Eine Person des privaten Rechts kann mittelbare Stellvertreterin der öffentlichen Hand sein

Entscheidung im Volltext

BUNDESKARTELLAMT

2.Vergabekammer des Bundes

VK 2-114/05

Beschluss

 

GWB § 98
Eine Person des privaten Rechts, die einen Beschaffungsvorgang ausschreibt, kann mittelbare Stellvertreterin der öffentlichen Hand sein, wenn der Zweck der Beschaffung im öffentlichen Interesse liegt und die Person für Rechnung des Staates handelt. Die Beschaffung ist dem Staat als öffentlichem Auftraggeber gemäß § 98 Nr. 1 GWB zuzurechnen. Die Normen des vierten Teils des GWB sind einzuhalten.
VK Bund, Beschluss vom 08.06.2006 – VK 2-114/05

In dem Nachprüfungsverfahren

….

wegen der Vergabe "Lieferung je eines Tiefsee- und Mittelwasser-Fächerecholots für das Forschungsschiff METEOR" hat die 2. Vergabekammer des Bundes durch den Vorsitzenden Direktor beim Bundeskartellamt Burchardi, die hauptamtliche Beisitzerin Regierungsdirektorin Brauer und den ehrenamtlichen Beisitzer Stockhorst auf die mündliche Verhandlung vom 23. Mai 2006 am 8. Juni 2006 beschlossen:

1. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in dem Vergabeverfahren "Lieferung je eines Tiefsee- und Mittelwasser-Fächerecholots für das Forschungsschiff METEOR" in ihren Rechten verletzt wurde.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragsstellerin.

3. Die Hinzuziehung eines Rechtsbeistandes durch die Antragsstellerin war notwendig.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin (Ag) schrieb im Rahmen eines nichtoffenen Verfahrens Ende 2004 europaweit die Lieferung je eines Tiefsee- und Mittelwasser-Fächerecholots für das Forschungsschiff METEOR aus. Die Ag erteilt nach den "Zusätzlichen Vertragsbedingungen" (Anlage 1 zum Vertrag Fächerecholot FS METEOR) Ziffer 3.2 den Auftrag "im Namen und für Rechnung der R GmbH". Im Ausschreibungstext wurde als zuständige Nachprüfungseinrichtung die Vergabekammer Bremen benannt.

Die Ag ist eine 100 % ige Tochter der L GmbH & Co. KG, …. Deren Gesellschaftsanteile werden von Privatpersonen gehalten. Die Ag ist im Reedereigeschäft sowohl als Charterbetrieb (mit den eigenen Schiffen "…" und "…") als auch als Dienstleister für fremde Schiffsinhaber (z.B. Forschungsschiffe "…" und "METEOR") tätig.

Das Forschungsschiff METEOR steht im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland. Die Mittel für die Anschaffung des Echolots werden nach Angaben der Ag durch diese bereitgestellt. Die Leitung des Schiffsbetriebs obliegt der Leitstelle FS METEOR im Institut für Meereskunde der Universität H. Nach § 4 Nr. 1 des zugrundeliegenden Bereederungsvertrages (aus dem Jahr 1986) mit der Universität H obliegen dem Vertragsreeder neben der Durchführung des Schiffsbetriebs die Gewährleistung der Ausrüstung und alle nautischen und technischen Aufgaben, die für die Betriebsbereitschaft des Schiffes im weltweiten Einsatz nötig sind, einschließlich der nautischen und technischen Inspektion und der damit verbundenen organisatorischen und administrativen Aufgaben, insbesondere (lit c) die Planung, Veranlassung und Kontrolle von Reparaturen, Instandhaltung und Ausrüstung des Schiffes zum Zweck der ständigen Bereitschaft und Seefähigkeit. Ferner umfasst dieser Auftrag nach § 4 Nr. 1 die Unterstützung des Forschungsbetriebes auf dem Schiff gem. § 7 Ziffer 1. Danach zählen zu den Aufgaben der Besatzung u.a. die Gerätebetreuung und Durchführung von kleineren Reparaturen der Geräte der wissenschaftlichen Arbeitsgruppen, der Einsatz von Mess- und anderen Geräten und die Hilfestellung bei For- schungsarbeiten an Bord. Nach § 4 Ziffer 5.2 der Vertrages hat der Reeder in Abstimmung mit dem Auftraggeber die für den Betrieb und die Bewirtschaftung des Schiffes von der Bauwerft gelieferte Erstausrüstung dem aktuellen Bedarf anzupassen, auf ausreichendem Stand zu halten und zu ergänzen. Nach § 4 Ziffer 5.3 hat der Reeder das Schiff zu proviantieren und gem. § 4 Ziffer 5.4 das Schiff mit Betriebs- und Hilfsstoffen zu versorgen. In Anlage 4.3 des Bereederungsvertrages ("Schiffsinspektion") ist weiter ausgeführt, dass im Rahmen der zur Verfügung gestellten Geldmittel die Ag alle Maßnahmen zur Instandhaltung und Versorgung der METEOR und ihrer technischen Einrichtungen zu veranlassen und kontrollieren hat, um die Seetüchtigkeit, einen sicheren Schiffsbetrieb und die Verfügbarkeit des Schiffes sicherzustellen. Dazu gehören u.a.:

– die Planung und Kontrolle des Umfanges der Schiffsausrüstung,

– die Ausrüstung des Schiffes mit Ersatzteilen, Gebrauchs- und Verbrauchsgütern sowie Proviant und Kantinenwaren und

– die Beratung und Durchführung von baulichen Änderungen, Einbauten und Installation von Geräten für wissenschaftliche Zwecke.

Nach § 4 Nr. 2 des Bereederungsvertrages handelt der Vertragsreeder im Auftrag des Auftraggebers. Er schließt sämtliche Verträge im Rahmen der Bereederung im eigenen Namen. Die Vergabe von Leistungen an Dritte (Fremdleistungen), die 50.000 DM übersteigen, sind nach Anlagen 1 und 3 zustimmungspflichtig und nach VOL auszuschreiben. Zum Ende des Jahres 2005 wurde der Reedereivertrag mit der Ag aufgelöst.

In den Ausschreibungsunterlagen ("Leitfaden") waren als Zuschlagskriterien wissenschaftliche Kriterien (50 %) und der Preis, inkl. Einbauberatung und -begleitung, Inbetriebnahme, Schulungen und Abnahme (50 %) genannt. Die wissenschaftlichen Kriterien waren in "Muss"- und "Kann"-Kriterien gegliedert. Ein nicht vorhandenes Muss-Kriterium führte zum Ausschluss. Kann-Kriterien waren in einer Punkteskala von 1 bis 10 zu bewerten Der Bieter mit der höchsten Gesamtpunktzahl (wissenschaftliche Kriterien und Preis) sollte den Zuschlag erhalten. Beigefügt war als Anlage 3 die Wertungsmatrix für beide Fächerecholote. Einige Kriterien waren als reine "Muss"-Kriterien (ja/nein) definiert. Andere Kriterien waren "Muss"-Kriterien, wurden aber einer weiteren Bewertung im Punktesystem (1 – 10 Punkte) unterworfen. Daneben gab es Kriterien, die einer Bewertung von 1 – 10 Punkten unterzogen wurden, ohne dass sie "Muss"-Kriterien waren.

Neben der Antragstellerin (ASt) bewarben sich drei weitere Unternehmen um die Teilnahme und gaben innerhalb der Angebotsfrist ein Angebot ab.

Nach der Durchführung der Wertung lag die ASt auf dem dritten Rang. Mit Schreiben vom 27. Mai 2005 informierte die Ag die ASt, dass sie beabsichtige, der K GmbH den Zuschlag zu erteilen, da sie aufgrund der Wertungskriterien die höchste Punktzahl erhalten habe. Die ASt teilte der Ag am 30. Mai 2005 telefonisch mit, dass die Entscheidung für sie nicht nachvollziehbar sei. Mit Fax vom 6. Juni erbat sie, ihr die Bewertungen zukommen zu lassen. Dies erfolgte am 7. Juni 2005. Am 10. Juni 2005 fand ein Gespräch bei der Ag mit Vertretern der ASt statt, in dem Kritik am Vergabeverfahren geübt wurde. Die ASt erklärte, dass sie die Anrufung der Vergabekammer erwäge. Mit Fax vom 10. Juni 2005 stellte die ASt einen Nachprüfungsantrag bei der Vergabekammer Bremen, der mit Schriftsatz vom 14. Juni 2005 begründet wurde. Am 14. Juni 2005 erteilte die Ag der K GmbH mit Fax-Schreiben, das um 17.16 Uhr gesendet wurde, den Zuschlag. Die Vergabekammer Bremen stellte den Nachprüfungsantrag mit Begründung erst am 15. Juni 2006 um 11.00 Uhr zu.

Zur Begründung trägt die ASt vor, dass das Vergabeverfahren Anlass zu mehreren sachlichen Rügen gebe. Sie führt diese schriftsätzlich näher aus.

Zur Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags trägt sie im Einzelnen vor, dass die von ihr vorgebrachte Rüge den gesetzlichen Anforderungen genüge. De facto habe die ASt erst nach Zusendung der Bewertung am 7. Juni 2005 den hier angegriffenen Vergabefehler rügen können. Es habe dann mehrere Gespräche gegeben. In der Besprechung am 10. Juni 2005 habe die ASt den zuständigen Prokurist der Ag, …, spezifisch auf den Wertungsfehler hingewiesen und der Ag somit die Möglichkeit gegeben, eine fehlerfreie Angebotswertung nachzuholen. Eine mündliche Rüge genüge den gesetzlichen Anforderungen nach § 107 GWB. Eine Rüge sei aber jedenfalls entbehrlich gewesen, weil sie wegen des drohenden Ablaufs der Frist nach § 13 VgV zu einer Rechtsschutzverkürzung geführt hätte. Im Übrigen habe die Ag in der Besprechung am 10. Juni 2005 eindeutig erklärt, keine erneute und fehlerfreie Angebotswertung vornehmen zu wollen. Jedenfalls habe die ASt aber die Rüge mit dem Schriftsatz vom 14. Juni 2005 nachgeholt.

Nach Auffassung der ASt ist die Ag öffentlicher Auftraggeber nach § 98 Nr. 2 GWB. Die Ag gehöre zwar einem Privatunternehmen, der L, B. Sie erfülle indes im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art. Tätigkeitsbereich der Ag sei ausschließlich der Betrieb von Forschungseinrichtungen im öffentlichen Interesse und unter Finanzierung der öffentlichen Hand. Hierzu gehörten neben der FS Meteor auch das … sowie die …. Der Annahme einer nichtgewerblichen Tätigkeit stehe nicht entgegen, dass der Auftraggeber in erheblichem oder sogar überwiegendem Maße gewerbliche Zwecke verfolge und insgesamt mit Gewinnerzielungsabsicht arbeite. Die Ag werde überwiegend durch öffentliche Auftraggeber finanziert. Sowohl der streitige Auftrag selbst als auch der Betrieb der FS Meteor werde von der öffentlichen Hand finanziert und diene der universitären und damit der öffentlichen Forschung. Geldgeber seien das Bundesministerium … und die G e.V. (…). Den Mittelzuweisungen von BM und G stehe überwiegend keine Gegenleistung durch die Ag gegenüber. Nur ein geringer Teil der Zuweisungen an die Ag sei nämlich Entgelt für den Betrieb der o.g. Forschungseinrichtungen, also die Bereederung. Überwiegend gehe die öffentliche Finanzierung in den Erhalt der dem Bund gehörenden Forschungs-Infrastruktur (z.B. die Lieferung von Echoloten) und in den Forschungsbetrieb (Finanzierung von Forschungsreisen). Aus dem Auftrag zur Bereederung des FS Meteor ergebe sich, dass die von der Universität H gezahlte Vergütung auch eine Kostenerstattung enthalte. Daraus sei zu folgern, dass die mit der Bereederung verbundenen Kosten wie z.B. die Anschaffung eines Echolotsystems nur ein durchlaufender Posten für die Ag seien und letztlich von der Universität H getragen würden. Jedenfalls aber sei die Bundesrepublik Deutschland ein öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 1 GWB. Es sei nicht hinnehmbar, dass sich die Bundesrepublik Deutschland, die den Kauf finanziere, dadurch ihrer vergaberechtlichen Bindung entledige, dass sie ein Privatunternehmen als "Strohmann" einschalte, um das Vergabeverfahren durchzuführen. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Entscheidung über den Beschaffungsvorgang, die Festlegung der Auswahlkriterien und die Wertung und Auswahl – mithin materiell die Zuschlagsentscheidung – inhaltlich nicht von der Ag vorgenommen worden sei, sondern in der Hand der in der "Arbeitsgruppe Beschaffung" vertretenen Wissenschaftler gelegen habe. Hilfsweise komme in Betracht, das Land (L) als öffentlichen Auftraggeber i.S.v. § 98 Nr. 1 GWB anzusehen. Die Ag handele im Rahmen der Vergabe von Leistungen an Dritte "im Auftrag der" L. Sie handele dabei stellvertretend für und unter engster Aufsicht der L, denn sie müsse schon bei der Vergabe von Fremdlieferungen im Wert von 50.000 DM die schriftliche Zustimmung der L als Auftraggeber einholen. Die Vergabekammer dürfe der Ast angesichts der vorgelegten Indizien nicht de facto die Beweislast für das Vorliegen eines "öffentlichen Auftraggebers" aufbürden. Die Ag müsse begründen, weshalb sie entgegen der öffentlichen Ausschreibung nicht öffentlicher Auftraggeber sei. Im Übrigen habe sich Ag selbst als öffentliche Auftraggeberin ausgegeben und damit an das Vergaberecht gebunden. Wenn eine Selbstbindung sogar im Falle einer freiwilligen Ausschreibung gelte, dann müsse dies auch für den Fall gelten, dass ein ausschreibungspflichtiger Lieferauftrag unzweifelhaft vorliege. Die ASt habe während des Vergabeverfahrens auf die Angaben der Ag und damit auf die Zulässigkeit eines Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer vertraut. Das vorvertragliche Vertrauensverhältnis zu den Bietern müsse im Sinne der EG-Rechtsmittel-Richtlinie zu einer "wirksamen" Nachprüfung von Vergabeentscheidungen führen. Jedenfalls habe sich die Ag einer Aufklärung der Auftraggebereigenschaft bisher verweigert, so dass sie sich grob rechtsmissbräuchlich verhalte. Auch umfasse nicht schon der Bereederungsvertrag zwischen der Uni H und der Ag die Beschaffung der Echolote. Die Ag habe den Auftrag für die Bereederung ohne ordentliches Vergabeverfahren erhalten. Vor 2005 habe es keine EG-weite Ausschreibung für die Bereederung der FS METEOR gegeben. Die vorangehende (Erst-)Vergabe eines größeren Pakets von Leistungen könne der Nachprüfung einer anschließenden (Zweit-)Vergabe von Teilleistungen nur entgegenstehen, wenn die vorgeschaltete (Erst-)Vergabe dem Vergaberecht unterlag und vergaberechtskonform erfolgt sei. Der Bereederungsvertrag decke jedoch auch inhaltlich die streitige Beschaffung nicht ab. § 4 Ziffer 2 des Vertrages i.V.m. Anlage 1 (und Anlage 3), der die Vergabe von Leistungen an Dritte regele, erfasse nicht die Anschaffung von Echoloten. Anlage 1 regele (nur) den Ersatz der bei der Beschaffung entstandenen Kosten. Auch die Abstimmungspflicht mit der Universität H sei ein Beleg dafür, dass es sich hierbei um originäre Beschaffungen der Universität handele. § 4 Ziffer 1 lit. c des Vertrages erstrecke sich nur auf Planung, Veranlassung und Kontrolle von Reparaturen, Instandhaltung und Ausrüstung des Schiffes zum Zwecke der ständigen Bereitschaft und Seefähigkeit. Die Anschaffung der Fächerecholote falle nicht hierunter, weil Fächerecholote nicht der "ständigen Bereitschaft und Seefähigkeit" des Schiffes dienten. Auch die Bereitstellung einer geeigneten, einsatzfähigen Schiffsbesatzung für den laufenden Schiffsbetrieb und die Unterstützung des Forschungsbetriebs umfasse keine Beschaffungsmaßnahmen, sondern lediglich die Bereitstellung einer entsprechenden Schiffsbesatzung. Die Beschaffung sei der Universität H zurechenbar. Die Ag sei als weisungsabhängiges Ausführungsorgan tätig geworden. Die Ag könne schon deshalb kein Auftraggeber sein, weil sie nicht selbst über die Beschaffung entschieden habe, sondern sich ihre Aufgabe auf die Beratung der Wissenschaftler der Universität H über die Einbindung der Echolote in die Schiffstechnik und die Durchführung des Vergabeverfahrens beschränkt habe. Vergaben durch einen "Strohmann" seien der dahinter stehenden Körperschaft zuzurechnen. Ansonsten bestünde die Möglichkeit einer "Flucht aus dem Vergaberecht". Erforderlich wäre dazu lediglich eine Generalvergabe von Beschaffungsvorgängen bzw. Unterhaltungs- und/oder Infrastrukturleistungen, die nachgelagerte Beschaffungsvorgänge mit sich bringen.

Die Ag habe mehrere Verstöße gegen das Vergaberecht begangen. So sei sie bei der Wertung der Angebote zu Lasten der ASt von den zuvor bekannt gemachten Zuschlagskriterien abgewichen. Die "Kann"-Kriterien seien in einer Punkteskala von 1 bis 10 zu bewerten gewesen. Die Wertung sei deshalb in allen Bereichen, in denen ein "Kann"-Kriterium auf ein "Muss"-Kriterium aufsetzte, dann falsch, wenn dort lediglich 0 Punkte vergeben wurden. Jedenfalls dürfe aber im Bereich der "Kann"-Kriterien keine Bewertung mit 0 Punkten vorgenommen werden. Zum anderen habe die Ag bei "aufsetzenden" Kann-Kriterien nicht vorab bekannt gemacht, dass bei Erfüllung nur der Mindestanforderungen lediglich 0 Punkte vergeben würden. Da die ASt in der Kategorie "Tiefwasserecholot" nur 56 erreicht habe, müsse die Ag in Abweichung der bekannt gemachten Punkteskala eine solche von "0 bis 10" zugrunde gelegt haben. Ebenso sei nicht nachvollziehbar, weshalb die ASt beim Mittelwasserecholot 335 Punkte erhalten habe. Tief- und Mittelwasserecholote der ASt seien nicht im Grundsatz, sondern nur in einzelnen Modulen unterschiedlich. Dementsprechend seien die Merkmals-Beschreibungen der ASt für beide Lote sehr ähnlich. Die Ag habe eine gleichartige Performance beider Lote aber vielfach unterschiedlich bewertet. Die ASt vermutet, dass die niedrige Bewertung beim Tiefwasserecholot daraus resultiert, dass die auf Seiten der Ag beteiligten Wissenschaftlicher das System bevorzugen wollten, das sie schon kennen, nämlich das System der Firma Kongsberg.

Im Hinblick auf den deutlich niedrigeren Preis der ASt habe man die wissenschaftliche Bewertung des Tiefwasserecholots so gedrückt, dass am Ende das gewünschte Gesamtergebnis herausgekommen sei.

Zur Wertung trägt die ASt im Einzelnen vor: In Ziffer 1.10 (Beam Steuerung umschaltbar) erfüllten beide Lote das "Kann"-Kriterium, dass die Beam Steuerung zwischen equidistant und equiangle umschaltbar sei sollte. Die ASt habe keine veraltete, sondern eine ausgereifte und geprüfte Schwingertechnologie verwandt. Die Bodendetektion erfolge sowohl über die Amplitude als auch über die Phase. Beim Tiefwasserecholot habe die Ag 0 Punkte vergeben, beim Mittelwasserlot indes 9 Punkte. In Ziffer 1.14 (back scatter-Funktion) habe die ASt die Anforderungen bejaht. Sie habe beim Tiefwasserecholot 0 Punkte, beim Mittelwasserlot 10 Punkte erhalten. Im Bereich der angebotenen Software habe die ASt bei beiden Loten durchgehend nur 0 Punkte erhalten, obwohl die ASt die Anforderungen der Ag jeweils bejaht habe. Sie weist insbesondere auf die Bewertung in Ziffer 2.3 (Windows 2000) hin, die eindeutig mit 10 Punkten habe bewertet werde müssen. Bei Ziffer 1.4 (Abdeckung "Swath width") stellt die ASt dar, dass die Mindestanforderung von 120 Grad Abdeckung bei beiden Loten übererfüllt worden sei (bis zu 140 beim Tiefwasserlot und bis zu 127 beim Mittelwasserlot). Soweit eine geringere Streifenbreite als bei den Wettbewerbern vorläge, werde diese deutlich durch Vorteile der höheren Frequenz für andere Funktionalitäten innerhalb des Lot-Systems kompensiert. In Ziffer 1.5 (mindestens 120 hard beams) habe die ASt jeweils 141 hard beams angeboten. Während sie beim Tiefwasserlot 0 Punkten erhalten habe, habe sie beim Mittelwasserlot 1,2 Punkte bekommen. In Ziffer 1.7 (Interpolationsverfahren für soft beams) habe die ASt ein patentiertes neues Verfahren angeboten, das die Leistungsfähigkeit der Angebote der übrigen Bieter deutlich übersteige. Die ASt habe eine Referenzliste für beide angebotenen Anlagen beigefügt. Die Referenzliste beschreibe die kontinuierliche Weiterentwicklung innerhalb der verschiedenen Generationen von Loten der ASt unter Verwendung gleicher Systemkomponenten. Damit habe die ASt eindeutig Funktionsnachweise für die Anlagen erbracht. Gleichwohl habe sie bei beiden Loten lediglich 0 Punkte erhalten. In Ziffer 1.9 (Angabe zu Pingraten) habe sie maximal 25 Hz beim Tiefseelot und maximal 30 Hz beim Mittelwasserlot angeboten. Auch hier habe sie nur 0 Punkte erhalten. In der Ausschreibung sei nicht zwischen maximalen Pingraten im Flachwasser und – von der Wasserschallgeschwindigkeit abhängigen – Pingraten in größeren Wassertiefen unterschieden worden. Dass die Ag offenbar nunmehr an ein ganz anderes Verfahren denke – nämlich an ein Verfahren, bei dem parallel mehrere Pings (sog. Multi-Ping) in der Wassersäule realisiert werden -, sei den Ausschreibungsunterlagen nicht zu entnehmen gewesen und könne daher vorliegend auch nicht relevant sein. Bei Ziffer 1.12 (Genauigkeit der Tiefenbestimmung – IHO – S44 Standard erfüllt?) habe man nur Ja oder Nein angeben können. Sie habe zutreffend mit Ja geantwortet, aber nur 0 Punkte erhalten. Auch erfülle die ASt das Wertungskriterium 1.17 uneingeschränkt, so dass eine Bewertung mit 0 Punkten rechtswidrig sei. Bei Ziffer 2.3 (Angaben zur Speicherung von Rohdaten) sei mehr als eine vollständige Speicherung der von den Sensoren kommenden Daten technisch nicht möglich. Man könne nur Ja oder Nein angeben. Auch hier habe sie entgegen ihrer Zusicherung der Leistung nur 0 Punkte erhalten. Ferner habe die Ag der Wertung einen Preis von … Euro zugrunde gelegt. Die ASt habe jedoch einen Gesamtpreis von … Euro angeboten. Selbst bei Zugrundelegung der ergänzend angebotenen "alternativ verfügbaren Softwarepakete" und deren Einzelpreise sei nicht nachvollziehbar, wie die Ag auf den Gesamtpreis gekommen sei. Die Annahme eines höheren Preises führe schon zu einem Nachteil von 5 Punkten in der Gesamtbewertung. Die Ag gebe zu, dass sie nicht auf den tatsächlich von der ASt angebotenen Preis, sondern auf einen von ihr selbst fiktiv ermittelten Preis abgestellt habe. Schon diese Änderung des angebotenen Preises durch die Ag sei rechtswidrig.

Ferner habe die Ag rechtswidrig die Wertungsergebnisse der ASt an alle Bieter versandt. Erst nachdem bereits ein Wettbewerber die komplette Wertung erhalten habe, habe die ASt die Wertungsmatrix auch für sich selbst angefordert.

Zudem habe die Ag das § 13 VgV-Schreiben nur mit einer nichtssagenden Blankoformulierung versehen, die es unmöglich mache, die Wertung nachzuvollziehen.

Die ASt hatte mit Schriftsatz vom 14. Juni 2005 ursprünglich beantragt,

1. ein Nachprüfungsverfahren gem. § 107 GWB zur Ausschreibung der Ag, Projekt "Lieferung Tief- und Mittelwasserlot FS METEOR", einzuleiten,

2. die Zustellung des Nachprüfungsantrages der ASt vom 10.6.2005 sowie der vorliegenden Begründung dieses Nachprüfungsantrags an die Ag nach § 110 Abs. 2 sofort vorzunehmen,

3. festzustellen, dass die ASt durch das Vergabeverfahren in ihren Rechten verletzt ist

4. die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten der ASt für notwendig zu erklären und

5. der Ag die Kosten dieses Verfahrens, die Kosten für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung gemäß § 128 Abs. 4 GWB i.V.m. § 80 VwVfG, einschließlich der vorprozessualen Rechtsanwaltskosten, aufzuerlegen.

Ferner hatte sie Akteneinsicht gem. § 111 Abs. 1 GWB beantragt.

Für den Fall, dass der Zuschlag am 14. Juni 2005 erteilt worden ist, hat die ASt hilfsweise gem. § 114 Abs. 2 S. 2 GWB Fortsetzungsfeststellungsantrag gestellt. Soweit die Kammer den Nachprüfungsantrag für unzulässig erachte, weil die Ag kein öffentlicher Auftraggeber sei oder weil der Zuschlag wirksam erteilt sei, hat sie gem. § 128 Abs. 3 S. 4, Abs. 4 S. 3 GWB beantragt, die Kosten des Verfahrens der Ag aufzuerlegen.

Sie führt dazu näher aus, dass es unter den gegebenen Umständen unbillig sei, die ASt mit den Verfahrenskosten zu belasten. Die Ag habe die ASt mehrfach getäuscht. Sie habe sich im Vergabeverfahren durchweg als öffentlicher Auftraggeber dargestellt und im Hinblick auf Rechtsmittel auf die Einreichung eines Nachprüfungsantrags bei der Vergabekammer Bremen hingewiesen. Sie habe der ASt noch am 13. Juni 2004 zugesichert, den Zuschlag nicht sofort zu erteilen, sondern zunächst die Zustellung des Nachprüfungsantrages und die Entscheidung der Vergabekammer abzuwarten. Die Verfahrenskosten wären i.S.v. § 21 GKG analog bei richtiger Behandlung der Sache durch die Ag nicht entstanden.

Die Ag beantragt,

1. den Nachprüfungsantrag der ASt als unzulässig zu verwerfen.

2. Hilfsweise, den Nachprüfungsantrag der ASt zurückzuweisen.

3. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten der Ag für notwendig zu erklären und der ASt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Ag aufzuerlegen.

Der Nachprüfungsantrag sei offensichtlich unzulässig. Die ASt habe ihre Rügepflicht nicht erfüllt. Mit Schreiben vom 6. Juni 2005 habe die ASt eine nähere Erläuterung der Bewertung erbeten, die sie am 7. Juni erhalten habe. Am 10. Juni 2005 habe sodann ein Gespräch mit Vertretern der ASt stattgefunden. In diesem Gespräch habe die ASt allgemein Kritik an dem Vergabeverfahren geübt. Sie habe auch erklärt, dass sie die Anrufung der Vergabekammer erwäge. Es seien jedoch nicht bestimmte Verstöße beanstandet worden und damit auch nicht vor der Anrufung der Vergabekammer die Möglichkeit der Selbstkorrektur gegeben worden.

Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2005 trägt sie erstmals vor, dass nach ihrer Auffassung eine Zuständigkeit der Vergabekammer nicht gegeben sei. Die Ag sei zunächst davon ausgegangen, dass es sich um einen öffentlichen Auftrag handele, da der Auftrag über öffentliche Mittel finanziert werde. Die Bundesrepublik Deutschland stelle die Mittel für die Anschaffung des Echolots zur Verfügung. Dies sei jedoch für die Auftraggebereigenschaft nach § 98 Nr. 2 GWB nicht entscheidend. Die Ag sei kein öffentlicher Auftraggeber gem. § 98 Nr. 2 GWB. Die Ag sei nicht zu dem besonderen Zweck gegründet worden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen. Die Ag sei ein auf Gewinnerzielung gerichtetes privates Unternehmen. Sie stehe vollständig im Eigentum privater Eigentümer. Die Ag sei im Reedereigeschäft sowohl als Charterbetrieb als auch als Dienstleister für fremde Schiffsinhaber tätig. Sie sei aufgrund eines schlichten Dienstleistungsvertrages mit der Bereederung der FS Meteor beauftragt. Auftraggeber sei die L, vertreten durch die Universität H. Die Ag sei ausschließlich privat finanziert, sie erhalte keine Mittel des Bundes oder anderer Stellen der öffentlichen Hand. Die Aufsicht über die Leitung werde allein durch die privaten Gesellschafter ausgeübt. Auch ein Fall des § 98 Nr. 5 GWB liege nicht vor, da der Auftrag für die Echolote nicht dem (abschließenden) Katalog dieser Bestimmung unterfalle. Vielmehr sei die Vergabe der Echolote auf der 2. Stufe des Reedereivertrages erfolgt und falle nicht mehr unter den Begriff des öffentlichen Auftrages. Ebenso wenig wie der Generalunternehmer auf der Baustelle sei der Reeder verpflichtet, seine Lieferanten im Wege der öffentlichen Ausschreibung zu ermitteln. Durch die Vereinbarung von Selbstkostenerstattungspreisen werde lediglich sichergestellt, dass die Vergütung für diese zusätzlichen Fremdlieferungen und Leistungen marktgerecht und angemessen ermittelt werde.

Auf die behaupteten materiellen Vergabeverstöße komme es deshalb nicht an. Die Ag nimmt dazu ergänzend Stellung. Bei der Wertung der Angebote seien die wissenschaftlichen Kriterien in "Muss"- und "Kann"-Kriterien gegliedert worden, wobei das Fehlen eines "Muss"-Kriteriums zum Ausschluss des Angebots geführt habe. Zur Wertung nimmt sie wie folgt Stellung: Die Ag habe eine Mindestqualität mit Muss-Kriterien festgelegt. Darüber hinaus sollten zusätzliche Punkte von 1 – 10 dafür vergeben werden, dass einzelne Qualitätsmerkmale über der Basis lagen. Für die überobligatorische Kriterienerfüllung habe es das Punktespektrum von 1 – 10 gegeben. Hätten alle Anlagen die gleiche Qualitätsbasis, erfüllten also die Muss-Kriterien, so entscheide allein der Preis. Erst zusätzliche Kriterien rechtfertigten es, Unterschiede in der Qualität in die Bewertung mit einzubeziehen. Die unterschiedliche Bewertung gleicher Produktmerkmale beim Mittel- und beim Tiefsee-Echolot rührten daher, dass die Qualität immer nur relativ beurteilbar sei. Gerade im Tiefseewasser-Echolotbereich habe es bei der ASt große qualitative Unterschiede zu den anderen Anbietern gegeben. Das Wertungskriterium 1.10 (Beamsteuerung umschaltbar) sei von der ASt nicht erfüllt worden, weil sie eine alte Schwingertechnologie angeboten habe. Die Bottom-Detection erfolge nur über Amplitude. Dies führe dazu, dass bei der Umschaltung auf "Equidistant" erhebliche Qualitätsverluste aufträten, da nicht alle Strahlen erhalten blieben. Die volle Umschaltbarkeit des Systems könne nicht als erfüllt betrachtet werden. Bei dem Wertungskriterium 1.17 habe das Angebot der ASt mit Abstand den geringsten Kompensationsbereich gehabt. die Bewertungsgruppe habe deshalb entschieden, das Angebot mit 0 Punkten zu bewerten. Damit könne das Wertungskriterium nicht als erfüllt angesehen werden. Zur Systemsoftware (2.3) stellt die Ag fest, dass hier zusätzliche Punkte nicht erreicht werden konnten. Es sei Muss-Voraussetzung gewesen, dass die Systemsoftware auf Windows basiere. In Ziffer 1.4 sei nicht entscheidend, ob das Kriterium der Muss-Abdeckung um einige Grade überschritten werde, sondern wie die Qualität der Vermessungsbreite im Vergleich zu anderen Anlagen gewesen sei. Die von der ASt angebotene niedrige Streifenbreite biete wegen der Schiffskosten keine wirtschaftliche Lösung. Die in Ziffer 1.5 bewerteten Hardbeams seien das schlechteste Ergebnis im gesamten Angebotsspektrum. Es hätten daher keine zusätzlichen Wertungspunkte vergeben werden können. In Ziffer 1.7 sei ein Prototyp angeboten worden, dessen Funktionsweise nicht nachgewiesen worden sei. In Ziffer 1.9 sei eine zusätzliche Qualität über Verfahren, die mehrere Pings unabhängig von der Wassertiefe realisieren, bewertet worden. Derartiges sei durch die ASt aber nicht angeboten worden. Bezüglich Ziffer 1.12 sei festzustellen, dass die ASt nur beschrieben habe, dass sie das Kriterium erfülle. Sie habe jedoch keine Qualität dargelegt, die die Vergabe zusätzlicher Punkte rechtfertige. Dies gelte entsprechend auch für die Ziffer 2.3. Zusätzliche Punkte seien nur bei zusätzlichen Funktionen, die den Nutzwert erhöhten, zu vergeben gewesen. Das sei bei der Anlage der ASt aber nicht der Fall gewesen. Eine Schlechterbehandlung gegenüber anderen Anbietern habe es aber nicht gegeben.

Bei der Wertung der Preise sei für alle Anbieter das wahrscheinlichste Leistungspaket definiert und auf dieser Basis der Gesamtpreis ermittelt worden.

Die Offenlegung der Wertungsmatrix könne nicht beanstandet werden. Die ASt habe diese selbst gefordert. Im Wege der Gleichbehandlung sei gegenüber anderen Bietern entsprechend verfahren worden.

Mit Auflagen- und Hinweisbeschluss vom 5. Juli 2005 wies die Vergabekammer Bremen darauf hin, dass "bisher nicht erkennbar sei, dass die Vorschriften des 4. Teils des GWB zur Anwendung kommen". Mit bestandskräftigem Beschluss vom 15. Juli 2005 hat die Vergabekammer Bremen (VK 07/05) das Nachprüfungsverfahren an die Vergabekammer des Bundes verwiesen. In der Begründung führte sie aus, dass die Finanzierung des Forschungsschiffes METEOR, das im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland steht, überwiegend mit Mitteln des Bundes erfolge. Die Vergabekammer hat dahingestellt sein lassen, ob die Ag überhaupt die richtige Antragsgegnerin sei oder ob dies nicht die Bundesrepublik Deutschland sein müsste. Zur Zulässigkeit des Antrags stellte sie fest, dass die Rügeobliegenheit nicht verletzt sei. Die ASt habe positive Kenntnis der von ihr gerügten Vergabeverstöße erst nach Erhalt der Bewertung mit Schreiben vom 7. Juni 2005 gehabt. Das Nachprüfungsverfahren ist nach Feststellung der Vergabekammer Bremen hinsichtlich des Hauptantrags erledigt, da die Ag den Zuschlag erteilt hat. Der Zuschlag sei nach Beginn des Nachprüfungsverfahrens, das mit dem Tätigwerden der Vergabekammer am 13. Juni 2005 – nämlich der Entscheidung, den Antrag mangels Begründung als offensichtlich unzulässig nicht zuzustellen – anzusetzen sei, wirksam erteilt worden. Ein Zuschlagsverbot gem. § 115 Abs. 1 GWB sei nicht eingetreten, weil die Frist des § 13 VgV abgelaufen war. Anhängig geblieben ist nach dem Beschluss der Vergabekammer Bremen der hilfsweise gestellte Fortsetzungsfeststellungsantrag der ASt.

Auf ein Auskunftsersuchen der Vergabekammer der Bundes hin hat die Universität H mitgeteilt, dass die beschafften Echolote in erster Linie wissenschaftlichen Zwecken (Kartierung des Meeresbodens bei der Erfassung der Morphologie) dienen. Im Gegensatz zu den an Bord von Forschungsschiffen ebenfalls vorhandenen Navigationsecholoten, die Tiefeninformationen bis 100 m lieferten, wiesen Fächerecholote einen Arbeitsbereich von 100 – 10.000 m Wassertiefe auf. Nach Auffassung der Uni H erfasst der Bereederungsvertrag für die FS METEOR die Beschaffung von wissenschaftlichen Geräten durch die Ag. Sie verweist insoweit auf die Anlage 4.3 zum Bereederungsvertrag (6. Spiegelstrich). Die Durchführung der Beschaffungen nach VOL sei in Anlage 3 festgelegt. Beschaffungen – auch wissenschaftlicher Geräte -, die aufgrund des Bereederungsvertrages vorgenommen worden seien, seien auf den Schiffsbetrieb bezogen, da sie speziell für das Schiff METEOR angeschafft würden. Das wissenschaftlich-technische Anforderungsprofil für das hier zu beschaffende Fächerecholot sei in einer Arbeitsgruppe erarbeitet worden, der mehrere Wissenschaftler aus verschiedenen Instituten und Vertreter der Ag angehörten. Da die Ausführung der Leistung erhebliches schiffsbetriebstechnisches Wissen erfordert habe, sei die Beschaffung durch die Ag durchgeführt worden. Bei Geräten, die unabhängig von der Schiffstechnik genutzt würden, werde hingegen die Beschaffung von der zuständigen wissenschaftlichen Einrichtung selbst vorgenommen, die auch für die Finanzierung des Gerätes verantwortlich sei.

Die Kammer hat der ASt antragsgemäß Einsicht in die Vergabeakten gewährt, soweit keine geheimhaltungsbedürftigen Aktenbestandteile betroffen waren.

Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer, auf die Vergabeakten, soweit sie der Vergabekammer vorgelegen haben, sowie den Verweisungsbeschluss der Vergabekammer Bremen und deren Verfahrensakte wird ergänzend Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung wurde festgestellt, dass die von der Ag überreichten Vergabeakten nur einen Teil des Angebots der ASt enthielten. Die Kammer hat zur Überprüfung der Angebotswertung eine von der ASt übergebene Kopie des Angebotsformulars (datiert am 24. März 2005) zugrunde gelegt.

II.

Der gegen die Ag gerichtete Feststellungsantrag ist zulässig. Die Ag hat im Rahmen ihres Dienstleistungsvertrages die Beschaffung der Fächerecholote stellvertretend für die öffentliche Hand ausgeführt. Der Nachprüfungsantrag ist begründet, weil die ASt bei der Durchführung der Wertung in ihren Bieterrechten verletzt worden ist.

A. Das Nachprüfungsverfahren ist nach dem 4. Teil des GWB statthaft.

1. Ein Nachprüfungsverfahren ist jedoch nicht schon deshalb eröffnet, weil die Ausschreibung den Hinweis darauf enthielt, dass die Vergabekammer Bremen zur Überprüfung der Entscheidung über die Vergabekammer zuständig sein solle. Eine (falsche) Rechtsmittelbelehrung eröffnet keinen Rechtsmittelzug (OLG Celle, Beschluss v. 5. September 2002, 13 Verg 9/02). Zwar hat die europaweite Ausschreibung der Ag im nichtoffenen Verfahren nach VOL/A eine Selbstbindung der Ag im Hinblick auf die Einhaltung dieser Vorschriften bewirkt. Die Ag muss sich folglich bei ihrer Vergabeentscheidung an den Verfahrensregeln der VOL/A festhalten lassen (so OLG Dresden, Urteil v. 9. März 2004, 20 U 1544/03). Das Auftreten als öffentlicher Auftraggeber und die Rechtsmittelbelehrung bewirken aber nicht, dass der 4. Teil des GWB anwendbar wird. Die Anwendbarkeit des GWB bestimmt sich rein objektiv nach dem Vorliegen der entsprechenden Tatbestandsmerkmale zur Auftraggebereigenschaft und zum öffentlichen Auftrag.

2. Im zu prüfenden Fall liegt allerdings eine Vergabe durch einen öffentlichen Auftraggeber gem. § 97 Abs. 1 i.V.m. § 98 GWB vor. Nach § 97 Abs. 1 GWB beschaffen öffentliche Auftraggeber Waren, Bau- und Dienstleistungen nach Maßgabe der Vorschriften des 4. Teils des GWB. Der Begriff des öffentlichen Auftraggebers ergibt sich aus § 98 GWB. Der Begriff ist nach der Rechtsprechung des EuGH funktionell auszulegen (EuGH, Urteil v. 13.01.2005, Rs. C-84/03; Urteil v. 15.5.2003, Rs. C-214/00). Danach liegt eine Einrichtung des öffentlichen Rechts vor, wenn sie die drei in Art. 1 lit. b Unterabsatz 2 der Richtlinie 93/37 (bzw. Richtlinien 92/50 und 93/36) enthaltenen Tatbestandsmerkmale aufweist, nämlich ihre Gründung zu dem besonderen Zweck, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen, Rechtspersönlichkeit und eine enge Verbindung mit dem Staat, Gebietskörperschaften oder anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts vorliegt. § 98 GWB setzt diesen Begriff der öffentlichen Einrichtung in den Auftraggeberbegriff des deutschen Rechts um.

a. Die Ag ist jedoch selbst kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB. Öffentlicher Auftraggeber gem. § 98 Nr. 2 GWB sind juristische Personen des öffentlichen oder des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, wenn Stellen, die unter § 98 Nr. 1 oder 3 GWB fallen, sie einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise überwiegend finanzieren oder wenn sie durch staatliche Stellen beherrscht werden. Im Sinne der Rechtsprechung des EuGH müssen diese Merkmale kumulativ vorliegen (EuGH, Urteil v. 15.5.2003, Rs. C-214/00).

i. Die Ag ist nicht zur Erfüllung einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe nichtgewerblicher Art gegründet worden. Ausreichend ist allerdings, wenn die im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben nichtgewerblicher Art später übernommen wurden. Es ist nicht erforderlich, dass die juristische Person von Anfang zu diesem Zweck gegründet wurde (EuGH, Urteil v. 12. Dezember 2002, Rs. C -470/99; Werner in Byok/Jaeger, 2. Aufl., § 98 Rz. 328). Die Ag hat jedoch weder ursprünglich im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art wahrgenommen, noch hat sie dies während der Bereederung der FS METEOR getan. Die Ag war und ist vielmehr ein auf Gewinnerzielung ausgerichtetes Reederei-Unternehmen, das an öffentlichen Aufträgen im Sektor Forschungsschiffe bzw. Forschungsplattformen in Form von Dienstleistungsverträgen partizipiert. Zweifelhaft ist schon, ob die Ag nichtgewerblich tätig ist. Die Ag steht bei ihrer Aufgabe nämlich im Wettbewerb mit anderen gewerblich tätigen Reedern. Jedenfalls stellt aber der Geschäftszweck der Ag keine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe dar. Die Ag beschäftigt sich mit Bau, Erwerb, Charterung, Vercharterung und Bereederung von Forschungsschiffen sowie anderen Einheiten zur Meeresforschung und hiermit in Zusammenhang stehender Consultingtätigkeit sowie mit der Betreuung von Forschungseinrichtungen in Küstennähe und im offenen Meer, ferner mit Handel und Vermietung von Geräten für Meeresforschung und Meerestechnik (so § 2 des Gesellschaftsvertrages der Ag). Die öffentliche Aufgabe "Forschung" (vgl. insoweit Anhang III der Vergabekoordinierungsrichtlinie, Abdruck in Byok/Jaeger, § 98 Rz. 311) ist hingegen nicht Bestandteil des Aufgabenfeldes der Ag. Dementsprechend hat auch nicht die Ag den Forschungsbetrieb des Schiffes METEOR geleitet. Vielmehr obliegt die Leitung des Forschungsbetriebes dem Institut für Meereskunde der Universität H (sog. Leitstelle FS METEOR).

ii. Ferner fehlt es auch an dem Merkmal der "auf sonstige Weise" überwiegenden Finanzierung der Ag. Eine überwiegende Finanzierung wird beispielsweise für den Fall angenommen, dass ein Unternehmen sowohl Personal als auch Liegenschaften nebst Betriebs- und Geschäftsausstattung unentgeltlich von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt bekommt (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 30. April 2003, Verg 67/02). Die Ag finanziert jedoch ihr Personal und ihren Geschäftsbetrieb selbst. Die Ag erhält allerdings für die Dienstleistung "Bereederung" von den verschiedenen Auftraggebern jeweils ein Entgelt. Es handelt sich hierbei – soweit die Auftraggeber öffentliche Einrichtungen sind – zwar um öffentliche Gelder, diese werden aber in einem Vertragsverhältnis als Gegenleistung gezahlt. Die Ag erhält somit – selbst wenn man unterstellte, die Ag hätte zu 100 % Vertragspartner der öffentlichen Hand – keine Finanzierung im Sinne einer Bereitstellung von Geldern oder Sachleistungen (vgl. Werner in Byok/Jaeger, § 98 Rz. 351). Es liegen der Vergabekammer darüber hinaus keine Anhaltspunkte vor, dass die Ag neben den vertraglichen Entgelten Zuschüsse und Unterstützungen durch die öffentliche Hand erhält. Auch für den Fall der Erstattung von Kosten für die Beschaffung von Inventar und sonstiger Ausrüstung aufgrund des mit der L abgeschlossenen Vertrages über die Bereederung ergibt sich keine überwiegende Finanzierung der GmbH im Sinne des § 98 Nr. 2 GWB. Die Kostenerstattung für die Anschaffung des Echolots bewirkt lediglich ein Durchreichen der bei der Ag bereits entstandenen Kosten für im eigenen Namen angeschafftes Inventar.

iii. Auch wird die Ag nicht durch staatliche Stellen beherrscht. Die Ag steht unstreitig im Eigentum privater Gesellschafter, die keinem Einfluss durch staatliche Stellen ausgesetzt sind. Die Ag ist eine 100 %ige Tochter einer Kommanditgesellschaft, deren Anteile von Privatpersonen gehalten werden.

b. Ferner ist die Ag auch nicht öffentlicher Auftraggeber gem. § 98 Nr. 5 GWB. Nach dieser Bestimmung fallen auch solche natürlichen oder juristischen Personen des privaten Rechts unter den Begriff des öffentlichen Auftraggebers, die bestimmte Bauvorhaben durchführen und dabei von Stellen nach § 98 Nr. 1 – 3 GWB öffentliche Mittel erhalten, mit denen die genannten Vorhaben zu mehr als 50 % finanziert werden. Die Vorschrift findet bei sog. Drittvergaben im Falle der abschließend aufgezählten Bauvorhaben, also bei Tiefbaumaßnahmen, Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden Anwendung. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es zu verhindern, dass sich der Staat seinen vergaberechtlichen Verpflichtungen durch Zwischenschaltung von durch ihn subventionierten Auftraggebern entzieht (Werner in Byok/Jaeger, § 98 Rz. 386). Die Finanzierung des Echolots durch die Bundesrepublik Deutschland erfolgt jedoch nicht im Rahmen einer Bau- Vergabe. Sie ist vielmehr eine Beschaffung im Anwendungsbereich der VOL. Die abschließend für bestimmte Bauvorhaben geregelte Auftraggebereigenschaft nach § 98 Nr. 5 GWB ist daher für den vorliegenden Fall nicht anwendbar.

Angesichts des abschließenden Regelungsgehalts scheidet eine analoge Anwendung der Norm zur Begründung der Auftraggebereigenschaft der Ag aus. Voraussetzung für eine analoge Anwendung wäre das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke in § 98 GWB. Der Gesetzgeber hat in der Vorschrift eine Umsetzung des von den EG-Vergaberichtlinien vorgesehenen Auftraggeberbegriffes in deutsches Recht vorgenommen (Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucksache 13/9340, zu § 107 GWB-E [§ 98]). Die vom Gesetzgeber vorgenommene Einteilung des Auftraggeberbegriffs in sechs Kategorien ist abschließend (Werner in Byok/Jaeger, § 98 Rn. 296; Eschenbruch in Kulartz/ Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, 2006, § 98, Rn. 42). Gegen das Vorliegen einer Regelungslücke spricht insbesondere, dass der Gesetzgeber den Fall der Finanzierung von Vorhaben bereits besonders erfasst hat (s. § 98 Nr. 5 GWB). Die vorgenommene Einschränkung auf spezielle Bauvorhaben, die zu über 50 % finanziert werden, stellt eine bewusste Eingrenzung des Auftraggeberbegriffs dar. Auch aus der am 30.04.2004 in Kraft getretenen Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG (ABl. EG 2004, Nr. L 134/14) lässt sich nichts anderes ableiten.

c. Die Ag ist allerdings stellvertretend für einen öffentlichen Auftraggeber aufgetreten. Die Ag erteilte zwar den Auftrag nach Ziffer 3.2 des der Ausschreibung zu Grunde liegenden Vertragsentwurfes (Anlage 9 der Ausschreibung) im eigenen Namen und für eigene Rechnung. Damit liegt zwar kein Fall der unmittelbaren Stellvertretung gemäß § 164 BGB vor (hierbei handelt der Vertreter im Namen des Vertretenen). Die Ag hat jedoch die öffentliche Hand mittelbar vertreten. Eine mittelbare Stellvertretung liegt vor, wenn jemand ein Rechtsgeschäft im eigenen Namen, aber im Interesse und für Rechnung eines anderen, des Geschäftsherrn, vornimmt (Heinrichs in Palandt, 65. Aufl. 2006, Einf v § 164 BGB). Die Ag führte die Ausschreibung aufgrund des Beschlusses und der Vorgaben einer mit Wissenschaftlern aus verschiedenen Instituten sowie einem eigenen Vertreter (Herr …) besetzten Arbeitsgruppe ("…") durch. Die von der Arbeitsgruppe entwickelten Vorstellungen mündeten nach Auskunft der Universität H in eine wissenschaftlich- technische Beschreibung der Echolote als Basis der Beschaffung. Die Fächerecholote wurden auf der FS METEOR allein für den wissenschaftlichen Einsatz benötigt. Sie dienen der Kartierung des Meeresbodens bei der Erfassung der Morphologie. Für nautische Zwecke werden sie nicht eingesetzt, weil auf der FS METEOR für diese Zwecke ein eigenes Echolot vorhanden ist. Nach Auskunft der Universität H hat man die Beschaffung durch die Ag durchführen lassen, weil sie schiffsbetriebstechnisches Wissen erforderte. Die Beschaffung der Fächerecholote lag somit erkennbar nicht im eigenen Interesse der Ag, sondern im Interesse des Schiffseigners (Bundesrepublik Deutschland) bzw. des Betreibers des Forschungsschiffes (der Universität H). Da die Ag ferner die für die Beschaffung der Echolote erforderlichen Mittel nach dem Bereederungsvertrag zum Selbstkostenpreis ersetzt bekam, handelte sie für Rechnung eines Anderen. Die Voraussetzungen für eine mittelbare Stellvertretung liegen demnach vor. Die Ag ist damit zwar im Außenverhältnis alleiniger Auftraggeber, im Innenverhältnis ist die Beschaffung jedoch der Bundesrepublik Deutschland (bzw. dem Bundesland L als Vertragspartner des Bereederungsvertrages) als öffentlichem Auftraggeber gem. § 98 Nr. 1 GWB zuzurechnen (vgl. auch OLG Schleswig, Beschluss v. 13. April 2006, 1 (6) Verg 10/05: materiell-rechtliche Zurechnung der Vergabe zu dem eigentlichen öffentlichen Auftraggeber). Bei der Beschaffung der Echolote waren deshalb die Vergabevorschriften des 4. Teils des GWB einzuhalten. Die Vergabe unterliegt daher grundsätzlich dem Nachprüfungsverfahren.

d. Die Anwendbarkeit der Vergabevorschriften des 4. Teils des GWB scheidet im vorliegenden Fall auch nicht ausnahmsweise aus, weil die Neubeschaffung der Fächerecholote bereits durch die Beschaffung der Reedereidienstleistung miterfasst worden wäre ("Sperrwirkung der Erstvergabe"). Vergaberechtlich unbedenklich ist allerdings, dass der Reedereivertrag aus dem Jahr 1986 stammt und nicht seinerseits im Rahmen einer förmlichen Vergabe abgeschlossen wurde. Da zu diesem Zeitpunkt das europäische Vergaberecht noch nicht galt, musste der Vertrag nicht europaweit ausgeschrieben werden. Der Vertrag war unbefristet abgeschlossen. Es bestand deshalb keine Verpflichtung, den Vertrag 1999 mit Einführung des europäischen Vergaberechts zu kündigen. Jedoch sperrt der Reedereivertrag inhaltlich nicht die Anwendbarkeit der Vergabevorschriften auf die vorliegende Beschaffung des Echolote. Grundsätzlich kann ein öffentlicher Auftraggeber Gesamtleistungen ausschreiben (z.B. bei dem Bau einer Autobahn, eines Schiffes). Durch die Verlagerung von "Unterbeschaffungen" bzw. Nachunternehmerleistungen auf den Auftragnehmer der Gesamtleistung kann er weitere Ausschreibungen einzelner Gewerke vermeiden (zur Beschaffung eines Echolots im Rahmen des Neubaus eines Forschungsschiffes: OLG Rostock, Beschluss v. 5. Februar 2003, 17 Verg 14/02; vgl. auch OLG Celle, Beschluss v. 5. September 2002, 13 Verg 9/02). In der hier zu beurteilenden Sachverhaltskonstellation liegt allerdings nicht die Beschaffung von Teilleistungen im Rahmen einer Gesamtleistung vor. Der zugrundeliegende Reedereivertrag ermächtigt die Ag zwar zur Beschaffung von Proviant, Betriebs- und Hilfsstoffen (§ 4 Ziffer 5.3 und 5.4). Eine Ergänzung der Ausrüstung des Schiffes ist aber gem. § 4 Ziffer 5.2 nur in Abstimmung mit dem Auftraggeber des Bereederungsvertrages vorzunehmen. Insoweit ist die Ag nicht eigenständig zur Beschaffung von Ausrüstungsgegenständen ermächtigt, sondern auf eine gesonderte Vergabeentscheidung der Universität H angewiesen. Bestätigt wird dies dadurch, dass die Universität im Reedervertrag ab einem Auftragswert von 50.000 DM eine Vergabe im Wettbewerb durch Einhaltung der Vorgaben der VOL vorschreibt und gleichzeitig ein Zustimmungserfordernis vor Auftragserteilung begründet (s. Anlage 1 lit. I. B des Reedereivertrages). Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, dass der Reedereivertrag Ersatz- oder Neubeschaffungen von Ausrüstungsgegenständen "sperrt" und der öffentliche Auftraggeber diese nicht mehr in einem förmlichen Verfahren nach den Vergabevorschriften des 4. Teils des GWB auszuschreiben hätte. Anders hingegen sieht es bei der Beschaffung von Proviant oder Betriebs- und Hilfsstoffen aus. Hier deckt der Reedereivertrag die laufende Beschaffung durch den Reeder ab. Diese Beschaffungen sind Bestandteil der typischen Tätigkeit eines Reeders beim Betrieb eines Schiffes. Die Fächerecholote waren im vorliegenden Fall deshalb öffentlich auszuschreiben. Die Kammer merkt in diesem Zusammenhang an, dass selbst bei einer ausdrücklichen vertraglichen Verlagerung der Beschaffung von wissenschaftlicher Ausrüstung auf den Reeder Zweifel bestehen, ob dies die Ausschreibungspflicht der öffentlichen Hand entfallen ließe. Solange die Leitung des Forschungsbetriebs bei einem öffentlichen Auftraggeber verbleibt, dürfte die pauschale Ermächtigung zur Beschaffung von Ausrüstungsgegenständen zu Forschungszwecken, die nicht im Zusammenhang mit dem laufenden – vom Reeder zu gewährleistenden – Schiffsbetrieb stehen, vergaberechtlich zu weitgehend sein. Eine generelle Verlagerung der Einkaufstätigkeit der Universität H auf den Reeder würde zu einer Umgehung des Vergaberechts durch die öffentliche Hand führen.

B. Der Feststellungsantrag ist statthaft und im Übrigen zulässig.

1. Nachdem sich das Vergabeverfahren nach seiner Einleitung am 10. Juni 2005 durch die Erteilung des Zuschlags vor Zustellung des Antrags erledigt hat, ist der Antrag auf Feststellung einer Rechtsverletzung gemäß § 114 Abs. 2 S. 2 GWB statthaft. Da eine solche Feststellung wegen der Bindungswirkung nach § 124 Abs. 1 GWB der Vorbereitung eines möglichen Schadensersatzprozesses dient, hat die Antragstellerin grundsätzlich ein Feststellungsinteresse. Sie hat in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass sie zur weiteren "Schadensbegrenzung" insbesondere ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vergabeverfahrens im Hinblick auf zukünftige Vergabeentscheidungen anderer Auftraggeber habe.

2. Die ASt war im Hinblick auf den zunächst eingereichten Nachprüfungsantrag gemäß § 107 Abs. 2 GWB antragsbefugt. Sie hat geltend gemacht, durch einen Vergaberechtsverstoß in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt zu sein. Durch die Abgabe eines Angebots war das Interesse der ASt am Auftrag hinreichend dokumentiert, so dass ihr durch die Nichtberücksichtigung ihres Angebots auch ein wirtschaftlicher Schaden drohte.

3. Die ASt hat die geltend gemachten Vergaberechtsverstöße auch rechtzeitig gemäß § 107 Abs. 3 GWB, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, gerügt. Die Rüge gem. § 107 Abs. 2 GWB ist formlos möglich. Sie ist deshalb auch mündlich oder fernmündlich zulässig (Wiese in Kulartz/ Kus/Portz, GWB-Vergaberecht, § 107 Rn. 92). Die ASt hatte der Ag bereits telefonisch am 30. Mai 2005 mitgeteilt, dass die mit Schreiben vom 27. Mai mitgeteilte Zuschlagsentscheidung nicht nachvollziehbar sei. Eine inhaltlich aufbereitete Rüge war der ASt allerdings erst mit Erhalt der Bewertung, die zuvor bereits an einen dritten Bewerber verschickt worden war, am 7. Juni 2005 möglich. In der Besprechung am 10. Juni 2005 habe sie sich – so ihr Vortrag in der mündlichen Verhandlung – von der Ag die Vergabeentscheidung im Hinblick auf die Vergabe der Wertungspunkte (1 – 10 Punkte bzw. 0 – 10 Punkte), die ungeschwärzte Veröffentlichung der Bewertung und die Berücksichtigung der Preise erläutern lassen und mitgeteilt, dass sie die Anrufung der Vergabekammer erwäge. Die Ag räumt ein, dass die ASt die Anrufung der Vergabekammer erwogen habe, bestreitet aber den Inhalt der Rügen. Es erscheint der Kammer allerdings lebensfremd, dass die ASt im Gespräch die Anrufung der Vergabekammer erwähnt habe, ohne dass über Inhalte eines solchen Vorgehens gesprochen worden sein soll. Die Kammer ist von der Richtigkeit des Vortrags der ASt überzeugt. Jene hat damit die Beseitigung der aufgezeigten Vergaberechtsfehler geltend gemacht und ist somit ihrer Rügeverpflichtung nachgekommen.

4. Die Vergabekammer des Bundes ist nach dem Verweis des Feststellungsverfahrens durch die Vergabekammer Bremen zur Entscheidung zuständig. Es kann dabei letztlich dahin stehen, ob dieser Auftrag dem Bund (wegen der Finanzierung der Echolote aus Bundesmitteln) oder dem Bundesland L zuzurechnen ist; denn die Kammer sieht sich durch den Verweisungsbeschluss der Vergabekammer Bremen zur Entscheidung über dieses Nachprüfungsverfahren berufen.

C. Der Feststellungsantrag ist begründet. Die ASt ist bei der Durchführung der Wertung durch die Ag in ihren Bieterrechten verletzt worden.

1. Die durchgehende Verwendung einer Punkteskala von 0 – 10 Punkten ist angesichts der von der Ag veröffentlichten Bewertungsskala von 1 – 10 Punkten für "Kann"-Kriterien nicht plausibel. Die Ag hatte in den Verdingungsunterlagen die wissenschaftlichen Kriterien in "Muss"- und "Kann"-Kriterien gegliedert. Ferner war vorgegeben, dass "Kann"- Kriterien in einer Punkteskala von 1 bis 10 bewertet würden. Nicht vorhandene "Muss"- Kriterien sollten zum Ausschluss führen. In der den Bietern mitgeteilten Wertungsmatrix finden sich mehrere "Muss"-Kriterien, die mit "Kann"-Kriterien kombiniert sind. Der Matrix kann jedoch nicht in der notwendigen Klarheit entnommen werden, dass für den Fall, dass ein Bieter, der lediglich ein "Muss"-Kriterium erfüllt, für die Nicht-Erfüllung des weitergehenden "Kann"-Kriteriums keine Punkte, also 0 Punkte, erhält. Die "Kann"-Kriterien bewerten zwar teilweise eine Übererfüllung, d.h. eine Leistung, die über die reine "Muss"- Leistung hinausgeht (Ziffern 1.4, 1.5). Eine Bewertung mit 0 Punkten wäre in diesen Fällen denkbar. Nicht schlüssig ist hingegen eine Vergabe von 0 Punkten, wenn dem "Kann"- Kriterium keine Übererfüllung entnommen werden kann (siehe Ziffern 1.10, 1.13, 1.14, 1.15, 1.17, 1.20, 1.23, 2.2, 2.4, 2.7). Letztendlich kann die Differenzierung im Einzelnen aber dahinstehen, da sich die Ag durch die Veröffentlichung der Bewertungsskala von 1 – 10 Punkten selbst gebunden und dabei die Bewertung mit 0 Punkten im Einzelfall nicht vorgesehen hat.

2. Die Vergabe der Wertungspunkte ist in einer Reihe von Ziffern der Matrix als auch in dem zugrunde gelegten Angebotspreis der ASt nicht nachvollziehbar. Grundsätzlich ist die Ermessensentscheidung des Auftraggebers bei der Bewertung von den Vergabenachprüfungsinstanzen nur eingeschränkt überprüfbar. Sie kommt – von Rechtsverstößen abgesehen – nur in den Fällen einer Ermessensunterschreitung, -überschreitung oder eines Ermessensfehlgebrauchs in Betracht (OLG Düsseldorf, 12. Oktober 2005, Verg 37/05). Es bestehen vorliegend Anhaltpunkte für eine Überschreitung des der Ag zustehenden Entscheidungsermessens. Die Vergabe von 0 Wertungspunkten in den Ziffern 1.4 und 1.5 ist nicht nachvollziehbar, weil die ASt hier gemäß ihren Angaben in den Technischen Datenblättern ihres Angebots, eine Erfüllung über das "Muss"-Kriterium hinaus gewährleistet. Die Ag hätte dies gemäß ihrer Vorgabe in den Verdingungsunterlagen mit mindestens 1 Punkt bewerten müssen. Bei den Ziffern 1.10, 1.14, 1.15, 1.17, 1.23, 2.2, 2.4, 2.7 ist eine Bewertung mit 0 Punkten nicht nachvollziehbar, weil dem "Kann"-Kriterium keine Übererfüllung im Hinblick auf die Mindestanforderung ("Muss"-Kriterium) entnommen werden kann (s. unter C.1.). Nicht plausibel ist ferner die z.T. sehr unterschiedliche Bewertung derselben Funktionalität beim Tiefsee- und beim Mittelwasserlot. So hat die Ag beispielsweise in Ziffer 1.6 (zusätzliche Softbeams) einmal 10 Punkte, einmal 5 Punkte vergeben. Sie hat die Abweichung mit den unterschiedlichen Qualitäten der jeweils für sich zu bewertenden Vergleichsprodukte der Wettbewerber begründet. Eine derart starke Abweichung ist für die Vergabekammer aber ohne weitere Nachweise oder Begründung seitens der Vergabestelle nicht nachvollziehbar. Dies gilt ebenfalls für die Wertung der Ziffer 1.10 (Beamsteuerung umschaltbar). Hier erhielt die ASt einmal 9 Punkte, einmal 0 Punkte. Die Bewertung mit "nicht erfüllt" des Tiefseelots ist schon aus dem vorgenannten Grund mit mindestens 1 Punkt vorzunehmen. Die Vergabe von 9 Punkten beim Mittelwasserlot bedeutet aber eine fast vollständige Leistungserfüllung. Der Verweis auf die Qualität der übrigen Angebote kann den eklatanten Unterschied in der Bewertung derselben Funktion nicht zufriedenstellend erklären. Ähnliches gilt für Ziffer 1.13 (Side-Scan-Funktion). Hier wurde das Tiefseelot mit 1 Punkt, das Mittelwasserlot hingegen mit 8 Punkten bewertet. In Ziffer 1.14 (Backscatter-Funktion) wurde das Tiefseelot unzulässigerweise mit 0 Punkten, das Mittelwasserlot mit 10 Punkten bewertet. Die großen Unterschiede in der Bewertung sind für die Vergabekammer nicht nachvollziehbar, so dass sie Anhaltpunkte einer Überschreitung des der Ag zustehenden Entscheidungsermessens sieht. Die unzulässige Bewertung mit 0 Punkten führt zu einer Verzerrung des Wertungsergebnisses, da aufgrund der Multiplikation mit einem Gewichtungsfaktor die entsprechenden Wertungspunkte vollständig ausfallen.

Ferner hat die Ag die Ziffer 2. (Software) bei allen Bietern nicht bewertet, so dass ein mit 35 % angesetzter Teilbereich gar nicht berücksichtigt wurde. Dies kann ebenfalls zu Verzerrungen in der Endwertung führen, da der mit 65 % zu berücksichtigende Wert mit 100 % in das Verhältnis zum Preis gesetzt wurde. Zumindest hat die Ag aber ihr Ermessen entgegen der bekannt gemachten Wertungskriterien in fehlerhafter Weise überhaupt nicht ausgeübt, obwohl Ziffer 2. nicht nur "Muss"-Kriterien, sondern auch aufgesetzte und reine "Kann"-Kriterien enthielt.

Zudem ist der von der Ag zugrunde gelegte Angebotspreis der ASt aufgrund der eingereichten Unterlagen nicht nachvollziehbar. Die Ag hat vorgetragen, dass sie bei allen Bietern gleichermaßen eine von ihr als sinnvoll unterstellte Konfiguration der Echolote zugrunde gelegt hat. Die Rechenmethode ist jedoch der Vergabeakte nicht zu entnehmen. Eine Kontrollrechnung der Vergabekammer hat zu unterschiedlichen Ergebnissen bei der Festlegung des zu wertenden Angebotspreises von ASt und der Bieterin K GmbH geführt. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb die Ag der Wertung einen ca. 80.000 Euro höheren Preis als in den Angebotsunterlagen enthalten zugrunde gelegt hat. Damit verzerrt sich aber die Punktewertung um 5 Punkte zu Lasten der ASt.

3. Es ist nicht auszuschließen, dass sich bei einer Neubewertung durch die Ag unter Zugrundelegung des korrekt ermittelten Preises die Punktebewertung zugunsten der ASt verschoben und sich hierdurch ihre Chance auf den Erhalt des Zuschlags verbessert hätte, obwohl bei der Neuwertung auch andere Bieter bei einzelnen Kriterien eine andere Punktzahl als 0 bekommen müssten. Die Neuwertung wäre allerdings grundsätzlich wieder dem Beurteilungsspielraum der Vergabestelle unterlegen. Aufgrund des rechtswirksam erteilten Zuschlags an einen Dritten bleibt der Kammer nur noch die Feststellung, dass die ASt durch die vorliegende Wertung ihres Angebots in ihren Rechten gem. § 97 Abs. 7 GWB verletzt worden ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 GWB.

Die Ag hat als Unterliegende die Kosten des Verfahrens gem. § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB zu tragen. Die Ag hat ferner gem. § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Kosten der ASt zu tragen.

Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die ASt war wegen der im Nachprüfungsverfahren aufgeworfenen Rechtsfragen notwendig.

IV.

Gegen die Entscheidung der Vergabekammer ist die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist schriftlich innerhalb einer Frist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt, beim Oberlandesgericht Düsseldorf – Vergabesenat -, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen.

Die sofortige Beschwerde ist zugleich mit ihrer Einlegung zu begründen. Die Beschwerdebegründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die Entscheidung der Vergabekammer angefochten und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, und die Tatsachen und Beweismittel angeben, auf die sich die Beschwerde stützt.

Die Beschwerdeschrift muss durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterschrieben sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts.

Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist.

Hat die Vergabekammer den Antrag auf Nachprüfung abgelehnt, so kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung über die Beschwerde verlängern.

Geltendmachung von Vergaberechtsverstößen im Unterschwellenbereich

Redaktionelle Anmerkung: Die Entscheidung ist durch neuere Rechtsprechung überholt. Diese wird hier ebenfalls  in Kürze erscheinen.

 

Das OVG Rheinland-Pfalz hatte mit Beschluss vom 25.05.2005 (Az.: 7 B 10356/05) entschieden, dass für die Geltendmachung von Vergaberechtsverstößen im Unterschwellenbereich die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs gegeben ist. Diese Entscheidung ist nunmehr aus formalen Gründen für wirkungslos erklärt worden.

Beschluss vom 13.07.2005, Verwaltungsgericht Koblenz (AZ.: 6 L 2617/04)

 

Mit Beschluss vom 13.07.2005 hat das Verwaltungsgericht Koblenz (AZ.: 6 L 2617/04) einen Beschluss des OVG Rheinland-Pfalz vom 25.05.2005 für wirkungslos erklärt. Zuvor hatten sich die Parteien des anhängigen Rechtsstreits verglichen und die übereinstimmende Erledigung erklärt. Das OVG hatte seine Entscheidung mit der Anwendung einer "Zwei-Stufen-Theorie" begründet. Nach dieser gehe dem Abschluss des privatrechtlichen Vertrages im Vergaberecht, d. h. der Annahme eines Angebots durch den Zuschlag als zweiter Stufe, grundsätzlich eine erste Stufe in Form des eigenständigen hoheitlichen Vergabeverfahrens voraus. Dieses Vergabeverfahren unterliege öffentlich-rechtlichen Bindungen und mithin auch der verwaltungsgerichtlichen Überprüfbarkeit. Es müsse berücksichtigt werden, dass eine hoheitliche Vergabeentscheidung nicht mit deren Vollzug, also dem Vertragsschluss durch Zuschlag verbunden und damit einheitlich privatrechtlich beurteilt werden dürfe, wenn hierdurch vollendete Tatsachen geschaffen werden. Es genüge in derartigen Fällen nicht, potentielle Bieter auf Sekundärrechtsschutz zu verweisen. Insoweit müsse primärrechtlicher Rechtsschutz auch außerhalb der §§ 97 ff. GWB gegeben sein.

Das VG Koblenz hat nunmehr mit Beschluss vom 13.07.2005 das vorliegende Verfahren "Beschaffung von Rüstungsgütern durch das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung" nach übereinstimmender Erledigungserklärung durch die Beteiligten eingestellt. Gleichzeitig wurden die Beschlüsse vom 31.01.2005 (VG) sowie vom 25.05.2005 (OVG Rheinland-Pfalz) für wirkungslos erklärt.

Die beiden vorgenannten Entscheidungen sind damit juristisch nicht mehr existent (vgl. § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung des § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

Es ist jedoch zu beachten, dass es sich bei der Entscheidung des VG Koblenz um eine rein prozessuale Entscheidung gehandelt hat. Es dürfte sich nämlich an der Rechtsauffassung des OVG Rheinland-Pfalz – dass für die Geltendmachung von Vergaberechtsverstößen auch die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs gegeben ist – mit der vorliegenden Entscheidung nichts geändert haben. Mit Blick auf ähnlich gelagerte Sachverhalte bleibt also die weitere obergerichtliche Rechtsprechung zur Frage des vergaberechtlichen Rechtsschutzes unterhalb der EU-Schwellenwerte abzuwarten.

Bei Doppelangeboten ist der Bieter auszuschließen

Hat die Vergabestelle eindeutig aufgefordert, ein Angebot entweder für ein Misch- oder Gesamtlos oder für ein Einzellos getrennt abzugeben, muss der Bieter ausgeschlossen werden, wenn er für beides Angebote abgibt. Bei Doppelangeboten ist dann ein eindeutiger Wille des Anbietenden nicht mehr sicher ermittelbar, wenn der Angebotsinhalt grundsätzlich differieren kann.

VK Arnsberg, Beschluss vom 23.06.2005 – VK 05/05

 

Volltext:

Die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg

Beschluss

VK 05/05

GWB § 107 Abs. 2; VOB/A § 21 Nr. 2
Da bei Doppelangeboten der Wille des Anbieters nicht mehr eindeutig für die Vergabestelle ermittelbar ist, sind diese Angebote zwingend auszuschliessen.*)
VK Arnsberg, Beschluss vom 23.06.2005 – VK 05/05

In dem Nachprüfungsverfahren

….

wegen

fehlerhafter Wertung von Nebenangeboten im Rahmen des Verfahrens zum Ausbau der A 1 im Bereich Hagen/Schwerte von Station 62,4 bis 64,32 (Autobahnkreuz Westhofen), Baulos A 1.9 b III, Fachlos A Strecke sowie Fachlos B Lärmschutz

hat die Vergabekammer bei der Bezirksregierung Arnsberg durch die Vorsitzende Frau Regierungsdirektorin Hugenroth, das hauptamtliche Mitglied Herrn Dipl.-Ing. Wiegard und das ehrenamtliche Mitglied Herrn Assessor Meinolf Niemand, Handwerkskammer Arnsberg, Brückenplatz 1, 59821 Arnsberg, aufgrund der Aktenlage am 23.06.2005 beschlossen:

1. Der Antrag ist unzulässig.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens und die Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragsgegnerin.

3. Die Gebühr der Vergabekammer wird aufxxxx€ festgesetzt. Sie ist mit Bestandskraft dieser Entscheidung fällig und unter Angabe des
…. einzuzahlen.

I.
Sachverhalt::

Die Antragsgegnerin hat die Leistung des Ausbaus im o.g. Steckenabschnitt in zwei Fachlosen (Fachlos A: "Streckenbau" und Fachlos B: "Lärmschutzwandarbeiten") im offenen Verfahren nach Abschnitt 2 der VOB/A im Juni 2004 ausgeschrieben. Hinsichtlich der Abgabemodalitäten für das Angebot enthielt die Aufforderung zur Angebotsabgabe unter Ziffer 12 folgenden Wortlaut: "Die Baumaßnahme ist in das Fachlos A "Strecke" und das Fachlos B "Lärmschutz" aufgeteilt. Der Bieter/die Bietergemeinschaft kann die Bauleistungen entweder als Mischlos (Fachlos A und B) oder als einzelnes Fachlos (Fachlos A oder B) anbieten."
Die Ausschreibungsunterlagen enthielten entsprechende vorbereitete Angebotsschreiben zu der Variante eines Gesamtloses sowohl als auch zu der Variante der Abgabe von einzelnen Fachlosen. Die Antragstellerin hat sämtliche Angebotsschreiben ausgefüllt und unterschrieben und abgegeben. Dabei sind die Preise des Gesamtangebotes und die Preise der einzelnen Fachlose identisch. Darüber hinaus hat die Antragstellerin insgesamt sieben Nebenangebote vorgelegt, von denen lediglich die Angebot Nr. 1 und 7 als gleichwertig und brauchbar gewertet worden sind. Die Nebenangebote 3 und 4 wurden als nicht gleichwertig und nicht brauchbar betrachtet von Seiten der Vergabestelle, da das angebotene Material (Schmelzkammergranulat 0/8 als Filtermaterial) aufgrund seiner Sieblinie 0/8 mm schlechtere Filtereigenschaften als das ausgeschriebene gebrochene Naturstein 2/32 mm besitze. Die Vergabestelle hat der Antragstellerin im Rahmen der Informationsschreiben nach § 13 VgV mitgeteilt, dass sie beabsichtige den Zuschlag an eine andere Bieterin zu erteilen, weil aufgrund der durchgeführten Wertung das Angebot nicht als das wirtschaftlichste zu betrachten sei. Die Antragstellerin hat diese Vorgehensweise mit Schreiben vom 28.04.2005 gerügt mit der Begründung, dass die Nebenangebote 3 und 4 aufgrund der Gleichwertigkeit, die sich wiederum aus der beigelegenen Eignungsnachweisprüfung der S. GmbH vom 30.04.2005 ergeben solle, zu Unrecht aus der Wertung ausgeschlossen worden seien.

Nach Zurückweisung der Rüge mit Schreiben vom 03.05.2005 durch die Vergabestelle hat die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 11.05.2005 Antrag auf Nachprüfung bei der Vergabekammer in Arnsberg gestellt, den diese mit Schriftsatz vom gleichen Tage der Vergabestelle zugestellt hat.

Nach Vorlage der Akten und dem Eingang der Stellungnahme der Vergabestelle vom 20.05.2005 hat die Vergabekammer sodann die Antragstellerin darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei ohne Anberaumung eines mündlichen Termins aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, da ausweislich der vorgelegten Akten die Antragstellerin sowohl ein Gesamtangebot als auch dasselbe Hauptangebot aufgeteilt in die Teillose A und B vorgelegt habe.
Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass bei Wertung von ihr, insbesondere der von ihr vorgelegten Nebenangebote Nr. 3 und 4, das preisgünstigste Angebot vorgelegt worden sei. Diese Nebenangebote müssten aufgrund der als gleichwertig nachgewiesenen Materialien auch gewertet werden. Entgegen der Auffassung der Vergabestelle sei der Eignungsnachweis des unabhängigen Prüfungsbüros S. vom 30.04.2005 definitiv beim Angebot dabei gewesen, hierzu benennt die Antragstellerin einen Zeugen, der als Kalkulator bei der Antragstellerin tätig ist und persönlich den Eignungsnachweis in das Kuvert mit den Angebotsunterlagen gesteckt haben soll.
Im Übrigen sei die Antragstellerin aufgrund der in Ziffer 12 der Ausschreibungsbedingungen niedergelegten Formulierung im Zusammenhang mit den Vorschriften der Ziffer 3.5 zur Rückgabepflicht der EFB-Blätter gehalten gewesen alle den Ausschreibungsunterlagen zugehörigen Blätter zurückzugeben. Die gewählte Form der Ausschreibung durch die Antragsgegnerin entspräche der einer zulässigen Parallelausschreibung. Andernfalls hätte die Antragsgegnerin das Angebot der Antragstellerin ausschließen müssen. Auch die in einander greifende Art der Nebenangebote insbesondere des Nebenangebots Nr. 6 und 7 der Antragstellerin zeige, dass kein sachlicher Grund darin bestände, ein Gesamtlosangebot als Alternative zu einer Fachlosvergabe vorzusehen. Die Eindeutigkeit des Angebots der Antragstellerin ergäbe sich auch daraus, dass die Angebotsteile A und B identische Preise wie die entsprechenden Teile des Gesamtloses enthielten. Vertrete man aber die Auffassung, dass das Angebot der Antragstellerin unbestimmt sei, dann sei dieses auf die unklare Form der Ausschreibung zurückzuführen, so dass hierin eher ein Aufhebungsgrund zu sehen sei.
Hinsichtlich des Ausschlusses der Nebenangebote 3 und 4 legt die Antragstellerin unter dem Angebot weiterer Sachverständigengutachten als Beweis dar, dass das geforderte Material des Natursteins in der Körnung 2/32 mm regelmäßig einen entsprechend hohen Feinkornanteil habe, dem gegenüber das angebotene Schmelzkammergranulat mindestens als gleichwertig anzusehen sei. Die von der Vergabestelle zusätzlich benannte Belastbarkeit des Materials sei als nachträglich eingeführtes Wertungskriterium nicht zu berücksichtigen. Hinsichtlich der Abläufe im Eröffnungstermin vertritt die Antragstellerin die Auffassung, dass der Eignungsnachweis (Gleichwertigkeitsnachweis des Ingenieurbüros Schniering) versehentlich vom Angebot getrennt worden sei während der Eröffnung des Angebots.

Die Antragstellerin beantragt:

1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, den Zuschlag im offenen Verfahren bezüglich des Auftrages "Sechsstreifiger Ausbau der A 1 im Bereich Hagen / Schwerte von Stat. 62,400 bis Stat. 64,320 (AK Westhofen) – Baulos A 1.9 b III. Fachlose A "Strecke" (Erd-, Entwässerungs-, Straßenoberbau-, Brückenbau- und Teilausstattungsarbeiten) Fachlos B "Lärmschutz": Lärmschutzwandarbeiten an die Bietergemeinschaft Bickhardt Bau AG, 36257 Kirchheim, zu erteilen.

2. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet den Zuschlag an die Antragstellerin zu erteilen.

3. Hilfsweise für die Fälle des § 114 Abs. 2 GWB:
Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Bieterrechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt wurde.

4. Die anwaltliche Vertretung der Antragstellerin wird gemäß § 128 Abs. 2 GWB für notwendig erklärt.

5. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Antragsgegnerin beantragt

den Antrag als unbegründet zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Nebenangebote Nr. 3 und 4 der Antragstellerin nicht gewertet werden können, da die Gleichwertigkeit nicht nachgewiesen ist und da insbesondere der fehlende Eignungsnachweis der S. GmbH nicht dem Angebot beigelegen habe. Sie verweist hierzu auf die Lochung des Angebots und die Verfahrensweise bei der Öffnung der Angebote die sicherstelle, dass die vorgelegten Unterlagen lückenlos dokumentiert sind. Darüber hinaus sei das beschriebene Material ungeeignet, was dazu führen könne, dass die ausgeschriebenen Sickerstränge auf diese Art und Weise verstopfen.
Die Vergabestelle vertritt im Hinblick auf den weiteren Sachvortrag der Antragstellerin ferner die Auffassung, dass die Antragstellerin seinerzeit eindeutig drei Angebote abgegeben habe in Form eines Angebots für das Fachlos A, eines Angebots für das Fachlos B und ein Gesamtangebot für beide Fachlose. Da dies nach dem eindeutigen Wortlaut der Ausschreibung nicht zulässig gewesen wäre, habe das Angebot ausgeschlossen werden müssen und im übrigen widersprächen sich die abgegebenen Angebote auch, da der Wertungsvorteil bei Fachlosangebot A nur mit einer Bauzeitverkürzung von 16 Tagen habe berücksichtigt werden können, während bei der Mischlosvergabe ein Wertungsvorteil von 17 Tagen zu berücksichtigen gewesen wäre. Aus diesem Grunde seien die Erklärungen des Bieters auch nicht als eindeutig anzusehen und daher auszuschließen.
Wegen des weiteren Sachvortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.
Gründe:

1. Zulässigkeit

1.1 Zuständigkeit der Vergabekammer
Die Vergabekammer in Arnsberg ist für die Entscheidung über den Antrag gem. § 2 Abs. 2 u. 3 der Zuständigkeitsverordnung für Nachprüfungsverfahren des Landes Nordrhein-Westfalen (ZuStVONpV NRW) vom 23.02.1999 (SGV. NW. Nr. 630) zuständig, weil die Vergabestelle als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 98 Nr. 1 GWB ihren Sitz im Zuständigkeitsbereich der Kammer -Regierungsbezirk Arnsberg- hat .

1.2. Öffentlicher Auftraggeber
Auftraggeber ist die Bundesrepublik Deutschland vertreten durch das das Land Nordrhein-Westfalen – ein öffentlicher Auftraggeber gem. § 98 Nr. 1 GWB -, hier handelnd durch einen nicht selbständigen Landesbetrieb.

1.3 Auftrag nach § 99 GWB
Der für Bauaufträge, wie dem hier vorliegenden Auftrag nach § 99 Abs. 3 GWB, geltende Schwellenwert von 5 Mio. Euro (§ 2 Nr. 4 VgV i.V.m. § 100 Abs. 1 GWB) ist bei der Angebotssumme überschritten.
Ein Zuschlag ist noch nicht erteilt (§ 114 Abs. 2 Satz 1 GWB).

1.4 Antragsbefugnis
Die Antragstellerin ist nicht antragsbefugt.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist für die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags erforderlich, "aber auch ausreichend, dass der den Nachprüfungsantrag stellende Bieter schlüssig behauptet, welche vergaberechtlichen Vorschriften im Verlauf des Vergabeverfahrens verletzt worden sein sollen und er ohne die Rechtsverletzung eine Chance auf die Erteilung des Zuschlags hätte, so dass der behauptete eingetretene oder drohende Schaden auf die Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften zurück zu führen ist." (Leitsatz Nr. a im Beschluss des BGH vom 18.05.2004, Az.: XZB 7/04)
Der BGH kommentiert in dieser Entscheidung die Grundlage der Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB.

Die Antragstellerin hat die fehlerhafte Wertung ihrer Nebenangebote 3 und 4 gerügt und darlegt, dass ihr aufgrund dieser fehlerhaften Wertung ein Schaden erwächst, wenn sie nicht den Zuschlag erhält (Verstoß gegen § 25 Nr. 4 i.V.m. § 21 Nr. 2 VOB/A).

Das Angebot der Antragstellerin ist jedoch aus einem anderen Grund auszuschließen. Mit der Abgabe des Doppelangebots A/B als Misch- oder Gesamtlos und der getrennten Angebote für die einzelnen Fachlose A und B hat die Antragstellerin ein Doppelangebot abgegeben, das gegen § 21 Nr. 1 Abs. 1 u. 2 VOB/A verstößt.
Nach § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A sollen die Angebote nur die Preise und die geforderten Erklärungen enthalten. Hier war eindeutig für das Angebot entweder die Abgabe eines Angebots für ein Misch- oder Gesamtlos oder für eins der beiden Einzellose getrennt abzugeben. Der Bieter hatte mithin die Wahl, seine Preise für ein Gesamtangebot zu kalkulieren oder Angebote für die einzelnen Fachlose abzugeben.

Die Vergabestelle hat dies auch eindeutig mit dem Wort "oder" formuliert. Sie wollte und musste bei allem Bestreben möglichst viele Kombinationsmöglichkeiten zu erschließen vermeiden, dass Doppelangebote für dieselbe Leistung abgegeben würden, die ggf. noch hätten im Preis differieren können (was für das Angebot der Antragstellerin nicht zutrifft).

Bei Doppelangeboten ist ein eindeutiger Wille des Anbietenden nicht mehr sicher ermittelbar, wenn der Angebotsinhalt grundsätzlich differieren kann. Dies wird auch im vorliegenden Fall sichtbar:
Obwohl das Zahlenwerk der Hauptangebote identisch ist, differieren die Nebenangebote insbesondere die Nebenangebote 6 und 7, die mal für das Fachlos A eine Bauzeitverkürzung von 16 Werktagen und mal eine Bauzeitverkürzung von 17 Werktagen anbieten.

Da nach der Ausschreibung die Nebenangebote zur Bauzeitverkürzung sich nur auf das Fachlos A beziehen dürfen und die Ausführungszeiten des Fachloses B nicht tangieren dürfen, ist mithin die Zuordnungbarkeit und Wertbarkeit des Nebenangebotes Nr. 7 zweifelhaft.

Gleichzeitig würden diese Art Doppelangebote auch zu unterschiedlichen Vertragsinhalten führen können, so dass sie grundsätzlich nicht zugelassen werden können. Anders als in der von der Antragstellerin beschriebenen Parallelausschreibung handelt es sich im vorliegenden Fall auch nur um ein Verfahren mit einem Leistungsgegenstand. Die von der Antragstellerin als u. U. zulässig beschriebenen Parallelverfahren jedoch beziehen sich auf zwei Vergabeverfahren.

Aus diesem Grund liegt in der Abgabe des Doppelangebotes zugleich ein Verstoß gegen § 21 Nr. 2 VOB/A, weil damit die Verdingungsunterlagen verändert worden sind. Die Vorgehensweise der Vergabestelle, sich eine Version herauszusuchen oder grundsätzlich nur auf die Gesamtangebote abzustellen, ist willkürlich und auch nicht zulässig, was die Vergabestelle in ihrem Schriftsatz vom 07.06.2005 auch einräumt.

Zu dieser Sach- und Rechtslage hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 18.02.2003, Az.: XZB 43/02, folgendes ausgeführt:
"Ist aber ein Angebot nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A Abschnitt 2 auszuschließen, so kann die Aufhebung der Ausschreibung Interessen der Antragstellerin nicht mehr berühren…"
und "es wird deshalb keine Rolle spielen können, dass der Antragsgegner möglicherweise den nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 b VOB/A Abschnitt 2 gegebenen Ausschlusstatbestand zunächst nicht erkannt und/oder bei früheren Wertungen der abgegebenen Angeboten nicht berücksichtigt hatte."
Auf der Basis dieser rechtlichen Zuordnung fehlt der Antragstellerin bereits die Antragsbefugnis, da ihr Angebot aus ganz anderen Gründen als den von ihr oder der Vergabestelle angenommenen ausgeschlossen werden muss.
Selbst wenn man den Vortrag der Antragstellerin zur Frage der Wertbarkeit der Nebenangebote als richtig und erwiesen unterstellte, wäre ein Zuschlag auf ihr Angebot aus den oben skizzierten Gründen ausgeschlossen.
Sie kann durch den Fortgang des Verfahrens grundsätzlich nicht mehr in ihren Rechten verletzt sein und einen Schaden erleiden.
Eine Ausnahme wäre nur anzunehmen, wenn das Verfahren mit einem so schwerwiegenden Fehler behaftet ist, dass es aufzuheben ist oder eine Neuausschreibung erforderlich wird, weil alle anderen Angebote ebenfalls auszuschließen wären. Die von der Antragstellerin hier angedachte Aufhebung mangelnder Eindeutigkeit der Ausschreibungsunterlagen sieht die Kammer nicht. Die Begründung der Antragstellerin, sie sei aufgrund der Formulierungen der Angebotsunterlagen gehalten gewesen alle Formblätter mithin auch alle Angebotsvariante abzugeben, ist nicht haltbar. Die Angebotsschreiben sind klar als Alternativen gekennzeichnet. Wie die Antragstellerin richtig zitiert, wird aus Ziffer 12 der Aufforderung zur Angebotsabgabe auch klar, wie die LV-Teile zu betrachten sind.
Die Ziffer 3.5 der Bewerbungsbedingungen bezieht sich auf Formblätter zur Preisaufgliederung, die mit den Formblättern Angebotsschreiben [HVA B-StB – Angebot 2 (12/02) -LS.NRW] nichts zu tun haben und nicht Vertragsbestandteil werden. Diese Formblätter dienen entsprechend der jeweiligen Kalkulationsmethode der Bieter der Erläuterung der Preisbildung und haben nichts mit der Frage zu tun, ob die Antragstellerin sich zur Abgabe eines Gesamtangebots oder eines fachlosbezogenen Angebots entschließt. Darüber hinaus waren sie im vorliegenden Fall den Verdingungsunterlagen nicht beigefügt. Eine Aufhebung aus Gründen der mangelnden Bestimmtheit der Ausschreibung auf dieser Basis ist nicht möglich.

2. Fehlende Begründetheit
Der Nachprüfungsantrag wäre allerdings aus Sicht der Kammer auch unbegründet.
Unabhängig von der Frage, ob die Zeugenaussage auch erweisen könnte, dass die Stellungnahme des Ingenieurbüros S. bei der Angebotsabgabe vorgelegen hätte, hat die Vergabestelle bei der Beurteilung des Vortrags zur Gleichwertigkeit eines Nebenangebots nach § 21 Nr. 2 VOB/A einen weiten Beurteilungsspielraum.

Sie ist keineswegs verpflichtet, dieselbe Fachmeinung zu dem Material zu vertreten, wie das Ingenieurbüro S.. Unstreitig ist darüber hinaus, dass das angebotene Austauschmaterial einen hohen Feinkornanteil hat und die Antragsgegnerin trägt vor, dass bei der Ausschreibung mit der Körnung 2/32 mm ein Material "ohne die Anteile von 0 bis 2 mm" zu erwarten gewesen sei, so dass die Sickerrohre weniger belastet würden.

Zum einen ist die Vergabestelle insoweit auch an die Ausschreibungsunterlagen gebunden, sie ist aber auch nicht verpflichtet, bei Zweifeln diese gutachtlich klären zu lassen. Entscheidend ist, dass ihre Zweifel nicht sachfremd oder willkürlich begründet werden.

Die gutachterliche Bewertung S. des angebotenen Materials liegt den gelochten Unterlagen eindeutig nicht bei. Inhaltlich hätte sie den Nebenangeboten zugeordnet sein müssen, also in der Nähe der Nebenangebote 6 und 7 eingeordnet sein müssen, also etwa als Seite 40 nach dem Nebenangebot 7 (bei sachgerechter Ordnung der Angebotsunterlagen).

Die Antragstellerin trägt vor, dass der benannte Zeuge das mehrseitige Papier in das Kuvert mit den Antragsunterlagen als letztes Dokument der Unterlagen gesteckt habe. Die Aussage des Zeugen kann somit in keinem Fall erweisen, dass die Unterlage tatsächlich in den Herrschaftsbereich der Antragsgegnerin mit dem Angebot gelangt ist. Aufgrund der nicht zu beanstandenden Verfahrensweise der Antragsgegnerin bei der Eröffnung der Angebote ist kein Anlass gegeben, anzunehmen, dass das Gutachten entfernt worden sei. Letztlich kommt es aber vor dem Beurteilungsspielraum der Antragsgegnerin auch nicht darauf an, da sie unter keinem Gesichtspunkt verpflichtet wäre, das angebotene Material zu akzeptieren.

Die Vergabekammer war auch berechtigt, ohne mündlichen Termin nach Aktenlage zu entscheiden.
Nach § 112 GWB ist eine solche Entscheidung zulässig bei unzulässigen Anträgen oder mit Zustimmung aller Beteiligten. Die Vergabekammer ist der Auffassung, dass der vorliegende Antrag unzulässig ist. Die Antragstellerin hatte aber auch dem Verfahren zugestimmt. Die Antragstellerin ist mit Schreiben vom 01.06.2005 aufgefordert worden, sich dazu zu erklären. Die Antwort vom 03.06.2005 enthielt keinen Widerspruch zu dieser Absicht, sondern sie verhält sich ausschließlich zur Frage des doppelten Angebots und der Auslegung der Ausschreibungsunterlagen, so dass die Kammer auch hier von einer Zustimmung der Antragstellerin zur Entscheidung nach Aktenlage ausgehen konnte.

Erst mit dem nachgereichten Schreiben vom 08.06.2005 lässt die Antragstellerin diesbezüglich unter Punkt 1 Zweifel anklingen. Diese betrachtet die Kammer als verspätet.

III.
Kostenentscheidung:

Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 128 Abs. 1 und 3 GWB.
Gem. § 128 Abs. 1 sind für Amtshandlungen der Vergabekammer Kosten zur Deckung des Verwaltungsaufwands zu erheben. Die Höhe der Gebühren bestimmt sich nach § 128 Abs. 2 GWB nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens. Dieser wiederum ergibt sich aus dem Angebot der Antragstellerin .
Der Gebührenrahmen wurde vom Gesetzgeber auf eine Mindestgebühr von 2.500,00 € und eine Höchstgebühr von 25.000,00 € festgesetzt, wobei im Einzelfall bei außergewöhnlich hohem Aufwand oder entsprechend hoher wirtschaftlicher Bedeutung eine Erhöhung auf 50.000,00 € möglich ist (Gesetz zur Umstellung von Gesetzen und Verordnungen im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie sowie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung auf Euro (9. Euroeinführungsgesetz) vom 10.11.2001 – BGBl. I. S. 2992, Art. 7, Ziff. 5).

Die Tabelle des Bundeskartellamtes zur Gebührenhöhe in Abhängigkeit vom Ausschreibungswert, d.h. im Regelfall dem geschätzten Auftragswert bzw. dem strittigen Angebotspreis endet bei einem Auftragsvolumen von 150 Mill. € und sieht dafür eine Gebühr von 25.000 € vor.
Für das hier in Rede stehende Angebot von xxx€ sieht die Tabelle eine Gebühr von xxxx€ vor.

Gem. § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB hat der Antragsteller, der vor einer Vergabekammer unterliegt, die Kosten zu tragen. Mithin hat die Antragstellerin diese Kosten zu tragen. Entsprechendes gilt grundsätzlich für die Kosten der Antragsgegnerin gemäß §128 Abs. 4 S. 2 GWB.

IV.
Rechtsmittelbelehrung:

…..

Öffentlicher Auftraggeber muss selbst werten

Der öffentliche Auftrageber hat die Wertungsentscheidung selbst zu treffen, er darf sie nicht einem Sachverständigen (Planungsbüro, Projektsteuerungsbüro) überlassen.

OLG München, Beschluss vom 15.07.2005 – Verg 14/05

 

Volltext:

Der Vergabesenat des Oberlandesgerichts München hat unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin am Bayerischen Obersten Landesgericht Hirt sowie des Richters am Oberlandesgericht Dr. Srkal und der Richterin am Bayerischen Obersten Landesgericht Vavra

am 15. Juli 2005

in dem Nachprüfungsverfahren

….

b e s c h l o s s e n :

Die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 17. Juni 2005 wird einstweilen verlängert.

G r ü n d e :

I.

Der Antragsgegner schrieb europaweit im Offenen Verfahren im Zuge von Sanierungs- und Erweiterungsarbeiten für das Klinikum N. die Küchentechnik aus, bestehend aus den Losen Kücheneinrichtung, Kühltechnik und Containerküche. Angebote für Einzellose sind zugelassen, Nebenangebote nur in Verbindung mit einem Hauptangebot. Angebote waren bis zum 31.3.2005 einzureichen. Als Zuschlagskriterien sind im Aufforderungsschreiben zur Abgabe eines Angebotes benannt: Preis, Qualität und Folgekosten. Mindestanforderungen für Nebenangebote sind nicht benannt. Unter Ziffer 7 der Angebotsaufforderung heißt es: "Bedarfspositionen werden grundsätzlich gewertet" und unter Ziffer 10.1.1 der Besonderen Vertragsbedingungen: "Den Abschluss eines Wartungsvertrages für zu wartende Anlagen behält sich der AG vor." Im Leistungsverzeichnis ist bei Position 10.001 (Los 1 Kücheneinrichtung) ein Wartungsvertrag über den Zeitraum von vier Jahren anzubieten. Hierzu ist vermerkt: "Die anfallenden Kosten sind entsprechend für die Dauer von jeweils 1 Jahr einzukalkulieren. Ein Anspruch auf die Beauftragung dieser Position besteht nicht." Die Verdingungsunterlagen sind vom Planungsbüro T. gefertigt worden.

Die Antragstellerin gab ein Hauptangebot für alle drei Lose und sieben Nebenangebote, die Beigeladene ein Angebot für alle drei Lose ab. Nach rechnerischer Prüfung lag bei Los 1 das Angebot der Beigeladenen an erster Stelle mit 1.206.292,12 €, das Angebot der Antragstellerin an zweiter Stelle mit 1.228.608,74 €, jeweils brutto. Die Position 10.001 hatte die Antragstellerin mit 57.793 €, die Beigeladene mit 35.164 € angeboten. Vier Nebenangebote der Antragstellerin wurden vom Planungsbüro T. nicht in die Wertung einbezogen, weil sie Einschränkungen gegenüber dem Leistungsverzeichnis enthielten.

Mit Schreiben vom 4.5.2005 teilte das Klinikum N. der Beigeladenen mit, es sei beabsichtigt, auf ihr Angebot betreffend Los 1 Kücheneinrichtung den Zuschlag zu erteilen. Der Antragstellerin wurde am gleichen Tage mitgeteilt, auf ihr Angebot könne der Zuschlag nicht erteilt werden, weil ein günstigeres Hauptangebot vorliege. Beide Schreiben waren von einem Ingenieur des Planungsbüros T. neben dem Stempel des Planungsbüros unterschrieben. Mit Fax vom 5.5.2005 rügte die Antragstellerin, das Informationsschreiben sei nicht von der Vergabestelle Klinikum N. unterschrieben worden. Es fehle damit an einer Auftraggeberentscheidung des Klinikums N. Zudem sei das Angebot der Beigeladenen nicht das wirtschaftlich günstigste. Dies könne nur dann der Fall sein, wenn das Angebot zum Abschluss eines Wartungsvertrages gemäß Position 10.001 des Leistungsverzeichnisses in die Wertung einbezogen worden sei. Dies sei aber nicht zulässig, da das Leistungsverzeichnis selbst den Satz enthalte, dass ein Anspruch auf Beauftragung dieser Position nicht bestehe. Dem stehe auch nicht entgegen, dass Bedarfspositionen gemäß Ziffer 7 der Angebotsaufforderung grundsätzlich gewertet werden. Bei der Abfrage eines Wartungsvertrages handele es sich nicht um eine Bedarfsposition; auch sei unklar, auf welche Zeiträume sich eine Beauftragung beziehen solle, so dass die Wertungskriterien unklar seien. Die nicht gewerteten Nebenangebote der Antragstellerin seien gleichwertig und deshalb in die Wertung einzubeziehen.

In einem internen Schreiben des Planungsbüros T. an das Projektsteuerungsbüro H. vom 9.5.2005 führt dieses aus, das Planungsbüro sei "von der Vergabestelle für die Wertung und die anschließende Versendung der Absageschreiben beauftragt" worden, so dass "die darauf enthaltene Unterschrift im Sinne der Vergabestelle und damit rechtsgültig sei". Die Wertung der Leistungsverzeichnisse und auch der Vergabevorschlag seien vom Planungsbüro erstellt und im Anschluss mit der Vergabestelle durchgesprochen und von ihr gebilligt worden; eine Auftraggeberentscheidung seitens des Klinikums liege daher vor. Das Angebot der Beigeladenen sei das wirtschaftlich günstigste gewesen; die Position 10.001 sei als Bestandteil des Leistungsverzeichnisses in die Wertung mit aufgenommen worden. Da die Angebote der Beigeladenen und der Antragstellerin in den Punkten Qualität und Folgekosten gleichwertig seien, habe man die Wirtschaftlichkeit als entscheidendes Kriterium herangezogen. Dieses interne Schreiben wurde der Antragstellerin mit Schreiben des Projektsteuerungsbüros H. in Kopie übermittelt.

Mit dem am 17.5.2005 gegen den Antragsgegner gestellten Nachprüfungsantrag wiederholte die Antragstellerin ihre Rügen und erweiterte sie nach Akteneinsicht. Ein vollständiger Vergabevermerk liege nicht vor, da nicht ersichtlich sei, welches Beschlussorgan des Antragsgegners die Entscheidung über die geplante Zuschlagserteilung an die Beigeladene getroffen habe. Das Planungsbüro T. teilte der Vergabekammer mit, die Position 10.001 sei bei allen Bietern als Hauptposition ausgeschrieben und gewertet worden. Das Projektsteuerungsbüro H. teilte mit, es habe im Auftrag und im Namen des Klinikums N. das Planungsbüro T. dazu ermächtigt, die Vorinformationsschreiben für deren Gewerke als Erfüllungsgehilfe des Bauherrn zu erstellen und zu versenden.

Die Beigeladene steht auf dem Standpunkt, die Position Wartungsvertrag für vier Jahre sei zu berücksichtigen, da die Wartungskosten erheblichen Einfluss auf die Folgekosten und damit die Rentabilität hätten.

Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag am 17.6.2005 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Antragstellerin mit ihrer sofortigen Beschwerde, mit der sie einen Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung verbindet.

II.

1. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gemäß § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB zu verlängern, ist zulässig und begründet. Nach der im Verfahren nach § 118 GWB gebotenen summarischen Prüfung hat das Rechtsmittel Aussicht auf Erfolg, § 118 Abs. 2 Satz 1 GWB. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist zulässig. Der Antragstellerin kann auch ein Schaden drohen, da sie bei einer Herausnahme der Position "Wartungsvertrag" aus der Wertung mit ihrem Angebot das preisgünstigste Angebot stellt. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet, da die Wertung der Angebote nicht ordnungsgemäß erfolgt ist.

2. Der Antragsgegner hat die Wertungsentscheidung nicht selbst getroffen, sondern sie vollständig dem Planungsbüro T. überlassen. Eine ordnungsgemäße Wertung hat deshalb bisher nicht stattgefunden.

a) Grundsätzlich kann und darf ein öffentlicher Auftraggeber sich bei der Vorbereitung der Vergabe eines Sachverständigen bedienen, § 7 Nr. 1 a und b VOB/A. Dieser kann die Vergabe, insbesondere die Verdingungsunterlagen, vorbereiten (§ 7 Nr. 1 a VOB/A) oder die geforderten Preise beurteilen (§ 7 Nr. 1 b VOB/A). Die Einschaltung von Planungs- oder Projektsteuerungsbüros ist in der Praxis zur Unterstützung der öffentlichen Auftraggeber auch üblich. Der Sachverständige darf aber nur zur Unterstützung des öffentlichen Auftraggebers eingesetzt werden; er kann also den dem Vergabeverfahren zugrunde liegenden Sachverhalt kaufmännisch, technisch oder juristisch aufbereiten. Entscheiden darf er aber nicht; die Kernkompetenz muss beim Auftraggeber verbleiben. Darum darf er zwar die Wertungsentscheidung vorbereiten, er darf sie aber nicht selbst treffen; dies ist alleinige Aufgabe des Auftraggebers (OLG Naumburg vom 26.2.2004 – IBR 2004, 218; VK Lüneburg vom 3.5.2005 – VgK-14/2005 und vom 18.11.2002 – 203-VgK-25/2002; VK Sachsen vom 9.5.2003 – 1/SVK/034-03, Franke/Mertens VOB-Kommentar 2. Aufl. § 7 VOB/A Rn. 4 und 7; Herrmann in Völlink/Kehrberg VOB/A § 7 Rn. 22; Schranner in Ingenstau/ Korbion 15. Aufl. § 7 VOB/A Rn. 27). Eine Wertung, die nicht der Auftraggeber selbst durchgeführt hat, verstößt gegen das Transparenzgebot sowie gegen den Wettbewerbsgrundsatz und ist deshalb rechtswidrig. Eine Vergabe hat erst dann zu erfolgen, wenn die Wertung korrekt durch den Auftraggeber erfolgt ist.

b) Der Antragsgegner hat sich an der Wertung nach Aktenlage offensichtlich überhaupt nicht beteiligt. Dies ergibt sich im Grunde genommen schon aus den verschiedenen Schreiben des Planungs- und des Projektssteuerungsbüros. Wenn auch in diesen Schreiben beteuert wird, die Wertung sei mit dem Klinikum besprochen worden, das Klinikum habe die Wertung gebilligt und es liege ein Handeln als Erfüllungsgehilfe vor, liegt hierin – unterstellt dieser Sachvortrag trifft zu – keineswegs eine Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers. Denn Auftraggeber ist nach der Vergabebekanntmachung nicht das Klinikum, sondern der Landkreis N., vertreten durch den Landrat. Dieser ist zu keinem Zeitpunkt in das Verfahren involviert worden. Im übrigen hat der Senat aber auch erhebliche Zweifel, ob das Klinikum in irgendeiner Weise an der Wertung beteiligt war. In den gesamten Unterlagen findet sich nichts, was nur annähernd als eine Beteiligung angesehen werden könnte, weder ein Schreiben noch eine Gesprächsnotiz noch ein vom Antragsgegner unterzeichneter Randvermerk "einverstanden". Bezeichnenderweise ist sogar der Vergabevermerk durch das Projektsteuerungsbüro H. erstellt worden; im Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer gegen den Antragsgegner haben sich lediglich Planungs- und Projektsteuerungsbüro zur Sache geäußert, nicht etwa der Antragsgegner. Der Vergabevermerk ist im übrigen nicht unterschrieben und damit nicht ordnungsgemäß erstellt.

3. Die Wertung ist durch den Antragsgegner nachzuholen und ordnungsgemäß zu dokumentieren. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass nach jetzigem Kenntnisstand der Vergabevorschlag des Planungsbüros einer ordnungsgemäßen Wertung entsprechen dürfte.

a) Die Wertung der Bedarfsposition "Wartungsvertrag" hat die Antragstellerin nicht fristgerecht gerügt, § 107 Abs. 3 GWB. Bedarfspositionen enthalten Leistungen, die nur bei Bedarf oder bei entsprechender Entscheidung des Auftraggebers ausgeführt werden sollen und deren Ausführung bei Vertragsschluss noch nicht feststeht (vgl. Franke/Grünhagen § 9 VOB/A Rn. 10). Ob sie in die Wertung einfließen dürfen, ist umstritten, kann hier aber dahinstehen. Denn bereits aus Ziffer 7 der Angebotsaufforderung war für die Antragstellerin ersichtlich, dass Bedarfspositionen grundsätzlich gewertet werden. Dass der Wartungsvertrag nach der Konzeption des Leistungsverzeichnisses eine Bedarfsposition darstellen sollte, war aus der Bemerkung im Leistungsverzeichnis ersichtlich, der Auftraggeber behalte sich den Abschluss eines solchen Vertrages vor. Dies ergibt sich weiter aus Ziffer 10.1.1. der Besonderen Vertragsbedingungen. Danach behält sich der Auftraggeber die Entscheidung über den Abschluss eines Wartungsvertrages ausdrücklich vor. Spätestens bis zur Angebotsabgabe hätte die Antragstellerin deshalb die beabsichtigte Wertung rügen müssen. Das gleiche gilt für den in der Beschwerdebegründung vorgebrachten Einwand, die Ausschreibung der Wartungskosten als Eventualposition widerspreche § 9 Nr. 1 VOB/A.

b) Die Wertung der Nebenangebote der Antragstellerin scheitert schon daran, dass der Antragsgegner es versäumt hat, Mindestanforderungen für die Nebenangebote zu formulieren. Bei Bauaufträgen können Nebenangebote nur gewertet werden, wenn sie die Mindestanforderungen erfüllen, welche der Auftraggeber für Nebenangebote aufgestellt hat, Art. 19 Abs. 2 BKR (EuGH vom 16.10.2003 = VergabeR 2004, 50; BayObLG vom 22.6.2004 = VergabeR 2004, 654; OLG München vom 5.7.2005 – Verg 9/05). Ein ganz allgemein gehaltener Hinweis auf nationale Rechtsvorschriften, die eine gegenüber der ausgeschriebenen Leistung qualitativ gleichwertige Leistung fordern, genügt nicht (EuGH aaO; OLG Düsseldorf vom 7.1.2005 – Verg 106/04; OLG Rostock vom 24.11.2004 = IBR 2005, 107). Ein Rückgriff auf die allgemeinen Anforderungen des Leistungsverzeichnisses ist ebenfalls nicht möglich. Erkennt ein Bieter anhand der Verdingungsunterlagen, dass keine Mindestanforderungen festgelegt worden sind, muss er dies vor Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe rügen (OLG München vom 5.7.2005 – Verg 9/05; OLG Düsseldorf vom 7.1.2005 – Verg 106/04).

4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Kosten des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats Kosten des Beschwerdeverfahrens, über die im Rahmen der Entscheidung über die Hauptsache zu befinden sein wird.

Kein Schutz für HTML-Code als Programm oder Datenbank sondern nur für Gestaltungshöhe

Die Gestaltung von Internetseiten mit HTML Code genießt nach dem Urheberrechtsgesetz keinen Schutz als Datenbank oder Computerprogramm. Nach dem Urheberrechtssgesetz können mit HTML erstellte Internetseiten nur geschützt sein, wenn die nach dem Gesetz geforderte Gestaltungshöhe erreicht ist (im konkreten Fall verneint, da lediglich vom Auftraggeber vorgegebene Word Dateien in HTML umgesetzt worden sind).

OLG Frankfurt Urteil vom 22. März 2005 11 U 64/04 (LG Frankfurt, Urteil vom 22.03.2005 – Az.: 11 U 64/04)

In dem Rechtsstreit
x
gegen
y

hat der 11. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22.03.2005 für Recht erkannt:

Die Berufung der Verfügungsklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main – 11. Kammer für Handelssachen – vom 1. Oktober 2004 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Verfügungsklägerin zu tragen.

Das Urteil ist rechtskräftig.

GRÜNDE

I.

Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) betreibt unter der Domain www.A.de ein sog. Karriereportal für „X“, in dem Unternehmen gegen Entgelt Stellenanzeigen veröffentlichen können. Einen entsprechenden Online-Stellenmarkt betreibt auch die Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) unter ihrer Domain www.B.de.

Die Unternehmensgruppe „C“ beauftragte zunächst die Klägerin mit der Veröffentlichung von 15 Stellenanzeigen auf ihrer Internetplattform. Einige Zeit später veröffentliche auch die Beklagte im Auftrag der „C“ diese Stellenanzeigen gleichaussehend auf ihrer Internetplattform, nachdem sie jedenfalls eine von der Klägerin erarbeitete HTML-Seite mit einer entsprechenden Anzeige der „D“ kopiert hatte.

Auf Antrag der Klägerin wurde der Beklagten durch einstweilige Verfügung der 11. Kammer für Handelssachen daraufhin mit Beschluss vom 05.05.2004 untersagt,

„im Geschäftsverkehr Stellenanzeigen, welche die Antragstellerin im HTMLFormat programmiert hat und auf ihrem eigenen Online-Stellenmarkt unter der Domain www.A.de“ bzw. anderen Aplattformen veröffentlicht, ohne ausdrückliche Zustimmung der Antragstellerin zu übernehmen.“

Nach Widerspruch der Beklagten hat das Landgericht mit Urteil vom 01.10.2004 die einstweilige Verfügung aufgehoben und den Antrag auf ihren Erlass zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt:

Der Klägerin stehe der im Rahmen der einstweiligen Verfügung zunächst zuerkannte ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutzanspruch aus §§ 3, 4 Nr. 9 UWG nicht zu. Die Verfügungsklägerin habe zwar glaubhaft gemacht, dass die Beklagte den Quelltext der von der Klägerin erstellten Anzeigen kopiert und nur geringfügig modifiziert habe. Sie habe indes nicht ausreichend dargelegt, dass ihre Leistung die erforderliche wettbewerbliche Eigenart aufweise. Es sei nämlich nicht ersichtlich, dass die von der Klägerin erstellten Quelltexte nach ihrer Ausgestaltung oder aufgrund einzelner Merkmale geeignet seien, auf die betriebliche Herkunft oder auf Besonderheiten der Leistung hinzuweisen. Denn die Beklagte habe glaubhaft gemacht, dass die Klägerin die Anzeigen nicht selbst gestaltet habe, sondern lediglich unter Beachtung der ihr von der „D“ gemachten Vorgaben hinsichtlich der zu verwendenden Texte, Bilder, Logos sowie des Designs der Anzeigen in eine HTML-Datei umgeschrieben habe. Dieser Umsetzung vorgegebener Elemente in eine HTML-Datei fehle die Eignung zur individualisierenden Herausstellung einer Leistung und damit die erforderliche wettbewerbliche Eigenart. Aus diesem Grunde führe auch die unmittelbare Leistungsübernahme nicht zu einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch.

Dagegen richtet sich die fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin, mit welcher sie die Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und die Wiederherstellung des Inhalts der einstweiligen Verfügung erstrebt.

Die Klägerin rügt eine unzureichende Aufklärung des Sachverhalts durch das Landgericht, insbesondere das Unterlassen eines nach § 139 ZPO notwendigen Hinweises auf das vermeintliche Fehlen der erforderlichen wettbewerblichen Eigenart. Die Klägerin stellt insoweit den Herstellungsprozess der streitgegenständlichen Anzeigen im Einzelnen unter Vorlage verschiedener eidesstattlicher Versicherungen dar und behauptet, sie habe für die Erstellung der 15 streitgegenständlichen Anzeigen 5 Stunden und 20 Minuten aufgewandt. Die wettbewerbliche Eigenart ergebe sich daraus, dass sie in ihrem Stellenmarkt eine bewusst hochqualitative Dienstleistung anbiete; besondere Kennzeichen ihrer Dienstleistungen seien, dass speziell auf die Suchfunktion ihrer Seite zugeschnittene HTML-Dateien als Anzeigen Verwendung fänden, die durch die Einbindung in ein Datenbanksystem jedem Nutzer ein schnelles und gezieltes Ergebnis auf jede Suchanfrage ermöglichten. Mit den bei ihr veröffentlichten Anzeigen würden daher bestimmte Qualitätserwartungen verbunden; darüber hinaus wiesen die Anzeigen durch ihre HTML-Datei eine spezielle Struktur auf.

Allein aus der Tatsache der Strukturierung der Inhalte der Anzeigen ergebe sich bereits „eine wettbewerbsrechtliche Besonderheit“. Die Unlauterkeit des Vorgehens der Beklagten folge aus der unmittelbaren Leistungsübernahme durch Kopie und der damit verbundenen Herkunftstäuschung sowie der unangemessenen Ausnutzung bzw. Beeinträchtigung der Wertschätzung der nachgeahmten Dienstleistung. Der Klägerin stehe daher ein Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 4 Nr. 9 UWG zu.

Darüber hinaus bestehe aber auch ein Unterlassungsanspruch aus § 97 Abs. 1 UrhG, weil die HTML-Anzeigen unter § 2 Abs. 1 Nr. 1 und § 4 Abs. 2 UrhG fielen. Darüber hinaus folge der urheberrechtliche Schutz auch aus § 69a Abs. 1 UrhG, denn HTML-Dateien seien Programme im Sinne dieser Vorschrift. § 69a Abs. 1 UrhG schütze Programme in jeder Gestalt. Nach der Intention des Gesetzgebers sei der Urheberrechtsschutz von Computerprogrammen die Regel und fehlende Schöpfungshöhe die Ausnahme. Da die von der Klägerin vorgelegten 15 Anzeigen jeweils einen Quelltext von über 200 Zeilen Code aufwiesen, überschritten sie deutlich die Grenze der Banalität und stellten ein Programm im Sinne von § 69a Abs. 1 UrhG dar.

Darüber hinaus ergebe sich der Schutz schließlich aber auch aus § 87 b UrhG, da ihr System unter www.A.de eine Datenbank i.S.v. § 87a Abs. 1 UrhG darstelle.

Die Beklagte ist dem im Einzelnen entgegengetreten.

Sie hält die Berufung bereits im Hinblick auf die unbestimmte Antragstellung für unzulässig und rügt Verspätung des neuen Sachvortrags der Klägerin, den sie im Übrigen im Einzelnen einschließlich der Angaben zum Zeitaufwand bestreitet.

Darüber hinaus ist die Beklagte der Auffassung, dass ein urheberrechtlicher Schutz ausscheide, zumal die Klägerin nicht dargelegt habe, warum die HTML-Dateien Programme sein könnten. Die Klägerin verwechsle die sichtbare textlichgrafische Bildschirmoberfläche und die Programme, die die Anzeige sichtbar machten, mit der zur Eingabe der Daten in diese Programme benutzten Programmiersprache. Notwendig sei eine Trennung zwischen gestalterischen Leistungen einerseits, die bei der Planung, Strukturierung und beim Entwurf des Erscheinungsbildes einer Website erbracht werden, und der Leistung der Website-Programmierer andererseits, die das so vorgegebene Konzept mit den zur Verfügung stehenden technischen Mitteln umsetzen müssten. Auch der Umfang des Quellcodes und der Zeitaufwand bei der Herstellung sage nichts über die Schöpfungshöhe im Sinne von § 2 Abs. 2 UrhG.

Hinsichtlich der für den Internet-Nutzer sichtbaren textlich-grafischen Bildschirmoberfläche scheide Urheberrechtsschutz schon deshalb aus, weil die Gestaltung der Anzeige unstreitig von der „D“ stamme. Allein die Programmiersprache HTML sei kein urheberrechtlich geschütztes Computerprogramm im Sinne des § 69a Abs. 1 UrhG. Die Leistung der Klägerin bestehe nur darin, den als Word-Datei erhaltenen Entwurf ihrer Auftraggeberin mit den darin enthaltenen Grafiken mittels des Grafik-Bearbeitungsprogramms … zu bearbeiten, die Seitenbeschreibungsbefehle in der Sprache HTML mittels eines Editorprogramms oder von Hand einzufügen und diese Dateien dann abzuspeichern. Im Übrigen fehle auch die für Computerprogramme erforderliche Schöpfungshöhe im Sinne der einfachen Individualität gemäß § 69a Abs. 3 UrhG.

Ein urheberrechtlicher Unterlassungsanspruch lasse sich auch nicht mit Hilfe von Leistungsschutzrechten an einer Datenbank im Sinne von § 87a ff UrhG begründen. Ein Mitarbeiter der Beklagten habe eine von der Klägerin erstellte HTML-Seite einer Anzeige der „D“ kopiert und sodann für 15 verschiedene Anzeigen der gleichen Auftraggeberin verändert. Auf diese Weise seien insgesamt 15 Anzeigen erstellt worden, die über verschiedene Links einsehbar gewesen seien. Es könne sich insoweit also allenfalls um die Nutzung eines äußerst unwesentlichen Teils einer Datenbank im Sinne des § 87 b Abs. 1 S. 2 UrhG gehandelt haben; die weiteren Voraussetzungen – wiederholte und systematische Nutzungshandlungen, Zuwiderlaufen der Auswertung der Datenbank oder unzumutbare Beeinträchtigung des berechtigten Interesses – lägen schon von daher nicht vor.

Eine wiederholte Nutzungshandlung sei nämlich erst dann anzunehmen, wenn der Umfang der wiederholten Nutzungen unwesentlicher Teile einer Datenbank das Ausmaß der Nutzung wesentlicher Teile der Datenbank erreiche und zudem auf systematischem Vorgehen beruhe.

Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch scheitere an der fehlenden wettbewerblichen Eigenart. Jedenfalls sei die Übernahme des fremden Leistungsergebnisses vorliegend nicht unlauter; denn der von der Klägerin aufgewandte quantitative Aufwand an Kosten, Mühe oder Zeit habe keine qualitativen Merkmale hervorgebracht, da dieses aus der alltäglichen Dutzendware hervorheben würde. Es fehle auch an einer vermeidbaren Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft. Der Nutzer mache sich nämlich keine Gedanken über die Herkunft einer Stellenmarktanzeige.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Landgericht hat zu Recht festgestellt, dass es an einem Verfügungsanspruch der Klägerin fehlt.

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch rechtfertigt sich weder aus Urheberrecht noch nach wettbewerbsrechtlichen Normen.

1. Sonderrechtsschutz nach dem Urheberrechtsgesetz, der einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus § 97 Abs. 1 UrhG begründen könnte, besteht nicht.

1.1 Nach einheitlicher Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. OLG Düsseldorf CR 2000, 184; Cichon, Internetverträge, 2. Auflage, Rn. 452, Fußnote 418 m.w.N.; dieselbe, ZUM 1998, 897; Köhler, ZUM 1999, 548, Leistner/Bettinger, CR-Beilage, 12/1999, 16; Gaster, MMR 1999, 734; Leistner, CR 2000, 187; Koch, NJW-CoR 1997, 298) kann der Gestaltung einzelner sog. Websites unabhängig von der Digitalisierung ihres Inhalts an sich Urheberrechtsschutz zukommen, soweit die erforderliche Schöpfungshöhe (§ 2 Abs. 2 UrhG) erreicht wird.

Abgesehen von den nachstehend zu erörternden Sonderschutzrechten für Computerprogramme, Datenbankwerke und Datenbanken scheidet nach den unstreitigen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils im Hinblick auf § 2 Abs. 2 UrhG bezüglich der von der Klägerin erstellten Websites ein Urheberrechtsschutz aus. Denn unstreitig hat die Klägerin die streitgegenständlichen Anzeigen nicht selbst gestaltet, sondern sie hat die ihr von der Auftraggeberin gemachten Vorgaben hinsichtlich der zu verwendenden und in Form einer Word-Datei für die Anzeigen auch zur Verfügung gestellten Texte, Bilder, Logos und Designs lediglich in eine HTML-Datei umgeschrieben. Im Vordergrund der Berufung steht dementsprechend auch die Darstellung dieses Umschreibens, also des digitalen Herstellungsprozesses. Die Anzeige als solche setzt lediglich handwerklich die Vorgaben der Auftraggeberin um und stellt keine persönliche geistige Schöpfung i.S.v. § 2 Abs. 2 UrhG dar.

1.2 Die Leistung der Klägerin kann aber auch nicht Sonderschutz als Computerprogramm nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 69a ff UrhG, als Datenbankwerk nach § 4 Abs. 2 UrhG oder als Datenbank nach §§ 87 a ff UrhG beanspruchen. Für den urheberrechtlichen Sonderschutz relevant ist die von der Klägerin erbrachte Leistung insoweit, als sie eine für den Internetauftritt maschinenlesbare Darstellung des Inhalts der vom Kunden gewünschte Website hergestellt hat. Diese Darstellung erfolgt mittels der Internet-Standardprogrammiersprache HTML. Eine „HTML-Site“ ist eine abgeschlossene Einheit vom Computerbefehlen in der HTML-Sprache (sog. HTML-Tags), die Texte, Bild-, Ton- und beispielsweise Videodateien im Digitalformat einbinden kann (Cichon, Internetverträge, Rn. 398). Die Gesamtheit der HTML-Befehle bildet den sog. Quellentext (= „Document Source“ oder „Page-Source“) der HTML-Website.

Dabei kann dahin stehen, ob sich die Tätigkeit der Klägerin als die eines Webdesigners oder als die eines HTML-Programmierers dargestellt hat; jedenfalls stand im Vordergrund der Leistung der Klägerin die Beschreibung der Website, wie sie auf der Browseroberfläche des Nutzers anzuzeigen ist, also eine beschreibende und gestalterische Tätigkeit (Cichon a.a.O., Rn. 408), die unter bestimmten Umständen Sonderschutz beanspruchen kann.

a. Eine Schutzfähigkeit als „Computerpgrogramm“ (§§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 4. Alt., § 69 a ff UrhG) kommt nicht in Betracht.

Nach § 69a Abs. 1 UrhG sind Computerprogramme im Sinne des Gesetzes „Programme in jeder Gestalt“. Der Gesetzgeber hat offen gelassen, welche digitalen Datenanhäufungen unter den Begriff des Computerprogramms gefasst werden können. Dementsprechend ist der Begriff umstritten. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, weil § 69 a Abs. 2 S. 1 UrhG für alle Ausdrucksformen des Programms gelte, habe dies für eine HTML-Datei zur Folge, dass sowohl deren Erscheinungsbild im Web-Browser als auch der Source-Code, den man in einem Editorprogramm betrachten kann, geschützt seien (Cichon, ZUM 1998, 898); sie knüpft an WIPO- und DIN-Vorschriften an, wonach ein Computerprogramm eine Folge von Befehlen ist, die nach Aufnahme in einen maschinenlesbaren Träger fähig sind, mittels einer informationsverarbeitenden Maschine eine bestimmte Funktion oder Aufgabe oder ein bestimmtes Ergebnis auszuführen, anzuzeigen oder zu erzielten. Da eine Website nichts anderes sei als eine Folge von Befehlen in der Codierungssprache HTML, die nach Aufnahme in einen maschinenlesbaren Träger fähig ist zu bewirken, dass ein Computer mit Hilfe eines Browserprogramms den Aufbau einer ganz bestimmten definierten Website ausführt und das Ergebnis im Browserfenster anzeigt, handele es sich bei einer HTML-Datei um ein Computerprogramm im Sinne von § 69 a UrhG (so auch Koch, GRUR 1997, 417, 420).

Mit der Gegenauffassung, der der Senat folgt, ist dem entgegen zu halten, dass die multimediale Darstellung einzelner Websites auf dem Computerbildschirm keine Ausdrucksform des zugrunde liegenden HTML-Codes als Computerprogramm ist; vielmehr ist es gerade umgekehrt: der HTML-Code ist bloßes Hilfsmittel zur Kommunikation einer vorgegebenen Bildschirmgestaltung im Netz (Leistner/Bettinger, CR-Beilage 12/1999, 16; Gaster, MMR 1999, 734; Weinknecht/Bellinghausen, Multimedia-Recht, (S. 108 ff; Köhler, ZUM 1999, 548).

Dass bestimmte Informationen in eine HTML-Codierung gebracht werden, begründet nicht die Annahme einer Programmierleistung (Hoeren in Möhring/Nicolini, UrhG, 2. Aufl., § 69 a, Rn. 7).

Auch aus dem Wortlaut der Norm des § 69 a Abs. 2 UrhG („Ausdrucksformen“) ist zu schließen, dass der Schutz von Computerprogrammen vor allem den Programmcode sowie die innere Struktur und Organisation des Programms umfasst (OLG Düsseldorf CR 2000, 184). Davon zu unterscheiden ist das durch das Programm hervorgebrachte und auf dem Bildschirm sichtbar gemachte Arbeitsergebnis. Überzeugend ist auch die vom OLG Düsseldorf angestellte Kontrollüberlegung, dass es technisch möglich ist, mit verschiedenen Computerprogrammen ein und dieselbe textliche oder grafische Abbildung auf dem Bildschirm zu erzeugen. Eine einzelne Internetseite bildet daher auch als sog. Multimedia-Erzeugnis kein Computerprogramm. Denn der schöpferische Gehalt eines Multimedia-Erzeugnissses verkörpert sich in der durch Sprache, Bild und ggf. Ton vermittelten gedanklichen Aussage, aber nicht in dem für den Ablauf und die Wiedergabe erforderlichen Computerprogramm (so auch Schricker/Loewenheim, UrhR, 2. Aufl., § 2 Rn. 201).

b. Ebenso scheidet im Ergebnis ein Sonderschutz als „Datenbankwerk“ nach § 4 Abs. 2 UrhG aus. Datenbank im Sinne dieser Norm ist ein Sammelwerk, dessen Elemente systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind. Einem zur Schaffung des Datenbankwerks oder zur Ermöglichung des Zugangs zu dessen Elementen verwendeten Computerprogramm ist daher unheberrechtlicher Datenbankschutz zuzuerkennen, wenn es sich um eine persönlich-geistige Schöpfung handelt (OLG Düsseldorf, a.a.O., 186; Köhler a.a.O., S. 549; Leistner, a.a.O., 187).

Datenbankwerkschutz kommt somit nur in Betracht, wenn Auswahl oder Anordnung der in ihnen enthaltenen Elemente auf einer schöpferischen Leistung beruht, sie also ein gewisses, aus der Alltäglichkeit herausragendes Maß an Individualität und Originalität aufweisen (Schricker/Loewenheim, a.a.O., § 4 UrhG, Rn. 28, 33; Gaster a.a.O., 734).

Davon ausgehend scheidet die Annahme eines urheberrechtlich geschützten Datenbankwerkes im Hinblick auf die von der Klägerin erarbeitete Gestaltung der Website aus. Zur Begründung ist zum einen darauf hinzuweisen, dass durch die mittels HTML-Code erfolgte Gestaltung einer Website nicht die notwendige „Indexierung- und Katalogisierungsfunktion“ erfüllt wird, da der HTML-Code die Informationen nur auf eine ganz bestimmte, vom Programmierer der Website vorgegebene Weise und nicht nach nutzerbestimmten Kriterien ordnet (Cichon, ZUM 1998, 898). Im Übrigen ist in Fällen, in denen (wie vorliegend) die Datensammlung einen Informations- und Werbezweck erfüllt, für die Annahme einer individuell-schöpferischen Auslese von Daten kein Raum; die schöpferische Leistung kann auch nicht in der Datenorganisation gesehen werden. Spielraum für eine schöpferische Leistung besteht zwar in der Gestaltung der Zugangs- und Abfragemöglichkeiten. Abfragesysteme, die üblich oder durch bloße Zweckmäßigkeitsüberlegungen hervorgebracht werden, sind jedoch mangels Individualität aus dem Schutzbereich von § 4 Abs. 2 UrhG auszuscheiden; dies gilt entsprechend für die Anwendung herkömmlicher Suchstrategien (OLG Düssleforf, a.a.O., 185); Schricker/Loewenheim a.a.O., Rn. 35; Berger, GRUR 1997, 175).

Auch die Ausführungen der Klägerin in der Berufung sind nicht ausreichend, um eine Schutzfähigkeit nach § 4 Abs. 2 UrhG annehmen zu können. Angesichts der Individualitäts- bzw. Originalitätserfordernisse (vgl. auch Leistner, MMR 1999, 636, 637; Gaster, a.a.O., 734) hätte es prozessual der Klägerin oblegen, die die Werkqualität ausmachenden und von ihr behaupteten Elemente im Vergleich zu bekannten Abfrage- und Suchsystemen im Einzelnen näher darzulegen (vgl. OLG Düsseldorf a.a.O.).

c. Ein Sonderschutz als „Sammelwerk“ im Sinne von § 4 Abs. 1 UrhG kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Annahme eines Sammelwerks im Sinne von § 4 Abs. 1 UrhG scheidet schon deshalb aus, weil die Website selbst als Ansammlung von HTML-Befehlen nicht als Sammelwerk an diesen Programmierungskürzeln betrachtet werden kann; ihre Auswahl und Anordnung ist durch einen bestimmten Zweck – nämlich die Gestaltung der Website in einer ganz bestimmten, vorgestellten Art und Weise – vorgegeben; sie kann nicht individuell sein (vgl. auch Ahlberg in Möhring/Nicolini, a.a.O., § 4 Rn. 22; Cichon, ZUM 1998, 898).

d. Schließlich kann auch kein Leistungsschutz als „Datenbank“ nach §§ 87 a ff UrhG zugebilligt werden.

Nach § 87 a Abs. 1 UrhG ist Datenbank eine Sammlung von Werken, Daten und anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung, Überprüfung und Darstellung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert. Nach § 87 a Abs. 2 UrhG ist Datenbankhersteller derjenige, der die Investition vorgenommen hat.

Lehnt man den Datenbankbegriff im Hinblick auf die fehlende Indexierungs- und Katalogisierungsfunktion der mittels HTML-Code beschriebenen Website ab, scheidet ein Leistungsschutz nach §§ 87 a ff UrhG bereits deshalb aus (Cichon, ZUM 1998, 898). Geht man dagegen mit der wohl überwiegenden Auffassung (vgl. ausführlich Köhler, ZUM 1999, 551 ff) davon aus, dass die in HTML-Dokumenten enthaltenen Strukturinformationen eine Sammlung von Daten oder anderen unabhängigen Elementen im Sinne von § 87 a UrhG enthalten, kommt es für die Annahme eines Leistungsschutzes im Wesentlichen darauf an, ob bei der Klägerin „eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition“ erforderlich war.

Ob dies für den von der Klägerin aufgebauten Stellenmarkt angenommen werden kann, bedarf im Ergebnis keiner Entscheidung, weil nach § 87 b Abs. 1 S. 1 UrhG das Recht auf die Untersagung der Nutzung wesentlicher Teile der Datenbank beschränkt ist; dies bedeutet umgekehrt die Freiheit der Nutzung unwesentlicher Teile einer Datenbank. Wesentlichkeit ist jedoch nur dann gegeben, wenn der Anteil der Nutzung in seiner Bedeutung eher der Datenbank in ihrer Struktur und Gesamtheit nahe kommt, und sich weniger als Nutzung einer Anzahl von Elementen darstellt (Decker in Möhring/Nicolini, a.a.O., § 87 b Rn. 7). Davon ausgehend kann vorliegend dahinstehen, ob die Beklagte lediglich eine HTML Seite kopiert oder – wie die Klägerin allerdings ohne ausreichende Glaubhaftmachung behauptet – alle 15 Anzeigen. Auch im letzteren Falle handelte es sich nicht um einen wesentlichen Teil der Datenbank.

Eine Verletzungshandlung kann schließlich auch nicht im Hinblick auf § 87 b Abs. 1 S. 2 UrhG angenommen werden, weil es an einer wiederholten und systematischen Vervielfältigung von unwesentlichen Teilen der Datenbank fehlt.

2. Auch wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche stehen der Klägerin nicht zu.

Soweit ein Sonderrechtsschutz nicht gegeben ist, steht die Benutzung einer Leistung anderer für die eigene gewerbliche Betätigung grundsätzlich jedermann frei. Ergänzender wettbewerblicher Leistungsschutz greift daher nur ein, wenn und soweit diese Benutzung dem Prinzip des freien Leistungswettbewerbs zuwiderläuft (Nordemann, Wettbewerbsrecht, Rn. 1604).

Vorliegend kommt es – da die Beklagte die HTML-Datei kopiert, also bewusst nachgeahmt hat und damit eine unmittelbare Leistungsübernahme vorliegt – nach § 4 Nr. 9 lit. a UWG entscheidend darauf an, ob der Leistung der Klägerin wettbewerbliche Eigenart zuzubilligen ist und ob besondere Unlauterkeitsmerkmale festzustellen sind; denn nur in solchen Fällen kann von einer Nachahmung überhaupt eine relevante subjektive Behinderung des nachgeahmten Konkurrenten ausgehen.

Die Annahme einer wettbewerbslichen Eigenart verlangt die „Eignung zur Erweckung von Herkunftsvorstellungen“ (st. Rechtsprechung seit BGH WRP 1976, 370, 372 – Oval-Puderdose; Harte/Henning/Sambuc, UWG, § 4 Nr. 9, Rn. 48). Für eine solche Herkunftstäuschung ist darüber hinaus eine „gewisse Bekanntheit“ erforderlich, die in der Regel zwar unter der für eine Verkehrsgeltung im Sinne von § 4 Nr. 2 MarkenG notwendigen liegt, erforderlich ist jedoch, dass das eigenartige Erzeugnis „bei nicht unerheblichen Teilen der angesprochenen Verkehrskreise eine solche Bekanntheit erreicht“ hat, „dass sich in relevantem Umfang die Gefahr der Herkunftstäuschung ergeben kann, wenn Nachahmungen vertrieben werden“ (BGH GRUR 2002, 275, 277 – Noppenbahnen; vgl. auch BGH GRUR 2000, 521, 523 – Modulgerüst; BGH GRUR 2002, 820, 822 –Bremszangen).

An diesen Maßstäben gemessen scheidet eine Herkunftstäuschung im Sinne von § 4 Nr. 9 lit. a UWG aus den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung aus. Die dagegen vorgetragenen Berufungsgründe sind zwar entgegen der Auffassung der Beklagten nicht nach § 531 ZPO ausgeschlossen, weil die Vorschrift im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens nicht ohne weiteres Anwendung finden kann. Der Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren ist nämlich auch in der Berufungsinstanz grundsätzlich der Tatsachenstand zur Zeit der Beendigung der mündlichen Verhandlung (dieser Instanz) zugrunde zu legen (vgl. Stein/Jonas-Grunsky), ZPO, 22. Aufl., § 922 Rn. 23; MünchKomm-Heinze, ZPO, § 922 Rn. 19 f m.w.N.), so dass für die Anwendung von Verspätungsvorschriften in der Regel kein Raum ist.

Die von der Klägerin beschriebene Ausgestaltung der Website ist jedoch nicht geeignet, im Verkehr auf ihre betriebliche Herkunft oder Besonderheiten hinzuweisen. Die Merkmale, welche die Klägerin als für ihre Website kennzeichnend beschreibt, stellen gerade die von der Auftraggeberin gewünschte angemessene Verwirklichung der technischen Aufgabe dar, die die Beklagte in gleicher Weise hätte erbringen müssen und erbringen können, wenn auch mit größerem Eigenaufwand als bei einer bloßen Kopie der von der Klägerin erarbeiteten HTML-Datei. Nach geltendem Recht lässt sich jedoch nicht begründen, es für die wettbewerbliche Eigenart genügen zu lassen, dass die „Website von einem professionellen Webdesigner mit marktüblichem Aufwand sorgsam erstellt wurde und so dem Standard einer geglückten und nicht lediglich halbprofessionellen Website im Internet entspricht“ (so aber ausdrücklich Leistner Anm. zu OLG Düsseldorf a.a.O.). Auf eine besondere Gütefunktion kommt es zwar nach der Rechtsprechung des BGH bei der Herkunftstäuschung nicht an.

Vielmehr kann sich die wettbwerbliche Eigenart beispielsweise schon aus einem „erheblichen … Aufwand“ ergeben, der zu einem „umfassenden, stets aktuellen Überblick“ mit „umfangreichen, detaillierten Spezialinformationen“ führt, während auf eine besonders gewitzte äußere Darstellungsform oder Präsentation verzichtet wird (BGH GRUR 1988, 308 – Bauinformationsdienst; vgl. auch KG GRUR-RR 2001, 102, 103 – Stellenmarkt). Anders als in der „Stellenmarkt“-Entscheidung des KG geht es vorliegend aber nicht darum, dass sich die Beklagte einen von der Klägerin durch erhebliche Akquisitionstätigkeit aufgebauten Stellenmarkt systematisch zu Nutze macht, indem die dort veröffentlichten Anzeigen übernommen werden, sondern es geht um die Übernahme einer Anzeige.

Schließlich hat die Klägerin keine konkreten Merkmale dafür vorgetragen, dass sich die von ihr gestaltete Website durch ihren Aufbau, Logik der Darstellung, ihren Inhalt und die grafische Darstellung gegenüber dem, was üblicherweise im Internet bei Stellenmarktanzeigen anzutreffen ist, besonders auszeichnet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO; das Urteil ist nach § 542 Abs. 2 ZPO rechtskräftig.

investment.de: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“; Gattungsbegriff vor Marke

Das Prinzip "wer zuerst kommt, mahlt zuerst" gilt auch für einen Gattungsbegriff, der als Domain registriert wird, gegenüber einer Marke für Warengruppen, die die Gattung gerade nicht kennzeichnet (hier "investment" für EDV).

Landgericht Köln,Urteil vom 4. August 2005,  84 O 22/05
In dem Rechtsstreit des

Klägers,

Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte
g e g e n
Beklagten,

Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt P.

hat die 4. Kammer für Handelssachen
des Landgerichts Köln
auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht E.

für Recht erkannt:

1. Der Beklagte wird verurteilt, die Löschung des zu seinen Gunsten bei der Denic e.G., Wiesenhüttenplatz 26, 60329 Frankfurt, erfolgten Dispute-Eintrags für die Internetdomain „investment.de,, zu veranlassen.

II. Es wird festgestellt, daß dem Beklagten gegenüber dem Kläger kein vorrangiges Kennzeichenrecht an dem Domain-Namen „investment.de“ zusteht.

III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte. Ausgenommen sind die Mehrkosten, die durch die Anrufung des örtlich unzuständigen Landgerichts Düsseldorf entstanden sind; diese trägt der Kläger.

IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu volistreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

T A T B E S T A N D:

Nach seinem Vortrag bietet der Kläger gewerblich umfassende Dienstleistungen im Bereich des Internets an, wobei zu seinen Tätigkeiten auch die Vermarktung und Bewirtschaftung von beschreibenden Domains gehören würde. Gemäß der Gewerbeanmeldung vom 9. 1. 2001 ist die Tätigkeit des Klägers für „Web-Design, Vermarktung von Web—Seiten, Werbung, angemeldet.

Seit dem 29. Juli 2004 ist der Kläger Inhaber der Internetdomain „investment.de,,. Nach seinem Vortrag plant der Kläger, unter dieser Domain ein umfassendes Portal für Finanzdienstleistungen anzubieten.

Der Beklagte ist aufgrund seiner Anmeldung vom 7. 12. 2001 seit dem 8. 9. 2004 beim Deutschen Patent- und Markenamt als Inhaber der Wortmarke „Investment,, für „Computer, Laptops, Notebooks, Computerperipheriegeräte, Computertastaturen, Monitore, Modems, Scanner, Lesegeräte für die Datenverarbeitung, Speicher für Datenverarbeitungsanlagen, Datenträger, Magnetdatenträger, optische Datenträger, Datenverarbeitungsgeräte; Aufstellung, Einrichtung, Wartung und Reparatur von Computerhardware; Telekommunikation,, eingetragen.

Zu Gunsten des Beklagten wurde auf seinen Antrag hin am 9. 9. 2004 von der Denic e.G. ein sogenannter Dispute bezüglich der Domain „investment.de,, eingetragen. Mit Schreiben seines Prozeßbevollmächtigten vom 24. 9. 2004 machte der Beklagte gegenüber dem Kläger aufgrund der Markeninhaber~chaft die besseren Rechte an der Domain geltend und forderte den Kläger auf, soweit er keine besseren Rechte darlegen könne, die Domain freizugeben. Der Kläger seinerseits wies mit Schreiben vom 28. 9. 2004 darauf hin, daß unter der Domain ausschließlich Informationen zur Geldanlage und Vermögensvorsorge platziert würden, und forderte den Beklagten wiederholt vergeblich dazu auf, den Dispute—Eintrag löschen zu lassen.

Der Kläger sieht sich aufgrund des Dispute—Eintrages an einer Verwertung der Domain gehindert und sieht hierin einen rechtswidrigen Eingriff in seinen Gewerbebetrieb.

Er beantragt,

wie bekannt.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet, daß die Inhaberschaft des Klägers an der Domain im Zusammenhang mit einem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb steht. Darüber hinaus vertritt er die Ansicht, daß im Hinblick darauf, daß die Bezeichnung „investment“ für ihn auch für „Telekommunikation,, eingetragen ist, das Vorhaben des Klägers gemäß seinem Vortrag die Markenrechte des Beklagten verletze.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die von ihnen überreichten Unterlagen verwiesen.

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

Die Klage ist zulässig und begründet.

Das Feststellungsinteresse des Klägers besteht im Hinblick darauf, daß sich der Beklagte aufgrund seines Markenrechts gegenüber dem Kläger besserer Rechte an der streitigen Domain berühmt hat und noch berühmt und im Zusammenhang hiermit den die Rechte des Klägers beeinträchtigenden Dispute hat eintragen lassen.

Tatsächlich besteht ein besseres Recht des Beklagten an der Bezeichnung „investment“ nicht, soweit diese als Domain in einem Zusammenhang verwendet wird, der der eigentlichen Bedeutung des Begriffs entspricht. Bei „investment“ handelt es sich um einen beschreibenden Begriff, der im Umfang seiner Bedeutung nicht unterscheidungskräftig ist und für den in diesem Umfang ein Markenrecht des Beklagten nicht besteht. „Investment,, als englischer Begriff für „Investition,, bedeutet eine langfristige Kapita1anlage und nimmt dementsprechend Bezug auf Finanzdienstleistungen. Den Schutz der Bezeichnung als Marke hat der Beklagte allein deshalb erlangt, weil der Begriff als Bezeichnung der Waren und Dienstleistungen, für die er den Begriff hat schützen lassen, völlig ungebräuchlich ist und ihm dementsprechend in diesem Bereich eine Unterscheidungskraft zukommt. Dem Beklagten ist es verwehrt, aus dem von ihm erlangten Markenrecht Ansprüche gegen eine Verwendung dieses Begriffs im Bereich der eigentlichen Bedeutung des Begriffs geltend zu machen; die Gefahr einer Verwechslung mit der für den Beklagten geschützten Marke ist insoweit ausgeschlossen.

Der Kläger hat wiederholt versichert, daß er die Domain ausschließlich im Zusammenhang mit Finanzdienstleistungen verwenden will. Der Beklagte hat auch keinerlei Umstände dargetan, aus denen hergeleitet werden könnte, daß die Domain entgegen dieser erklärten Absicht des Klägers in einem Sinne verwendet werden könnte, daß die unter den Schutz der Marke des Beklagten fallenden Waren und Dienstleistungen berührt werden. Daß eine Webseite unter dieser Domain Bestandteil des Internets ist, bedeutet nicht, daß die Domain-Bezeichnung eine Verletzung der auch für „Telekommunikation,, geschützten Marke des Beklagten darstellt; denn die „Telekommunikation,, stellt nur das Medium dar, über das der Inhalt einer Webseite unter der Domain übermittelt wird. Der Verkehr erwartet unter einer Domain mit der Bezeichnung „investment“ Informationen über Kapitalanlagen und im weiteren Sinne über Finanzdienst-leistungen zu finden, nicht aber Angebote aus dem Bereich der Telekommunikation.

Der Anspruch des Klägers auf Veranlassung der Löschung des Dispute—Eintrags durch den Beklagten besteht aus § 823 BGB. Solange der Eintrag des Disputes besteht, ist der Kläger an einer Veräußerung, d.h. an einer Ausübung seiner Rechte an der
Domain gehindert; der Wert der Domain, die diese für den Kläger hat, ist dementsprechend gemindert. Dieser Eingriff in die Rechte des Klägers ist seitens des Beklagten, wie vorstehend ausgeführt worden ist, in rechtswidriger Weise erfolgt, weil er sich Rechte an der Domain-Bezeichnung angemaßt hat, die ihm nicht zustehen. Die Domain stellt für den Kläger auch unabhängig davon, ob er tatsächlich die gewerbliche Tätigkeit, die er vorträgt, ausübt, einen Wert dar, weil der Wert der Domain nicht an einen dahinter stehenden Gewerbebetrieb geknüpft ist. Im übrigen sieht das Gericht im Hinblick auf die vom Kläger vorgelegte Gewerbeanmeldung keinen Anlaß, an den Angaben des Klägers zu zweifeln. Tatsachen, die Anlaß zu Zweifeln geben würden, sind seitens des Beklagten nicht vorgetragen worden.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 281 Abs. 3, 709 ZPO.

ebay darf ordentlich kündigen

Ebay darf die Nutzung seines Portals ordentlich kündigen. Auch die Tatsache, daß es im Internet praktisch keine Alternative zu ebay gibt, verpflichtet ebay nicht zur Aufrechterhaltung einer "Mitgliedschaft".

Urteil 7 U 169/04 des Brandenburgisches Oberlandesgerichts (2 O 49/04 Landgericht Potsdam)

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

….Klägers und Berufungsklägers,

– Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte … –

gegen

eBay International AG …

Beklagte und Berufungsbeklagte

– Prozessbevollmächtigte: ……

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Ver­handlung vom 27.04.2005 durch

den Richter am Oberlandesgericht Fischer als Einzelrichter

für       Re c h t            erkannt:

Die Berufung des Klägers gegen das am 21. Juli 2004 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1.
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Aufhebung der von ihr für sein Nutzerkonto ausgespro­chenen Sperre sowie auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten in Anspruch. 

Der Kläger ist seit 01.05.2001 Mitglied der Beklagten. Seit Januar 2003 vertreibt er über sein Mitgliedskonto "xxx" Waren seiner Ehefrau, die seit 1997 ein Handelsunternehmen betreibt, in welchem der Kläger angestellt ist.

Die Beklagte ließ am 30.05.2003 das Nutzerkonto des Klägers mit sofortiger Wirkung sperren, und zwar unter Hinweis darauf, dass der Kläger zu viele negative Bewertungen anderer Nutzer erhalten habe. Mit Schreiben vom 04.09.2003 (BI. 155, 156 d.A.), gerichtet an den anwaltlichen Vertreter des Klägers, kündigte die Beklagte den Nutzungsvertrag gemäß § 4 Nr. 4 ihrer AGB vorsorglich zum 31.09.2003.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen, die Sperrung des eBay Accounts xxx aufzuheben,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen Schäden, die ihm aus der Sperrung des eBay Accounts xxx entstanden sind, zu ersetzen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage mit dem Antrag zu Ziffer 1. sei deshalb unbegründet, weil die Beklagte wirksam den Nutzungsvertrag mit Schreiben vom 04.09.2003 – ordentlich – gekündigt habe. Der Feststellungsantrag sei unbegründet, da der Kläger lediglich Waren seiner Frau veräußert habe und die Beklagte deshalb sich nicht schadensersatzpflichtig gemacht haben könne.

Der Kläger hat Berufung eingelegt.

Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinem erstinstanz­lichen Antrag zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen-

Die Berufung ist zulässig, in der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die Klage. soweit der Kläger darauf anträgt, die Sperrung des ebay – Accounts xxx aufzuheben, zu Recht als unbegründet abgewiesen. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Aufhebung der Sperrung deshalb nicht zu, weil der Nutzungsvertrag mit Rücksicht auf die von der Beklagten erklärte – ordentliche- Kündigung wirksam beendet ist.

Die dagegen vorgetragenen Berufungsrügen greifen nicht durch.

1.
Das Landgericht hat zutreffend die Berechtigung der Beklagten bejaht, gemäß § 4 Nr. 4 ihrer seit dem 31.05.2003 geltenden AGB (BI. 203 d.A.) den Nutzungsvertrag jederzeit mit einer Frist von vierzehn Tagen zum Monatsende zu kündigen.

a)
Der Kläger selbst zweifelt – im Grundsatz – nicht an, dass die Beklagte berechtigt ist, Allgemeine Geschäftsbedingungen zu verwenden und auch hierbei im Einklang mit den §§ 307 309 BGB in § 4 Nr. 4 ihrer AGB ein ordentliches Kündigungsrecht aufzunehmen (Seite.4 der Berufungsbegründung – BI. 405 d.A.). Die Vertragsfreiheit gebiete es, Dauerschuldverhältnisse mit einer ordentlichen Kündigungsfrist zu kündigen. Die Beklagte hat dem Nutzer in § 4 Nr. 3 AGB ebenfalls ein Kündigungsrecht eingeräumt, das dieser jederzeit – ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist – ausüben kann. Die für eine Kündigung der Beklagten ausbedungene Kündigungsfrist von vierzehn Tagen kann nicht als unangemessen bezeichnet werden, weil sie mit der gesetzlichen Regelung des § 621 Nr. 5 BGB im Einklang steht.

Entgegen den Ausführungen des Klägers kann der Beklagten das Recht zur ordentlichen Kündigung nicht mit dem Hinweis darauf versagt werden, der Anlass der Kündigung sei die vorangegangene Sperrung gewesen. Die Beklagte hat in ihrem Schreiben vom 04.09.2003 (BI. 155, 156 d.A.) ausdrücklich erklärt, sie spreche vorsorglich gemäß § 4 Nr. 4 AGB "zusätzlich" – also unabhängig von der vorausgegangenen Sperrung – die Kündigung aus. Dieses Recht auf ordentliche Kündigung stand der Beklagten zu. Deshalb kommt es entgegen

dem Vorbringen des Klägers nicht darauf an, dass die Beklagte – möglicherweise – ohne vorausgegangene Sperrung keine Veranlassung zur Kündigung gemäß § 4 Nr. 4 AGB gehabt hätte. Wie das Landgericht in seinen Entscheidungsgründen bereits zutreffend bemerkt hat, ist die Frage nach der Berechtigung zu einer ordentlichen Kündigung völlig losgelöst von den Auseinandersetzungen der Parteien hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Sperrung des Nutzerkontos des Klägers durch die Beklagte zu beantworten. Denn andernfalls würde das Erfordernis eines wichtigen Grundes in der Tat zur Voraussetzung der ordentlichen Kündigung werden, was aber systemwidrig ist.

b)
Die Kündigung als solche ist, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, wirksam.

Ohne rechtliche Bedeutung ist, dass das Kündigungsschreiben vom 04.09.2003 nicht von einem Geschäftsführer bzw. Vorstandsmitglied der Beklagten unterzeichnet ist. Die Kündigung ist im Geschäftsbetrieb der Beklagten auf deren Briefbögen erklärt worden, und zwar von einem Angehörigen der Rechtsabteilung der Beklagten. Schon deshalb bestehen an der Wirksamkeit der Kündigung – insoweit – keine Zweifel. Außerdem ist die Kündigung vom 04.09.2003 an Rechtsanwalt ….  in Bad Schönborn gerichtet, der seinerzeit den Kläger anwaltlich vertrat. Dieser hat keinerlei Bedenken geäußert in dem Sinne, dass die Kündigung von einer nicht vertretungsberechtigten Person unterzeichnet sei. Auch im Verfahren erster Instanz hat der Kläger schriftsätzlich Bedenken nicht vortragen lassen. In der Sitzungsniederschrift vom 21.07.2004 sind dort geäußerte Bedenken nicht protokolliert worden. Das Landgericht hat unter den gegebenen Umständen zu- Recht eine verspätete Rüge mit Rücksicht auf die Vorschriften der §§ 180, 177, 179 BGB nicht zugelassen.

Unschädlich ist schließlich der von dem Kläger erstmals im Berufungsrechtszug angeführte Umstand, dass die Kündigung zum 31-09.2003 ausgesprochen worden ist. Es versteht sich von selbst, dass das unrichtige Datum des 31.09.2003 im Wege der ergänzenden Auslegung (§§ 133, 157,242 BGB) dahin zu verstehen ist, dass der 30.09.2003 gemeint gewesen ist.

2.
Das Landgericht hat aufgrund des Vortrages des Klägers mit Recht keine sonstigen Umstände erblickt, die die Kündigung der Beklagten unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) als unwirksam erscheinen ließen.

Erstmals im Berufungsrechtszug (Seite 3 der Berufungsbegründung – BI. 404 d.A.) macht der Kläger geltend, die Kündigung sei angesichts der zwischenzeitlichen Monopolstellung der Beklagten als unangemessene Benachteiligung zu werten. Mit diesem neuen Vorbringen. für das der Kläger einen Zulassungsgrund nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht angibt, ist der Kläger im zweiten Rechtszug ausgeschlossen.

Das gilt auch insoweit, als der Kläger erstmals auf Seite 7 des Schriftsatzes vom 31.03.2005 (BI. 478 d.A.) einen Verstoß gegen die Bestimmungen des GWB vorträgt. Es handelt sich auch hierbei um einen neuen Klagegrund.

Außerdem kann der Kläger aus der erst im zweiten Rechtszug vorgetragenen marktbeherrschenden Stellung der Beklagten auch der Sache nach nichts für sich herleiten. Auch für die Beklagte gilt – und zwar unabhängig von. ihrer Marktstellung – der Grundsatz der Abschlussfreiheit.

Ein unmittelbarer Anschlusszwang besteht nicht. Die Beklagte als Online-Marktplatz gehört nicht zu dem Kreis der Daseinsvorsorge, bei dem teilweise die Abschlusspflicht gesetzlich geregelt ist (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., Einf v § 145 BGB, Rdnr. 8).

Ein mittelbarer Anschlusszwang kann gleichfalls nicht angenommen werden. Das ist nur unter engen Voraussetzungen möglich, nämlich dann, wenn die Ablehnung des Vertragsschlusses eine unerlaubte Handlung ist (Palandt/Heinrichs, aa.a.O., Rdnr. 9). Es ist nichts dafür ersichtlich und vom Kläger auch nicht vorgetragen, dass – ihm gegenüber – die Ablehnung eines Vertragsschlusses eine unerlaubte Handlung bedeuten würde.

Schließlich führt auch der Hinweis des Klägers auf die Bestimmungen des GWB zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Soweit nämlich der Kläger erstmals auf Seite 7 des Schriftsatzes vom 31.03.2005 (B1.478 d.A.) – lange nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist – vorträgt, er sei bei der Beklagten gewerblich tätig gewesen. setzt er sich mit seinem erstinstanzlichen Vorbringen in Widerspruch. Er hat nämlich auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 13.04.2004 geleugnet, als Kaufmann tätig gewesen zu sein; er hat vielmehr vorgetragen, er sei als "Privatperson’" Mitglied der Beklagten; in dem Handelsunternehmen seiner Ehefrau sei er lediglich angestellt (B1. 229 d.A.). Das Landgericht hat mit Rücksicht auf diesen Vortrag des Klägers seine örtliche Zuständigkeit (§ 21 Abs. 1 ZPO) bejaht, die die Beklagte unter Hinweis auf ihre in den AGB enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung verneint hatte.

Mit Rücksicht auf seinen erstinstanzlichen Vortrag ist der Kläger nicht als ein am Wettbewerb beteiligter Unternehmer anzusehen, was aber Voraussetzung für die Anwendung der Bestimmungen des GWB wäre.

Ohne Rechtsfehler hat das Landgericht den Feststellungsantrag für- unbegründet erachtet. Die Unbegründetheit des Feststellungsantrages ergibt sich allein daraus, dass nach dem Klagevorbringen nichts für einen durch die Sperre des Nutzerkontos bedingten Schadens des Klägers ersichtlich ist. Das Landgericht hat insoweit zutreffend darauf abgestellt, dass der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen über das Nutzerkonto Waren zum Verkauf angeboten hat, die im Eigentum seiner Ehefrau – bei der er lediglich angestellt war – standen. Folglich kann dem Kläger ein Schaden nicht entstanden sein.

Auf die Hilfserwägungen des Landgerichts dazu, ob die Sperrung des Nutzerkontos gemäß § 2 Nr. 7 AGB berechtigt war, kommt es entscheidungserheblich nicht an. Demnach braucht auch den Ausführungen des Klägers – hierzu – im Schriftsatz vom 31.03.2005 (131. 472 ff. d.A.) nicht näher nachgegangen zu werden. Das gilt auch insoweit, als der Kläger in seinem Schriftsatz vom 28.04.2005 (BI. 521 f. d.A.) der Beklagten vorhält, sie habe aufgrund vertraglicher Nebenpflichten ihm "Transaktionsdaten" mitzuteilen gehabt.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläu­fige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert im Berufungsrechtszug: 6.500,00 €.

Rücknahme von ebay Angeboten nur ausnahmweise zulässig

Das Einstellen eines Warenangebots auf der Webseite von eBay zwecks Durchführung einer Online-Auktion begründet ein verbindliches Angebot. Die Wirksamkeit eines solchen verbindlichen Angebots wird durch die nach den eBay-Grundsätzen mögliche vorzeitige Beendigung der Auktion nicht berührt. Seine Willenserklärung kann der Anbieter nur im Wege der Anfechtung beseitigen. (amtlicher Leitsatz)

Urteil des Oberlandesgerichts Oldenburg 8 U 93/05 (12 O 2731/04 Landgericht Osnabrück) vom 28. Juli 2005

Keine Denic Haftung für nicht offensichtliche Rechtsverletzung

In einem weiteren Fall hat es ein deutsches Gericht abgelehnt, die Denic für mögliche Rechtsverletzungen anderer haften zu lassen. Der Inhaber der Marke "günstiger.de" hatte die Denic zur Vorbereitung der Registrierung von Umlautdomains auf die ihm zustehende Marke hingewiesen und verlangt, daß die Domain "günstiger.de" nicht für eine andere Person registriert werde. Es lagen aber auch andere Anmeldungen vor und die Registrierung erfolgte dann auch für eine andere Person (first come, first serve). Die von dem Kläger geltend gemachte Rechtsverletzung sei nicht offenkundig, weitergehende Prüfungspflichten habe die Denic nicht, wies das Hanseatische OLG den Anspruch des Antragstellers gegen die Denic zurück.

Hanseatisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 25. April 2005, AZ: 5 U 117/04
  
In dem Rechtsstreit


gegen

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, am 25. April 2005 beschlossen:

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Antragstellerin auferlegt.

Der Streitwert wird auch für die Berufungsinstanz auf € 250.000.- festgesetzt. Er vermindert sich ab der übereinstimmenden Erledigung des Rechtsstreits auf die bis dahin aufgelaufenen Kosten.

Begründung

I.
Die Antragstellerin ist ein Verlagsunternehmen. U.A. betreibt sie seit 1999 unter der Internetdomain www.guenstiger.de einen werbefinanzierten Informationsdienst, der dem Nutzer kostenlos die Möglichkeit des Preisvergleichs über verschiedene Produkte gibt, insbesondere solche über Produkte der Unterhaltungselektronik.
Der Geschäftsführer der Antragstellerin, S., ist Inhaber der deutschen Wortmarke „GuensTiger“ u.a. für Online-Dienstleistungen jeglicher Art und der Wort/Bildmarke „günstiger.de“ , einem gestalteten Schriftzug mit dahinterliegendem Stern.

Die Antragsgegnerin ist eine Internet-Service-Providerin und Genossenschaftsmitglied der Denic e.G. Sie verfügt über einen Marktanteil von 18.000 gespeicherten Domains.

Ab 1.3.2004 besteht die Möglichkeit, Domains mit Umlauten registrieren zu lassen. Die Denic vergab und vergibt auch diese Domains nach dem Prioritätsprinzip („first come, first serve“); die Möglichkeit einer Vorreservierung vor dem 1.3.2004 bestand bei der Denic nicht.

Am 14.2.2004 schickte die Antragstellerin an alle Mitglieder der Denic und an diese selbst ein Schreiben, in dem sie darauf verwies, dass sie über Kennzeichenrechte an den Begriffen „guenstiger.de“ und „günstiger.de“ verfüge und unter diesem Namen einen der größten deutschen Online-Preisvergleichsdienste im Internet betreibe. Sie verwies zugleich auf die o.g. Marken unter Angabe der Registrierungsnummer. Sie verlangte, jede Registrierung der Domain „günstiger.de“ an andere als die Antragstellerin zu unterlassen.

Die Antragsgegnerin reagierte mit Schreiben vom 17.2.2004. In diesem lehnte sie das Unterlassen der Registrierung ab, da für die Umlautdomains das Prinzip „first come, first served“ gelte. Sie bot der Antragstellerin jedoch an, die Domain für sie zu registrieren und legte ein entsprechendes Antragsformular bei. Darin ist vorgesehen, dass die Antragsgegnerin Provider ( Speicherung der Domain auf dem Name-Server ) für die Domain werden solle und der Preis pro registrierter Domain € 75.- pro Jahr betrage.
Der Geschäftsführer der Antragstellerin, Herr S., füllte das Antragsformular aus. Er trug seinen eigenen Namen als Domain-Inhaber und als administrativen Kontakt ein, unterschrieb es und versah es außerdem mit dem Firmenstempel der Antragstellerin. Er übersandte das Formular am 24.2.2004 per Fax an die Antragsgegnerin.

Zum 1.3.2004 lagen der Antragsgegnerin insgesamt neun Anträge auf Registrierung der Domain „günstiger.de“ vor, darunter der Antrag eines ihrer Mitarbeiter, Herrn G.. Alle Anträge wurden am 1.3.2004 an die Denic geleitet, wobei die Einzelheiten zwischen den Parteien streitig sind. Jedenfalls wurde Herr G. und nicht Herr S. oder die Antragstellerin als Inhaber der Domain „günstiger.de“ bei der Denic eingetragen. Er ist zugleich als administrativer Kontakt registriert. Als technischer Ansprechpartner und Zonenverwalter ist die Antragsgegnerin eingetragen.
Nachdem die Antragstellerin festgestellt hatte, dass nicht sie, sondern G. eingetragen worden war, bat sie die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 3.3.2004 um Übertragung der Domain auf sich. Als dies nicht geschah, mahnte sie die Antragsgegnerin unter dem 9.3.2004 unter Hinweis auf ihre Markenrechte ab. Da auch dies nicht den gewünschten Erfolg hatte, erwirkte sie unter dem 15.3.2004 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt wurde,

„ohne Berechtigung durch die Antragstellerin die Bezeichnung „günstiger“ bzw. „günstiger.de“ im Internet als domain zu registrieren und/oder zu benutzen und/oder zu verwalten und/oder im Internet zugänglich zu machen und/oder registrieren zu lassen und/oder benutzen zu lassen und/oder verwalten zu lassen.“

Diese einstweilige Verfügung hat das Landgericht mit Urteil vom 5.5.2004 nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens wieder aufgehoben. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivortrags und der Begründung des Landgerichts wird auf das landgerichtliche Urteil Bezug genommen.

Parallel zu dem vorliegenden Verfahren hatte die Antragstellerin Herrn G. in Anspruch genommen. Am 22.6.2004 schlossen die Antragstellerin und Herr G. vor dem Landgericht Hamburg einen Vergleich, worin sich Herr G. verpflichtete, die Domain „günstiger.de“ und die für ihn ebenfalls registrierte Domain „günstiger.info“ auf die Antragstellerin zu übertragen.

Mit ihrer am 15.7.2004 eingegangenen Berufung hatte die Antragstellerin zunächst folgende Anträge angekündigt :

1. unter Abänderung des am 5.5.2004 verkündeten Urteils des Landgerichts Hamburg die einstweilige Verfügung vom 15.3.2004 hinsichtlich des Begriffs „günstiger“ zu bestätigen.

2. festzustellen, dass sich der Rechtstreit hinsichtlich des Begriffs „günstiger.de“ erledigt hat.

Sie macht im Wesentlichen geltend: Der Verfügungsanspruch ergebe sich entgegen der Auffassung des Landgerichts aus Vertrag. Zwar habe die Antragsgegnerin die Registrierung bei der Denic nicht garantieren können, sie habe aber eine vertragliche Bemühenspflicht gehabt und hätte den Antrag der Antragstellerin bevorzugt behandeln müssen, d.h. ihn als ersten Antrag der Denic zuleiten müssen. Stattdessen habe sie ihren Mitarbeiter offenbar bevorzugt, dessen Antrag schon um 10.04 Uhr am 1.3.2004 bei der Denic registriert worden sei , während der Antrag der Antragstellerin erst um 15.42 Uhr der Denic zugeleitet worden sei (Anlagen B 1, K 5). Aufgrund der besonderen Gegebenheiten hätte sie auch die besseren Rechte der Antragstellerin an der Domain erkennen und prüfen müssen, da hier kein Massengeschäft wie bei der Denic vorgelegen habe. Sie hafte daher auch aus Markenrecht, und zwar jedenfalls als Mitstörerin. Ihr Mitarbeiter G. habe schon im Jahr 2001 ein Gewerbe für die Tätigkeiten „Vertrieb vom Hardware und Software, Programmierung von Software, Erstellung von Webseiten“ angemeldet und am 20.4.2004 ein einzelkaufmännisches Unternehmen u.a. für sämtliche Dienstleistungen rund um das Internet zur Eintragung gebracht. Hierbei handele es sich um Dienstleistungen, die unter die Marken der Antragstellerin fielen. Der Antragsgegnerin sei auch klar gewesen, dass sie an einer Markenverletzung mitgewirkt habe, denn sie habe selbst im Widerspruchsverfahren vorgetragen, dass Herr G. seit dem Jahr 2000 ein eigenes Inhaberunternehmen geführt habe. Herr G. vertreibe seine Leistungen sogar als Partnerfirma der Antragsgegnerin (Anlage K 10). Außerdem stünde der Antragstellerin entgegen der Ansicht des Landgerichts der Verfügungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der Behinderung nach den §§ 3, 4 Nr.10 UWG und ferner wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und der sittenwidrigen Schädigung zu, §§ 823, 826,1004 BGB.

Hinsichtlich des Begriffs „günstiger“ für andere Domains bestehe Wiederholungs-/ Erstbegehungsgefahr bezüglich weiterer Topleveldomains, nämlich z.B. „günstiger.biz“. Für diese Topleveldomain sei die Antragsgegnerin als eine der wenigen deutschen Registrare aktivlegitimiert. Zudem sei sie Inhaberin der Domain „guenstiger.name“ (Anlagen K 19- K 21).

Die Antragsgegnerin macht im Wesentlichen geltend: Vertragliche Ansprüche kämen nicht in Betracht, da der Registrierungsauftrag nicht von der Antragstellerin, sondern von Herrn S. gekommen sei. Diesen Auftrag hätte sie zusammen mit allen anderen Aufträgen am 1.3.2004 an die Denic geleitet. Insgesamt hätten ihr für den 1.3.2004 3118 Registrierungsaufträge vorgelegen. Aufgrund eines technischen Problems hätte die Denic schon um 10.01 Uhr die Annahme der Registrierungsaufträge abgebrochen. Als die Annahme am Nachmittag des 1.3.2004 wieder aufgenommen worden sei, habe die Antragsgegnerin die Registrierungsanträge – einschließlich des Antrags von Herrn S. – ein zweites Mal an die Denic übermittelt. Aus der Anlage K 5 lasse sich nur entnehmen, dass die Denic den Antrag des Herrn S. um 15.42 Uhr bearbeitet habe. Die Antragsgegnerin sei ihren Verpflichtungen nachgekommen, indem sie den Antrag des Herrn S. am 1.3.2004 an die Denic weitergeleitet habe. Im Übrigen gelte der Grundsatz „first come, first served“. Nach den rechtlichen Vorgaben, den Statuten der Denic und dem Vertragsverhältnis mit Herrn G. könne sie ihm die Domain nicht wieder entziehen.

Im Übrigen habe der Prokurist der Antragsgegnerin aufgrund des Schreibens der Antragstellerin vom 4.2.2004 die Rechtslage geprüft und keine Rechtsverletzung feststellen können. Die Antragstellerin sei der Antragsgegnerin damals nicht bekannt gewesen und bei „günstiger“ habe es sich um einen Gattungsbegriff gehandelt.

Der Antragsgegnerin sei auch nicht bekannt gewesen, dass ihr Mitarbeiter G. beabsichtigt hätte, die Domain „günstiger.de“ geschäftlich zu nutzen. Es bestünde keine Geschäftsbeziehung zwischen der Antragsgegnerin und Herrn G. Dies ergebe sich nicht aus der Anlage K 10, die nur ein Entwicklungsprojekt des Herrn G. wiedergebe.

Im Laufe des Berufungsverfahrens haben beide Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

II.
Nachdem die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hatte der Senat über die Kosten des Rechtsstreits gemäß § 91a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Danach waren die Kosten der Antragstellerin aufzuerlegen, denn der Senat folgt der Auffassung des Landgerichts, dass der Antragstellerin der geltend gemachte Verfügungsanpruch gegen die Antragsgegnerin nicht zustand. Diese Kostenentscheidung entspricht vorliegend auch der Billigkeit. Im Einzelnen:

1. Ein vertraglicher Anspruch scheitert aus zwei Gründen:

a) Der Antragstellerin fehlt die Aktivlegitimation. Der Registrierungsauftrag für die Domain „günstiger.de“ ist nämlich nicht von ihr, sondern von Herrn S. erteilt worden. Maßgeblich ist der Empfängerhorizont der Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der Verkehrssitte und Treu und Glauben, §§ 157, 242 BGB. S. war in dem Schreiben vom 24.2.2004 sowohl als Domain-Inhaber als auch als administrativer Kontakt, mithin Ansprechpartner für alle die Domain betreffenden Fragen, aufgeführt und hatte den Antrag unterzeichnet. Das Antragsformular sieht zwar eine mögliche Personenverschiedenheit zwischen Domaininhaber und der Person für den administrativen Kontakt vor, nicht aber zwischen Domaininhaber und administrativer Kontaktperson einerseits und Vertragspartner für den Registrierungsauftrag andererseits. Angesichts des erkennbar formalisierten Antragsverfahrens hätte die Antragstellerin es auf dem Antrag mindestens besonders vermerken müssen, wenn der Registrierungsauftrag trotz der genannten Umstände namens der Antragstellerin hätte erteilt werden sollen.

An dieser Bewertung ändert auch die Tatsache nichts, dass das vorangegangene Schreiben vom 4.2.2004 namens der Antragstellerin verfasst worden war und sich auf dem Antragsformular ihr Firmenstempel befand. Denn es ist keineswegs ungewöhnlich, dass juristische Personen die von ihnen genutzten Domains nicht auf ihren eigenen Namen laufen lassen, sondern diese von natürlichen Personen gehalten werden, um z.B. eine Inanspruchnahme wegen der Domaininhalte zu erschweren. Dies ist dem Senat aus seiner ständigen Befassung mit Sachverhalten aus dem Bereich des Internets bekannt. Auch bei gewerblichen Schutzrechten ist eine solche Konstellation häufiger anzutreffen. So werden auch die von der Antragstellerin beanspruchten Marken nicht von ihr, sondern von Herrn S. gehalten.

b) Selbst wenn die Antragstellerin den Registrierungsauftrag erteilt hätte, stünde ihr der Unterlassungsanspruch nicht zu.

Zwar ist dem Landgericht darin zuzustimmen, dass die Antragsgegnerin aufgrund des Registrierungsantrags nicht die rechtliche Verpflichtung übernommen hatte, auch für das Zustandekommen der Registrierung zu sorgen. Dies lag – für die Antragstellerin erkennbar – nicht in ihrer Hand, da die Zahl der für die Domain „günstiger.de“ am 1.3.2004 bei der Denic eingehenden Registrierungsanträge nicht vorherzusehen war und die Denic die Domains allein nach dem Prioritätsprinzip vergibt. Hierauf hatte die Antragsgegnerin in ihrem Schreiben vom 17.2.2004 auch noch einmal ausdrücklich hingewiesen.

Dennoch bestand aufgrund des der Antragsgegnerin erteilten Registrierungsauftrags zwischen den Parteien – die Aktivlegitimation der Antragstellerin unterstellt – eine rechtliche Bindung, nämlich ein Schuldverhältnis, § 241 BGB. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich hierbei um einen Auftrag gemäß § 662 BGB, gerichtet auf die – insoweit unentgeltliche – Übermittlung des Registrierungsersuchens an die Denic gehandelt hat, den die Antragsgegnerin spätestens durch die Eingabe der Antragsdaten in ihre Datenbank zwecks Weiterleitung an die Denic angenommen hat – §§ 151, 311 Abs.1 BGB – oder um ein vorvertragliches Schuldverhältnis zu dem Provider-Vertrag über die Verwaltung der Domain auf dem Domain-Name-Server der Antragsgegnerin, der im Falle einer gelungenen Registrierung zustande gekommen wäre, § 311 Abs.2 BGB. Jedenfalls bestand der Inhalt der aus dem vertraglichen oder vorvertraglichen Schuldverhältnis resultierenden rechtlichen Verpflichtung der Antragsgegnerin darin, den Registrierungsantrag vom 24.2.2004 am 1.3.2004 an die Denic zu übermitteln und etwaige weitere Anträge auf die Domain „günstiger.de“ nicht zu bevorzugen.

Die Weiterleitung hat sie unstreitig am 1.3.2004 vorgenommen. Dass sie den Antrag ihres Mitarbeiters G. hierbei bevorzugt behandelt hat, hat die Antragstellerin mit den Mitteln des vorliegenden Verfügungsverfahren nicht hinreichend glaubhaft machen können. Die Anlage K 6, die eine Registrierung der Domain zugunsten des Herrn G. schon für 10.04 Uhr am 1.3.2004 ausweist, während die von der Antragsgegnerin in erster Instanz vorgelegte Anlage B 1 auf eine Übermittlung der Registrierung des Herrn S. seitens der Antragsgegnerin erst um 15.42 Uhr am 1.3.2004 hindeutet (s.„ delivery-date“), ist von der Antragstellerin erst in der Berufungsinstanz vorgelegt worden und kann daher gemäß den §§ 529, 531 ZPO keine Berücksichtigung mehr finden. Zulassungsgründe im Sinne des § 531 Abs.2 ZPO hat die Antragstellerin nicht vorgetragen. Die Antragsgegnerin bestreitet auch, dass sie am 1.3.2004 erst um 15.42 Uhr den Registrierungsantrag des Herrn Schnoor an die Denic übermittelt hat und trägt hierzu jedenfalls nicht von vornherein unplausibel vor, sie habe sämtliche Registrierungsanträge für Umlautdomains am 1.3.2004 zusammen ab 10 Uhr an die Denic geleitet, diese habe wegen technischer Probleme um 10.01 Uhr die Annahme eingestellt und erst am Nachmittag wieder aufgenommen, woraufhin die Antragsgegnerin nochmals sämtliche Registrierungsanträge zusammen übersandt habe.
 
Weitergehende „Bemühenspflichten“ vermag der Senat entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht zu erkennen. Der im Internet gewerblich tätigen Antragstellerin musste von Anfang an klar sein – dies beweist ja ihr Rundschreiben vom 4.2.2004 -, dass für eine attraktive generische Domain wie „günstiger.de“ zum 1.3.2004 mit mehreren Anträgen zu rechnen sein würde. Dies schloss auch die Möglichkeit ein, dass die Antragsgegnerin, die nach dem Vortrag der Antragstellerin im Gegensatz zu anderen Providern schon vor dem 1.3.2004 Registrierungsaufträge entgegen nahm, mehr als nur den Antrag der Antragstellerin vorliegen haben würde. Die Antragstellerin konnte ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung mit der Antragsgegnerin nicht erwarten, dass ihr Antrag bevorzugt behandelt würde, um ihre Chancen bei der Denic zumindest gegenüber den von der Antragsgegnerin eingereichten übrigen Anträgen zu verbessern.

2. Auch kennzeichenrechtliche Unterlassungsansprüche nach den §§ 14 Abs.2 Nr. 2, 3, Abs.5 und 15 Abs.2, 3, 4 MarkenG hat das Landgericht mit überzeugender Begründung verneint. Eine eigene Benutzung fremder Kennzeichen liegt nicht schon in der Verwaltung der Domain „günstiger.de“ auf dem Name-Server der Antragsgegnerin (OLG Hamburg GRUR-RR 2003, 332,333 „Nimm2.com“). Eine Mittäterschaft oder Teilnahme an einer etwaigen Markenverletzung des Herrn G. hat die Antragstellerin nicht ausreichend substantiiert dargelegt. Selbst wenn die Antragsgegnerin gewusst hat, dass ihr Mitarbeiter G. ein eigenes Unternehmen besaß, ist damit noch nicht die Kenntnis von dem Gegenstand des Unternehmens und einer Verwendung der Domain „günstiger.de“ für dieses Unternehmen glaubhaft gemacht.

Der ergänzende Tatsachenvortrag der Antragstellerin zur behaupteten Kenntnis der Antragsgegnerin in der Berufungsinstanz erfolgt verspätet und kann daher nicht mehr berücksichtigt werden, §§ 529, 531 ZPO. Der Vortrag ist auch nicht unstreitig, sondern die Antragsgegnerin bleibt bei ihrer Behauptung, von einer geschäftlichen Nutzung der Domain durch Herrn G. nichts gewusst zu haben und bestreitet auch das Bestehen geschäftlicher Verbindungen. Im Übrigen ist die Handelsregistereintragung der Firma ivg internet.viel günstiger e.K. des Herrn G. nach dem 1.3.2004, nämlich am 20.4.2004, erfolgt (Anlage K 9) und die Bildschirmausdrucke Anlage K 10 stammen ebenfalls aus späterer Zeit, nämlich vom 29.4.2004.

Dem Landgericht ist ferner darin zuzustimmen, dass eine Haftung der Antragsgegnerin auch unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung zu verneinen ist, und zwar sowohl in der Phase der ursprünglichen Konnektierung der Domain „günstiger.de“ als auch nach Erhalt der Abmahnung vom 9.3.2004. Das Landgericht hat sich für diese Bewertung auf die Entscheidungen „ambiente.de“ des BGH zur Störerhaftung der Denic (WRP 2001,1305) und die bereits genannte Entscheidung „nimm2.com“ des HansOLG gestützt, in der das HansOLG Prüfungspflichten des Betreibers eines Domain-Name-Servers jedenfalls in einer Phase der ursprünglichen Konnektierung einer Domain, die automatisiert abläuft, verneint hat .

Hier ist die Antragsgegnerin zwar schon vor der Konnektierung mit dem Schreiben der Antragstellerin vom 4.2.2004 „vorgewarnt“ worden. Ob ein Markeninhaber allein durch Versendung derartiger Warnschreiben Prüfungspflichten des Betreibers eines Name-Servers einseitig begründen kann, erscheint indessen sehr zweifelhaft. Selbst wenn dies bejaht würde, wären derartige Prüfungspflichten auf offenkundige Rechtsverletzungen begrenzt. Dass die Eintragung einer Domain „günstiger.de“ für einen anderen als die Antragstellerin deren Kennzeichenrechte verletzen würde, war jedoch keineswegs offenkundig, wie das Landgericht überzeugend begründet hat. Auch nach Erhalt der Abmahnung vom 9.3.2004 war eine Offensichtlichkeit nach den ebenfalls zutreffenden Ausführungen des Landgerichts nicht gegeben.

Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin für ihren Rechtsstandpunkt auf eine Entscheidung des LG München vom 27.2.2002 (MMR 2002,690). Das LG München hatte die Störerhaftung eines Internet-Providers für rechtsverletzende Domains in einem Fall bejaht, in dem dem Provider eine einstweilige Verfügung gegen den Domain-Inhaber vorgelegt worden war, dieser sich im Ausland aufhielt und der Provider keine Anhaltspunkte für bessere Rechte des Domain-Inhabers hatte. Damit war die Rechtsverletzung durch eine gerichtliche Entscheidung bestätigt und es handelte sich außerdem um einen Fall, wo eine Verlagerung der Haftung von dem eigentlich Handelnden – dem Domain-Inhaber – auf die Providerin deshalb vertretbar erscheint, weil der Domain-Inhaber nur schwer greifbar war. Eine vergleichbare Konstellation liegt hier jedoch nicht vor, worauf auch das Landgericht zu Recht hingewiesen hat. Der Antragstellerin ist es zuzumuten, sich an den eigentlich handelnden Domain-Inhaber zu halten, was sie auch in dem Parallelrechtsstreit gegen diesen – mit Erfolg – getan hat.

3. Mit dem Landgericht sind auch wettbewerbsrechtliche Anspruchsgrundlagen zu verneinen, jetzt §§ 3, 4 Nr.10 UWG, 8 Abs.3 Nr.1 UWG. Diese scheitern schon daran, dass das Markenrecht eine abschließende Spezialregelung für Kennzeichenrechtsverletzungen darstellt, wenn nicht besondere Unlauterkeitsmerkmale vorliegen, die die Rechtsverletzung als spezifisch wettbewerbsbezogen erscheinen lassen. Daran fehlt es hier, wie das Landgericht überzeugend ausgeführt hat. Insbesondere ist nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin zur Förderung des Wettbewerbs des Herrn G. gehandelt hat. Insoweit kann auf die obigen Ausführungen Bezug genommen werden. Gleiches gilt für die Frage der Störerhaftung, die auch für wettbewerbsrechtliche Anspruchsgrundlagen zu verneinen ist.

4. Schließlich kommt auch kein Rückgriff auf allgemeine deliktsrechtliche Anspruchsgrundlagen in Betracht, § 823 Abs.1 BGB unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und § 826 BGB, jeweils i.V.m. § 1004 BGB. Einerseits ist auch insoweit das Markenrecht als abschließende Spezialregelung anzusehen, andererseits hat die Antragstellerin eine vorsätzliche auf die Schädigung der Antragstellerin abzielende Handlung der Antragsgegnerin nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Auch in diesem Punkt folgt der Senat der rechtlichen Würdigung des Landgerichts.

5. Soweit die Antragstellerin allgemein die Unterlassung der Registrierung, Benutzung, Verwaltung und Zugänglichmachung der Domain „günstiger“ mit anderen Top-Level-Domains als „.de“ begehrt hat, waren ihr ebenfalls die Kosten aufzuerlegen, da sie nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der übereinstimmenden Erledigung keinen Verfügungsanspruch gegen die Antragsgegnerin hatte. Mangels Rechtsverletzung im Zusammenhang mit der Domain „günstiger.de“ besteht keine Wiederholungsgefahr bezüglich weiterer „günstiger“-Domains. Für eine Erstbegehungsgefahr hat die Antragstellerin keine Tatsachen vorgetragen.

(Unterschriften)

Unfallersatztarif: Keine Darlegung der Preiskalkulation durch Geschädigten

Mit einer ganzen Reihe von Urteilen hat der Bundesgerichtshof erst in jüngster Zeit die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall klargestellt.

Daß die von ihm geforderte Darlegung der Kalkulationsansätze für den Geschädigten regelmäßig schwierig ist, hat jetzt das Amtsgericht Chemnitz veranlaßt, der Rechtsprechung des BGH eine klare Absage zu erteilen. Das erleichtet dem Geschädigten die Geltendmachung der Mietwagenkosten ganz erheblich.

Allerdings erwähnt auch das Amtsgericht, daß selbst das ihm übergeordnete Landgericht dies anders sieht.

Es bleibt also abzuwarten, ob sich die Ansicht des Amtsgerichts Chemnitz überhaupt durchsetzen kann.

Amtsgericht Chemnitz, 21 C 5078/04 Urteil vom 12.5.2005

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatzes

hat das Amtsgericht Chemnitz durch den Richter am Amtsgericht Bode aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14.04.2005
für Recht erkannt:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 844,48 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit dem 16. Juli 2004 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreites trägt der Kläger 1/5, die Beklagten 4/5 als Gesamtschuldner .

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund dieses Urteiles zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor die jeweils andere Seite Sicherheit in Höhe von 120 % des vollstreckten Betrages leistet.
Wert des Verfahrens; 1.080,00 EUR

Tatbestand

Die Parteien streiten noch um restliche Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall, der sich am 22. Juni 2004 gegen 10.45 Uhr in Chemnitz ereignet hat. Der Unfallhergang sowie die Einstandspflicht der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig; im Streit stehen allein ausstehende Mietwagenkosten in Höhe von 1.079,96 EUR. Das klägerische Fahrzeug war zur Instandsetzung der Unfallschäden vom 28. Juli bis zum 09. August 2004 in der Werkstatt. Dabei ist der Reparaturauftrag am 29. Juni 2004 erteilt worden; der Gutachter hat am gleichen Tag das Fahrzeug besichtigt und am 30. Juni 2004 sein Gutachten erstellt; die Ersatzteillieferungen erfolgten vom 01. Juli 2004 bis zum 06. Juli 2004. Reparaturbeginn war der 28. Juli 2004, ausgeliefert worden ist das Fahrzeug an den Kläger am 09. August 2004.

Im Reparaturzeitraum hat der Kläger bei der Firma XXX Autovermietung ein Fahrzeug der Marke Audi A6 Avant TDI gemietet. Die Mietwagenfirma hat dem Kläger unter Abrechnung nach Klasse 7 nach EURO-Mobil 11/01 insgesamt für 13 Tage 2.120,48 EUR brutto in Rechnung gestellt. Die Beklagte zu 2 hat aus diesem Betrag bislang lediglich 1.040,52 EUR ausgeglichen. Der Restbetrag wird mit der Klage geltend gemacht.

Der Kläger behauptet, die Verzögerung in der Reparaturausführung ursprünglich war eine Rückgabe des Fahrzeuges am 06. August 2004 vereinbart gewesen – habe auf einer von ihm nicht zu vertretenden Verzögerung im Reparaturablauf der Werkstatt beruht.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an ihn 1.079,96 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit dem 16. Juli 2004 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, dass der Kläger in Bezug auf die Reparaturdauer gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen habe. Der Unfall habe sich bereits im Juni 2004 ereignet; der Kläger habe sein Fahrzeug sodann am 28. Juli 2004 – einem Mittwoch – zur Reparatur gegeben. Die Beklagten sind der Auffassung, dass der Kläger, um nicht Gefahr zu laufen, 2 Wochen in die Reparaturzeit fallen zu lassen, das Fahrzeug an einem Montag in die Werkstatt hätte bringen müssen. Die Beklagten haben weiter – unbestritten – vorgetragen, dass ein vergleichbares Fahrzeug für eine Anmietdauer von 13 Tagen zu einem Preis von 692,10 EUR im Normaltarif erhältlich gewesen wäre. Unter Bezugnahme auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sind die Beklagten der Auffassung, dass es hinsichtlich des den ausgeglichenen Betrag überschießenden Teilbetrages an der Erforderlichkeit im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB fehle.
Wegen des weiteren Parteivortrages im Übrigen wird auf die vorbereitenden und zu den Akten gereichten Schriftsätze und ihre Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im tenorierten umfang begründet. Die Beklagten schulden dem Kläger als Gesamtschuldner (§ 426 ff. BGB) den tenorierten Betrag aus §§ 7, 17, StVG, 823 Abs. l BGB, l, 3 PflVG.

Im Einzelnen:

1.
Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig; Einwendungen hiergegen sind nicht erhoben.

2.
Der Höhe nach hat sich der Kläger aufgrund einer Verletzung seiner Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB) so behandeln zu lassen, als habe er das Fahrzeug nur für 11 Tage angemietet.

a)
Zutreffend ist der Einwand der Beklagten, der Kläger wäre verpflichtet gewesen, zur Vermeidung eines – weiteren – Wochenendaufenthaltes seines Fahrzeuges in der Werkstatt dieses bereits an einem Montag, also etwa am 26. Juli 2004 oder 02. August 2004 in die Werkstatt zu verbringen. Auch unter Berücksichtigung einer hohen Auslastung der Werkstatt wäre in diesem Fall das Fahrzeug jedenfalls so repariert worden, dass nicht noch ein Wochenende hierüber hätte verstreichen müssen. Dies war für den Kläger bei Ablieferung des Fahrzeuges auch evident und für ihn unter Anwendung der ihm zumutbaren und möglichen Sorgfalt erkennbar. Es ist auch weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich, dass es dem Kläger unmöglich gewesen wäre oder unzumutbare Schwierigkeiten bereitet hätte, so zu verfahren. Insbesondere ist unstreitig geblieben, dass der Reparaturzeitpunkt als solcher, da das Fahrzeug nach dem Verkehrsunfall weiterhin uneingeschränkt fahrbereit war, im Wesentlichen im Belieben des Klägers stand, der bei der Werkstatt deswegen auf einen anderen Einlieferungstermin hätte dringen können und müssen und die Terminsvorgabe der Werkstatt so nicht hätte hinnehmen dürfen.
b)
Dies vorangestellt sind von den Mietwagenkosten 2 Tage in Abzug zu bringen. Ausweislich der von dem Kläger vorgelegten Unfallersatztarifliste der Autovermietung Czernig fallen in der gewählten Fahrzeugklasse für 11 Tage Mietkosten in Höhe von 1.625,00 EUR an. Zuzüglich der Mehrwertsteuer (260,00 EUR) ergibt sich ein Betrag in Höhe von 1.885,00 EUR. Eigenersparnis ist nicht abzuziehen, weil der Kläger unbestritten vorgetragen hat, dass sein Vertragspartner eine Typklasse niedriger abgerechnet hat.
Nachdem die Beklagten auf diesen Betrag unstreitig 1.040,52 EUR gezahlt haben, bleiben noch 844,48 EUR zur Zahlung fällig.

3 .
Mit ihren im Übrigen gegen die Klageforderung gerichteten Einwendungen vermögen die Beklagten nicht durchzudringen:

a)
Es entspricht seit langem der gefestigten Rechtsmeinung des erkennenden Gerichts, dass den Unfallgeschädigten nach einem Verkehrsunfall eine Erkundigungspflicht nach etwaigen, günstigeren Anbietern von Mietwagen nur dann trifft, wenn sich ihm aufgrund des an seinem Fahrzeug entstandenen Schadens – oder aufgrund anderer Umstände, etwa aufgrund eines Hinweises der Haftpflichtversicherung des Schädigers auf die besondere Problematik des Unfallersatzwagengeschäftes – evident aufdrängen muss, dass durch die Anmietung des von ihm zunächst beabsichtigten Fahrzeuges ein unverhältnismäßig hoher Schaden droht (vgl. Amtsgericht Chemnitz, Urteil vom 26. Februar 2003, 21 C 2967/02; Urteil vom 26. Februar 2004, 21 C 5032/03; Urteil vom 16. September 2004, 21 C 1309/04). Von dieser Auffassung abzuweichen, sieht das Gericht auch nach Überprüfung keinen Anlass.

Entscheidend bleibt für das erkennende Gericht, dass der durchschnittliche Unfallgeschädigte, der erstmals in seinem Leben mit einem Verkehrsunfall und dessen Folgen konfrontiert wird und der nicht über besondere Rechts- oder Marktkenntnisse verfügt, ohne weiteres davon ausgeht und ausgehen darf, dass sich im Mietwagenbereich – wie dies aus allen anderen Bereichen des Wirtschaftslebens bekannt ist – den Marktmechanismen entsprechende, zwischen allen Anbietern etwa vergleichbare Preise ergeben. Dass durch Inanspruchnahme eines Fahrzeuges eines bestimmten Anbieters ein unverhältnismäßiger hoher Schaden entstehen könnte bzw. er durch Anmietung eines Fahrzeuges eines anderen Anbieters einen wesentlich geringeren Schaden verursachen könnte, ist dem durchschnittlichen Unfallgeschädigten weder bekannt, noch von ihm ohne weiteres erkennbar. Deswegen muß sich dem durchschnittlichen Geschädigten ohne besondere Rechts- oder Marktkenntnisse eine Notwendigkeit oder gar Verpflichtung, vor der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges Preiserkundigungen bei mehreren Anbietern einzuziehen, nicht aufdrängen. Der gegenteiligen Auffassung auch des Landgerichts Chemnitz vermag sich das Gericht auch weiterhin nicht anzuschließen.

Das vorliegend dem Kläger die Mietwagenproblematik als solche – etwa aufgrund eines Hinweises der Beklagten zu 2 – bekannt gewesen war oder sich ihm anhand des Schadens an seinem Fahrzeug hätte aufdrängen müssen, dass ein unverhältnismäßiger hoher Schaden drohte, behaupten die Beklagten selbst nicht.

b)
Die von den Beklagten vertretene Auffassung, der Kläger hätte ein Fahrzeug zum Normaltarif anmieten können und sollen, erachtet das Gericht auch weiterhin als völlig abwegig. Es ist weder vorgetragen, noch für das Gericht auch nur ansatzweise erkennbar, dass ein Geschädigter nach einem Verkehrsunfall in der Lage wäre, ein Fahrzeug zum Normaltarif anzumieten:

Bei entsprechender Nachfrage ist er verpflichtet, dem Autovermieter wahrheitsgemäß Auskunft darüber zu erteilen, dass er ein Unfallersatzfahrzeug benötigt. Lügt er auf diese Frage hin, macht er sich seinem Vertragspartner gegenüber einer Vertragsverletzung schuldig, da dieser auf der Grundlage dieser Angabe seine Preisbildung kalkuliert. Insoweit setzt sich der Geschädigte, der den Autovermieter in diesem Punkt belügt, der Gefahr zivilrechtlicher Inanspruchnahme, unter Umstände sogar der Gefahr der Strafverfolgung aus. Dass es dem Geschädigten andererseits bei wahrheitsgemäßer Angabe der Tatsachen möglich sein könnte, gleichwohl ein Auto zum Normaltarif zu erhalten, erscheint dem Gericht neben jeglicher Lebensrealität zu liegen. Der Autovermieter, der Kenntnis von den tatsächlichen Umständen und mithin davon hat, dass es sich um ein Unfallersatzfahrzeug handelt, wird zu Normaltarifen mit ihm schlicht und einfach nicht kontrahieren.

c)
Nicht durchzudringen vermögen die Beklagten auch, soweit sie dem Kläger unter Bezugnahme auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ansinnen wollen, zu den kalkulatorischen und betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen des Unfallersatzwagentarifes vorzutragen (BGH, Urteil vom 12. Oktober 2004, VI 2R 151/03; vom 26. Oktober 2004 VI ZR 300/03 und zuletzt bestätigt durch Urteil vom 15. Februar 2005, VI ZR 160/04). Denn der diesen Entscheidungen zugrundeliegenden Rechtsmeinung des Bundesgerichtshofes vermag sich das erkennende Gericht aus vielerlei Gründen nicht anzuschließen:

aa)
Bedenklich erscheint dem Gericht bereits, soweit der Bundesgerichtshof für die Frage der Erforderlichkeit im Sinne von § 249 Abs. 2 BGB darauf abstellt, ob sich der geltend gemachte Schadensbetrag nach Marktmechanismen entwickelt, die von Angebot und Nachfrage bestimmt sind. Alle dem Gericht hierzu vorliegenden Entscheidungen des Bundesgerichtshofes lassen eine weiterführende, rechtliche Begründung des postulierten Zusammenhanges zwischen Erforderlichkeit im Sinne von § 249 Abs. l BGB und den Marktmechanismen vollständig vermissen.

Dies wäre umso mehr geboten gewesen, als es aus Sicht des erkennenden Gerichtes doch gerade dem Schadensersatzrecht immanent ist, dass der Schädiger oftmals zur Schadensbeseitigung erforderliche Kosten zu ersetzen hat, die sich nach keinerlei Marktmechanismen bilden; zu denken sei hier etwa an die Kosten von Krankenhausbehandlungen (vgl. § 116 SGB X) oder auch öffentlichrechtlicher Abgaben, wie z.B. Um- und Abmeldekosten von Fahrzeugen, Rechtsanwaltsgebühren (BGH, NJW 1959, 1631), die Mehrwertsteuer (§ 249 Abs.2 S.2 BGB) oder auch die Kosten des KFZ-Sachverständigen (vgl. zu dieser Problematik Palandt-Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 249, Rdnr.40 m.w.N.). All diesen Kosten ist gemeinsam, dass sie sich zwar auch nach bestimmten Kriterien und Maßstäben orientieren und bilden, mit Marktwirtschaft im Sinne einer Preisentwicklung nach Angebot und Nachfrage indes nicht das Geringste zu tun haben.

Für einige dieser Kostenarten werden höhenmäßige Begrenzungen auch diskutiert (vgl. etwa für die Gutachterkosten AG Hagen, NZV 2003, 144) oder sind sogar anerkannt (Krankenbehandlungskosten vgl. BGH, NJW 1969, 2281) . Das indes auch . nur für eine dieser Kostenarten irgendjemand aus fehlenden Marktmechanismen den Schluß gezogen hätte, diese Kosten seien deswegen dem Geschädigten nur dann zu ersetzen, wenn er darlegt und nachweist, dass die Kosten durch die Besonderheiten des Unfalles marktwirtschaftlich "gerechtfertigt" seien, ist dem Gericht nicht bekannt.

Hinzukommt folgendes: Aus der Sicht der erkennenden Gerichts ist durchaus nicht von vornherein von der Hand zu weisen, dass sich auch der Unfallersatzwagentarif marktwirtschaftlich, nämlich nach Angebot und Nachfrage, bildet. Denn auch, wenn die verlangten Unfallersatzwagentarife teilweise erheblich über den "Normaltarifen" angesiedelt sind, unterscheiden sich die Unfallersatztarifspreise der jedenfalls im Einzugsbereich des erkennenden Gerichts tätigen Vermieter nicht so erheblich voneinander, wie es zu erwarten wäre, wenn nicht auch hier letztlich Marktmechanismen eine Rolle spielen und die jeweiligen Anbieter berücksichtigen müssten und berücksichtigen würden, wie die Mitbewerber – mindestens am regionalen Markt – ihre Preis gestalten.

bb)
Danach ist nicht davon auszugehen, dass die Frage marktwirtschaftlicher Preisgestaltung ein rechtlich taugliches Tatbestandsmerkmal zur Bestimmung der Erforderlichkeit i.S.v. § 249 Abs.2 S.l BGB ist.

Doch selbst, wenn der höchstrichterlichen Rechtsprechung bis zu diesem Punkt noch gefolgt werden könnte, verläßt diese Rechtsprechung dort, wo sie von dem Geschädigten verlangt, zu den betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen der Gestaltung und Berechnung des Unfallersatztarifes vorzutragen (und diese ggf. zu beweisen) den Boden anerkannten Prozeßrechts:

Der Geschädigte hat nach einem Verkehrsunfall von der Preiskalkulation seines Autovermieters regelmäßig keine Kenntnis und kann sich diese Kenntnis unter Anwendung der ihm zumutbaren und möglichen Sorgfalt auch nicht beschaffen. Denn dass das Vermietungsunternehmen ihm gegenüber auskunftspflichtig darüber sein könnte, wie es seine Preise kalkuliert, erscheint dem Gericht nicht einsichtig. Eine solche Information schuldet das Vermietungsunternehmen weder als vertragliche Haupt-, noch als Nebenpflicht. Und selbst wenn, stünden einem diesbezüglichen Informationsanspruch des Kunden erhebliche und letztlich wohl auch durchgreifende Geheimhaltungsinteressen des Unternehmens entgegen. Damit kann sich der Geschädigte die geforderten Informationen zur Preiskalkulation und Notwendigkeit der Unfallersatzwagentarife regelmäßig überhaupt nicht beschaffen.

Und selbst, wenn man einen rechtlich höherrangigen Informationsanspruch des Geschädigten noch bejahen wollte, erscheint es dem Gericht unverhältnismäßig, ihn – bevor er seinerseits den Schädiger bzw. dessen Versicherung auf Schadensersatz in Anspruch nehmen kann – darauf zu verweisen, seinen Vertragspartner auf Auskunftserteilung verklagen zu müssen. Denn freiwillig wird kaum ein Autovermieter seine Preiskalkulation offenlegen.

Den Geschädigten gleichwohl auf einen diesbezüglichen Sachvortrag und Nachweis festzulegen, verlangt ihm mithin Unmögliches ab und stellt damit eine verfassungwidrige, unzumutbare Rechtsschutzerschwerung dar (vgl. BVerfG vom 10. November 2004, l BvR 179/03).

cc)
Erkennbarer Hintergrund der bereits zitierten und vieler anderer, ober- und höchstrichterlicher Entscheidungen ist vielmehr, dass der Versicherungswirtschaft – und, ihr folgend, vielen Gerichten – die im Unfallersatzwagenbereich verlangten und gezahlten Entgelte subjektiv als zu hoch erscheinen. Dies mag nachvollziehbar sein, berechtigt die Rechtsprechung jedoch zur Rechtsüberzeugung des erkennenden Gerichts nicht, unter Überschreitung ihrer Auslegungsspielräume rechtspolitisch tätig zu werden. Dies wäre vielmehr allein Sache des Gesetz- oder eines Verordnungsgebers. So lange diese(r) indes untätig bleibt, haben die Beteiligten der Unfallschadensprozesses und haben auch die Gerichte hinzunehmen, dass die Autovermietungen unternehmen, was ihnen nach dem fundamentalsten Prinzip der Marktwirtschaft zukommt: Zu versuchen, für eine Dienstleistung den höchsten, am Markt überhaupt nur zu realisierenden Preis zu erhalten.
Begrenzt wird dieses grundsätzlich legitime Gewinnstreben in diesem Bereich allein durch die gesetzlichen Regelungen von § 138 BGB – was im übrigen nach Auffassung des erkennenden Gerichts auch durchaus ausreichend ist.

Dessen Grenzen sind hier indes weder erreicht, noch überschritten :

(1) Für eine Nichtigkeit wegen Wuchers (§ 138 Abs.2 BGB, vgl. LG Bonn, NJW-RR 1999, 464) fehlt jeder Vortrag der Beklagten, insbesondere ist weder vorgetragen, noch erkennbar, dass der Vermieter eine geschäftliche Unerfahrenheit oder wirtschaftliche Zwangslage des Klägers gekannt und ausgenutzt hätte.

(2) Aufgrund Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs.l BGB ist der Vertrag gleichfalls nicht nichtig. Anders, als etwa das AG Böblingen (Schaden-Praxis 2004, 375) meint, ist für die Frage der sittenwidrigen Relation zwischen Leistung und Gegenleistung nämlich nicht auf einen Vergleich zwischen Unfallersatz- und Normaltarifen abzustellen. Denn dies würde voraussetzen, dass der Geschädigte den Normaltarif überhaupt für sich realisieren könnte, was er, wie bereits ausgeführt, nicht kann. Als Vergleichsmaßstab tauglich sind allein die Unfallersatztarife anderer Anbieter, die sich – wie die vom Kläger vorgelegten Preislisten zeigen – durchaus in demselben Rahmen bewegen, in dem auch der streitgegenständlichen Vermieter des Klägers abgerechnet hat.

dd)
Dies vorangestellt sieht das Gericht auch keinerlei Veranlassung, den i. S. v. § 249 Abs. 2 S. l BGB erforderlichen Schadensbetrag etwa durch Sachverständigengutachten ermitteln zu lassen. Erforderlich ist vielmehr – bis zur Grenze von § 138 BGB und unter Maßgabe von § 254 BGB – was der Autovermieter seinem Vertragspartner für die gewährte Dienstleistung in Rechnung stellt und der Geschädigte ihm deswegen vertraglich schuldet.

Es kommt für das erkennende Gericht kraft vorstehender Gründe deswegen auch nicht darauf an, ob oder ob nicht der Kläger, hätte er denn eine Erkundigungspflicht gehabt, bei Erkundigungen bei verschiedenen Autovermietern zutreffende oder überhaupt Auskünfte zu den verlangten Entgelten erhalten hätte.

ee)
Die vorstehenden Ausführungen stellen den Geschädigten auch keineswegs, wie teilweise zu der Entscheidung des BGH in NJW 1996, 1958 vertreten wurde (Palandt-Heinrichs, aaO., Rdnr.31) von allen Sorgfaltspflichten frei. Wenn sich ihm aus dem Unfallschaden oder aufgrund anderer Hinweise aufdrängen muß, dass durch die Anmietung ein unverhältnismäßig hoher Schaden droht, ist er auch nach Auffassung des erkennenden Gerichts – und zwar unabhängig von der Anmietdauer und insoweit weitergehend als die bisher herrschende Rechtsprechung – verpflichtet, Preisvergleiche anzustellen und zu versuchen, den Schaden zu minimieren. Aber den seit langem bestehenden Streit zwischen Versicherungswirtschaft und Vermietungsunternehmen auf dem Rücken des bereits durch den Unfall – unverschuldet und rechtswidrig – Geschädigten auszutragen, erscheint dem Gericht als völlig unangemessen.

Nachdem die Beklagten weitere, erhebliche Einwendungen gegen die Klageforderung nicht erheben, waren sie im übrigen antragsgemäß zur Zahlung zu verurteilen.

4.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1 BGB, die Entscheidung zur vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.