Eineinhalb Jahre psychiatrische Unterbringung auf die Kappe des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht hat heute seine Entscheidung im Fall Gustl Mollath veröffentlicht.

Die letzte angefochtene und jetzt vom BVerfG aufgehobene Entscheidung ist vom Dezember 2011, die erste (des Landgerichts) vom Juni 2011. Jetzt, nachdem Herr Mollath sowieso frei ist, merkt das BVerfG, das es da einen eigentlich noch dringend gewesenen Fall auf dem Tisch hatte.

Ob die Entscheidung auch so ausgefallen wäre, wenn der Sachverhalt nicht durch die Medien endlich mal klargestellt worden wäre? Möglicherweise wäre Gustl Mollath dann weiter ein Opfer von Entscheidungen nach Aktenlage geblieben.

Boshaft könnte man auch argumentieren, dass gerade das Bundesverfassungsgericht den Begründungsdruck selbst enorm gesteigert hat. Es schreibt nämlich selbst von einem „zunehmenden Gewicht des Freiheitsanspruchs“ und dessen Auswirkungen bei „langandauernden Unterbringungen“. Von dieser Dauer gehen eineinhalb Jahre auf die Kappe des Bundesverfassungsgerichts.

Analphabeten bei Telekom, Vodafone und Kabel Deutschland

Das Vertragsmanagement ist eine Katastrophe. Man muss den Eindruck haben, dass dort entweder Analphabeten sitzen oder bewusst rechtswidrig verzögert wird.

Alles aus den letzten Wochen:

 

  • Die Telekom braucht drei Telefonate und ca. sechs Telefaxe, bis man endlich nach unserem Umzug für alle Rufnummern die neue Anschrift für Telefonbuch & Co registriert hat.
  • Kabel Deutschland
    Die Vertragslaufzeit passt ganz gut zu unserem Umzug, also kündigen wir.

    Kündigung Kabel Deutschland

    Wir bekommen dennoch für den ganzen Monat eine Rechnung.

    Kabel Deutschland Rechnung

    Wir widerrufen unter Hinweis auf die Kündigung die Einzugsermächtigung.

    Kabel Deutschland Widerruf

    Kabel Deutschland informiert uns zu Kündigungsmöglichkeiten bei Umzug.

    Kabel Deutschland Umzug

  • Vodafone

    Vodafone akzeptiert ggü. einem Mandanten eine Vertragsbeendigung per sofort (hätten sie nicht machen müssen, hätten auf drei weiteren Monaten bestehen können (§ 46 Abs 8 Satz 3 TKG).

    Vodafone fristlos
    Die von der Telekom beantragte Portierung lehnt Vodafone mehrfach ab, weil der Vertrag noch bis Februar 14 laufe.

    Wir weisen Vodafone auf o.a. Schreiben hin und bekommen diese Antwort:

    Vodafone jetzt August

    und

    Vodafone Sonderkündigung

Wir hören immer wieder, dass andere auch diese Erfahrung machen. Es ist einfach entsetzlich, welcher volkswirtschaftliche Schaden durch die massenhaft notwendige Korrektur solchen Unsinns verursacht wird.

Framing – was der BGH wohl nicht wusste …

Der Bundesgerichtshof hat gestern das Urteil veröffentlicht, in dem er das Problem des Framing (einbinden von fremden Inhalten in die eigene Internetpräsentation) dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt hat. Ob der konkrete Fall dazu aber geeignet ist, könnte zweifelhaft sein, weil dem BGH wohl nicht alle Tatsachen bekannt bzw. vorgetragen waren.

In den Gründen heißt es „Der Film war – nach dem Vorbringen der Klägerin ohne ihre Zustimmung – auf der Videoplattform „Youtube“ abrufbar.“ Es geht also darum, dass die Klägerin behauptet hat, sie hätte zur Veröffentlichung des Films keine Zustimmung gegeben. Das scheint so nicht zu stimmen.

 

Die Klägerin ist eine Firma Bestwater, die im Rahmen ihrer Internetpräsentation das angeblich problematische Video zur Verfügung stellt. Die in der Seite eingebettete Version ist aber kein Youtube Video, sondern scheint auf den Servern von Bestwater abgelegt zu sein. Auf dieser Seite gibt es aber einen Verweis auf eine HD Version auf Youtube. Der Youtube Kanal, auf dem das Video hinterlegt ist, wird betrieben von einem Adam Wesolowski, der auf seinem Kanal eine ganze Reihe weiterer Bestwater-Videos zur Verfügung stellt. Dieser hat nach dem Abspann des HD Videos dieses auch geschnitten. Bestwater verlinkt also auf ein Youtube Video und ist nicht damit einverstanden, dass das Video auf Youtube zu finden ist? Sehr merkwürdig! 

Die Merkwürdigkeiten gehen noch ein bisschen weiter. Obwohl man auf Youtube die Anzeige eines Framing-Codes unterbinden kann, wird der Code (übrigens ebenso wie für weitere auf der Bestwater Seite eingebettete Videos) für das Framing ausdrücklich zur Verfügung gestellt. Zwar nicht von Bestwater direkt, sondern von dem Kanal-Betreiber, auf dessen Kanal Bestwater seinerseits verlinkt.

Das Video, das Bestwater in seiner Seite direkt anzeigt (also ohne Link auf youtube) findet sich allerdings auch auf einem Youtube Kanal. So genau stimmt das nicht, denn das Video ist in einigen kleinen Details etwas anders. Die Schrift ist größer und der Hinweis auf den Schnitt durch AW (siehe oben) fehlt. Die Unterschiede sind aber marginal. Auch auf diesem Kanal findet man eine Vielzahl von Bestwater Videos, die zum großen Teil auch auf der Bestwater Seite eingebettet sind. Und auch für dieses Video wird der Code zum Einbetten in fremde Seiten nicht unterdrückt … .

Die Frage, ob und wie Videos in eigene Internetseiten eingebettet werden dürfen, ist wohl klärungsbedürftig. Aber der konkrete Fall scheint dazu weniger geeignet zu sein, weil die Firma Bestwater zumindest wissen dürfte möglicherweise sogar zielgerichtet gefördert hat, dass ihre Videos eingebettet werden können.

BGH: Du musst dumm sterben.

Sind das überzeugende Argumente?

Aus einem aktuellen BGH Beschluss:

Die beabsichtigte Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg, da sich das Berufungsurteil aus Gründen, auf die das Berufungsgericht seine Entscheidung nicht gestützt hat (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2012 – II ZR 259/11, WM 2013, 211 Rn. 10 ff. mwN), als richtig darstellt (analog § 561 ZPO). 

Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.“

Der BGH und die Stasi Hochschule

Der Bundesgerichtshof hat jetzt dem Landgericht Chemnitz aufgegeben, sich mit den Studieninhalten der Juristischen Hochschule Potsdam Eiche auseinanderzusetzen. Das sei erforderlich, um zu klären, ob „durch diese Ausbildung für die Betreuung nutzbare Erkenntnisse vermittelt worden sind.“ Es geht in dem Streit nämlich darum, ob der Betreuer den – höheren – Stundensatz für Hochschulabsolventen erhält oder nicht. Nun ja, eine bestimmte Art der Betreuung – nämlich die durch die Stasi – konnte man dort wahrscheinlich studieren.

Wenn es nach dem Bürgerkomitee Leipzig e.V. geht, dürften die Studieninhalte weniger auf das heutige Betreuungsrecht ausgerichtet gewesen sein: „An den Studienplaninhalten und Themen der Diplom- bzw. Facharbeiten sowie den Dissertationen zeigt sich deutlich, dass das Recht der DDR auf politisch-operative Teile reduziert behandelt wurde.“ aus http://www.runde-ecke-leipzig.de/sammlung/Zusatz.php?w=w00021 . Die Lektüre der BGH-Entscheidung lässt keinerlei Rückschlüsse darauf zu, ob dem BGH der besondere Charakter dieser Hochschule bewußt gewesen ist.

 

Arbeitsunfähig ist noch lange nicht verhandlungsunfähig

Eigentlich sollte man meinen, dass das Erscheinen-Müssen vor Gericht für jeden Betroffenen (gleich ob Zivil- Straf- oder sonstiges Gericht) eine Ausnahmesituation bedeutet, in der man „besonders fit“ sein muss. Wer also vom Arzt „krank“ im Sinne von Arbeitsunfähigkeit geschrieben ist, ist irgendwie gehandicapt, sein Anliegen vor Gericht richtig zu verteidigen. Und selbstverständlich müssen und dürfen Richter nicht an einem Gerichtstermin teilnehmen, wenn der Arzt sie arbeitsunfähig geschrieben hat. Und Richter verhandeln nicht in ihrer eigenen Sache, sondern tun „nur“ ihre Arbeit.

Wenn also Richter bei Arbeitsunfähigkeit nicht zu einem Termin erscheinen müssen, dann müsste das doch auch für einen Betroffenen gelten!? Weit gefehlt! Es ist ständige Rechtsprechung, dass Arbeitsunfähigkeit nicht mit Verhandlungsunfähigkeit gleich zu setzen ist ( so aktuell wieder eine Entscheidung des OLG Hamm). Wer meint, er könne als krank nicht an einer Verhandlung teilnehmen, muss dem Richter darlegen, welche Krankheit er hat und warum gerade die krankheitsbedingten Einschränkungen die Teilnahme an einer Gerichtsverhandlung unmöglich machen. Verschärfte Anforderungen können für Rechtsanwälte gelten. Uns hat vor Jahren ein Kollege berichtet, dass ein Gericht unterstellt hat, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Ärzten für Rechtsanwälte seien grundsätzlich kritisch zu hinterfragen …

Und Richter haben noch ganz andere Freiheiten. Vor ein paar Jahren hat ein Richter am Vortag telefonisch einen Termin verlegt. Er sei zuhaus und kümmere sich um sein Kind. Die Akte liege aber im Gericht und so könne er sich nicht vorbereiten. Deshalb müsse der Termin verlegt werden. Man mag sich gar nicht vorstellen, so würde ein Anwalt oder ein Betroffener mal einen Verlegungsantrag begründen. Wenn zwei dasselbe tun, ist es lange noch nicht dasselbe …

Wir reiben uns die Augen.

Derselbe Sachverhalt, zwei Wertungen.

 

 

Zwei Juristen, drei Meinungen, wird regelmäßig kolportiert. Auf einen Juristen reduziert, werden daraus wie hier zwei Meinungen. Zwischen den Äußerungen liegen ein paar Wochen. Sie kommen von demselben Staatsanwalt. Unser Mandant ist ratlos. Wir auch.

Drei Instanzen für 0,03 % (Punkte!)

Drei Instanzen und eineinhalb Jahre hat es gebraucht, bis die Justiz gemerkt hat, dass niemand ernsthaft gewollt haben kann, einen Zinssatz von 0,03 % pro Jahr einzufordern. Erst der Bundesgerichtshof musste die von Amts- und Landgericht Kempten vertretene Ansicht von dem Kopf auf die Füße stellen, dass ein Antrag von 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz nur so zu interpretieren ist, dass damit 8% Punkte gemeint sind.

Hätten sich die scheinbar nur auf Formalien fixierten Vorrichter mit der wirtschaftlichen Dimension des Antrags befasst, hätten Sie vermutlich schnell festgestellt, dass ihre Interpretation zu einem Zinssatz von 0,4 % anstatt von 0,37 % geführt hätte. Bei der Streitsumme von fast 44.000,- € wäre es um einen Jahreszins von 13,20 € gegangen. So hat es jetzt erst der BGH richten müssen, dass es um Zinsen nicht von 13,20 €, sondern von 3682,60 € / Jahr gegangen ist.

Da kann man der verurteilten Schuldnerin nur wünschen, dass sie den Ausgang dieses (Nachfolge)Streits nicht abgewartet sondern schnell auch ohne Zwangsvollstreckung bezahlt hat. Wenn nicht, hat sie dem Kläger zu einenm sonst in diesem Zeitraum wohl nicht erzielbaren Zinsertrag von um die 8000,- € verholfen.