erstellt haben. Die Auswahlkriterien waren die gleichen wie bei der oben stehenden Studie. Dieses Mal haben wir ausgewertet, wie viele Fälle wir unter Berücksichtigung der derzeitigen Rechtslage als relative Fahruntüchtigkeit im Sinne von § 316 StGB bzw. als OWI § 24a (2) eingestuft haben. Aus Tabelle 2 können Sie entnehmen, dass das prozentuale Verhältnis zwischen § 316 und OWI-Fällen im Bereich zwischen 1 und 2 ng/ml absolut identisch ist mit dem im gesamten höheren Bereich ab 2 ng/ml. Nachdem die Unterscheidung § 316-§ 24a bei uns nach Ausfallerscheinungen oder Fahrfehlern getroffen wird, die von der Polizei vermerkt worden sind, ergibt sich hieraus, dass die Häufigkeit von verkehrsrelevanten Ausfallerscheinungen und/oder Fahrfehlern und damit auch die von der Polizei dokumentierte Gefährdung durch Cannabis im THC-Bereich zwischen 1 und 2 ng/ml gleich ist zu der im gesamten THC-Bereich ab 2 ng/ml. Es wird nochmals darauf verwiesen dass es sich hierbei um eine Beurteilung von realen Fällen durch geschulte Polizeibeamte gehandelt hat. (Bei den „unentschiedenen“ Fällen hatten wir nicht genügend Anknüpfungstatsachen für eine endgültigeBeurteilung).“

Nach dem zitierten Text findet sich folgende Tabelle 2:

THC-Konzentration (ng/ml)  1,0-1,9 ng/ml  2,0-93,0 (max.)
 Gesamte Fallzahl  395  1.563
 davon relative Fahruntüchtigkeit
§ 316 StGB
 31,4%   32,8%
 davon § 24a (2) StVG  43,5%  42,9%
 davon unentschieden  25,1%  24,3%

 
Zusammenfassend wird festgestellt, die Unterscheidung zwischen Fällen unter und über 2,0 ng/ml THC im Blut erscheine wissenschaftlich nicht nachvollziehbar. Methodik und Vorgehen sowohl bei der Erhebung der Daten wie auch bei deren Auswertung sind bezogen auf diese, im Schreiben vom 24. Januar 2005 referierte neue Untersuchung ebenso wenig nachvollziehbar wie bei der in der Zeitschrift Blutalkohol (a.a.O) veröffentlichten Studie von Prof. Dr. ****** (s. o.). Auch ergibt die Untersuchung ausweislich der dargestellten Tabelle zwar möglicherweise keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den beiden Vergleichsgruppen mit THC-Konzentration zwischen 1 und 2 ng/ml und mit einer THC-Konzentration über 2 ng/ml. Zu berücksichtigen ist jedoch auch, dass es in der hier zur Entscheidung stehenden Konstellation wohl nur auf die Fälle der relativen Fahruntüchtigkeit ankommt, weil nur in diesen Fällen für die  Verkehrssicherheit relevante Auswirkungen des Cannabiskonsums auf die Probanden feststellbar waren. Die Zahl der Fälle mit relativer Fahruntüchtigkeit nach § 316 StGB war zwar nach der Tabelle in beiden Vergleichsgruppen ungefähr gleich hoch, zeigt aber, dass lediglich knapp ein Drittel aller Cannabiskonsumenten tatsächlich verkehrssicherheitsrelevante Ausfallerscheinungen hatten und damit das Potenzial der Risikoerhöhung durch Cannabiskonsum für den Straßenverkehr insgesamt möglicherweise geringer ist, als bislang angenommen.

c)
Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwingt nach Auffassung des Senats ebenfalls nicht zu der Annahme eines Grenzwertes von 1,0 ng/ml zur Feststellung der fehlenden Trennung zwischen dem Führen von Kraftfahrzeugen und dem Konsum von Cannabis.

  • Der Entscheidung des BVerfG vom 21. Dezember 2004 (Az. 1 BvR 2652/03, NJW 2005, 349 ff) lag die Überprüfung des Beschlusses des Senats für Bußgeldsachen des OLG Zweibrücken vom 13. November 2003 (Az. 1 Ss215/03) zugrunde. In dem dortigen Fall war bei dem Betroffenen THC im Spurenbereich mit einer Konzentration von weniger als  0,5 ng/ml nachgewiesen worden. Das OLG Zweibrücken hatte entschieden, dass es einer Verurteilung wegen fahrlässigen Führens eines Kraftfahrzeugs unter der Wirkung von Cannabis nicht entgegenstehe, dass THC nur noch im  Spurenbereich nachweisbar war. § 24a Abs. 2 StVG erfordere nicht den Nachweis einer bestimmten Menge oder einer Einbuße an der Leistungsfähigkeit des Fahrers,sondern enthalte eine „echte Nullwertgrenze“. Demgegenüber hat das Bundesverfassungsgericht (a.a.O) festgestellt, es könnenicht jeder Nachweis von THC im Blut eines Verkehrsteilnehmers für eineVerurteilung nach § 24a Abs. 2 StVG ausreichen. Festgestellt werden müsse eineKonzentration, die es als möglich erscheinen lasse, dass der untersuchte Kraftfahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen hat, obwohl seine Fahrtüchtigkeit eingeschränkt war. Die Möglichkeit einer Einschränkung der Fahrtüchtigkeit werde in der Wissenschaft zum Teil erst bei Konzentrationen von über 1 ng/ml angenommen, wie in dem Verfassungsbeschwerdeverfahren deutlich geworden sei, das mit dem Beschluss vom 20. Juni 2002 (NJW 2002, 2378 ff) geendet habe. Andere gingen davon aus, dass schon, aber auch erst ab dem von der Grenzwertkommission am 20. November 2002 angegebenen Grenzwert von 1 ng/ml eine Wirkung im Sinne von § 24a Abs. 2 StVG nicht mehr auszuschließen sei. Im Ergebnis lehnt das BVerfG die „Nullwertgrenze“ ab und stellt fest, dass § 24a Abs. 2 StVG bei  verfassungskonformer Auslegung erst beim Nachweis von über 1,0 ng/ml THC im Blut eingreife. Eine weiter gehende Festlegung musste das BVerfG nicht treffen, da in dem zu entscheidenden Fall eines THC-Werts von weniger als 0,5 ng/ml bereits diese Feststellung zum Erfolg der Verfassungsbeschwerde führte. Das BVerfG nimmt Bezug auf den Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 20. Januar 2003 (Az. 4St RR 133/02, NJW 2003, 1681 f) sowie die Rechtsprechung einiger Verwaltungsgerichte, die ebenfalls einen Grenzwert von 1 ng/ml diskutierten, bei dessen Vorliegen die Annahme eines zeitnahen Cannabiskonsums mit einer entsprechenden Beeinträchtigung der Fahruntüchtigkeit gerechtfertigt sein könne. Die zitierten Entscheidungen zwingen aber, wie nachfolgend dargestellt, nicht zur Annahme eines Grenzwerts von 1,0 ng/ml THC im Rahmen von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV:

  • Der vom BVerfG in Bezug genommene Beschluss des BayOblG vom 20. Januar 2003 (a.a.O.) betraf den Fall einer Revision gegen die Verurteilung nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln sowie die Verhängung eines Bußgeldes wegen eines Verstoßes gegen § 24a Abs. 2 StVG. Bei dem  dort Angeklagten war eine THC-Konzentration „im Bereich von 2 ng/ml“ gemessen worden; eine exakte Angabe des  THC-Werts fehlt. Im Rahmen der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von § 24a Abs. 2 StVG führt das BayOblG aus, das Übermaßverbot sei nicht schon deshalb verletzt, weil bereits geringste Konzentrationen eines Betäubungsmittelwirkstoffs ohne jeden

Nachweis physiologischer Wirksamkeit Grund der Bestrafung sein könnten. Vom blutanalytischen Wirkstoffnachweis würden nämlich nur Konzentrationen erfasst, die deutlich oberhalb des Nullwertes lägen. Derzeit liege die Nachweisfähigkeit bei 1 ng/ml im Serum. Diese Annahme des BayOblG dürfte zwischenzeitlich überholt sein, nachdem z. B. gerade in dem Fall, den das BVerfG mit Beschluss vom 21. Dezember 2004 (a.a.O.) entschieden hat, THC im Spurenbereich von weniger als 0,5 ng/ml im Blut nachgewiesen werden konnte. Nur an die Annahme, THC-Konzentrationen unter 1,0 ng/ml im Blut seien nicht nachweisbar, hat aber das BayOblG die Folgerung geknüpft, dass eine Ahndung nach § 24a Abs. 2 StVG erst ab einem Grenzwert von 1 ng/ml THC im Blut in Betracht komme. Mit der vom BVerfG im Beschluss vom 21. Dezember 2004 geforderten Möglichkeit einer Einschränkung der Fahruntüchtigkeit und mit der Frage, ab welcher THC-Konzentration diese anzunehmen sein könnte, setzt sich das BayOblG in seiner Entscheidung vom 20. Januar 2003 (a.a.O) nicht auseinander. Erst recht lässt sich daraus nicht wissenschaftlich tragfähig ableiten, ab einem Grenzwert von 1 ng/ml seien mit hinreichender Wahrscheinlichkeit verkehrssicherheitsrelevante Auswirkungen und damit eine Risikoerhöhung für den Straßenverkehr zu erwarten, die die Annahme mangelnden Trennens im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV rechtfertigen würden.

  • Weiter zitiert das BVerfG den Beschluss des VG München vom 26. Mai 2004 (Az. M 6a S 04.2632, Juris Nr. MWRE110590400). Das VG München hat hier in einem Fall des Konsums von Kokain und regelmäßigen Konsums von Cannabis (also nicht in einem Anwendungsfall von Nr. 9.2.2. der Anlage 4 zur FeV) entschieden, das Risiko für den Verkehr sei jedenfalls ab einer THC-Konzentration von 2 ng/ml erhöht. Im Blut des dortigen Antragstellers war eine THC-Konzentration von 12,9 ng/ml nachgewiesen worden. Aus dieser Entscheidung lassen sich somit keine Erkenntnisse gewinnen, die für eine Absenkung des Grenzwerts im Rahmen von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV auf 1 ng/ml sprächen.

  • Das gleiche gilt für die vom Bundesverfassungsgericht ebenfalls in Bezug genommene Entscheidung des OVG Lüneburg vom 11. Juli 2003 (NVwZ-RR 2003, 899 ff). Bei dem dort Betroffenen war ein THC-Wert von 3,8 ng/ml festgestellt worden, gelegentlicher Konsum stand für das Gericht bei einem THCCOOH-Wert von 120 ng/ml fest. Das OVG Lüneburg hat in diesem Fall entschieden, dass jedenfalls ein den Grenzwert für die Anwendung von § 24a Abs. 2  StVG von 1 ng/ml erheblich übersteigender THC-Blutwert eines Kraftfahrzeugführers den Schluss auf mangelndes Trennungsvermögen bei gelegentlichem Cannabiskonsum zulasse. Bei dieser Konstellation und Formulierung kann der zitierten Entscheidung keine sichere Aussage dazu entnommen werden, was nach Auffassung des OVG Lüneburg für den Bereich zwischen 1 und 2 ng/ml gelten soll.

  • Auch der Beschluss des VGH Mannheim vom 10. Mai 2004 (VRS 107, 234 ff) lässt nicht den Schluss zu, dass von fehlendem Trennen im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV bereits ab einem THC-Wert von 1,0 ng/ml auszugehen wäre. Die Entscheidung betrifft den Fall des bewussten Passivrauchens von Cannabis bei einem festgestellten THC-Wert von 5 ng/ml im Blut des Betroffenen. Hinsichtlich der THC-Konzentration, ab der die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt sein könne, greift der VGH Mannheim auf die Aussagen in dem vom BVerfG im Verfahren 1 BvR 2062/96 (Beschluss vom 20.6.2002, NJW 2002, 2378 ff) eingeholten Gutachten von Prof. Dr. ****** vom 15. August 2001 zurück,  wonach bis zu einer THC-Konzentration von 2,0 ng/ml keine Risikoerhöhung festzustellen sei. Der VGH Mannheim referiert auch den Beschluss der Grenzwertkommission vom 20. November 2002, wonach im Rahmen von § 24a Abs. 2 StVG bereits eine THC-Konzentrationen von 1,0 ng/ml genügen soll, muss sich aber angesichts des im konkreten Fall gemessenen THC-Wertes von 5 ng/ml nicht abschließend dazu äußern, ob im Rahmen von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ein Grenzwert von 1,0 oder 2,0 ng/ml gelten soll.

  • Schließlich verweist das BVerfG in seinem Beschluss vom 21. Dezember 2004 noch auf den Beschluss des OVG  Koblenz vom 13. Januar 2004 (Az. 7 A 10206/03, DAR 2004, 413). Auch das OVG Koblenz wendet im Rahmen von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV den Grenzwert von 1,0 ng/ml THC im Blut nicht ohne Einschränkungen an. Es zitiert in einem Fall, in dem ein THC-Wert von 2,0 ng/ml gemessen worden war, die schriftlich und in der mündlichen Verhandlung bekundeten gutachtlichen Äußerungen des Leiters des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Mainz, Prof. Dr. Dr. *****, welcher ausgeführt habe, dass derzeit, insbesondere im Hinblick auf eine bestimmte Konzentration von THC im Blut, kein Grenzwert als wissenschaftlich gesichert angesehen werden könne, bei dem von einem Drogeneinfluss ausgegangen werden könne, durch den die Verkehrssicherheit beeinträchtigt sei. Dies beruhe darauf, dass – anders als beim Alkohol – die Auswirkungen von Cannabis bei den einzelnen Drogenkonsumenten höchst unterschiedlich seien. Jedenfalls bei einer THCKonzentration von 2,0 ng/ml könnten bei circa 50 % der Cannabiskonsumenten Beeinträchtigungen festgestellt werden, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit hätten. Laut OVG Koblenz ergibt sich aus den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen für die Beantwortung der Frage, ob jemand ein Fahrzeug unter verkehrsrechtlich relevantem Cannabiseinfluss geführt hat, dass der Fahrer zum einen objektiv unter Einfluss dieser Droge gestanden haben muss. Dies sei in Anknüpfung an den durch die Grenzwertkommission am 20. November 2002 festgesetzten Grenzwert der Fall, wenn der Fahrerlaubnisinhaber 1,0 ng/ml THC im Blut bei der Fahrt aufgewiesen habe. Zum anderen sei zu verlangen, dass bei dem Fahrer cannabisbedingte Beeinträchtigungen aufgetreten seien, die im Allgemeinen Auswirkungen auf die Sicherheit des Straßenverkehrs hätten. Solche Beeinträchtigungen sollten nach der Auffassung des OVG Koblenz zur Sicherung ihres Nachweises und der erforderlichen Objektivität zusätzlich zu den Feststellungen des kontrollierenden Polizeibeamten durch den die Blutprobe entnehmenden Arzt dokumentiert werden. Auch das OVG Koblenz und der von ihm befragte Gutachter gehen demnach gerade nicht davon aus, dass bereits bei einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml verkehrssicherheitsrelevante Beeinträchtigungen zu erwarten sind und ein mangelndes Trennungsvermögen im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV bei dieser Wirkstoffkonzentration ohne Weiteres anzunehmen ist.

d)
Die Gutachten von Prof. Dr. ******** und Prof. Dr. ******, die in die Entscheidung des BVerfG vom 20. Juni 2002 (a.a.O.) eingeflossen sind, und das Gutachten von Prof. Dr. Dr. ***** im Verfahren vor dem OVG Koblenz (Az. 7 A 10206/03, a.a.O.) sprechen dafür, weiterhin eine signifikante Erhöhung des Risikos für die Verkehrs-sicherheit bei gelegentlichem Cannabiskonsum nicht schon ab einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml anzunehmen.

  • Das Gutachten des Interdisziplinären Zentrums für Verkehrswissenschaften an der Universität Würzburg, Prof. Dr. ******, vom 15. August 2001 in dem Verfahren, das zur Entscheidung des BVerfG vom 20. Juni 2002 (a.a.O.) geführt hat, kommt zu dem Ergebnis, dass der alleinige Konsum von Cannabis jedenfalls dann zu keiner Risikoerhöhung für den Verkehr führt, wenn die aufgenommene Menge THC eine Konzentration von 2 ng/ml im Blut nicht übersteigt. Im übrigen gelte auch für den Konsum von Cannabis, dass mit zunehmender Konzentration die konsumbedingten Beeinträchtigungen steil anwüchsen. Lege man einen „normalen“ Cannabiskonsum zu Grunde (ein bis zwei „Joints“, Wartezeit von etwa zwei Stunden bis zum Fahrtantritt), liege das drogenkonsumbedingte Unfallrisiko höchstens im Bereich des Risikos von Alkoholisierungen zwischen 0,5 und 0,8 Promille BAK. In dem vom BVerfG mit Beschluss vom 20. Juni 2002 entschiedenen Fall ging es im Übrigen um die Rechtmäßigkeit der Anforderung eines Drogenscreenings nach § 15b Abs. 2 StVZO a.F. in einem Fall, in dem der Betroffene im Besitz einer kleinen Menge Haschisch angetroffen worden war, ohne dass konkret Cannabiskonsum nachgewiesen worden wäre.

Prof. Dr. *********** weist in dem oben diskutierten Schreiben vom 24. Januar 2005 darauf hin, dass die Erkenntnisse von Prof. Dr. ****** aus Versuchen am Fahrsimulator, nicht jedoch aus realen Situationen aus dem Straßenverkehr abgeleitet seien. Nach den eigenen Angaben von Prof. Dr. ****** fänden sich nach Cannabiskonsum die häufigsten Beeinträchtigungen aber bei automatisierten, weniger bei kontrollierten Handlungen. Je mehr Kontrolle notwendig sei, desto seltener träten Beeinträchtigungen auf. Nach Prof. Dr. ****** gelte dies als Beweis dafür, dass durch Cannabis bedingte Beeinträchtigungen durch bewusste Kontrolle kompensiert werden könnten. Aus Sicht von Prof. Dr. *********** stellt diese Erkenntnis von Prof. Dr. ****** die Übertragbarkeit von Versuchen unter Cannabis am Fahrsimulator auf die reale Verkehrssituation generell in Frage.

  • Das Gutachten von Prof. Dr. ******** ist noch im Internet abrufbar, unter der Adresse  www.medizin.uni-koeln.de/institute/rechtsmedizin/ga_bvg.html. Auf die Frage, wie sich der gelegentliche Konsum von Cannabis-Produkten auf die Leistungsfähigkeit insbesondere hinsichtlich der Fahrtüchtigkeit auswirke, wird hierin bekundet, dass Leistungs- und Verhaltenseinschränkungen auftreten können (Hervorhebung im Gutachten von Prof. Dr. ********). Ob überhaupt und in welchem Ausmaß sich die möglichen Einschränkungen im individuellen Falle realisierten, hänge wesentlich von der Erfahrung des Konsumenten, von der Art des Konsums, von der Dosis des aufgenommenen Cannabis und vom Zeitpunkt nach dem Konsum, in welchem die Leistungen abgefragt werden, ab. Nach dem Rauchen, der allgemein üblichen Aufnahme, seien im Allgemeinen nach mehr als drei Stunden relevante Leistungseinbußen nur noch selten, sie seien zumeist bei höheren Dosen nachgewiesen worden. Ein THC-Grenzwert, ab dem sich der gelegentliche Cannabiskonsum auf die Fahrtüchtigkeit auswirkt, wird in dem Gutachten von Prof. Dr. ******** nicht benannt. Die Frage, ob der gelegentliche Cannabiskonsument die Fähigkeit besitze, Einschränkungen der eigenen Fahrtüchtigkeit zu erkennen, wird bejaht. Eine Schwächung der Bereitschaft, zwischen dem Drogenkonsum einerseits  und der aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr andererseits zu trennen, liege bei gelegentlichem Cannabiskonsum im Allgemeinen nicht vor.

  • Prof. Dr. Dr. ***** führt in seinem für das OVG Koblenz in dem Verfahren Az. 7 A 10206/03 (a.a.O.) erstellten schriftlichen Gutachten aus, Grenzwerte, ab denen eine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit betroffener Kraftfahrzeugführer eintrete, könnten, anders als bei Alkohol, bei Drogen nicht angegeben werden. Zwar erscheine es wahrscheinlich, dass beim Nachweis von über 10 ng/ml THC im Blut ein verkehrsmedizinisch-relevanter, negativer Einfluss vorliege, psychophysische Beeinträchtigungen seien jedoch auch deutlich unter dieser Konzentration beobachtet worden.

Bei der Bewertung der dargestellten Äußerungen und Gerichtsentscheidungen ist zu berücksichtigen, dass offenbar vielfach den verwendeten Begriffen eine höchst unterschiedliche Bedeutung zugemessen wird (vgl. Eisenmenger, Drogen im Straßenverkehr – Neue Entwicklungen, NZV 2006, 24 ff; Prof. Dr. ******** in der gutachtlichen Äußerung vor dem Bundesverfassungsgericht, a.a.O.). Der bei der Auswertung sämtlicher zitierter Quellen gewonnene Eindruck, dass es derzeit keine gesicherte wissenschaftliche Grundlage für die Festlegung eines Grenzwertes von 1,0 ng/ml THC im Blut im Rahmen von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV gibt, wird dadurch noch verstärkt. Es scheint lediglich gesichert, dass die Wirkungen von Cannabis im Einzelfall weit schwerer einschätzbar sind als diejenigen von Alkohol. Die Gewinnung belastbarer Daten als Grundlage für wissenschaftliche Untersuchungen hierzu ist schon deshalb problematisch, weil es  sich bei Cannabis um eine illegale Droge handelt und darum geordnete Versuchsreihen mit ausgewählten Testpersonen unter kontrollierten Bedingungen nur schwer durchführbar sein dürften. Greift man auf Feststellungen zurück, die im konkreten Fall von Polizeibeamten gemacht wurden, birgt dies, auch bei entsprechender Schulung, ein höheres Risiko naturwissenschaftlicher Fehleinschätzungen und eine größere Unsicherheit; zudem muss sich in diesen Fällen die Untersuchung mehr oder weniger auf eine statistische Auswertung der durch die Polizei gewonnenen Daten beschränken. Am Fahrsimulator gewonnene Erkenntnisse begegnen demgegenüber den Bedenken, wie sie Prof. Dr. *********** in seinem Schreiben am 24. Januar 2005 geäußert hat (s.o.).

Nach alledem erscheint es bei den bestehenden Unsicherheiten, insbesondere im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, nicht gerechtfertigt, bereits ab einer THC-Konzentration von 1,0 ng/ml von einer Erhöhung des Risikos für die Verkehrssicherheit und von mangelndem Trennen zwischen Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs auszugehen, mit der Folge, dass dem Betroffenen automatisch gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV i.V.m. § 11 Abs. 7 FeV die Fahreignung abzusprechen und ihm gemäß § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 FeV die Fahrerlaubnis zu entziehen ist. Bei gelegentlichem Cannabiskonsum und Fahren mit einer THC-Konzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml bestehen lediglich Eignungsbedenken im Sinne von § 46 Abs. 3 FeV. Um sie zu klären, ist der Fahrerlaubnisinhaber zunächst zur Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV aufzufordern, mit dem ermittelt werden kann, ob er künftig zwischen der Einnahme von Cannabis und der motorisierten Teilnahme am Straßenverkehr trennen wird. Die stattgefundene Fahrt mit einer THCKonzentration zwischen 1,0 und 2,0 ng/ml stellt in diesem Zusammenhang eine weitere, Eignungszweifel begründende Tatsache dar. Bei einer THC Konzentration, die geringer als 1,0 ng/ml ist, wird eine solche dagegen regelmäßig nicht vorliegen.

So im Ergebnis auch Prof. Dr. *********** in NZV 2006, 27. Er empfiehlt, im Rahmen von § 24a Abs. 2 StVG an der vom BVerfG gewählten und von der Grenzwertkommission empfohlenen Entscheidungsgrenze von 1,0 ng/ml THC im Sinne eines cut-off, der den sicheren Nachweis belegt, festzuhalten. Prof. Dr. *********** differenziert aber ausdrücklich zwischen dem Ordnungswidrigkeitstatbestand und dem verwaltungsrechtlichen Fahrerlaubnisrecht. Für den Bereich des Verwaltungsrechts empfiehlt er, diesen Grenzwert „als Anlassgrenze für Fahrtauglichkeitsuntersuchungen“ gelten zu lassen. Hierdurch wird im Ergebnis auch die bereits im Beschluss vom 11. November 2004 (a.a.O.) zum Ausdruck gekommene Auffassung des Senats bestätigt, dass sich der Festlegung der Grenzwertkommission zu § 24a Abs. 2 StVG auf einen Grenzwert von 1,0 ng/ml THC im Blut für eine im Rahmen von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV relevante Risikoerhöhung im Straßenverkehr bereits ab diesem Wert nichts entnehmen lässt.

Nach alldem war der Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 31. Mai 2005 mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG sowie den Empfehlungen in den Abschnitten 1.5 Satz 1 sowie 46.2 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327).

Werbung mit Preisnachlässen ist unlauter, wenn Verbraucher in der Aussage keine klare Angabe sieht

Die einer Werbung mit Preisnachlässen von "bis zu x %" zugefügte Einschränkung "ausgenommen Werbeware" ist keine "klare und eindeutige" Angabe. Anders verhält es sich mit den Zusätzen "Nur auf Neukäufe" sowie "ausgenommen bereits reduzierte Ware".

Das Transparenzgebot findet bereits Anwendung, wenn im Vorfeld eines Preisausschreibens oder Gewinnspiels auf die Veranstaltung werbend hingewiesen wird.

Der Umfang der Teilnahmebedingungen kann nach Zeitpunkt und Situation der Unterrichtung des Verbrauchers unterschiedlich sein. Maßgeblich ist, an welchen Informationen er jeweils konkret ein schützenswertes Interesse hat.

Wird ein Gewinnspiel in deutlichem zeitlichen Abstand vor der Durchführung der Veranstaltung beworben, so genügen Angaben darüber, wer von der Teilnahme ausgeschlossen ist, auf welche Weise die Teilnahmekarten erhältlich sind, wann Einsendeschluss ist, was es zu gewinnen gibt und dass über die Gewinne ein Los entscheidet. Ist als Hauptgewinn des "Urlaubsgewinnspiels" ein 2-Wochen-Urlaub in der Karibik für 2 Personen ausgewiesen, so sind in diesem Stadium weitere Angaben zu den Reisemodalitäten entbehrlcih.

OLG Köln
Urteil vom 14. Oktober 2005
Az.: 6 U 57/05

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