Artikel 4 – Rechte und Pflichten der Vertragsparteien

Rechte und Pflichten von Auftragnehmer und Auftraggeber bei Behinderung und Unterbrechung der Leistungsausführung

Die VOL/B regelt im § 5 , wie mit Hilfe einer dem Auftragnehmer auferlegten Anzeigepflicht dieser von der grundsätzlichen Risikotragung und Haftung bei Behinderung seiner Tätigkeit befreit wird, obwohl die Ursachen für den nicht normalen Ablauf der Leistungsausführung überwiegend in seinem Verantwortungsbereich liegen. Durch diese, nach dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben im Rechtsverkehr entwickelte Regelung, soll das Vertragsverhältnis für beide Seiten partnerschaftlich betrachtet werden. Danach muß der Auftraggeber von der Behinderung der Leistungsausführung rechtzeitig Kenntnis erlangen, um darauf frühzeitig reagieren zu können. Zugunsten des Auftragnehmers werden die Ausführungsfristen in bestimmten Fällen verlängert.

Voraussetzung für die genannten Rechtsfolgen ist eine rechtzeitige schriftliche Anzeige von Behinderungen oder Unterbrechungen. Behinderungen sind alle Umstände, die den vorgesehenen Leistungsablauf hemmen oder verzögern. Es reicht schon aus, daß die Arbeiten in einem beachtlichen Maß langsamer als geplant vor sich gehen. Zum Stillstand der Arbeiten muß es nicht kommen. So können z. B. Lieferschwierigkeiten oder notwendige Reparaturen einzelner eingesetzter Geräte und Maschinen zu einer Ausführung der Leistung „nur mit halber Kraft“ führen. Zusätzliche Aufträge durch den Auftraggeber können auf seiten des Auftragnehmers zur Folge haben, daß die ursprüngliche Leistung zeitweise unterbrochen wird.

Wenn der Auftragnehmer sich daher in der ordnungsgemäßen Leistungsausführung behindert sieht, hat er dies dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen. Eine solche Anzeige ist nur dann nicht notwendig, wenn die „Tatsachen und deren hindernde Wirkung offenkundig sind“. Damit ist jedoch sehr vorsichtig zu verfahren. Einerseits müssen die Tatsachen dem Auftraggeber „offenkundig“ sein. Dies bedeutet, daß er von den behindernden Umständen Kenntnis haben muß und es durch sein Verhalten, seine Äußerungen oder Anordnungen klar zum Ausdruck bringt. Das ist ebenfalls der Fall, wenn die Umstände auf der Hand liegen, aber ignoriert oder aus völliger eigener Nachlässigkeit durch den Auftraggeber nicht wahrgenommen werden.

Andererseits muß der Auftraggeber wissen, daß diese Umstände zu einer Behinderung der Leistungsausführung führen. Somit müssen die ihm bekannten Tatsachen und Vorgänge auch für ihn die Verzögerung oder Unterbrechung der vereinbarten Leistungsausführung deutlich werden lassen. Da jedoch dieser Nachweis sehr schwer geführt werden kann, sollte auf die erwähnte Anzeige nicht verzichtet werden.

Das Beispiel aus der Praxis:

Durch die öffentliche Hand wurde die umfangreiche Einrichtung einer Universitätsbibliothek ausgeschrieben. Danach sollten die Einrichtungsgegenstände nach Maß angefertigt werden, wobei die von der Vergabestelle vorgegebenen Pläne Grundlage der Erstellung sein sollten. An den Ausführungszeitraum war die Eröffnung der Bibliothek gebunden.

Durch Änderungen der Bauausführung bei der Errichtung des Bibliotheksgebäudes kam es zu abweichenden Zuschnitten der Lesesäle und angrenzenden Räume. Dies hatte zur Folge, daß die Planungsunterlagen und Fertigungszeichnungen für die Einrichtung vom Auftraggeber neu überarbeitet werden mußten. Der Auftragnehmer konnte jedoch nur auf Grundlage dieser, nunmehr geänderten Pläne, die von ihm angebotene Einrichtung herstellen. Die verzögerte Lieferung der Einrichtung beruhte damit auf der späten Planerstellung und Übergabe.

Nach einer Neuerstellung einer Vielzahl der Pläne versäumte es der Auftraggeber jedoch, einen einzelnen Plan für einen ebenfalls geänderten Raum anzupassen und zu übergeben.

Für den Auftraggeber war es bei der Änderung der Pläne für die gesamte Bibliothekseinrichtung aufgrund der geänderten Zuschnitte der Räume offenkundig, daß die nunmehr verspätete Lieferung derselben zu einer Behinderung der Ausführung der Leistung führen würde. Insoweit mußte der Auftragnehmer dies ihm gegenüber nicht anzeigen.

Dagegen war das Fehlen eines einzelnen Planes für den Auftraggeber nicht ohne weiteres offenkundig behindernd. Hier durfte sich der Auftragnehmer somit nicht darauf verlassen, daß die Behinderungswirkung für den Auftraggeber klar zutage trat. Um einen späteren Rechtsstreit zu vermeiden war es daher angeraten, die Behinderungsanzeige abzusenden.

Artikel 3 – Leistungsausführung Teil 2

Welche Regeln, Vorschriften und Bestimmungen sind bei der Leistungsausführung zu beachten?

In der letzten Ausgabe des Wirtschaftsdienstes wurde darauf hingewiesen, dass neben dem Regelwerk der VOL/B noch eine weitere Anzahl von Vorschriften zu beachten sind.

Dazu zählen ebenfalls die anerkannten Regeln der Technik sowie die behördlichen Bestimmungen und Vorschriften bei der Leistungsausführung, die durch den Auftragnehmer zu berücksichtigen sind. Bei den anerkannten Regeln der Technik kann man z. B. die DIN-Normen, VDE (Verbandes Deutscher Elektrotechniker)- und VDI (Vereins Deutscher Ingenieure)- Bestimmungen sowie die DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches)- Bestimmungen als Maßstab heranziehen.

Allerdings können diese auch aufgrund fehlender rechtzeitiger Fixierung durch Zeitablauf punktuell nicht mehr den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Das kann z. B. bei Entwicklung neuer, in ein Werk einzubauender und als technisch einwandfrei anerkannter Stoffe eine Bedeutung haben. Man denke dabei nur an die Gesichtspunkte des Umweltschutzes und der Qualitätssicherung, bei denen die schriftliche Formulierung mit der technischen Entwicklung nicht immer Schritt gehalten hat und daher teilweise überholt ist.

Wenn der Auftragnehmer bei der Leistungsausführung daher z. B. trotz gehobener Anforderungen an den Umweltschutz noch alte, den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht werdende Lösungsmittel verwendet, weil sie aufgrund fehlender Änderung der einschlägigen DIN-Vorschrift noch „DIN-gerecht“ sind, kann es sich trotz allem um einen Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik handeln. Er darf daher nicht auf die DIN-Normierung vertrauen, sondern muß sich bei deren Einsatz am aktuellen Stand der Technik z. B. anhand von Fachzeitschriften orientieren.

Auch bei den einzuhaltenden gesetzlichen Vorschriften und Bestimmungen, die zum Schutz seiner Arbeitnehmer gelten, muß sich der Auftragnehmer Kenntnis von denselben beschaffen, da hier ebenfalls der Grundsatz gilt „Unwissenheit schützt vor Strafe nicht“.

Das Beispiel aus der Praxis:

In einer Ausschreibung zu Reinigungsarbeiten war es notwendig, eine geforderte Leistung unter Benutzung von in der Gefahrstoffverordnung benannten Lösungsmitteln, welche gesundheitsschädlich waren, auszuführen. Mit diesen Leistungen beauftragte der Unternehmer u. a. Lehrlinge aus seinem Betrieb. Die Jugendlichen führten die Leistungen ohne Aufsicht aus und verletzten sich durch unsachgemäßen Umgang mit den Stoffen.

Die dabei entstandenen Gesundheitsschäden hatte der Unternehmer zu tragen. Er hatte nicht beachtet, das Jugendliche zwischen dem 16. und dem 18. Lebensjahr nach § 22 Jugendarbeitsschutzgesetz nur unter Aufsicht eines Fachkundigen und wenn es zur Erreichung des Ausbildungszieles erforderlich ist, mit gefährlichen Stoffen beschäftigt werden dürfen.

Für die Einhaltung der gesetzlichen, behördlichen und berufsgenossenschaftlichen Verpflichtungen gegenüber seinen Arbeitnehmern ist der Auftragnehmer regelmäßig allein verantwortlich.

Es kann jedoch auch im Vertrag eine Überbürdung der dem Auftragnehmer obliegenden Verantwortlichkeit auf den Auftraggeber festgelegt werden. Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn er zu inhaltlichen Anordnungen hinsichtlich der Art und Weise der Leistungsausführung befugt ist. Das Anordnungsrecht zur Leistungsausführung auf den Auftraggeber kann auch zur Folge haben, dass die Verantwortlichkeit zur Einhaltung der einschlägigen Vorschriften „stillschweigend“ auf ihn übertragen ist, da der Auftragnehmer nicht mehr eigenverantwortlich entscheiden kann.

Zwar ist dann im Schadensfall der Auftragnehmer nicht von seiner Leistungspflicht gegenüber dem Arbeitnehmer frei, er kann jedoch gegenüber dem Auftraggeber Rückgriff nehmen, so dass er am Ende ohne einen, materiellen, Verlust dasteht.

Nicht rechtserhaltende Nutzung einer Marke durch Versandhändler

Ein Versandhändler, der eine Vielzahl unterschiedlicher Waren vertreibt, die zum Teil von bekannten Markenherstellern und zum Teil von unbekannten Herstellern stammen und als Gemeinsamkeit lediglich den Vertriebsweg aufweisen, benutzt seine für entsprechende Waren eingetragenen Marken mit deren Verwendung auf und in seinen Katalogen und auf den Versandtaschen nicht rechtserhaltend.

BGH
Urteil vom 21. Juli 2005
Az: I ZR 293/02

Die vollständige Entscheidung können Sie auf der Seite des Bundesgerichtshofes nachlesen.

Artikel 2 – Leistungsausführung Teil 1

Welche Regeln, Vorschriften und Bestimmungen, sind bei der Leistungsausführung zu beachten?

Grundlegend ist vom Regelwerk der VOL/B auszugehen. Daneben jedoch gibt es noch eine Vielzahl von Vorschriften, welche der Auftragnehmer bei der Ausführung seiner Leistung beachten muß.

Das beginnt bei den Handelsbräuchen, geht über die Arbeitsschutzvorschriften bis zu den Verordnungen und behördlichen Anordnungen z. B. im Umgang mit Gefahrgütern. Da der Bogen aufgrund der Vielfalt der Leistungsanforderungen im öffentlichen Auftragswesen sehr weit gespannt ist, würde es den Rahmen sprengen, wenn die zu beachtenden Vorschriften alle aufgezählt werden sollten. Daher im Folgenden sowie in der nächsten Ausgabe ein paar exemplarische Regelungen und deren Erläuterung an Beispielen aus der Praxis:

Der Auftragnehmer hat u. a. nach VOL/B § 4 Nr. 1 Abs. 1 „Handelsbräuche“ zu beachten.

Handelsbräuche sind die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche oder auch die Verkehrssitte im Handel. Sie gelten nach § 346 HGB unter Kaufleuten, und zwar für ihr Handelsgewerbe. Herausgebildet haben sie sich durch tatsächliche Anwendung der konkreten Gebräuche auf den einzelnen Geschäftszweig über eine längere Dauer. Die Pflicht zur Anwendung des Handelsbrauchs gilt dabei unabhängig von der Kenntnis des Betroffenen.
So gibt es z. B. Handelsbräuche im Handelsverkehr zwischen Käufern und Verkäufern in Gestalt eingebürgerter kurzer Formeln, welche den vertraglichen Abmachungen und Ausführungspflichten einen besonderen Inhalt geben.

Am bekanntesten sind dabei wohl die sogenannten Incoterms (International Commercial Terms), welche für den internationalen Handels- und Güterverkehr gelten. Sie stellen Kurzbezeichnungen dar, welche z. B. für die Art der Ausführung der Lieferung der Waren, des Transportrisikos oder der Kostentragung stehen.

Jedoch auch bei Kauf- und -Lieferverträgen im Inland sind übliche Kurzklauseln zu beachten. Z. B. Formulierungen wie „cash“, „Kasse gegen Dokumente“ oder „Selbstbelieferung vorbehalten“ haben auch dann Maßgeblichkeit bei Inlandsverträgen, wenn ein Beteiligter diesen Handelsbrauch nicht kennt, jedoch im Verkehrskreis, in welchem dieser angewendet wird, tätig ist. Diese Regeln, welchen bei der Beschaffung Aufmerksamkeit zu schenken ist, nehmen auch im Rahmen öffentlicher Aufträge auf die Ausführung der Leistung Einfluß, da gebräuchliche Kurzklauseln und ähnliche Handelsbräuche nach VOL/B § 4 Nr. 1 Abs. 1 Satz 2 durch den Auftragnehmer beachtet werden müssen. Beachten heißt dabei, daß der Auftragnehmer nicht zuungunsten des öffentlichen Auftraggebers davon abweichen darf, wenn er sie auch in seinem sonstigen Geschäftsverkehr anwendet.

In einem praktischen Fall hatte der Auftragnehmer Computertechnik zu beschaffen, zu deren Lieferung er einen Unterauftragnehmer mit Zustimmung des Auftraggebers heranziehen konnte. Gegenüber diesem Unterauftragnehmer hätte er aufgrund Handelsbrauchs günstige Versand- und Zahlungsbedingungen fordern können. So wäre z. B. durch Vereinbarung der Klausel „Kasse nach Empfang“ ausgeschlossen gewesen, daß der Verkäufer die Ware bis zur Zahlung des Kaufpreises zurückhielt. Weil er dies jedoch unterlassen hatte, entstand dem Auftraggeber, welcher zu einer sofortigen Zahlung bei Lieferung und zur Übernahme der Versandkosten verpflichtet war, ein Schaden. Den hatte der Auftragnehmer zu ersetzen.

Hätte er sich vor Vertragsschluß mit dem Unterauftragnehmer über die Handelsbräuche in dem von ihm neu betretenen Geschäftsfeld informiert, wäre er darauf gestoßen, daß er aufgrund Handelsbrauchs vorteilhaftere Bedingungen hätte aushandeln können.

Finanzielle Nachteile, welche ihm aufgrund der Nichtbeachtung der Handelsbräuche entstehen, kann er nicht auf den öffentlichen Auftraggeber abwälzen. Vielmehr hat er diesem gegenüber gerade die weiteren Schäden zu ersetzen.

Ausschluss eines Angebots wegen unzulässiger Mischkalkulation

 
Eine "Richtlinie" des OLG Dresden, wann eine unzulässige Mischkalkulation vorliegt:

amtlicher Leitsatz:

1. Der Ausschluss eines Angebots gem. den §§ 25 Nr. 1 Abs. 1 l), 21 Nr. 1 Abs. 1 VOB/A wegen unzulässiger Mischkalkulation setzt die Feststellung voraus, dass der betroffene Bieter in seinem Angebot Preisverlagerungen, d.h. in einzelnen Positionen des Leistungsverzeichnisses Abpreisungen und an anderer Stelle kompensatorische Aufpreisungen mit dem Ergebnis vorgenommen hat, dass die in den jeweiligen Positionen angegebenen Preise von den ohne Berücksichtigung der Preisverschiebung tatsächlich geforderten Preisen abweichen.

2. Zur Darlegungs- und Beweislast, wenn die Vergabestelle dem durch die Angebotsgestaltung ausgelösten Verdacht einer unzulässigen Mischkalkulation durch Nachfrage bei dem betroffenen Bieter nachgeht.

 
OLG Dresden
Beschluss vom 01.07.2005
WVerg 7/05

Artikel 1 – Leistungsänderung

Machen Sie bei Verträgen immer alles richtig?

Im Bereich der öffentlichen Ausschreibungen bestehen sowohl bei den Behörden als auch bei den beteiligten Unternehmen zahlreiche Unsicherheiten hinsichtlich der korrekten Vertragsabwicklung. Die Erfahrungen aus der Rechtsberatung bestätigen dies. Angesichts der ständig wachsenden Regelungsdichte und einer sich ständig erweiternden Rechtsprechung ist es auch schwierig, in Einzelfragen immer die richtige Lösung zu finden.

Hierzu will die Artikelserie, die in diesem „Wirtschaftsdienst“ beginnt, einen unterstützenden Beitrag leisten. Es werden einzelne Probleme aufgegriffen und mögliche Lösungen aufgezeigt. Dabei kann das jeweils dargestellte Thema selbstverständlich nicht den anwaltlichen Rat oder eine individuelle Weiterbildung ersetzen, welche zum Beispiel durch die Auftragsberatungsstelle Sachsen e. V. mit Seminaren zu Fragen der VOL/B – im ersten Halbjahr 2002 am 24.April und am 12.Juni – angeboten wird.

 

Das erste Thema:

Nicht zu jeder vom Auftraggeber nachträglich geforderten Änderung der Leistungserbringung ist der Auftragnehmer verpflichtet!

Das Beispiel aus der Praxis:

Was ist zu beachten, wenn ein Auftraggeber ein Unternehmen abweichend von der Ausschreibung und dem daraufhin geschlossenen Vertrag auffordert, seine Leistung zu ändern? So wurde in einer öffentlichen Ausschreibung u. a. die Lieferung von 1.000 Meter Kupferdraht und die Lieferung von 1.000 Holzstäben von je 1,00 m Länge gefordert und auf ein entsprechendes Angebot der Zuschlag und damit der Auftrag erteilt. Nunmehr verlangt aber der Auftraggeber vom Auftragnehmer, die Lieferung auf 1.500 m Aluminiumdraht und 1.000 Holzstäbe von je 1,05 m Länge abzuändern.

Der Auftragnehmer muss in einem solchen Fall prüfen, ob es sich bei den weiteren geforderten Leistungen um eine Änderung im Umfang (Quantität) oder der Beschaffenheit (Qualität) handelt. Aus dem abgeschlossenen Vertrag heraus ist er nur verpflichtet, eine neue Art der Qualität zu erbringen. Er kann – muss aber nicht – die 1.500 m, sondern lediglich wie vereinbart die 1.000 m des Drahtes liefern. Zu mehr ist er nicht verpflichtet.

Dass dabei Aluminium- statt Kupferdraht gefordert wird, stellt eine zu erbringende Änderung der Beschaffenheit dar. Der Unternehmer muss jedoch die 1.000 Holzstäbe von je 1,05 m Länge liefern, da die Länge die Beschaffenheit der Leistung betrifft.

Das Recht des Auftraggebers, eine neue Qualität zu fordern darf jedoch nicht dazu führen, dass eine vollständige Leistungsänderung eintritt. So kann er beispielsweise nicht verlangen, dass statt vereinbarter Schreibmaschinen Kleincomputer zu liefern sind.

Wenn der Auftragnehmer letztlich festgestellt hat, dass die neu geforderte Leistung eine Qualitätsänderung darstellt, muss diese auch im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit liegen. Kann er zwar Holzstäbe von je 1,00 m Länge liefern, sind jedoch seine Produktionsanlagen für weitere Längen nicht ausgelegt, ist er nicht zur Erbringung verpflichtet. Kommt er jedoch der Verpflichtung trotz gegebener Leistungsfähigkeit nicht nach, liegt eine Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung des geschlossenen Vertrages vor und er macht sich schadensersatzpflichtig.

Selbstverständlich können die bei der Auftragsrealisierung durch die geänderte Leistung angefallene Mehrkosten gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber abgerechnet werden.

Der Auftragnehmer hat in diesem Zusammenhang zu beachten, dass es für ihn eine ungeschriebene Prüfungspflicht hinsichtlich der geforderten Materialien, Werkstoffe, technischen Regeln, der Vereinbarkeit und Verträglichkeit mit der vereinbarten Leistung gibt. Erkennt er daher solche Fehler oder könnte er sich aufgrund seiner Fachkunde erkennen, erfolgt eine Bedenkenanzeige jedoch nicht, haftet er für die daraus entstehenden Mängel. Stellt er zum Beispiel fest, dass die Leitfähigkeit des Aluminiumdrahtes für die ausgeschriebene Leistung nicht den technischen Vorschriften entspricht, hat er diese Bedenken unverzüglich dem Auftraggeber mitzuteilen. Besteht dieser trotz Bedenken auf der geforderten Leistung, dann muss der Auftraggeber sie ausführen, wird jedoch von darauf gründenden Schadensersatzforderungen frei.

Beweislast über Zustandekommen eines Vertrags bei einer Internetversteigerung liegt bei Verkäufer

Bei einer Internetversteigerung hat der Verkäufer das Zustandekommen des Vertrags mit dem Ersteigerer zu beweisen.

Gibt der Ersteigerer an, dass nicht er sondern eine andere Person mit seinem Passwort unrechtmäßig an der Versteigerung teilgenommen hat, tritt keine Beweislastumkehr ein, da die Nutzung des Internets bekanntermaßen mit Gefahren jeglicher Art verbunden ist.

OLG Naumburg
Urteil vom 2. März 2004
Az: 9 U 145/03


Zum Sachverhalt:

Der Kl. begehrt Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach einem gescheiterten Autoverkauf. Der Kl. war Eigentümer eines Pkw Audi A4. Über einen Freund ließ der Kl. dieses Fahrzeug über das Internet-Auktionshaus eBay versteigern. Gemäß Mitteilung der Firma eBay erfolgte die Kaufabwicklung zum Kaufpreis von 15500 EUR. Als Besteller wird der Bekl. unter seinem eBay-Mitgliedsnamen genannt. Als Lieferadresse wird die Anschrift des Bekl. bezeichnet. Per E-Mail vom selben Tage teilte der Kl. dem Bekl. mit, wann und wo er das Fahrzeug abholen kann. Per E-Mail teilte der Bekl. dem Kl. mit, dass sein Passwort bei eBay geknackt und geändert worden sei und mit seinem Benutzernamen �Schindluder� getrieben werde und er mit diesen Vorfällen nichts zu tun habe. Mit Schreiben vom 23. 4. 2003 wurde der Bekl. zur Erfüllung des Kaufvertrags unter Fristsetzung bis zum 24. 4. 2003 aufgefordert. Der Bekl. reagierte darauf nicht. Nach dem Verkauf seines Fahrzeugs am 10. 4. 2003 kaufte der Kl. bei der Firma Autohaus A einen gebrauchten Pkw Audi A6 zum Kaufpreis von 18000 EUR. Die Übernahme des Fahrzeugs sollte im Mai 2003 erfolgen. Da zu diesem Zeitpunkt eine Erfüllung des Kaufvertrags mit dem Bekl. nicht eingetreten war, sondern der Bekl. die Erfüllung des Kaufvertrags ablehnte, entschloss sich der Kl., das an den Bekl. verkaufte Fahrzeug an die Firma Autohaus A in Zahlung zu geben, und zwar zu einem Preis von 10300 EUR. Ein höherer Kaufpreis als 10300 EUR war nicht zu erzielen.

Dem Kl. ist damit in Höhe der Differenz zwischen dem bei der Internetversteigerung erzielten Kaufpreis von 15500 EUR und dem tatsächlich erzielten Kaufpreis von 10300 EUR, also in Höhe von 5200 EUR, ein Schaden entstanden, den er im vorliegenden Verfahren geltend macht.

Der Kl. ist der Meinung, dass der Bekl. zur Vertragserfüllung verpflichtet sei. Der Bekl. als Inhaber eines e-Mail-Kontos mit einem bestimmten Pseudonym und Passwort müsse auf Grund des Missbrauchrisikos beweisen, dass sein Passwort durch einen unbekannten Dritten ohne sein Wissen verwendet worden sei.

Der Bekl. behauptet, dass die unter Verwendung der eBay-Mitgliedskennung abgegebene Annahmeerklärung nicht von ihm stamme. Ihm sei die Teilnahme an Auktionen am 10. 4. 2003 unter seiner Mitgliedskennung nicht möglich gewesen, da ein unbekannter Dritter sein Passwort für seinen Zugang zu eBay geknackt und am 10. 4. 2003 geändert habe, so dass der Bekl. von der Nutzung seines Kontos ausgeschlossen gewesen sei.

Der Bekl. habe den Missbrauch seines eBay-Kontos bemerkt, als er beim Abfragen seiner mail-box von eBay die Mitteilung erhalten habe, dass das Passwort für den Zugang zu seinem eBay-Konto geändert worden sei. Der Bekl. habe sofort das so genannte �Sicherheitsteam� von eBay per E-Mail über den Missbrauch informiert und um die Sperrung seines Benutzerkontos gebeten. Am 13. 4. 2003 wurde dann zwischen den Parteien unstreitig eine Sperrung des Mitgliedskontos vorgenommen und ein neues Passwort vergeben. Neben der Mitteilung über die Änderung seines Passwortes erhielt der Bekl. – zwischen den Parteien unstreitig – von eBay am 11. 4. 2003 auch mehrere Mitteilungen über weitere am 10. 4. 2003 unter Verwendung seiner Mitgliedskennung getätigte Käufe und Verkäufe. Der Bekl. vermutet, dass sein Passwort durch einen fremden Dritten unter Verwendung eines so genannten �Trojanischen Pferdes� ausgespäht und unbefugt für die vorerwähnten Käufe und Verkäufe benutzt worden sei. Der Bekl. ist daher der Meinung, dass er dem Kl. keinen Schadensersatz schulde.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Kl. blieb ebenfalls ohne Erfolg.

Aus den Gründen:

Der Kl. hat nicht bewiesen, dass im Rahmen einer Versteigerung am 10. 4. 2003 mit dem Bekl.ein Kaufvertrag über einen PKW Audi A4 1.9 TDI Avant zum Preis von 15500 EUR zu Stande gekommen ist.

Die Berufung vertritt lediglich die Ansicht, dass im Hinblick darauf, dass eine Person unter dem Passwort des Bekl. an der Versteigerung teilgenommen hat, eine Beweislastumkehr nach Gefahrkreisen eintrete. Der Bekl. habe zu beweisen, dass ein Dritter unrechtmäßig unter seinem Passwort das Fahrzeug ersteigert habe. Dieser Ansicht ist aus den vom LG unter Berücksichtigung der h.M. in der Rspr. dargelegten Gründen nicht zu folgen. Es ist gerichtsbekannt, dass die Nutzung des Internets mit Gefahren verbunden ist, weil es technisch möglich ist, auch ein ordnungsgemäß geschütztes Passwort �auszuspähen� (Stichwort z.B. Trojaner und �Passwortklau�) und rechtswidrig zu Lasten des Inhabers zu nutzen. Der Senat verkennt nicht, dass dann, wenn dem Verkäufer die Beweislast für das Zustandekommen des Vertrags im Rahmen einer Internetversteigerung auferlegt wird, Fälle von Kaufreue auf Seiten des Käufers ohne Folgen bleiben. Dieses Risiko geht der Verkäufer bei der Nutzung einer Internetauktion in Kenntnis der Missbrauchsmöglichkeiten ein. Dieser Gesichtspunkt ist daher nicht geeignet, eine abweichende Verteilung der Beweislast zu rechtfertigen. Der Bekl. hat schlüssig dargelegt, dass es zu einer missbräuchlichen Nutzung seines Passwortes im Zusammenhang mit der konkreten Versteigerung des Fahrzeugs gekommen sein kann. Es hätte jetzt dem Kl. oblegen nachzuweisen, dass der Bekl. tatsächlich sein Vertragspartner geworden ist. Indes geht der Kl. selbst davon aus, diesen Beweis nicht führen zu können. Die im Termin überreichten Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Nutzung von E. allein sind nicht geeignet, eine Umkehr der Beweislast zu begründen. Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Haftung des Internetproviders für rechtswidrige Links eines Kunden

Auch ein Internetprovider kann als Störer wegen das Urheberrecht verletzender Links in Anspruch genommen werden, wenn er auf einenHinweis des Urhebers auf die rechtswidrigen Links nicht reagiert.

LG Hamburg
Beschluß vom 15.7.2005
Az: 308 O 378/05

LANDGERICHT HAMBURG
B E S C H L U S S

vom 15.7.2005

Aktenzeichen: 308 O 378/05

In der Sache    … – Antragstellerin –

gegen 1) … 2) … – Antragsgegner –

beschließt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 8 durch den vorsitzenden Richter am Landgericht …

Im Wege einer einstweiligen Verfügung – der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung – wird den Antragsgegnern bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens  250.000,00 € Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre)

              verboten,

im Internet editierte Links (eDonkey-Links) anzubieten und/oder anbieten zu lassen, die die Suche und den Download von Folgen der folgenden TV-Serien in Internet-Tauschbörsen (File-Sharing-Netze), insbesondere dem eDonkey-Netz ermöglichen:

Alf
Crusade (Babylon 5; Crusade)
Band of Brothers
Cold Case
Emergency Room
Friends
Gilmore Girls
Kung-Fu
Nip/Tuck         
Fackeln im Sturm (North & South)
O.C. California
Six feet under
Smallville
Sopranos
The Wire
Third Watch
V – Die außerirdischen Besucher kommen
Waltons
Without a trace

insbesondere wie dies über die Domain ww.the-realworld.de erfolgt.

II. Die Antragsgegner haben die Kosten des Verfahrens nach einem Streitwert von  150.000,00 € zu tragen.

Gründe:

Der auf Antrag der Antragstellerin ergangenen Entscheidung liegen prozessual die Regelungen er §§ 935 ff., 922 ZPO zugrunde, wobei die Zuständigkeit des Gerichts aus § 32 ZPO folgt. Der Verbots- bzw. Unterlassungsanspruch folgt aus §§ 97, 15, 16, 19 a UrhG. Die Androhung der Ordnungsmittel folgt aus § 890 ZPO.

I. Die Antragstellerin hat einen aus § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG folgenden Anspruch, das Anbieten im Internet von editierten Links (�eDonkey-Links�), die die Suche und den Download der im Tenor aufgeführten TV-Serien in Internet-Tauschbörsen ermöglicht, zu unterlassen, hinreichend dargelegt und auch glaubhaft gemacht. Danach haben die Antragsgegner die Verbreitung sowie die öffentliche Zugänglichmachung nach §§ 15, 16, 19 a UrhG der gemäß § 2 Abs. 1 Ziffer 6, Abs. 3 UrhG geschützten Filmwerke, an denen die Antragstellerin für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und Österreich die ausschließlichen Nutzungsrechte besitzt, Dritten durch einen Download im Internet unter Nutzung der von ihnen auf der Website www.the- realworld.de gesetzten �eDonkey-Links� ermöglicht, ohne dass das Einverständnis der Antragsstellerin vorlag.

Die Antragstellerin hat dabei glaubhaft gemacht, dass es sich bei den offerierten Filmen um nicht lizenzierte Vervielfältigungsstücke handelt.

Beide Antragsgegner sind als Störer verantwortlich, denn sie erleichtern den Zugriff auf Filmplagiate nachhaltig. Der Antragsgegner zu 1) ist als Betreiber der Website verantwortlich. Der Antragsgegner zu 2) haftet als Betreiber des Servers, auf dem sich die Website befindet, ebenfalls. Die Antragstellerin hat hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, dass er der Aufforderung vom 25.05.2002, die Website sperren zu lassen, nicht nachgekommen ist, § 11 Teledienstegesetz.

II. Das danach widerrechtliche Handeln begründet die Vermutung einer Wiederholungsgefahr. Zur Ausräumung dieser Vermutung wäre � grundsätzlich neben einer Entfernung der entsprechenden �eDonkey-Links� aus dem Internet- die Abgabe einer ernsthaften und hinreichend strafbewehrten Unterlassungserklärung erforderlich gewesen (vgl. Schricker/Wild), Urheberrecht, 2. Aufl., § 97 Rz. 42; Möhring/Nicolin/Lütje, UrhG, 2 Aufl. § 97 Rz. 120, 125), wie sie erfolglos verlang worden ist.

III.  Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Gegenstandswerte sind nach §§ 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, 3 ZPO geschätzt worden. Sie entsprechen den von der Kammer regelmäßig zugrunde gelegten Werten bei vergleichbarer Nutzung von Filmwerken.

Verspäteter Zugang von Betriebskostenabrechnung per Fax an Silvester nach 19 Uhr

Die Betriebskostenabrechnung des Vermieters geht dem Mieter nur dann rechtzeitig zu, wenn es dem Mieter noch möglich ist vor Fristablauf davon Kenntnis zu nehmen.

Geht diese Betriebskostenabrechnung dem Anwalt des Mieters an einem Silvesterabend nach 19 Uhr ein, kann der Mieter nicht rechtzeitig davon Kenntnis nehmen. Damit ist die Abrechnung verspätet ein.

AG Köln
Urteil vom 21. April 2005
Az.: 210 C 31/05

Urteil

Tenor:


Tatbestand

Der Kläger war bis 31.08.2004 Mieter einer Wohnung des Beklagten im Hause

S-Straße 40 in Köln.

Er verkaufte dem Beklagten eine Einbauküche gemäß Vereinbarung vom 24.07.2004 zum Preise von 2.000,00 €.

Der Kläger mahnte die Zahlung wiederholt, u. a. mit Schreiben vom 21.09.2004, an. Der Beklagte zahlte nicht mit der Begründung, er wolle die noch nicht abgerechneten Nebenkosten für die Jahre 2003 und 2004 vom Kaufpreis in Abzug bringen.

Am 31.12.2004 gingen die Nebenkostenabrechnungen 2003 mit einer Nachforderung von 1.017,56 € und 2004 mit einer Nachforderung von 612,78 € per Fax um 19.11 Uhr im Büro des Prozeßbevollmächtigten des Klägers ein. Der Beklagte zahlte später 245,00 € an den Kläger.

Der Kläger zieht von dem Kaufpreis die Nebenkostennachforderung für 2004 von 612,78 € und den gezahlten Betrag von 245,00 € ab und beantragt,

wie erkannt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, er habe die Frist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB auch für die Abrechnung 2003 eingehalten, da sie erst am 31.12.2004 um 24.00 Uhr abgelaufen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 2.000,00 € aus § 433 Abs. 2 BGB.

Der Anspruch auf Zahlung dieses Betrages ist in Höhe von 612,78 € und 245,00 € durch Verrechnung erloschen, so daß der Beklagte noch 1.142,22 € zu zahlen hat.

Dieser Betrag ist nicht gem. § 389 BGB durch Aufrechnung mit der Nebenkostennachforderung für 2003 in Höhe von weiteren 1.017,56 € erloschen.

Der Beklagte hat seinen Anspruch auf Zahlung dieses Betrages gem. § 556 Abs. 3 S. 3 BGB verloren.

Für die Entscheidung ist davon auszugehen, daß die Abrechnung erst nach Ablauf der Ausschlußfrist dem Mieter zugegangen ist. Dabei ist dem Beklagten insoweit zu folgen, als die Frist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB bis 31.12.2004, 24.00 Uhr läuft. In dieser Frist ist die Abrechnung "mitzuteilen". Die Mitteilung ist mit der herrschenden Meinung als Zugang der Abrechnung, nicht aber als Absendung der Abrechnung zu verstehen (vgl. z. B. Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 8. Aufl. 2003, Rdnr. 471 zu § 556 BGB). Dies ist auch der erklärte Wille des Gesetzgebers; im Referentenentwurf zu § 556 BGB ist ausgeführt: "Da es nach Abs. 3 S. 2 auf die Mitteilung der Abrechnung ankommt, genügt zur Fristwahrung nicht die rechtzeitige Absendung der Abrechnung". Das Gericht folgt deshalb der von Miedtank, ZMR 2005, 205 geäußerten gegenteiligen Rechtsauffassung nicht.

Der Zugang der Abrechnung richtet sich nach § 130 BGB.

Auch wenn man (ebenfalls mit der herrschenden Meinung) die Abrechnung nicht als Willenserklärung, sondern als Wissenserklärung ansieht, ist § 130 BGB jedenfalls entsprechend anwendbar (vgl. Eisenschmid/Rips/Wall, Betriebskostenkommentar, 2004, § 556 BGB, Rdnr. 148 u. 275; zur entsprechenden Anwendung auf geschäftsähnliche Handlungen vgl. auch Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Aufl. 2005, Rdnr. 3 zu § 130 BGB). Die Abrechnung ist jedenfalls eine geschäftsähnliche Handlung, weil der Vermieter mit ihrer Mitteilung Rechtsfolgen verknüpfen will.

Zugegangen ist entsprechend § 130 BGB die Abrechnung, wenn sie so in den Machtbereich des Empfängers gelangt, daß er unter normalen Umständen die Möglichkeit der Kenntnisnahme hat. Beim Telefax ist der Zugang vollendet, sobald mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist. Dies ist im geschäftlichen Verkehr dann der Fall, wenn das Fax innerhalb der Geschäftszeit gedruckt wird (vgl. Palandt-Heinrichs, a.a.O., Rdnrn. 5 bis 7 zu § 130 BGB).

Hier muß nicht entschieden werden, ob der Kläger-Vertreter zur Inempfangnahme der Abrechnung bevollmächtigt war, wofür einiges spricht. Jedenfalls ging das Fax außerhalb der Dienstzeit des Anwalts am 31.12.2004 ein. Da der Kläger-Vertreter auf seinen Briefbögen keine Geschäftszeit angegeben hat, ist von normalen Geschäftszeiten auszugehen, die der Kläger-Vertreter selbst mit einem Ende um 17.30 Uhr angibt.

Jedenfalls am Silvestertag ist die Geschäftszeit um 19.11 Uhr längst beendet, was sich aus der Natur des Tages ergibt und keiner weiteren Begründung bedarf.

Der Beklagte kann sich auch nicht erfolgreich darauf berufen, daß auch bei Gericht die Fristen trotz Dienstschluß weiterlaufen. Dies ergibt sich daraus, daß § 130 BGB auf Prozeßhandlungen nicht anzuwenden ist (vgl. Palandt-Heinrichs, a.a.O., Rdnr. 3 zu § 130 BGB), was aus der unterschiedlichen Interessenlage und aus Gründen der Rechtssicherheit folgt.

Auch wenn – wie der Beklagte meint – ein eingeschaltetes Faxgerät eine Empfangsbereitschaft signalisiere, ist damit nichts zum Zugangszeitpunkt im Sinne des § 130 BGB ausgesagt. Trotz betriebsbereitem Faxgerät kann von der Möglichkeit der Kenntnisnahme nach dem vorher Gesagten erst am 02.01.2005 ausgegangen werden. Die Abrechnung 2003 ist damit verspätet zugegangen.

Nach alledem muß der Beklagte den Restkaufpreis zahlen.

Zinsanspruch: § 288 BGB.

Nebenentscheidungen: §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 1.142,22 €

Soweit der Beklagte im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 31.03.2005 neuen Sachvortrag bringt, konnte dieser gem. § 296 a ZPO nicht mehr berücksichtigt werden.

Das Gericht war auch nicht gehalten, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Dies um so weniger, als in der mündlichen Verhandlung vorgerechnet wurde, daß ein Betrag von 124,66 € (2.000,00 € – 1.017,56 € – 612,78 € – 245,00 €) fehle und der Beklagten-Vertreter dazu nichts erklärte. Außerdem fehlt bezüglich der Teppichreinigung jeglicher anspruchsbegründender Vortrag und hinsichtlich der behaupteten Mehrzahlung von 0,78 € eine Substantiierung durch Vorlage des Überweisungsträgers.

Zwangsverwalter ist zur Herausgabe der vom Mieter geleisteten Kaution verpflichtet

Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, daß der Zwangsverwalter einer Mietwohnung dem Mieter gegenüber, wenn die sonstigen Voraussetzungen gegeben sind, zur Herausgabe einer von diesem an den Vermieter geleisteten Kaution verpflichtet ist, selbst wenn der Vermieter dem Zwangsverwalter die Kaution nicht ausgefolgt hat (im Anschluß an Senat, Urteil vom 16. Juli 2003 – VIII ZR 11/03)

BGH
Urteil vom 9. März 2005
Az.: VIII ZR 330/03

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