Bebauungsplan und geschlossene Bauweise

Setzt ein Bebauungsplan die geschlossene Bauweise fest, muss die Reichweite dieser Festsetzung nicht auf die durch Baugrenzen oder Baulinien bestimmte überbaubare Grundstücksfläche beschränkt sein. Die geschlossene Bauweise kann auch hinsichtlich solcher Vorhaben vorgeschrieben sein, für die eine im Bebauungsplan bestimmte Ausnahme deshalb erforderlich ist, weil Gebäudeteile eine Baugrenze überschreiten.

OVG NRW
Urteil vom 27.03.2003
Az.: 7 B 2212/02

Vorausleistung für Straßenausbaubeiträge auch bei gesicherter Finanzierung zulässig

Eine Gemeinde darf ihre Bürger schon im voraus zur Finanzierung einer Ortsstraße heranziehen. Nach einem Urteil des OVG Koblenz sind sogenannte Vorausleistungen auch dann zulässig, wenn die Gemeinde das Geld bereits aus anderen Quellen «aufgetrieben» hat. Das Gericht hob mit seinem Urteil eine gegenteilige Entscheidung des VG Koblenz auf und wies die Klage eines Grundstückseigentümers ab. Der Kläger sollte für den Bau einer Ortsstraße eine Vorausleistung zahlen. Dagegen machte er geltend, die Gemeinde habe das Projekt bereits aus öffentlichen Mitteln vorfinanziert. Sie sei daher auf einen «Vorschuss» seitens der Bürger nicht angewiesen. Er sei deshalb nur zur Zahlung des endgültigen Beitrags bereit. Dagegen meinte das OVG, eine Vorausleistung sei unabhängig davon zulässig, ob die Gemeinde das Bauvorhaben zum Beispiel aus Rücklagen oder mit Darlehen bereits vorfinanziert habe.

OVG Koblenz
Az.: 6 A 11585/99

Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt bei Wiederheirat des Unterhaltsberechtigten

 

a) Die Vorschrift des § 1586 Abs. 1 BGB, nach der ein Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt bei Wiederheirat des Unterhaltsberechtigten entfällt, ist auf den Unterhaltsanspruch aus Anlass der Geburt nach § 1615 l Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 BGB entsprechend anwendbar.

b) Kindesunterhalt ist bei der Bemessung weiterer Unterhaltspflichten sowohl im Rahmen der Bedarfsermittlung als auch bei der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners mit dem vollen Tabellenbetrag und nicht nur mit dem Zahlbetrag zu berücksichtigen (im Anschluss an Senatsurteile vom 16. April 1997 – XII ZR 233/95 – FamRZ 1997, 806, 811 und vom 6. Februar 2002 – XII ZR 20/00 – FamRZ 2002, 536, 540 f.).

Im Übrigen kommt im absoluten Mangelfall die Nachrangigkeit des Unterhaltsanspruchs der Mutter nach § 1615 l Abs. 3 Satz 3 BGB gegenüber dem Kindesunterhaltsanspruch zum Tragen.

BGH
Urteil vom 17.11.2004
Az.: XII ZR 183/02

 

Die vollständige Entscheidung können Sie auf der Seite des Bundesgerichtshofs nachlesen. 

Öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts

 
1. Öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts kann auch eine juristische Person des Privatrechts sein, wenn sie neben von ihr verfolgten gewerblichen Zwecken im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen hat; für das aus § 57 a Abs. 1 Nr. 2 Haus-haltsgrundsätzegesetz (= § 98 Nr. 2 GWB) ersichtliche Beherrschungskriterium reicht es aus, dass die letztlich hinter dem privatrechtlich organisierten Unternehmen stehende Gebietskörperschaft ihre Einflussmöglichkeiten auf dessen Vergabeentscheidungen mittelbar über Dritte ausüben kann.

2. Ein Unternehmen, das in einem ausdrücklich so bezeichneten "beschränkten Vergabeverfahren" der Sache nach ausschreibungspflichtige Dienstleistungen zum Gegenstand einer europaweiten Ausschreibung macht, unterwirft die potentiellen Bieter und sich selbst auch dann den Regeln der VOL/A, wenn die Kriterien eines "öffentlichen" Auf-traggebers auf es nicht zutreffen; es kann sich der Geltung dieses mit seiner eigenen Ausschreibung geschaffenen Rechtsrahmens nicht später dadurch einseitig entziehen, dass es in den Verdingungsunterlagen verlautbart, die Bieter hätten keinen Anspruch auf Einhaltung der Bestimmungen der VOL/A durch den Auftraggeber.

3. Die Wirksamkeit eines Angebots setzt grundsätzlich nicht voraus, dass die rechtsgeschäftliche Befugnis des das Angebot Unterzeichnenden hierzu der Vergabestelle mit dem Angebot selbst nachgewiesen wird.

4. Dem preisgünstigsten Bieter darf im Rahmen der Wertung nach § 25 Nr. 3 S. 1 VOL/A der Auftrag nur dann vorenthalten werden, wenn teurere Angebote bei anderen zulässigen Wertungskriterien einen ihren Preisnachteil kompensierenden konkreten Vorteil aufweisen; eine unter Verstoß hiergegen erfolgte Auftragsvergabe löst Ansprüche des Bestbieters auf Ersatz seines positiven Interesses auch dann aus, wenn der tatsächlich erteilte Auftrag im Detail von der vorangegangenen Ausschreibung abweicht, solange diese Änderungen nur die wirtschaftliche und technische Identitat des Beschafffungsvorhabens nicht berühren.

 
OLG Dresden
Urteil vom 09.03.2004
Az.: 20 U 1544/03

Spielraum bei Verhandlungsverfahren nach VOL/A

 
Auch im Verhandlungsverfahren darf das Beschaffungsvorhaben nicht so abgeändert werden, daß es dem Gegenstand der Ausschreibung nicht mehr entspricht.
 

amtlicher Leitsatz:

1. Ungeachtet der darin eröffneten Spielräume zur Konkretisierung des Auftragsinhalts erlaubt es ein Verhandlungsverfahren nach VOL/A nicht, im Ergebnis der mit dem Bieter geführten Gespräche andere Leistungen zu beschaffen als mit der Ausschreibung angekündigt; die Identität des Beschaffungsvorhabens, so wie es die Vergabestelle zum Gegenstand der Ausschreibung gemacht hat, muss gewahrt bleiben.

2. Von einem einheitlich ausgeschriebenen Auftrag können auch im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens nicht nach Ablauf der Angebotsfrist Teile der zu erbringenden Leistung dergestalt abgespalten werden, dass ihre Verwirklichung nach Auftragserteilung zusätzlich von der Ausübung einer an keine inhaltlichen Voraussetzungen gebundenen einseitigen Option des Auftraggebers abhängt; das gilt jedenfalls dann, wenn der verbleibende "Festauftrag" gegenüber dem ursprünglichen Ausschreibungsinhalt ein gegenständlich anderes Vorhaben ("aliud") darstellt.

 
OLG Dresden
Beschluss vom 03.12.2003

WVerg 15/03

Ergänzungspfleger für am Verfahren beteiligtes Kind / Anfechtungsfrist

 
1. In einem Statusverfahren, in dem eine allein sorgeberechtigte Mutter die Vaterschaft hres geschiedenen Ehemannes anficht, muss für das am Verfahren zu beteiligende ind (§ 640 e Abs. 1 ZPO) – schon für die Zustellung der Klage und der Ladung zum Termin – ein Ergänzungspfleger bestellt werden.
2. Die Anfechtungsfrist von zwei Jahren ab Kenntnis der Umstände, die gegen die Vaterschaft prechen, gilt auch in den Fällen, in denen die Mutter vor dem 01. Juli 1998 eine Anfechtungsklage erheben konnte, weil ihr Anfechtungsrecht erst zu diesem Zeitpunkt durch das Gesetz zur Reform des Kindschaftsrechts eingeführt worden ist (§ 1600 BGB).
BGH
Urteil vom 27. März 2002
Az.: XII ZR 203/99
 
Die vollständige Entscheidung können Sie auf der Seite des Bundesgerichtshofs nachlesen. 

Übergang ins Verhandlungsverfahren

 
Wenn die Vergabestelle das Scheitern des Vergabeverfahrens zu verantworten hat, kann sie nicht ohne weiteres anschließend in ein Verhandlungsverfahren übergehen.

amtlicher Leitsatz:

1. Antragsbefugt im Vergabenachprüfungsverfahren ist auch ein Unternehmen, das am Vergabeverfahren tatsächlich nicht beteiligt war, wenn es nach seinem Vorbringen möglich erscheint, dass der Vergabeverstoß gerade in seiner Nichtbeteiligung liegt.

2. Ein vom Antragsteller nicht unterschriebener Nachprüfungsantrag kann bis zur Entscheidung der Vergabekammer durch Nachholung der Unterschrift mit Wirkung für die Zukunft zulässig gemacht werden.

3. § 3a Nr. 2a VOL/ rechtfertigt nicht ohne weiteres den Übergang ins Verhandlungsverfahren ohne vorherige Vergabebekanntmachung, wenn der Vergabestelle das Scheitern des vorangegangenen Verfahrens zuzurechnen ist, weil die von ihr zu verantwortenden ursprünglichen Ausschreibungsbedingungen die Auftragserfüllung praktisch möglich gemacht haben und (auch) deshalb keine (wirtschaftlichen) Angebote eingegangen sind.

4. Jedenfalls wird an einem nachfolgenden Verhandlungsverfahren dann diejenigen Unternehmen zu beteiligen, die die Vergabestelle selbst im vorangegangenen Verfahren als zur Erfüllung des zu vergebenden Auftrags geeignet angesehen hat.

OLG Dresden
Beschluss vom 16.10.2001
WVerg 7/01