Führerscheinrichtlinie und Knöllchenbeschluss

Freie Fahrt durch ein freies Europa? – 3. Führerscheinrichtlinie soll Führerscheintourismus den Riegel vorschieben

Die gegenseitige Anerkennung von Führerscheinen innerhalb der EU hat in der Vergangenheit mehrfach dazu geführt, dass durch die Erlangung einer z.Bsp. tschechischen Fahrerlaubnis das Erfordernis der Vorweisung einer erfolgreich abgelegten MPU in Deutschland zur Wiedererteilung umgangen werden konnte. Der Europäische Gerichtshof hatte in den Entscheidungen vom 29.04.2004 C-476/01 -Kapper- (NJW 2004,1725) und vom 06.04.2006 C-227/05 -Halbritter- (zfs 2006,416) hierzu Grundsätze aufgestellt, die die Anerkennung eines nationalen Führerscheins in jedem anderen EU-Mitgliedsaat erleichtern, dem Rechtsmissbrauch (Umgehung nationaler Sicherheitsvorschriften) jedoch nicht genügend Einhalt geboten. So bestand für die deutschen Verwaltungsbehörden auf dieser Grundlage keinerlei Möglichkeit den im Ausland erteilten Führerschein wieder zu entziehen, wenn der Führerscheininhaber weder das Wohnsitzerfordernis im anderen Mitgliedstaat erfüllte noch seine Eignung zum Führen eines Kfz nach den nationalen Vorschriften  nachgewiesen hatte. Dafür waren die Behörden des den Führerschein ausstellenden Mitgliedstaates zuständig. Wie bekannt wurde regierten jedoch z.Bsp. tschechische Behörden auf derartige Ersuchen der deutschen Behörden schlichtweg nicht. Innerhalb der deutschen Verwaltungsrechtsprechung bestand Einigkeit darin, dass es in solchen “Umgehungstatbeständen” möglich sein muss, dass der Führerschein in Deutschland ohne die Mithilfe der ausländischen Behörden entzogen werden kann. Die Umgehung nationaler Sicherheitsvorschriften könne nicht Sinn und Zweck des Gemeinschaftsrechtes sein und ein Führerscheinanwärter, der sich nach einer Entziehung um die MPU “herummogeln” möchte, dürfe sich nicht auf das Gemeinschaftsrecht berufen können (VGH Baden-Württemberg v. 21.07.2006 zfs 2006,596; OVG NRW v. 13.09.2006 – 16 B 989/06; OVG Thüringen v. 29.06.2006 DAR 2006,583; OVG Mecklenburg Vorpommern v. 29.08.2006 1 M 46/06; VG Chemnitz v. 17.07.2006 DAR 2006,637 – Vorlage an den EuGH). Diese Auffassung soll jetzt durch die dritte Führerscheinrichtlinie in die Praxis umgesetzt werden. Die Richtlinie wurde vom Europäschen Parlament Ende 2006 verabschiedet uns soll im Laufe diesen Jahres in deutsches Recht umgesetzt werden. Auf der Grundlage dieser Richtlinie soll es den Mitgliedstaaten zukünftig verboten sein, einen Führerschein für jemanden auszustellen, dessen Fahrerlaubnis im Heimatland eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen war. Ebenso müssen solche Führerscheine durch die Mitgliedstaaten nicht mehr anerkannt werden (Zypries, NJW 2007, S. 1424ff).

Das Bundesjustizministerium arbeitet momentan ebenfalls an der Umsetzung des sog. “Knöllchenbeschlusses” (Rahmenbeschluss 2005/214/JI des Rates vom 24.02.2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldbußen und Geldstrafen, ABlEG L 76 v. 22.03.2005 S. 16). Dieser Rahmenbeschluss hat das Ziel, dass Geldstrafen und Geldbußen oberhalb der Bagatellgrenze von 70 €, die in einem Mitgliedstaat verhängt werden, von jedem anderen Mitgliedstaat anerkannt und vollstreckt werden müssen. Das in der Entwicklung befindliche Europäische Geldsanktionengesetz soll diese länderübergreifende Vollstreckung sichern, dem Beschuldigten aber auch einen effektiven Rechtsschutz gewähren. So wurde auf deutsches Betreiben ein Vorbehalt in den Rahmenbeschluss aufgenommen, dass ein Mitgliedstaat die Vollstreckung verweigern darf, wenn durch das Vollstreckungsverfahren die Grundrechte des Beschuldigten oder allgemeine Rechtsgrundsätze verletzt werden würden (Zypries,NJW 2007,1427).

Weitere Fragen rund um Führerschein, MPU, Punktesystem und Verkehrsrecht allgemein beantworten Ihnen die Anwälte und Mitarbeiter unserer Kanzlei auch in diesem Jahr gern im Rahmen der Roadshow der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (hier der Bericht aus dem Vorjahr ) am 20.08.2007 in Dresden sowie am 21.09.2007 in Chemnitz. Der Service umfasst ebenfalls eine kostenlose Rechtsberatung bezüglich Ihres aktuellen Problems z. Bsp. nach einem Verkehrsunfall oder für den Fall, dass gegen Sie ein Bußgeldverfahren eingeleitet wurde. Der Truck der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht und unsere Kanzlei erwarten sie in Dresden auf dem Gelände des Autohaus A. Fugel Hamburger Straße 69 – 73 und in Chemnitz auf dem Parkplatz der Autohaus Chemnitz GmbH, Neefestraße 127/129 jeweils in der Zeit von 9 bis 18 Uhr.

 

 

 

 

 

Einschalten von Warnblinklicht nur bei Gefahr

Ein eingeschaltetes Warnblinklicht führt dann nicht zu einer Schadensersatzpflicht anderer Verkehrsteilnehmer, wenn der Schaden gerade nicht aus einer Gefahr heraus entsteht, die ein Einschalten des Warnblinklichts rechtfertigt.

Im vorliegenden Fall war ein Lkw-Fahrer schwer verletzt worden, der bei eingeschaltetem Warnblinklicht aus seinem zum Zweck einer Anlieferung stehenden Lkw ausgestiegen und dabei in den Gegenverkehr gesprungen war. Mit diesem Sprung in den Gegenverkehr mußte der Fahrer des entgegenkommenden Fahrzeuges nicht rechnen, so daß er für die Verletzungsfolgen nicht haften mußte.

BGH, Urteil vom 13. März 2007 – VI ZR 216/05, die Entscheidung ist auf den Seiten des Bundesgerichtshofes im Volltext abzurufen (pdf).

Angemessenheit des Unfallersatztarifs

Die unendliche Geschichte geht weiter:

Bei der Frage nach der Erforderlichkeit eines "Unfallersatztarifs" ist der Tatrichter im Rahmen einer Schätzung nach § 287 ZPO nicht genötigt, die Kalkulationsgrundlagen des konkreten Anbieters im Einzelnen betriebswirtschaftlich nachzuvollziehen.

Vielmehr kommt es darauf an, ob etwaige Mehrleistungen und Risiken bei der Vermietung an Unfallgeschädigte generell einen erhöhten Tarif – u.U. auch durch einen pauschalen Aufschlag auf den "Normaltarif" rechtfertigen (vgl. Senatsurteile vom 25. Oktober 2005 – VI ZR 9/05 – VersR 2006, 133 und vom 14. Februar 2006 – VI ZR 126/05 – VersR 2006, 669, 671 m.w.N.).
Dass Mietwagenunternehmen dem Geschädigten zunächst nur einen Unfallersatztarif angeboten haben, reicht grundsätzlich nicht für die Annahme aus, dem Geschädigten wäre bei entsprechender Nachfrage kein wesentlich günstigerer Tarif zugänglich gewesen (Fortführung des Senatsurteils vom 13. Juni 2006 – VI ZR 161/05 – VersR 2006, 1273, 1274).

BGH, Urteil vom 30. Januar 2007 – VI ZR 99/06 – LG Würzburg; das Urteil kann auf den Seiten des BGH im Volltext nachgelesen werden.

Schaden bei Entfrosten eines Kfz mit externem Heizlüfter kann von Privathaftlicht gedeckt sein

Der Ausschluss einer Deckung von Haftpflichtansprüchen in der Privathaftpflichtversicherung wegen Schäden, die durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeugs verursacht sind (sog. Benzinklausel), setzt voraus, dass sich eine Gefahr verwirklicht hat, die gerade dem Fahrzeuggebrauch eigen, diesem selbst und unmittelbar zuzurechnen ist. Für die Auslegung der Ausschlussklausel kommt es nicht auf § 10 AKB an.

BUNDESGERICHTSHOF, URTEIL IV ZR 120/05 vom 13. Dezember 2006; die Entscheidung kann auf den Seiten des BGH im Volltext (pdf) abgerufen werden.

Parallel weiter nach parallelem Abbiegen

Weisen zwei Richtungspfeile zum Abbiegen in dieselbe Richtung und stehen in Abbiegerichtung entsprechend Fahrstreifen zur Verfügung, muß parallel weiter gefahren werden, auch wenn die Fahrstreifen im Kreuzungsbereich nach der Haltelinie nicht mehr gekennzeichnet werden.

Urteil des BGH vom 12.12.2006 VI ZR 75/06. Das Urteil kann auf den Seiten des Bundesgerichtshofs im Volltext nachgelesen werden.

„Fahrbereit“ bei Gebrauchtwagenkauf

a) Einem Gebrauchtwagen, der bei Gefahrübergang auf den Käufer betriebsfähig und verkehrssicher ist, fehlt nicht deswegen die vereinbarte Beschaffenheit "fahrbereit", weil der Motor wegen eines fortschreitenden Schadens nach einer Fahrtstrecke von höchsten 2.000 km ausgetauscht werden muss.

b) Mit der Angabe in einem Gebrauchtwagenkaufvertrag, dass das Fahrzeug "fahrbereit" ist, übernimmt der Verkäufer nicht ohne weiteres die Gewähr im Sinne einer Haltbarkeitsgarantie (§ 443 BGB) dafür, dass das Fahrzeug auch noch nach Gefahrübergang über einen längeren Zeitraum oder über eine längere Strecke fahrbereit bleibt (im Anschluss an BGHZ 122, 256).

c) Schiebt beim Verkauf einer beweglichen Sache an einen Verbraucher der Verkäufer, der Unternehmer ist, einen Verbraucher als Verkäufer vor, um die Sache unter Ausschluss der Haftung für Mängel zu verkaufen, so richten sich Mängelrechte des Käufers nach § 475 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen Umgehung der Bestimmungen über den Verbrauchsgüterkauf gegen den Unternehmer und nicht gegen den als Verkäufer vorgeschobenen Verbraucher (im Anschluss an Senatsurteil vom 26. Januar 2005 – VIII ZR 175/04, NJW 2005, 1039).

BGH Urteil vom 22. November 2006, VIII ZR 72/06. Die Entscheidung kann auf den Seiten des BGH im Volltext abgerufen werden.

Erforderlichkeit des Unfallersatztarifes

Geht es dem Mietwagenunternehmen im Wesentlichen darum, die ihm durch die Ab-tretung eingeräumte Sicherheit zu verwirklichen, so besorgt es keine Rechtsangele-genheit des geschädigten Kunden, sondern eine eigene Angelegenheit (Anschluss an Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 – VI ZR 300/03 – VersR 2005, 241; vom 5. Juli 2005 – VI ZR 173/04 – VersR 2005, 1256 und vom 20. September 2005 – VI ZR 251/04 – VersR 2005, 1700). BGB § 249 Hb

Zur Frage, ob und inwieweit ein Unfallersatztarif erforderlich ist im Sinne des § 249 BGB.

 

Urteil des BGH  vom 4. April 2006, Az.: VI ZR 338/04. Die Entscheidung kann im Volltext auf den Seiten des Gerichts nachgelesen werden.

Abzug der Umsatzsteuer

Zur Frage, welcher Umsatzsteueranteil vom Brutto-Wiederbeschaffungswert eines unfallbeschädigten Kraftfahrzeuges in Abzug zu bringen ist, wenn keine Ersatzbeschaffung vorgenommen wird.

Urteil des BGH vom 09. 05. 2006, Az.: VI ZR 225/05. Die Entscheidung ist im Volltext auf den Seiten des Gerichts nachlesbar. 

Pflichten des Darlehensgebers

Verkauft der Darlehensnehmer das der Darlehensgeberin sicherungsübereignete Fahrzeug und gibt die Darlehensgeberin den KfzBrief an den Käufer heraus, ohne das der vereinbarte Kaufpreis, der der Ablösung des Restdarlehens dienen sollte, bei ihr eingeht und ohne zuvor Rücksprache mit dem Darlehensnehmer zu halten, so verletzt sie eine ihr aus dem Darlehensvertrag obliegende Nebenpflicht.

Urteil des OLG Celle, 3 U 74/06,Urteil vom 26. 07. 2006.  Die Entscheidung ist auf den Seiten des Gerichts abrufbar. 

Kein Wiederaufleben gesetzlicher Gewährleistungsansprüche

Bei einer im Rahmen eines NeuwagenVerkaufs gegebenen langjährigen Hersteller-Garantie führen das Fehlschlagen der Nachbesserung oder die Unzumutbarkeit der Hinnahme weiterer Nachbesserungsversuche – anders als bei der gesetzlichen oder vertraglichen Gewährleistung – grundsätzlich nicht zum Wiederaufleben gesetzlicher Gewährleistungsansprüche in Gestalt von Wandlung (Rücktritt nach neuem Schuldrecht) oder Minderung.

OLG Celle 7 U 205/05, Urteil vom 23. 02. 2006. Die Entscheidung kann auf den Seiten des Gerichts im Volltext nachgelesen werden.