Machen Sie bei Verträgen immer alles richtig?
Im Bereich der öffentlichen Ausschreibungen bestehen sowohl bei den Behörden als auch bei den beteiligten Unternehmen zahlreiche Unsicherheiten hinsichtlich der korrekten Vertragsabwicklung. Die Erfahrungen aus der Rechtsberatung bestätigen dies. Angesichts der ständig wachsenden Regelungsdichte und einer sich ständig erweiternden Rechtsprechung ist es auch schwierig, in Einzelfragen immer die richtige Lösung zu finden.
Hierzu will die Artikelserie, die in diesem „Wirtschaftsdienst“ beginnt, einen unterstützenden Beitrag leisten. Es werden einzelne Probleme aufgegriffen und mögliche Lösungen aufgezeigt. Dabei kann das jeweils dargestellte Thema selbstverständlich nicht den anwaltlichen Rat oder eine individuelle Weiterbildung ersetzen, welche zum Beispiel durch die Auftragsberatungsstelle Sachsen e. V. mit Seminaren zu Fragen der VOL/B – im ersten Halbjahr 2002 am 24.April und am 12.Juni – angeboten wird.
Das erste Thema:
Nicht zu jeder vom Auftraggeber nachträglich geforderten Änderung der Leistungserbringung ist der Auftragnehmer verpflichtet!
Das Beispiel aus der Praxis:
Was ist zu beachten, wenn ein Auftraggeber ein Unternehmen abweichend von der Ausschreibung und dem daraufhin geschlossenen Vertrag auffordert, seine Leistung zu ändern? So wurde in einer öffentlichen Ausschreibung u. a. die Lieferung von 1.000 Meter Kupferdraht und die Lieferung von 1.000 Holzstäben von je 1,00 m Länge gefordert und auf ein entsprechendes Angebot der Zuschlag und damit der Auftrag erteilt. Nunmehr verlangt aber der Auftraggeber vom Auftragnehmer, die Lieferung auf 1.500 m Aluminiumdraht und 1.000 Holzstäbe von je 1,05 m Länge abzuändern.
Der Auftragnehmer muss in einem solchen Fall prüfen, ob es sich bei den weiteren geforderten Leistungen um eine Änderung im Umfang (Quantität) oder der Beschaffenheit (Qualität) handelt. Aus dem abgeschlossenen Vertrag heraus ist er nur verpflichtet, eine neue Art der Qualität zu erbringen. Er kann – muss aber nicht – die 1.500 m, sondern lediglich wie vereinbart die 1.000 m des Drahtes liefern. Zu mehr ist er nicht verpflichtet.
Dass dabei Aluminium- statt Kupferdraht gefordert wird, stellt eine zu erbringende Änderung der Beschaffenheit dar. Der Unternehmer muss jedoch die 1.000 Holzstäbe von je 1,05 m Länge liefern, da die Länge die Beschaffenheit der Leistung betrifft.
Das Recht des Auftraggebers, eine neue Qualität zu fordern darf jedoch nicht dazu führen, dass eine vollständige Leistungsänderung eintritt. So kann er beispielsweise nicht verlangen, dass statt vereinbarter Schreibmaschinen Kleincomputer zu liefern sind.
Wenn der Auftragnehmer letztlich festgestellt hat, dass die neu geforderte Leistung eine Qualitätsänderung darstellt, muss diese auch im Rahmen seiner Leistungsfähigkeit liegen. Kann er zwar Holzstäbe von je 1,00 m Länge liefern, sind jedoch seine Produktionsanlagen für weitere Längen nicht ausgelegt, ist er nicht zur Erbringung verpflichtet. Kommt er jedoch der Verpflichtung trotz gegebener Leistungsfähigkeit nicht nach, liegt eine Nichterfüllung oder mangelhafte Erfüllung des geschlossenen Vertrages vor und er macht sich schadensersatzpflichtig.
Selbstverständlich können die bei der Auftragsrealisierung durch die geänderte Leistung angefallene Mehrkosten gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber abgerechnet werden.
Der Auftragnehmer hat in diesem Zusammenhang zu beachten, dass es für ihn eine ungeschriebene Prüfungspflicht hinsichtlich der geforderten Materialien, Werkstoffe, technischen Regeln, der Vereinbarkeit und Verträglichkeit mit der vereinbarten Leistung gibt. Erkennt er daher solche Fehler oder könnte er sich aufgrund seiner Fachkunde erkennen, erfolgt eine Bedenkenanzeige jedoch nicht, haftet er für die daraus entstehenden Mängel. Stellt er zum Beispiel fest, dass die Leitfähigkeit des Aluminiumdrahtes für die ausgeschriebene Leistung nicht den technischen Vorschriften entspricht, hat er diese Bedenken unverzüglich dem Auftraggeber mitzuteilen. Besteht dieser trotz Bedenken auf der geforderten Leistung, dann muss der Auftraggeber sie ausführen, wird jedoch von darauf gründenden Schadensersatzforderungen frei.