Wenn zwei das gleiche tun, …

ist es lange noch nicht das gleiche. Sagt der Volksmund. Und der BGH hat dem Volk auf den Mund geschaut.

 

In einer Presseerklärung vom 11. März 2009 schreibt der BGH: „Benutze ein Dritter ein fremdes Mitgliedskonto bei eBay, nachdem er an die Zugangsdaten dieses Mitgliedskonto gelangt sei, weil der Inhaber diese nicht hinreichend vor dem Zugriff Dritter gesichert habe, müsse der Inhaber des Mitgliedskontos sich so behandeln lassen, wie wenn er selbst gehandelt hätte.“ 11.3.2009 I ZR 114/06

In einer Presseerklärung vom 11. Mai 2011 heißt es: „Hingegen hat allein die unsorgfältige Verwahrung der Kontaktdaten eines eBay-Mitgliedskontos noch nicht zur Folge, dass der Inhaber des Kontos sich die von einem Dritten unter unbefugter Verwendung dieses Kontos abgegebenen Erklärungen zurechnen lassen muss.“ Urteil vom 11.5.2011 IV ZR 105/09

Im ersten Fall ging es allerdings um eine Markenverletzung und im zweiten um einen Kaufvertrag. Aber das einmal so rum und ein andermal 180° andersherum gelöst werden muß, ist ohne weiteres nicht nachvollziehbar. Das Urteil vom Mai 2011 liegt noch nicht in vollständiger Form vor, vielleicht ergibt sich daraus Neues. Verwundert sind wir allerdings, daß – soweit uns bis jetzt ersichtlich – sich heute niemand außer uns an das Urteil von 2009 erinnert hat. Alles betet nur die aktuelle Presserklärung wieder …

Wenn Bio gegen die Natur kämpft

Wenn Bio gegen die Natur kämpft, dann haben wahrscheinlich Juristen die Finger im Spiel.

So auch hier. Die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs hat jetzt einer Brauerei vom Landgericht Nürnberg Fürth die Verwendung der Produktbezeichnung Bio-Mineralwasser untersagen lassen.

 

Die „besonderen“ Merkmale des Biowassers seien auch nicht anders als einige gesetzlich geregelte Anforderungen an anderes „natürliches“ Mineralwasser. Das Bio-Wasser sei also gar nicht besonders, worüber getäuscht werde. Außerdem gebe es ja die Mineral- und Tafelwasserverordnung. Diese sieht bestimmte Produktbezeichnungen vor. Bio-Mineralwasser ist dort nicht vorgesehen. Auch das sei eine wettbewerbsrechtlich relevante Gesetzesverletzung. LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 19.01.2011 – 3 O 819/10.

Das hier abgebildete Zeichen hat die beklagte Brauerei auch als Marke eintragen lassen. Aber auch an dieser Front muß sie kämpfen. Beim Markenamt ist ein Löschungsverfahren anhängig gemacht worden. Für die Bezeichnung gebe es ein absolutes Schutzhindernis, sagt jemand. Ob dort ein Freihaltebedürfnis gemeint ist? Ein Freihaltebedürfnis für eine Bezeichnung, die es gar nicht geben darf, kann es eher nicht sein.

Schwarz Anwälte: keine Geschwindigkeitsbeschränkungen am Muttertag!?

„Chemnitz. Die Chemnitzer Kanzlei Schwarz Anwälte hat jetzt für den Muttertag alle für Kfz geltenden Geschwindigkeitsbegrenzungen für Mütter mit mindestens einem Kind aufgehoben.“ Das wäre doch mal was, wenn wir einfach mal so

ein Gesetz außer Kraft setzen dürfen. Jeder hat einmal im Jahr einen Wunsch frei! Geht natürlich nicht! Oder doch? Die Bundesregierung hat jetzt ein Aufhebungsgesetz auf den Weg gebracht, mit dem das Websperrengesetz („sperren statt löschen“) aufgehoben werden soll. Das Gesetz ist bis jetzt nicht angewendet worden. Ein Gesetz – nicht angewendet! Einfach so! Gegen ein bestehendes Gesetz verstoßen. Was die Bundesregierung darf*, darf ein Bürger doch auch. Oder nicht?

 

* Ebenso heiß wird unter Juristen das Atom-Moratorium diskutiert. Die Laufzeitverlängerung wird ausgesetzt, ohne daß sich in Deutschland die Umstände wesentlich geändert haben. Nur der Blickwinkel der Regierung hat sich geändert. Was man mit einem geänderten Blickwinkel so alles wird begründen können?

Fast 3 Jahre von Einreichung bis zur Zustellung einer Klage

Diese Nachricht (Klick auf das Bild für eine größere Darstellung) haben wir neulich beim Landgericht Berlin gesehen. Von der Klageeinreichung bis zur (öffentlichen) Zustellung der Klage dauerte es mehr als zweieinhalb Jahre, von April 2008 bis Januar 2011. Wie verzweifelt muß ein Kläger sein, der eine solche Tortur auf sich nimmt?

Verlegt: 13. KiCK Blüten und Landschaften

Wir laden alle Freunde der Kanzlei zu unserer nächsten Vernissage. Wir feiern die mittlerweile 13. Kunst in der Chemnitzer Kanzlei. Wegen eines Trauerfalls haben wir den Termin verlegen müssen auf Freitag, den 10. Juni 2011, ab 17 Uhr in der Promenadenstraße 3 in Chemnitz.

Wir haben in Bärbel Redlich wieder eine sehr interessante Freizeit-Malerin gefunden. Ihre farbenfrohen Malereien sind genau das Richtige für den Frühling!

BVerfG: 40,- € sind gleichzeitig viel und wenig.

Das Bundesverfassungsgericht hat auf seiner Internetseite in dieser Woche mehrere Entscheidungen aus der jüngeren Vergangenheit veröffentlicht. In drei Fällen ging es dabei einmal um 40,- € Bußgeld, einmal um 42,- € Fahrtkosten und schließlich einmal um weitere Leistungen von sechs Mal 7,- € für Unterkunft und Heizung, also wieder 42,- €. Dabei waren die Beträge zweimal bedeutend und einmal unbedeutend.

 

Die 40,- € Bußgeld sollen den Betroffenen nicht hart treffen, so daß er dieses Bußgeld hinzunehmen hat: „Die Verhängung einer Geldbuße in Höhe von 40 € und die damit nach § 28 Abs. 3 Nr. 3 StVG verbundene Eintragung ins Verkehrszentralregister haben für den Beschwerdeführer weder besondere Bedeutung noch betreffen sie ihn in existenzieller Weise (vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Insbesondere ist der mit der Verletzung der Pflicht zur Verwendung geeigneter Reifen verbundene Vorwurf von geringem Gewicht.“ BVerfG, 1 BvR 143/11 vom 24.3.2011.

Anders (?) dagegen die Beträge von 42,- €. Die Instanzgerichte hatten den Beschwerdeführern Prozeßkostenhilfe mit der Begründung verweigert, ein vernünftiger Mensch (verkürzt ausgedrückt) streite sich nicht um solche Bagatellen.

Das Bundesverfassungsgericht korrigiert das:

„Beide Gerichte reduzieren die Frage, ob die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint, auf eine ausschließliche Beurteilung des Verhältnisses von Streitwert und Kostenrisiko. Beide lassen dabei außer Betracht, dass Bewertungsmaßstab für die Frage der Beiordnung eines Rechtsanwalts vornehmlich ist, ob die besonderen persönlichen Verhältnisse dazu führen, dass der Grundsatz der Waffengleichheit zwischen den Parteien verletzt ist.“ BVerfG, 1 BvR 1737/10 vom 24.3.2011

„Das Landessozialgericht wie auch das Sozialgericht reduzieren die Frage, ob die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint, auf eine ausschließliche Beurteilung des Verhältnisses von Streitwert und Kostenrisiko. Beide lassen dabei außer Betracht, dass Bewertungsmaßstab für die Frage der Beiordnung eines Rechtsanwalts vornehmlich ist, ob die besonderen persönlichen Verhältnisse dazu führen, dass der Grundsatz der Waffengleichheit zwischen den Parteien verletzt ist.“ 1 BvR 2493/10 vom 24.3.2011

So ist das mit den Juristen. Es kommt eben oft auf den Blickwinkel an.

Man muß manchmal viel Geduld haben

In einem Verfahren vor dem Amtsgericht Königswinter haben wir am 12.11.2010 nach dem Sachstand gefragt und am 10. Februar daran erinnert.

Heute bekommen wir eine Antwort: „… muss wegen Arbeitsüberlastung und Urlaubs auf Ende März vertröstet werden.“

Undenkbar, ein Anwalt würde mit einer solchen Begründung eine Fristverlängerung für mehr als ein viertel Jahr beantragen …

Auch das am 17.11.2010 in den Bundestag eingebrachte Gesetz zur Beschleunigung von Gerichtsverfahren wird an solchen Zuständen wohl nicht viel ändern.

Keine Standgebühr für Gebrauchtwagenvermittler

Ein gewerblicher Gebrauchtwagenhändler kann keine Standgebühren – erst recht nicht zusätzlich zu einer versprochenen Provision – für ein Fahrzeug verlangen, das er im Rahmen eines Vermittlungsauftrags für einen privaten Kunden als Vermittler auf seinem Gelände verwahrt.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.1.2011, Az. III ZR 78/10, dessen Volltext auf den Seiten des Bundesgerichtshofs abgerufen werden kann.

Vom „bösen Anschein“

Vom „bösen Anschein“ spricht man, wenn etwas vermieden werden, von dem nicht sicher sein muß, daß es so ist, es halt aber so sein könnte. In der Juristerei ist geht es dabe in der Regel um die „Befangenheit“. Eigentlich geht es dabei nicht darum, ob jemand befangen ist, sondern darum, daß es den bösen Anschein gibt, daß er befangen sein könnte.

 

Einen bösen Anschein hat das Präsidium des Bundesgerichtshofs jetzt gesehen, als es eine Richterin eines Senats in einen anderen versetzen wollte. Diese Richterin – Zweifel an ihrer erheblichen fachlichen Qualifikation gibt es nicht – ist mit einem Anwalt befreundet, dessen Kanzlei vielfach in Fällen tätig war, die später an den Senat eben dieser Richterin gerieten. Der Senat ist dann zwei Jahre lang in anderer Besetzung, also ohne diese Richterin, tätig geworden. Sie sollte nun in einen anderen Senat wechseln und weil sie nicht mitmachte, hat man sie „zwangsversetzt“ und den Geschäftsverteilungsplan entsprechend geändert.*

Nicht dergleichen hat der BGH mit einem Richter getan, dessen Sohn ebenfalls in einer bekannten Anwaltskanzlei tätig war.

Nicht dergleichen ist ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wenn ein Ehegatte über ein Urteil seines Ehegatten in der unteren Instanz urteilen muß – Richter seien professionell und daher gebe es keinen bösen Anschein, daß man ein Bestreben habe, das Tun seines Ehegatten zu rechtfertigen. Was müssen das für Eheversprechen sein? Muß man sich nicht auch bei schlechten Urteilen auf die Seite des Partners schlagen?

* In einem Eilverfahren vor dem baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof hat die Richterin durchgesetzt, daß sie vorerst an ihrem alten Platz weiter arbeiten darf.