Die kostenlose Beigabe einer Sonnenbrille zu einer Jugendzeitschrift ist nicht wettbewerbswidrig

Von einer unangemessenen unsachlichen Beeinflussung der Entscheidungsfreiheit von Verbrauchern nach § 4 Nr. 1 UWG ist regelmäßig nicht allein deshalb auszugehen, weil dem Produkt eine im Verhältnis zum Verkaufspreis wertvolle Zugabe ohne zusätzliches Entgelt beigefügt wird.

Eine Ausnutzung der geschäftlichen Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen i.S. von § 4 Nr. 2 UWG ist nicht gegeben, wenn eine Jugendzeitschrift zusammen mit einer Sonnenbrille abgegeben wird.

Für die Frage, ob bei einem kombinierten Produkt i.S. von § 30 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 GWB die Zeitschrift im Vordergrund steht, kommt es nicht darauf an, ob die Nebenware als Zusatz den Inhalt der Zeitschrift ergänzt oder ob es sich um eine branchenfremde Zugabe handelt.

BGH
Urteil vom 22. September 2005
Az.: I ZR 28/03

Die vollständige Entscheidung können Sie auf der Seite des Bundesgerichtshofes nachlesen.

Information über zusätzlich anfallende Liefer- und Versandkosten in AGBs ausreichend

Eine klare und verständliche Information des Verbrauchers über zusätzlich zum Warenpreis anfallende Liefer- und Versandkosten im Online-Warenhandel kann erfolgen,  ohne dass die Versandkosten noch einmal in einer – auf der für die Bestellung eingerichteten Internetseite unmittelbar vor Abschluss des Bestellvorgangs erscheinenden – "Bestell-Übersicht"  neben dem Warenpreis der Höhe nach ausgewiesen werden müssen.

BGH
Urteil vom 5. Oktober 2005
Az.: VIII ZR 382/04

Die vollständige Entscheidung können Sie auf der Seite des Bundesgerichtshofes nachlesen.

Priorität des geschäftlichen Zeichens gegenüber späterer Domain und Marke (confetti.de)

Wer eine geschäftliche Bezeichnung (hier confetti) für eine bestimmte Ware oder Dienstleistung nutzt, kann die später aufgenommene Verwendung dieser Bezeichnung für eine gleichartige Ware oder Dienstleistung als Domain und / oder als Marke untersagen. (Leitsatz von schwarz-anwaelte.de)

Landgericht Düsseldorf
Verkündet am 23. November 2005
Az.: 34 O 218/04


Im Namen des Volkes

Teilanerkenntnis- und Schlußurteil

…………………………………………….

-Kläger-

Prozessbevollmächtigte: …………………………………..

Gegen

…………………………………………………………………………………………….. – Großbritannien,
gesetzlich vertreten durch ihre Directors, ……………………………………………………………….

-Beklagte-

Prozessbevollmächtigte: ……………………………………………..

hat die 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht ………………. sowie die Handelsrichterin ………………………. und den Handelsrichter …………………………….

Für R e c h t  erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Zeichenfolge „Confetti“ für die Bereitstellung von Informationen zu der Planung und Gestaltung von Flyern, Events, Partys und Festen jeder Art zu verwenden.

2. Die Beklagte wird verurteilt, in die Löschung der deutschen Wortmarke ………………… „Confetti“ einzuwilligen, soweit es folgende Dienstleistungen und/oder Waren betrifft: „Veröffentlichung und Herausgabe von Texten und Informationen, auch auf elektronischem Wege und über das Internet, Unterhaltung, insbesondere Vermittlung von Informationen bezüglich Unterhaltung, Partyplanung, Vermietung von Fotoausrüstung, Filmgeräten und Filmzubehör; Vermittlung von Informationen bezüglich Catering und Verpflegung; gewerbsmäßige Beratung (ausgenommen Unternehmensberatung); Vermietung von Zelten“.

3. Es wird festgestellt, dass der Beklagten kein Anspruch gegenüber dem Kläger zusteht, es zu unterlassen, im Geschäftsverkehr unter der Internetadresse „confetti.de“ ein Branchenbuch anzubieten und/oder zu unterhalten.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 60.000,00 Euro, welche auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer Bank oder Sparkasse erbracht werden kann, vorläufig vollstreckbar.

Streitwert: 60.000,00 Euro

Tatbestand:

Der Kläger tritt seit dem Jahr 1989 bundesweit im geschäftlichen Verkehr unter der Bezeichnung „Confetti“, teilweise auch unter „Confetti Marketing“ oder „Confetti & Co.“, auf. Unter diesen Bezeichnungen übt er eine geschäftliche Tätigkeit aus, die sich mit der Gestaltung von Partys, Feiern, Betriebsfesten, Familienfesten und Hochzeiten für Dritte gegen Entgelt befaßt. Sein Dienstleistungsprogramm umfaßt neben der Beratung und Vorbereitung solcher Feiern die Vermietung und den Betrieb von Geräten zur Unterhaltung, das Catering, die Veranstaltung von Unterhaltungswettbewerben, die Vermittlung von Künstlern und Moderatoren sowie das gesamte Projektmanagement für die Ausrichtung. Darüber vermittelt der Kläger auch Fotografen, Videofilmer, Drucker, Grafiker und andere Angehörige von Berufsgruppen, die bei der Gestaltung solcher Feiern Unterstützung leisten. Der Kläger verwendet seit 1989 bis heute die Bezeichnung „Confetti“ auch im Geschäftsbetrieb z. B. auf Rechnungen, Briefbögen, Visitenkarten, Broschüren usw. Weiterhin ist der Kläger seit 1996 Inhaber der Internetdomain „confetti.de“. Er verwendet diese Domain für die Darstellung seiner geschäftlichen Aktivitäten und für den damit verbundenen E-Mail-Verkehr. Außerdem ist der Kläger seit 1998 Inhaber der deutschen Wortmarke „Confetti“ mit Priorität vom 30.08.1996. Diese Wortmarke genießt Schutz für die Dienstleistungen „Kinder- und Jugendmarketingberatung von Unternehmen in regionalen und überregionalen Bereichen, nämlich Unternehmensberatung bei der Zielgruppenorientierung und der Planung, der Logistik und der Durchführung von Sales Promotion ( Verkaufsförderung ) auch im Rahmen von Veranstaltungen und Open-Air-Veranstaltungen zur Kundenbindung sowie von Verkaufsveranstaltungen mit Animationen und von Bastelworkshops“.

Die Beklagte tritt unter ihrer Firma seit Mitte 2000 auf; sie ist Inhaberin der Internetdomain „confetti.co.uk“. Sie bietet insbesondere auch über ihren Internetauftritt einen interaktiven Hochzeitsservice an. Dabei bietet sie Rat und Informationen zu Hochzeitsthemen an und verkauft im Distanz- und Einzelhandel Produkte rund um das Thema Hochzeit. Die Beklagte bietet ihre Leistungen auch deutschen Kunden an und unterhält dementsprechend unter der Firmenbezeichnung „Confetti Network Germany GmbH“ in Kallstadt eine Niederlassung für den Bereich der Bundesrepublik Deutschland. Die Beklagte ist außerdem Inhaberin der deutschen Wortmarke „Confetti“ mit Priorität vom 23.12.1999, die für Waren und Dienstleistungen in den Klassen 16, 35, 39 und 42, unter anderem für Druckereierzeugnisse, Partyplanung, Vermietung von Zelten und die Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken geschützt ist. Sie ist darüber hinaus für die in dem Tenor unter Ziffer 2. bezeichneten Produkte.

Die Beklagte hat den Kläger durch anwaltliches Schreiben vom 19.08.2004 (Anlage K 10 – Bl. 70/71 d. A.) abgemahnt und den Kläger zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung aufgefordert, wonach der Kläger es unterlassen sollte, im geschäftlichen Verkehr unter der Internetadresse www.confetti.de näher bestimmte Produkte und Dienstleistungen anzubieten, insbesondere ein Branchenbuch anzubieten und zu unterhalten.

Der Kläger ist der Ansicht, er könne von der Beklagten verlangen, dass diese es in Zukunft unterläßt, in dem in Tenor im Einzelnen wiedergegebenen Umfang das Zeichen „confetti“ auf dem deutschen Markt zu verwenden. Er ist der Ansicht, ein entsprechender Unterlassungsanspruch des Klägers sei gegeben, weil dieser mit der Aufnahme der Benutzung des Zeichens „confetti“ seit dem Jahre 1989 die besseren Rechte an einer entsprechenden geschäftlichen Bezeichnung erworben habe. Der Kläger begehrt weiterhin Teillöschung der deutschen Marke „confetti“ der Beklagten sowie festzustellen, dass der Beklagten dem Kläger gegenüber der mit der Abmahnung geltend gemachte Unterlassungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zusteht.

Der Kläger beantragt,

1. der Beklagten bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 Euro zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr die Zeichenfolge „confetti“ für die Bereitstellung von Informationen zu und der Planung und der Gestaltung von Feiern, Events, Partys und Festen jeder Art zu verwenden.

2. die Beklagte zu verurteilen, in die Löschung der deutschen Wortmarke ………………… „confetti“ einzuwilligen, soweit es folgende Dienstleistungen und/oder Waren betrifft: „Veröffentlichung und Herausgabe von Texten und Informationen, auch auf elektronischem Wege und über das Internet, Unterhaltung, insbesondere Vermittlung von Informationen bezüglich Unterhaltung, Partyplanung, Vermietung von Fotoausrüstung, Filmgeräten und Filmzubehör; Vermittlung von Informationen bezüglich Catering und Verpflegung; gewerbsmäßige Beratung (ausgenommen Unternehmensberatung); Vermietung von Zelten“.

3. festzustellen, dass der Beklagten kein Anspruch gegenüber dem Kläger zusteht, es zu unterlassen, im Geschäftsverkehr unter der Internetadresse „confetti.de“ ein Branchenbuch anzubieten und/oder zu unterhalten.

Die Beklagte erkennt

1. unter Verwahrung gegen die Kostenlast an, dass der Kläger von ihr verlangen kann, im geschäftlichen Verkehr die Zeichenfolge „confetti“ für die Bereitstellung von Informationen zu und der Planung und Gestaltung von Feiern, Events, Partys und Festen, jeweils für Kinder und Jugendliche, nicht zu verwenden.

2. Unter Verwahrung gegen die Kostenlast erkennt die Beklagte an, dass dem Kläger ein Anspruch auf Beschränkung der deutschen Wortmarke ………………… „confetti“ zusteht, soweit folgende Dienstleistungen und/oder Waren betroffen sind: „Veröffentlichung und Herausgabe von Texten und Informationen, auch auf elektronischem Wege und über das Internet, soweit die Dienstleistungen Kinder und Jugendliche betreffen, Unterhaltung, insbesondere Vermittlung von Informationen bezüglich Unterhaltung, soweit die Dienstleistungen Kinder und Jugendliche betreffen,  Partyplanung, soweit die Dienstleistungen Kinder und Jugendliche betreffen, gewerbsmäßige Beratung (ausgenommen Unternehmensberatung), soweit die Dienstleistungen Kinder und Jugendliche betreffen.

3. Unter Verwahrung gegen die Kostenlast erkennt die Beklagte an, dass ihr kein Anspruch gegen den Kläger zusteht, es zu unterlassen unter der Internetadresse www.confetti.de ein Branchenbuch anzubieten und/oder zu unterhalten.

Im Übrigen beantragt die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, die Geschäftsbereiche der Parteien seien völlig unterschiedlich. Die Rechte des Klägers gegen die Beklagte aus der geschäftlichen Bezeichnung „confetti“ des Klägers seien auf Kinder- und Jugendveranstaltungen beschränkt. Die Bezeichnung „confetti“ habe darüberhinaus nur eine sehr geringe Unterscheidungskraft. Der Unterlassungsanspruch sei insgesamt nur auf den tatsächlichen Einsatzbereich des Klägers zum Zeitpunkt der Aufnahme der Tätigkeit der Beklagten im Jahre 1999/2000 beschränkt; damals habe der Kläger allerdings nur Veranstaltungen im Kinder- und Jugendbereich organisiert. Dafür spreche auch seine berufliche Qualifikation als Diplom-Spielpädagoge. Insgesamt ergebe sich aus alledem, dass, soweit die Beklagte die geltend gemachten Ansprüche nicht teilweise anerkannt habe, die Klage unbegründet sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wir auf den Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage des Klägers ist zulässig und hat auch in der Sache in vollem Umfang Erfolg.

Zunächst einmal ist festzustellen, dass die Beklagte die Klageanträge zu Ziffer 1. Und 2. teilweise und den Klageantrag zu Ziffer 3. uneingeschränkt anerkannt hat, so dass insoweit ein Teilanerkenntnis ergeht, welches gemäß § 313 b ZPO keiner Begründung bedarf. Dieses Teilanerkenntnisurteil entspricht dem im Tatbestand wiedergegebenen Umfang. Soweit in der Klageerwiderung der Beklagten vom 18.05.2005 darüberhinaus bezüglich der Klageanträge zu Ziffer 1. und 2. hilfsweise weitergehende Anerkenntnisse angekündigt worden sind, sind diese hilfsweise angekündigten Anerkenntnisse auf ausdrückliches Befragen der Kammer in dem Termin zur mündlichen Verhandlung vom 19.10.2005 nicht mehr abgegeben worden.

Bezüglich des Klageantrags zu Ziffer 1. ist die Klage des Klägers gegen die Beklagte aber auch über das Anerkenntnis hinaus begründet. Der Kläger kann von der Beklagten nämlich verlangen, dass diese es unterläßt, im geschäftlichen Verkehr die Zeichenfolge „confetti“ für die Bereitstellung von Informationen zu und der Planung und Gestaltung von Feiern, Events, Partys und Festen jeder Art zu verwenden. Ein entsprechender Unterlassungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte ergibt sich aus §§ 5, 15 Abs. 4 MarkenG. Der Kläger, der die geschäftliche Bezeichnung „confetti“ nämlich unstreitig bereits seit 1989 für seine geschäftliche Tätigkeit der Planung und Gestaltung von Feiern, Events, Partys und Festen jeder Art verwendet hat, hat durch die Benutzung des Zeichens confetti im geschäftlichen Verkehr Schutz an dieser geschäftlichen Bezeichnung erlangt. Zu diesen Dienstleistungen gehört aber nach dem unstreitigen Vortrag der Parteien die Bereitstellung von Informationen zu und die Planung sowie Gestaltung von Feiern, Events, Partys und Festen jeder Art, so dass der Kläger insoweit als Inhaber eines entsprechenden ausschließlichen Rechts von der Beklagten gemäß § 15 Abs. 4 MarkenG verlangen kann, dass diese es unterläßt in diesem geschützten Bereich die Bezeichnung „confetti“ zu verwenden. Der Schutzbereich umfaßt dabei Informationen, Planung und Gestaltung von Feiern, Events, Partys und Festen jeder Art für Kinder, Jugendliche und Erwachsene und  zugleich auch für Hochzeitsfeiern. Der Kläger hat nämlich auch bereits in dem Zeitraum vor 1999/2000, d.h. bevor die Beklagte auf dem deutschen Markt tätig geworden ist, unter der Bezeichnung „confetti“ Hochzeiten und Partys für Erwachsene als Dienstleistung für Dritte gegen Entgelt geplant und durchgeführt. Dies ergibt sich zunächst auch einmal aus den Veranstaltungen, wie sie in der Anlage K 13 des Klägers aufgeführt worden sind und von der Beklagten nicht bestritten worden sind. Dies folgt weiterhin aber auch daraus, dass der Kläger bereits unstreitig in den Jahren 1991 und 1993 Veranstaltungen mit „Rhein- und Schunkelliedern“ und „Hochzeitsmärschen“ sowie „Seniorenarbeit“ (Anlage K 1) angeboten und durchgeführt hat, so dass sich auch daraus ergibt, dass bereits in diesem Zeitraum der Kläger über den Bereich von Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche hinaus Veranstaltungen mit Erwachsenen und insbesondere auch im Zusammenhang mit Hochzeiten angeboten und durchgeführt hat.

Aus demselben Grunde kann der Kläger auch verlangen, dass die Beklagte in die teilweise Löschung der deutschen Wortmarke ………………………. „confetti“ einwilligt bezüglich der in dem Antrag zu Ziffer 2. im Tenor wiedergegebenen Dienstleistungen und/oder Waren. Der entsprechende Anspruch auf Teillöschung ergibt sich aus § 51 Abs. 1, 12 MarkenG. Nach § 51 Abs. 1 MarkenG wird nämlich eine eingetragene Marke, wie vorliegend die Marke der Beklagten, auf Klage des Klägers wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn ihr ein Recht im Sinne der §§ 9 bis 13 MarkenG mit älterem Zeitrang entgegensteht. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben, denn der Kläger verfügt bezüglich der hier in Rede stehenden Bezeichnung „confetti“ über die älteren Markenrechte, da er – wie vorstehend ausgeführt – bereits viele Jahre bevor die Beklagte die deutsche Wortmarke ………………………….. „confetti“ beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet hat, die geschäftliche Bezeichnung „confetti“ seit 1989 im geschäftlichen Verkehr für die hier in Rede stehenden Dienstleistungen bzw. mit diesen Dienstleistungen verwechselungsfähige Dienstleistungen verwendet hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Es ergeben sich keine Gesichtspunkte, die im Hinblick auf das Teilanerkenntnis eine andere Kostenentscheidung zu Gunsten der Beklagten rechtfertigen könnten.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Urteils ergibt sich aus §§ 708, 709 ZPO.

Sozialversicherungsbeitrage werden früher fällig


Sozialversicherungsbeiträge früher fällig

 
Wie in jedem Jahr gibt es auch in 2006 einige gesetzliche Änderungen, welche auch und vor allem Auswirkungen auf die Arbeitgeber und deren Zahlungsverpflichtungen haben.
 
So waren bisher die Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitsentgelte, die bis zum Monatsende fällig waren, bis zum 15. des Folgemonats zu zahlen. Diese Regelung wird ab 2006 durch eine neue Vorschrift ersetzt:
 
Danach sind die Beiträge in voraussichtlicher Höhe der Beitragsschuld spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig. Einen gegebenenfalls verbleibenden Restbeitrag müssen Arbeitgeber bis zum drittletzten Bankarbeitstag des Folgemonats abführen. Aufgrund dieser Vorverlegung der Fälligkeit kann es vorkommen, dass den
Arbeitgebern nicht alle für die Beitragsbemessung erforderlichen Fakten und Daten (z.B. Fehlzeiten, Änderungen des Personenbestandes) bekannt sind.

Der Arbeitgeber muss die voraussichtliche Höhe so genau wie möglich ermitteln. Änderungen, welche nach der letzten
Entgeltabrechnung eintreten sind selbstverständlich zu berücksichtigen mit der Folge, dass eventuelle Unterschiedsbeträge im nächsten Abrechnungszeiträume zu entrichten bzw. zu verrechnen sind.
 
Übergangsregelung für Januar 2006
 
Durch die Fälligkeitsvorverlagerung kann es bei Arbeitgebern zu Liquiditätsproblemen kommen. Um dies zu vermeiden, hat der Gesetzgeber kleinen und mittleren Unternehmen die Möglichkeit eingeräumt, eine Übergangsregelung wahrnehmen: Die Zahlung der am 27. Januar 2006 fälligen

Beiträge können jeweils in Höhe von einem Sechstel der Beitragsschuld auf die Monate Februar bis Juli 2006 aufgeteilt werden. Die im Januar 2006 fälligen Beträge müssen demzufolge nicht sofort entrichtet werden, sondern können ratierlich zu je einem Sechstel in den Folgemonaten bis einschließlich Juli 2007 gezahlt werden.
 
Hierzu sollten Sie vorab dem jeweiligen Rentenversicherungsträger als Einzugsstelle schriftlich mitteilen, dass Sie von der Übergangsregelung Gebrauch machen wollen.

Die Spitzenverbände der Sozialversicherung haben sich darauf verständigt, daß die Geltendmachung der Übergangsregelung durch die Übermittlung eines „Null-Beitragsnachweises“ und die Nichtzahlung des Januarbeitrages am 27.1.2006 erfolgen soll.

Dies und weitere ausführliche Erläuterungen finden Sie in einer Verlautbarung der Spitzenverbände, die im Internet unter www.vdak.de abgerufen werden kann. Auf Wunsch senden wir Ihnen auch gerne einen Ausdruck zu.

Manipulation von Wegfahrsperre als Verletzung eines Geschäftsgeheimnisses

Die Manipulation von Wegfahrsperren durch dazu hergerichtete Geräte können eine Verletzung eines Geschäftsgeheimnisses sein. Diese Geräte können daher eingezogen werden.

AG Konstanz
Strafbefehl vom 7. Oktober 2005 – rechtskräftig seit 27. Oktober 2005
Az.: 10 Cs 60 Js 5031/05 – AK 419/05

S T R A F B E F E H L

Die Staatsanwaltschaft legt Ihnen folgenden Sachverhalt zur Last:

Sie beide reisten am 17.02.2005 von Konstanz aus bei Kreuzlingen mit dem Mietwagen Peugeot VD …… in die Schweiz ein. Bei der Überprüfung durch die Schweizer Grenzwacht wurde festgestellt, dass Sie, Herr R…………., in der Hosentasche Ihrer am Körper getragenen Hose ein Gerät zur Manipulation und unberechtigten Überwindung der Wegfahrsperren von hochwertigen BMW Fahrzeugen mitführten. Die Kabel-Steckverbindungen des Geräts sind auf die Anschlüsse der zur Bordelektronik gehörenden, im Fahrzeug eingebauten sog.  Wegfahrsperre der aktuellen BMW X5 Fahrzeuge abgestimmt. Sie, Herr C………….. trugen in der Hosentasche Ihrer am Körper getragenen Hose fünf Transponder bei sich. Diese Transponder dienen, was Ihnen beiden bewusst war, als Fahrzeugschlüssel für Fahrzeuge, bei denen die elektronische, rechner- und softwaregesteuerte Wegfahrsperre zuvor genau mit dem Gerät, welches Herr R……….. bei sich trug, manipuliert wurde.

Die elekronische Wegfahrsperre bei hochwertigen Fahrzeugen des Typs BMW X5 wird durch den Hersteller BMW AG mittels Software und Programmroutinen sowie darauf abgestimmter Hardware realisiert. Details des Schutzverfahrens sind ein vom Hersteller gehütetes Geschäftsgeheimnis. Dies war Ihnen bekannt sowie, dass das Manipulationsgerät und die darauf abgestimmten Transponder, welche Sie von unbekannt gebliebenen Personen in Deutschland erhalten hatten, das entsprechende Geschäftsgeheimnis der BMW AG verkörpern. Ihnen beiden war ebenso bewusst, dass Sie nicht zur Nutzung des Geschäftsgeheimnisses, welches Sie zu eigenen Zwecken verwenden wollten, berechtigt waren.

Sie werden daher beschuldigt,

Sie haben

jeweils gemeinschaftlich

aus Eigennutz oder zugunsten eines Dritten oder in der Absicht, dem Inhaber des Unternehmens Schaden zuzufügen, sich ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis durch Anwendung technischer Mittel oder Herstellung einer verkörperten Wiedergabe des Geheimnisses unbefugt verschafft oder gesichert,

– weswegen Strafantrag gestellt und das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung bejaht ist,

– weswegen 1 Selbstbaugerät und 5 Transponder Philips einzuziehen sind,

strafbar als

bei Ihnen jeweils

1 Vergehen des gemeinschaftlichen Verrats von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 UWG i.V.m. §§ 25 Abs. 2, 74 StGB, § 17 Abs. 5 UWG.

Beweismittel:

Gegen Sie wird jeweils
eine Geldstrafe in Höhe von 150 Tagessätzen verhängt. Der Tagessatz wird auf XXXX Euro festgesetzt.
Die Geldstrafe beträgt somit insgesamt jeweils XXXXX Euro.

Gemäß § 74 StGB wird die Einziehung des elektronischen Selbstbaugeräts zur Überwindung von BMW-X5-Wegfahrsperren sowie fünf Transponder "Philips" angeordnet.

Sie haben jeweils die Kosten des Verfahrens und Ihre notwendigen Auslagen zu tragen.

Rechtsbehelfsbelehrung:

….

Irreführendes „Produkt des Jahres“

Eine Entscheidung des OLG Hamburg zu einer Werbung von t-online zeigt eine Problematik des Wettbewerbsrechts auf, wenn Gerichtsentscheidungen nur auf dem Verständnis von Richtern begründet werden. Einerseits wird man einräumen müssen, daß man das Verständnis des angesprochenen Verkehrs (ein unbestimmter Begriff mit dem man – nach dem Volksmund "alles und nichts" begründen kann) in der Tat zutreffend nur durch umfangreiche Gutachten wird ermitteln können. Andererseits sollte man dann aber nur eklatante Wettbewerbsverstöße sanktionieren. Um einen solchen dürfte es sich bei dem hier entschiedenen Fall aber wohl nicht handen. Lesen Sie selbst:

Hanseatisches OLG Hamburg

Urteil vom 25. August 2005

Az. 5 U 193/04

Gründe

I.
Die Parteien streiten um die Wettbewerbswidrigkeit einer Werbeaussage der Antragsgegnerin in einem einer Computerfachzeitschrift beigelegten Faltblatt.

Die Antragstellerin ist ein Internetzugangsprovider, der seinen  Kunden unter anderem die ko-stenpflichti-ge Einwahl in das Internet über Modem-, ISDN- oder DSL- Verbindungen ermög-licht. Die Antragsgegne-rin ist Wettbewerberin der Antragstellerin. Sie ermöglicht ihren Kunden ebenfalls die kostenpflichtige Einwahl in das Internet über analoge, ISDN- und DSLVerbindun-gen. Hierfür wirbt sie unter anderem inWerbeprospekten, die verschiedenen Zeitschriften beige-legt werden.

In einemWerbeprospekt, der unter anderem auch der deutschlandweit vertriebenen Ausgabe 6/2004 der Computerfachzeitschrift "PC Welt" beilag, warb sie für die von ihr angebotenen DSL-Internet-Zugangstarife. Eine Doppelseite, die mit der magentafarbigen Hausfarbe der Antrags-gegnerin unterlegt wurde, ist in weißer Schrift überschrieben mit der Aufforderung "Wählen Sie den passenden T-Online-DSL-Tarif". Im rechten Teil dieses magentafarbigen Feldes ist eine Art Siegel abgedruckt, bei dem auf dunkelbraunrotem Grund in gelber Schrift geschrieben ist: "Pro-dukt des Jahres 2003/2004". Darunter steht in weißer Schrift "PC Magazin". Über der Aussage "Produkt des Jahres 2003/2004" ist ein gelb unterlegter Kreis abgebildet, in dem es heißt: "1. Platz". Unterhalb des Logos auf dem magentafarbigen Untergrund steht in weißer Schrift:

"Kategorie: bester Internet-Provider Ausgabe: PC-Magazin 05/2004".

Auf der betreffenden Doppelseite des Prospektes werden zwei von der Antragsgegnerin angebo-tene DSL-Zugangstarife beschrieben. Die Doppelseite wird nachfolgend eingeblendet :

Die Computer-Fachzeitschrift "PC-Magazin" hatte kurz zuvor ihre Leser im Rahmen einer Akti-on "Pro-dukte des Jahres 2003/2004" dazu aufgefordert, in verschiedenen Kategorien abzustim-men und das Pro-dukt des Jahres in der jeweiligen Kategorie zu wählen. Zu den bei der Leserbe-fragung vorgegebenen Pro-duktkategorien gehörte auch die Kategorie "Bester Internet-Provider". An der Abstimmung hatten sich etwa 25.000 Leser beteiligt. In der Ausgabe 05/2004 der Zeit-schrift wurden die "Gewinner" der Leserum-frage in den jeweiligen Kategorien veröffentlicht. In der Kategorie "Bester Internet-Provider" hatten 24,8 % der teilnehmenden Leser für die Antrags-gegnerin, 16,8 % für die 1 & 1 Internet AG und 15,2 % für die Antragstellerin gestimmt.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, die angesprochenen Verkehrskreise würden durch die Darstellung in demWerbeprospekt der Antragsgegnerin irregeführt, weil die Antragsgegnerin die erhaltene Auszeich-nung im Zusammenhang mit einem konkret von ihr genannten Produkt ver-wende, obwohl ihr die Aus-zeichnung nicht für dieses Produkt verliehen worden sei. Es entstehe auch der Eindruck, das beworbene Produkt sei von einem neutralen Dritten objektiv getestet, mit Konkurrenzprodukten verglichen und besser bewertet worden als andere. Tatsächlich sei die Auszeichnung allein für das Unternehmen aufgrund eines Leservotums verliehen worden.

Mit einstweiliger Verfügung vom 24.5.2004 hat das Landgericht Hamburg, KfH 16, Az.: 416 O 97/04, der Antragsgegnerin verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken desWettbewerbs in der an Endverbrau-cher gerichteten Werbung mit der Aussage "1. Platz Produkt des Jahres 2003/2004 PC Magazin" für DSL-Internet-Zugangstarife zu werben, wenn dies wie in der oben abgebildeten Anzeige geschehe.

Gegen diese einstweilige Verfügung hat die Antragsgegnerin Widerspruch eingelegt. Es sei un-zutreffend, dass die Aufschrift "Kategorie: Bester Internet-Provider Ausgabe: PC-Magazin 05/2004" in deutlich klei-nerer Schrift gehalten sei als die erste Aufschrift. Die Schriftgröße sei die gleiche. Für die Auswahlent-scheidung eines Internet-Service-Providers sei neben einem konkreten Produkt auch die Unternehmenslei-stung als Ganzes maßgeblich. Ein Produktver-gleichstest werde etwa bei der Auszeichnung "Auto des Jah-res" oder "Fußballer des Jahres" ebenfalls nicht vorgenommen. Solche Auszeichnungen kämen auch an-hand einer Abstimmung zustande.

Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin gegen die einstweilige Verfügung hat das Landgericht  Ham-burg, KfH 16 nach am 2.11.2004 geschlossener mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 2.11.2004 die einstweilige Verfügung bestätigt und den Widerspruch zurückgewiesen. Mit der Berufung verfolgt die Antragsgegnerin ihr mit demWiderspruch verfolgtes Ziel weiter. Die Aus-zeichnung "Produkt des Jahres" sei der Name der Preisverleihung. Dies werde vom angesproche-nen Verkehr auch so erkannt, dem ent-sprechende Prämiierungen durch Fachzeitschriften auch aus anderen Bereichen bekannt seien ( Anlagen BB 1 und 2 ). Er setze diesen Namen nicht mit der Auszeichnung selbst gleich und erwarte nicht, dass die Angabe "Produkt des Jahres 2003/2004" die Auszeichnung für ein bestimmtes Produkt sei. Dies gelte insbesondere, da in der angegriffenen Werbung eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte abgebildet wor-den seien. Ein besonderer Bezug zu einer oder all diesen abgebildeten Waren und Dienstleistungen schaffe die angegriffene Angabe nicht.

Der angesprochene Verkehr nehme die Angaben auf der streitgegenständlichen Werbung als ein-heitlichen Blickfang wahr. Er ordne insbesondere die Worte "1. Platz" lediglich dem Hinweis "Kategorie: Bester Internet Provider" zu. Daher sei es ausgeschlossen, dass der angesprochene Verkehr den ersten Platz auf eine Ware oder Dienstleistung beziehe, die – mehr oder minder zu-fällig – in demWerbeprospekt genannt worden sei.

Die Antragsgegnerin beantragt,

das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 2.11.2004, 416 O 97/04, abzuändern, die einstweilige Verfü-gung des Landgerichts Hamburg vom 24.05.2004 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer entspre- chenden Einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil und beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die ursprünglich im Beschlusswege erlasse-ne einstweilige Verfügung zu Recht im Widerspruchsverfahren bestätigt. Fehler des Landgerichts bei der Rechtsanwendung sind nicht erkennbar. Das Berufungsvorbringen der An-tragsgegnerin führt zu keiner anderen Beurteilung der Rechtslage. Der Antragsstellerin steht ge-genüber der Antragsgegnerin ein Unter-lassungsanspruch nach den §§ 3, 5 Abs. 2 Nr. 3, § 8 Abs. 1, 3 Nr.1 UWG zu. Im Einzelnen:

Durch die streitgegenständliche Darstellung täuscht die Antragsgegnerin die angesprochenen Verkehrs-kreise über den Gegenstand der von ihr erzielten Auszeichnung.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob eine Irreführung des Verkehrs schon deshalb vorliegt, weil die Preis-verleihung auf einer bloßen Leserumfrage beruht und nicht auf einem Test durch unab-hängige Sachver-ständige oder jedenfalls durch fachkundige Journalisten der Fachzeitschrift "PC Magazin". Denn mit dem Landgericht ergibt sich eine Irreführung der angesprochenen Verkehrs-kreise jedenfalls daraus, dass das Siegel "1. Platz Produkt des Jahres 2003/2004 PC-Magazin" durch die Einbeziehung in die magentafarbi-ge Kopfzeile, die die Aufforderung enthält, den pas-senden TOnline-DSL-Tarif zu wählen, einen deutli-chen Bezug zu diesem Produkt erhält. Die Positionierung des Siegels steht in dieser Art der Präsentation nicht im Zusammenhang mit dem Unternehmen T-Online, sondern in Bezug zu dem konkret beworbenen Tarif. Dem steht nicht entgegen, dass es sich dabei um zwei verschiedeneWahlmöglichkeiten von Tarifen handelt. Durch die deutlich hervorgehobene Überschrift "Wählen Sie den passenden T-Online DSL-Tarif" und die daneben befindliche Abbildung der Auszeichnung in Form eines Siegels werden die an-gesproche-nen Verkehrskreise die Auszeichnung zu beiden darunter beworbenen Produkten in Beziehung setzen, die nur als Unterkategorien des "T-Online-DSL-Tarif" erscheinen. Eine derar-tige Nennung von zwei ver-schiedenen DSL-Tarifen unter einer entsprechenden Oberkategorie erscheint in einer Werbebroschüre auch nicht als zufällig, sondern wird so wahrgenommen, dass den angesprochenen Verkehrskreisen ver-schiedene Wahlmöglichkeiten unter einer prämierten Oberkategorie eröffnet werden. Insbesondere liegt ein Verständnis dahingehend nahe, dass der von der Antragsgegnerin angebotene DSL-Zugang unabhän-gig von den einzelnen Tarifen in qualitativer Hinsicht ausgezeichnet worden ist, z.B. Schnelligkeit und Qualität des Bildaufbaus, des Download usw.

Dieser Eindruck wird auch nicht durch die unterhalb des Siegels abgebildete Aussage "Kategorie: Bester Internet-Provider Ausgabe PCMagazin 05/2004" korrigiert. Das Landgericht hat zutref-fend festgestellt, dass diese Angaben nicht als einheitlicher Blickfang mit der darüber befindli-chen Grafik wahrgenommen werden. Der Hinweis tritt stark hinter die Angaben in der optisch nach außen abgeschlossenen und farb-lich deutlich abgesetzten siegelartigen Grafik "1. Platz Produkt des Jahres 2003/ 2004" und "PC-Magazin" zurück, da er unterhalb dieser geschlossenen Grafik angeordnet ist und in einer anderen Farbe und Schrifttype gehalten ist . Er kann den ge-wonnenen Eindruck nicht entkräften.

Das Landgericht hat ferner richtig erkannt, dass der Hinweis – selbst wenn er zur Kenntnis ge-nommen wird – auch inhaltlich nicht geeignet ist, eine Irreführung auszuräumen, weil er in Bezug auf die darüber befindliche Aussage vielfältig interpretierbar ist und daher nicht sichergestellt ist, dass der Verkehr aus den Angaben einen zutreffenden Schluss zieht.

Denn der Hinweis auf die Kategorie "Bester Internet-Provider" ist nicht vollständig geeignet, den Ein-druck zu entkräften, der beworbene Tarif sei ausgezeichnet worden. Dies folgt daraus, dass der Hinweis inhaltlich im Widerspruch zu der Angabe "Produkt des Jahres" steht, da ein Internet Provider kein Pro-dukt, also keineWare oder Dienstleistung, sondern ein Unternehmen ist. Ein Teil der angesprochenen Verkehrskreise wird im Fall eines solche Widerspruchs der ersten Aus-sage, die überdies noch durch die deutliche Hervorhebung als wichtigste Information wahrge-nommen wird, die entscheidende Bedeutung beimessen und diesen unzutreffenden Eindruck nicht mehr revidieren.

Insbesondere wird ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs, der den Wider-spruch er-kennt und aufzulösen versucht, den Hinweis so interpretieren, dass es sich bei der Ka-tegorie "Bester Inter-net-Provider" um eine Art Oberkategorie handelt, innerhalb der unter ande-rem das von einem Internet-Provider angebotene "Produkt des Jahres" prämiert wurde. Dies um so mehr, da den angesprochenen Ver-kehrskreisen nicht ohne weiteres bekannt sein wird, dass das PC-Magazin die Auszeichnung "Produkt des Jahres" in verschiedenen Kategorien vergibt und welche dies sind. Tatsächlich beziehen sich von den 28 Kategorien, in denen der Preis "Produkt des Jahres" vergeben wird, 26 auf bestimmte Hardware- und Software-Produkte und nur zwei auf ein Unternehmen insgesamt ( Anlage As 4 : "Bester Internetprovider" und "Bester Direktanbie-ter" ). Derartige Besonderheiten werden jedenfalls rechtlich erheblichen Teilen des Verkehrs mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht bekannt sein und er wird – wie ausgeführt – trotzWahr-nehmung des unter dem Siegel befindlichen Hinweises dahingehend irregeührt, dass die Kate-gorie "Bester Internetprovider" in direktem Zusammenhang mit einem bestimmten Produkt des betreffen-den Internetproviders steht, hier dem beworbenen DSL-Zugang.

Mit der Angabe "Produkt des Jahres 2003/2004" verbindet der angesprochene Verkehr entgegen der Mei-nung der Antragsgegnerin auch nicht allein den Namen der Preisverleihung, mindestens nicht in rechtlich erheblichen Teilen. Er entnimmt dieser Aussage die Auszeichnung innerhalb einer bestimmten Kategorie, wie es dem Sinn solcher Preisverleihungen entspricht. Dies ergibt sich auch aus den von der Antragsgeg-nerin mitgeteilten Ergebnissen der Leserwahl der Zeit-schrift "autohifi" zum "Gerät des Jahres" 2002. Auch hier wurden in allen Kategorien konkrete Geräte aus dem Bereich des Auto-HIFI prämiert. Soweit der Antragsgegnerin darin zuzustimmen ist, dass dem Verkehr entsprechende Preisverleihungen bekannt seien, ist dies mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nur unter der Voraussetzung der Fall, dass der Ver-kehr bei einer Bezeich-nung wie "Gerät des Jahres" oder aber "Produkt des Jahres" davon ausgeht, der Preis sei jeweils für ein konkretes Gerät oder Produkt verliehen worden und nicht für einen bestimmten Anbieter. Folglich erwartet der Verkehr auch bei einem als "Produkt des Jahres" bezeichneten Preis, dass die Auszeichnung für ein ganz bestimmtes Produkt vergeben wurde, nicht aber allgemein für ein Unter-nehmen. Der Verkehr erkennt in der Bezeichnung nicht nur den Namen des jeweiligen Preises, sondern sieht in der entsprechenden Bezeichnung regelmäßig auch das konkret Bewer-tete.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, soweit die Antragstellerin noch vor Erlass der einstweiligen Verfügung ihren Antrag auf die konkrete Verletzungsform beschränkt hat, aus § 92 II Nr. 1 ZPO.

Verletzung von Wort-/Bildmarke durch Gattungs-Umlautdomains (hier verneint)

In teils instruktiven Entscheidungen haben das Landgericht Frankenthal (günstig.de) und das OLG München (österreich.de) den Schutz von Gattungsdomains gegenüber eingetragenen Wortbildmarken für den entsprechenden Begriff gewährt. In beiden Fällen handelt es sich nach den Urteilen um Begriffe, deren Wortbestandteil für sich nicht schutzfähig ist. Eine Ähnlichkeit mit dem Bildbestandteil war nicht vorhanden. Teilweise wurde die Verwechslungsgefahr verneint, weil die jeweiligen Geschäftsbereiche unterschiedlich waren (wobei unter dem 4.1.2006 bei österreich.de nicht mehr das im Urteil geschilderte Inhalt festzustellen war, sondern nur der sinnlose Satz: "Pip – Pip – Pip – Harry hat mich lieb :)".  So ganz ernst gemeint kann ein solches Angebot nicht sein.

Genaue Abgrenzung hinsichtlich des Bauleistungsanteils von Verträgen über Wartung und Instandsetzung

 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.10.2006 – Verg 35/06

1. Verträge über die Wartung und Instandsetzung sind hinsichtlich des Bauleistungsanteils genau abzugrenzen.

2. Allein die Tatsache, dass der Instandsetzungsanteil ca. 25 % beträgt, rechtfertigt nicht die Annahme, dass die VOB/A Anwendung findet.

3. Wenn der Auftrag neben Dienstleistungen Bauleistungen umfasst, die im Verhältnis zum Hauptgegenstand Nebenarbeiten sind, findet die VOL/A Anwendung.

 

 

Entscheidung im Volltext:

Fundstellen: IBR 2007, 44; IBR 2007, 45
 

18.10.2006

Oberlandesgericht Düsseldorf

Beschluss

Verg 35/06

GWB § 99 Abs. 1, 4, 6 Satz 2, § 107 Abs. 3 Satz 1, 2; VgV § 2 Nr. 2, 4, 5; VOL/A § 1a Nr. 2 Abs. 1, § 7a Nr. 2 Abs. 3, § 17 Nr. 1 Abs. 2

1. Verträge über die Wartung und Instandsetzung sind hinsichtlich des Bauleistungsanteils genau abzugrenzen.
2. Allein die Tatsache, dass der Instandsetzungsanteil ca. 25% beträgt, rechtfertigt nicht die Annahme, dass die VOB/A Anwendung findet.
3. Wenn der Auftrag neben Dienstleistungen Bauleistungen umfasst, die im Verhältnis zum Hauptgegenstand Nebenarbeiten sind, findet die VOL/A Anwendung.
4. Die falsche Vergabeart unterliegt überhaupt nur dann der Rügeobliegenheit, wenn sie aus der Vergabebekanntmachung erkannt werden konnte.
5. Die Kenntnis der falschen Vergabeart setzt erst mit Hinzuziehung juristischen Sachverstandes ein.
6. Die geforderten Eignungsnachweise sind in der Vergabebekanntmachung anzugeben.
7. Die Forderung eines bereits länger als zwei Jahre gültigen QM-Zertifikates ist unzulässig.
8. Der Ausschluss eines Angebots, trotz eines individuell gesetzten Vertrauenstatbestandes, ist nicht vergaberechtskonform.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.10.2006 – Verg 35/06

Gründe:

I. Als Unternehmen der B…, dem das Gebäudemanagement obliegt, schrieb die Antragsgegnerin im Februar 2006 die Wartung von gefahrenmelde-, informations- und sicherheitstechnischen Anlagen (Brandmeldeanlagen, elektroakustische Anlagen, Einbruchmeldeanlagen, Videoüberwachungsanlagen, Rauch-Wärme-Abzugsanlagen sowie Brand- und Rauschutztüren) in zum Geschäftsbereich der B… gehörenden Gebäuden im Wege einer nationalen Bekanntmachung öffentlich aus. Es sollten bei zehn Losen "Rahmenwartungsverträge" über Wartung und Instandhaltung geschlossen werden. Die Antragsgegnerin legte dem Vergabeverfahren die VOB/A zugrunde. Die Vergabebekanntmachung enthielt u.a. den Hinweis:

Angaben zu Maßnahmen der Qualitätssicherung müssen auf Anforderung erfolgen.

In den Verdingungsunterlagen forderte die Antragsgegnerin in Bezug auf eine Qualitätsmanagementsicherung mit dem Angebot die Vorlage eines

gültigen und seit mehr als zwei Kalenderjahren bestehenden QMS-Zertifikats nach DIN ISO 9001/DIN ISO 9002:1994 bzw. aktueller DIN EN ISO 9001:2000 einer anerkannten Zertifizierungsstelle.

Die Antragstellerin reichte mit ihrem Angebot Zertifikate über ein Qualitätsmanagement (QM-Zertifikate) ein, die – bezogen auf den Zeitpunkt der Vergabebekanntmachung und bei Ablauf der Frist für die Angebotsabgabe – noch nicht zwei Jahre gültig waren.

Die Submission ergab, dass wegen Unvollständigkeit sowie Fehlens geforderter Eignungsnachweise keines der 13 eingegangenen Angebote wertbar war. Aufgrund dessen hob die Antragsgegnerin das Vergabeverfahren auf und führte – ohne erneute Vergabebekanntmachung – ein beschränktes Verfahren durch. Sie teilte dies den Bietern mit (Schreiben vom 4.4.2006) und forderte sie auf, bestimmte, individuell noch nicht beigebrachte Eignungsnachweise nachzureichen. Auch das an die Antragstellerin gerichtete Schreiben nannte verschiedene, noch beizubringende Eignungsnachweise. Die Vorlage eines (seit mehr als zwei Jahren gültigen) QM-Zertifikats war darin aber nicht aufgeführt.

Anschließend gab die Antragsgegnerin die Verdingungsunterlagen heraus, so u.a. auch an die Antragstellerin. Neben dem Angebot der Antragstellerin gingen elf weitere Angebote ein. Das Angebot der Antragstellerin ist bei allen zehn Losen das preisgünstigste. Nach zwei Bietergesprächen mit der Antragstellerin, deren Gegenstand die Preise und die Kalkulation waren, erteilte die Antragsgegnerin am 9.6.2006 der Beigeladenen zu 1 den Zuschlag auf die Lose 1, 4, 6 und 8, der Beigeladenen zu 2 den Zuschlag auf die Lose 2 und 7 sowie der Beigeladenen zu 3 den Zuschlag auf die Lose 3 und 5. Unterdessen ließ die Antragstellerin durch Anwaltsschreiben vom 23.5.2006 rügen, dass es sich bei den ausgeschriebenen Leistungen nicht um Bau-, sondern um Dienstleistungen handele, so dass – da in diesem Fall der maßgebende Schwellenwert überschritten sei – eine europaweite Bekanntmachung habe erfolgen müssen. Unter dem 12.6.2006 informierte die Antragsgegnerin die Antragstellerin, ihr Angebot werde von der Wertung ausgeschlossen, da kein seit zwei Jahren gültiges QM-Zertifikat vorgelegt worden sei. Die Antragstellerin ließ dies mit Schreiben ihrer Rechtsanwälte vom 13.6.2006 beanstanden und stellte am 26.6.2006 einen Nachprüfungsantrag. Nach Zustellung des Nachprüfungsantrags erteilte die Antragsgegnerin unter dem 28.6.2006 der Beigeladenen zu 4 den Zuschlag auf die Lose 9 und 10.

Im erstinstanzlichen Nachprüfungsverfahren stritten die Verfahrensbeteiligten über den Ausschluss des Angebots der Antragstellerin sowie darüber, ob die ausgeschriebenen Leistungen als Bau- oder als Dienstleistungen einzuordnen sind, ob die Antragstellerin insoweit sowie mit Blick auf das gewählte Verfahren einer nationalen Ausschreibung einer Rügeobliegenheit unterlag und ob sie dieser rechtzeitig nachgekommen war. Mit ihrem Hauptantrag begehrte die Antragstellerin die Verpflichtung der Antragsgegnerin, das von ihr eingereichte Angebot zu werten. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene traten dem Vorbringen der Antragstellerin entgegen und beantragten, den Nachprüfungsantrag zu verwerfen.

Die Vergabekammer verwarf den Nachprüfungsantrag. Nach ausführlicher Prüfung stimmte sie der Antragstellerin zwar darin zu, dass die ausgeschriebenen Leistungen als Dienstleistungen zu qualifizieren seien. Jedoch erkannte die Vergabekammer eine Verletzung der Rügeobliegenheit durch die Antragstellerin, da schon aufgrund der Vergabebekanntmachung im Rahmen der öffentlichen Ausschreibung zu erkennen gewesen sei, dass die Antragsgegnerin die Rechtsnatur der Verträge fehlerhaft eingeordnet habe. Daraus leitete die Vergabekammer ab, die Antragstellerin sei nicht nur mit der Beanstandung einer unrichtigen rechtlichen Einordnung des Vertrages und der Wahl eines fehlerhaften Verfahrens, sondern zugleich mit allen weiteren Beanstandungen, die mit der Wahl der Verfahrensart bestimmungsgemäß zusammenhingen, ausgeschlossen. Die Vergabekammer folgte darin der Entscheidung des KG vom 17.10.2002 (2 Kart Verg 13/02, NZBau 2003, 338, 339 = VergabeR 2003, 50, 51) und nahm an, die Antragstellerin sei deswegen so zu behandeln, als erreiche der ausgeschriebene Auftrag nicht den für die Anwendung des Vergaberechtsregimes maßgebenden Schwellenwert. Der gerügte Vergaberechtsverstoß könne deswegen mit einem Nachprüfungsantrag nicht zulässig angegriffen werden.

Die Antragstellerin hat gegen die Entscheidung der Vergabekammer sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses nach ihren erstinstanzlichen Schlussanträgen zu erkennen, mithin insbesondere die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr Angebot zu werten.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene beantragen,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigen die angefochtene Entscheidung.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze Bezug genommen.

II. Die sofortige Beschwerde hat Erfolg.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet. Die Antragsgegnerin hat den Auftrag rechtsfehlerhaft als Bauauftrag verstanden und infolgedessen, und zwar wegen des dann höheren Schwellenwerts, von einer europaweiten Ausschreibung abgesehen. Aufgrund der objektiv gegebenen Sachlage ist das Nachprüfungsverfahren eröffnet, da Gegenstand der Beschaffung Dienstleistungen sind. Die Nachprüfung des Verfahrens ergibt, dass die Antragstellerin oder deren Angebot vergabefehlerhaft von der Wertung ausgeschlossen worden ist.

1. a) Das Nachprüfungsverfahren ist statthaft, da der in Rede stehende öffentliche Auftrag dem Vergaberechtsregime des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) unterliegt. Dies ist – kurz zusammengefasst – immer dann anzunehmen, wenn von einem öffentlichen Auftraggeber ein öffentlicher Auftrag vergeben werden soll, der den maßgebenden Schwellenwert erreicht oder übersteigt, und keiner der in § 100 Abs. 2 GWB oder sonst normierten Ausnahmetatbestände gegeben ist. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Maßgebend ist insoweit die objektive Sachlage.

(1.) Die Antragsgegnerin ist öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 2 GWB, da die B…, eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 367 S. 1 SGB III), die Aufsicht über ihre Leitung ausübt.

(2.) Bei den ausgeschriebenen Aufträgen handelt es sich um öffentliche Dienstleistungsaufträge nach § 99 Abs. 1 und 4 GWB, die den maßgebenden Schwellenwert von 130.000 Euro (§ 2 Nr. 2 VgV) um ein Mehrfaches übersteigen. Die Aufträge aus den Losen und die Auftragswerte der Einzelaufträge sind zusammenzurechnen (§ 2 Nr. 5, Nr. 4 VgV). Die Vergabekammer hat die Rechtsnatur der Aufträge im Ergebnis und in der Begründung mit Recht als Dienstleistung und nicht als Bauleistung beurteilt. Insoweit kann auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen werden (S. 14 bis 20). Zur Vermeidung von Wiederholungen sollen nur die auch dem Senat wesentlich erscheinenden Überlegungen nochmals angegeben werden. Die Begriffsbestimmung bei Bau- und Dienstleistungen ist autonom vorzunehmen. Sie entspricht nicht der im deutschen Recht geltenden Unterscheidung zwischen Werk- und Dienstleistungen, sondern beruht auf dem Begriffsverständnis der EG-Vergaberichtlinie 2004/18/EG und der Vorläuferrichtlinien. Die Abgrenzung richtet sich nach § 99 Abs. 6 S. 2 GWB. Danach gilt ein öffentlicher Auftrag, der neben Dienstleistungen Bauleistungen umfasst, die im Verhältnis zum Hauptgegenstand Nebenarbeiten sind, als Dienstleistungsauftrag. Die Abgrenzung ist einer generalisierenden Bewertung, insbesondere einer solchen anhand bestimmter Anteile von Bau- und Dienstleistungen am Auftragswert entzogen. Die Wertanteile erfüllen insoweit lediglich eine Orientierungs- und Kontrollfunktion. Entscheidend kommt es darauf an, aufgrund einer Analyse der kennzeichnenden und in den Verdingungsunterlagen dokumentierten rechtlichen sowie wirtschaftlichen Gesamtumstände den Schwerpunkt des Auftrags zu ermitteln (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.3.2003 – Verg 49/02, BA 14 ff. m.w.N.). Im Streitfall nehmen nach eigener Schätzung der Antragsgegnerin die – neben reinen Wartungsarbeiten – überhaupt nur als Bauleistungen in Frage kommenden Instandsetzungsarbeiten einen Anteil von etwa 25 % am Gesamtauftragswert ein. Der Wertanteil ist zutreffend in ein Verhältnis zum Gesamtauftragswert zu setzen. Er deutet auf erste Sicht nicht darauf hin, dass Bauleistungen mehr als bloße Nebenleistungen sind. Dies fügt sich darin ein, dass die der Wartung unterliegenden Anlagen bereits vorhanden sind. Gemäß Nr. 2.1.4 des Entwurfs eines Wartungsvertrages soll der Auftragnehmer u.a. Instandsetzungsarbeiten im Zusammenhang mit der Wartung vorzunehmen haben. Der Aufwand soll auf eine Arbeitsstunde und 50 Euro für Material begrenzt sein (Nr. 2.2.3 des Vertragsentwurfs). Nach Art und Umfang scheiden diese Arbeiten für Bauleistungen aus. Daneben sollen nach Nr. 2.1.5 des Vertragsentwurfs Instandsetzungsarbeiten auf Anforderung des Auftraggebers geleistet werden. Solche bei Bedarf und auf besonderen Auftrag auszuführende Instandsetzungsarbeiten können zwar Bauleistungen sein, sofern sie wesentliche Bedeutung für den Bestand baulicher Anlagen haben oder mit deren teilweiser Erneuerung verbunden sind. Jedoch wird daran deutlich, dass Instandsetzungsarbeiten, die als Bauleistungen qualifiziert zu werden verdienen, einen mindestens tendenziell deutlich geringeren Anteil am Gesamtauftragswert haben, als dem geschätzten Anteil der gesamten Instandsetzungsarbeiten daran entspricht. In erster Linie soll der Auftragnehmer durch regelmäßige Wartung, Überprüfung und gegebenenfalls Instandsetzungen geringeren Umfangs einen störungsfreien Betrieb der Anlagen sicherstellen. Daraus folgt die rechtliche Einordnung als Dienstleistungsauftrag. Es handelt sich um Leistungen bei Instandhaltung und Reparatur, die gemäß dem Anhang I A, Kategorie 1, der VOL/A, Abschnitt 2, genauso wie nach Anhang II der Richtlinie 2004/18/EG als Dienstleistungen zu qualifizieren sind. Solche Dienstleistungen sind nach § 1 a Nr. 2 Abs. 1 VOL/A nach den Bestimmungen des zweiten Abschnitts zu vergeben.

(3.) Das Nachprüfungsverfahren ist nicht wegen wirksamer Zuschlagserteilung ausgeschlossen. Der den Beigeladenen zu 1, 2 und 3 jeweils am 9.6.2006 erteilte Zuschlag ist gemäß § 13 S. 6 VgV nichtig, da er erfolgte, bevor die Antragstellerin unter dem 12.6.2006 darüber informiert worden war, dass ihr Angebot nicht berücksichtigt werden soll. Der Zuschlag an die Beigeladene zu 4 erging, nachdem der Nachprüfungsantrag am 26.6.2006 zugestellt worden war. Mithin verstieß der am 28.6.2006 erteilte Zuschlag gegen das gesetzliche Zuschlagsverbot des § 115 Abs. 2 GWB. Er ist gemäß § 134 BGB nichtig.

b) Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Die Antragstellerin ist antragsbefugt und hat der Rügeobliegenheit genügt.

(1.) Die Antragsbefugnis der Antragstellerin (§ 107 Abs. 2 GWB) ergibt sich aus dem im Angebot dokumentierten Interesse am Auftrag. Außerdem behauptet die Antragstellerin, durch den Ausschluss ihres Angebots von der Wertung in Bieterrechten verletzt zu sein, da die Antragsgegnerin für einen Ausschluss das Fehlen eines länger als zwei Jahre gültigen QM-Zertifikats nicht habe heranziehen dürfen. Infolgedessen droht der Antragstellerin ein Schaden. Ihr Angebot hat wegen des Preisvorsprungs vor Angeboten der Wettbewerber Chancen auf den Zuschlag. Dagegen ist infolge der rechtlich unzutreffenden Einordnung des Auftrags durch die Antragsgegnerin sowie der darauf beruhenden nationalen Bekanntmachung und Anwendung lediglich innerstaatlicher Vorschriften über das Vergabeverfahren im Streitfall ausnahmsweise eine Rechtsverletzung der Antragstellerin durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften zu verneinen. Die Antragstellerin hat trotz der genannten Mängel Kenntnis von der Ausschreibung erhalten und hat sich daran durch Einreichen eines Angebots beteiligt. Von Rechtsverstößen beim Ausschluss des Angebots des Antragstellerin sowie bei der Zuschlagserteilung abgesehen ist es im Vergabeverfahren – soweit aufgrund des Sach- und Streitstandes zu erkennen ist – zu keinen Unregelmäßigkeiten gekommen. Die Antragsgegnerin hat ein förmliches Verfahren nach Maßgabe des ersten Abschnitts der VOB/A abgehalten. So betrachtet hat die Antragstellerin wegen der genannten Mängel eine Rechtsverletzung und Beeinträchtigung ihrer Zuschlagschancen folgerichtig selbst ausgeschlossen.

(2.) Die Antragstellerin hat der Rügeobliegenheit entsprochen (§ 107 Abs. 3 S. 1 GWB). Sie hat den von der Antragsgegnerin unter dem 12.6.2006 bekanntgegebenen Ausschluss ihres Angebots unverzüglich am 13.6.2006 beanstanden lassen. Die Antragstellerin hat durch Anwaltsschreiben vom 23.5.2006 auch die rechtlich fehlerhafte Einordnung des Auftrags als Bauauftrag und das Unterbleiben einer europaweiten Vergabebekanntmachung gerügt. Ihr kann weder vorgeworfen werden, jene Rüge nicht innerhalb der dafür vorgesehenen Frist ausgesprochen zu haben (§ 107 Abs. 3 S. 2 GWB), noch sind ihr wegen einer Verletzung der Rügeobliegenheit alle mit dieser Beanstandung zusammenhängenden Rügen abgeschnitten.

aa) Die Antragstellerin unterlag wegen der unzutreffenden rechtlichen Behandlung des Auftrags und der deswegen unterbliebenen europaweiten Bekanntmachung keiner Rügeobliegenheit. Zu rügen sind nach § 107 Abs. 3 GWB nur solche Verstöße gegen Vergabevorschriften, aus denen der Antragsteller im Sinne der Antragsbefugnis nach § 107 Abs. 2 GWB eine Verletzung seiner Bieterrechte und eine Beeinträchtigung seiner Zuschlagschancen herleitet. Da in Bezug auf die dargestellten Rechtsverstöße eine Verletzung von Bieterrechten der Antragstellerin ausscheidet, und auch ihre Aussicht auf den Zuschlag nicht beeinträchtigt worden ist, musste die Antragstellerin diese nicht rügen.

bb) Wer dies anders sieht, kann der Antragstellerin nicht entgegenhalten, die Obliegenheit zur Rüge verletzt zu haben. In diesem Zusammenhang kann eine Präklusion nur auf die Rügeobliegenheit nach § 107 Abs. 3 S. 2 GWB gestützt werden, wonach der Antragsteller die aufgrund der Bekanntmachung erkennbaren Verstöße gegen Vergabevorschriften spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gegenüber dem Auftraggeber zu beanstanden hat. In diesem Zusammenhang hat die Vergabekammer mit Recht auf den Inhalt der Bekanntmachung vom Februar 2006 abgestellt. Diese bildet mit dem Verfahren der beschränkten Ausschreibung, richtigerweise mit dem nichtoffenen Verfahren, dem keine erneute Vergabebekanntmachung vorangegangen ist, deren Wertungsergebnis von der Antragstellerin aber beanstandet wird, eine funktionale Einheit. Erst aus den Vergabeunterlagen erkennbare Rechtsverstöße lösen die Rügeobliegenheit hingegen nicht aus. § 107 Abs. 3 S. 2 GWB ist – seinem klaren Wortlaut entsprechend – nicht erweiternd auszulegen.

Eine fehlerhafte Bestimmung der Rechtsnatur des Auftrags und die Folgen waren für die Antragstellerin jedoch nicht feststellbar zu erkennen. Die Vergabekammer hat die Erkennbarkeit nach einem objektiven Maßstab, d.h. anhand einer von einem durchschnittlichen, verständigen Bewerber oder Bieter zu erwartenden üblichen Sorgfalt, beurteilt. Dem ist – auch wenn Solches in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zuweilen vertreten worden ist (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.7.2000, NZBau 2001, 462; BayObLG, Beschl. v. 23.11.2000 – Verg 12/00) – nicht zuzustimmen. Den Maßstab für die Erkennbarkeit eines Vergaberechtsverstoßes bilden die individuellen Verhältnisse des Antragstellers (vgl. KG, Beschl. v. 11.7.2000, BauR 2000, 1620; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 13.11.2000 – Verg 18/00; Wiese in Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum GWB-Vergaberecht, § 107 GWB Rn. 85). Der innere Grund dafür ist in dem Umstand zu sehen, dass die Rügeobliegenheit materiell wie prozessual eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) darstellt, der in der durch die Anforderung der Bewerbungs- oder Vergabeunterlagen begründeten schuldrechtlichen Sonderverbindung zum Auftraggeber wurzelt. Der Grundsatz von Treu und Glauben konstituiert Obliegenheiten (und Nebenpflichten) indes nicht ohne Rücksicht darauf, ob eine Erfüllung zumutbar ist. Zumutbarkeit ist stets individuell nach den Verhältnissen des in der Obliegenheit stehenden Beteiligten zu beurteilen. Nur zumutbaren Obliegenheiten ist nachzukommen. Ist das Bestehen einer Obliegenheit nicht individuell erkennbar, ist eine Erfüllung nicht zumutbar und muss auch nicht erfüllt werden. In der Sache führt der abweichende Ansatz der Vergabekammer freilich zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung. Wer die Erkennbarkeit anhand eines objektivierten Maßstabs prüft, wird tendenziell sogar eher dazu gelangen, diese zu verneinen.

Im vorliegenden Fall waren der Fehler bei der rechtlichen Einordnung des Auftrags und die Folgen für das Vergabeverfahren aufgrund der Bekanntmachung weder bei Anwendung eines objektiven noch eines subjektiven Sorgfaltsmaßstabs zu erkennen. Die Bekanntmachung vom Februar 2006 gab darüber keinen zureichenden Aufschluss. Sie erlaubte nicht zu prüfen und zu beurteilen, ob der ausgeschriebene Auftrag ein Bau- oder Dienstleistungsauftrag war. Eine derartige Prüfung war sowohl einem durchschnittlich versierten, verständigen Bieter als auch der Antragstellerin, gemessen an ihren individuellen Erkenntnismöglichkeiten, unmöglich. Die Vergabebekanntmachung enthielt keine dafür ausreichenden Beurteilungsgrundlagen. Die für eine Abgrenzung erforderlichen Tatsachenangaben gingen erst aus den Verdingungsunterlagen in Verbindung mit dem Entwurf eines Wartungsvertrages hervor. Und auch dann war aber weder von einem durchschnittlich erfahrenen Bieter noch von der Antragstellerin, gemessen an den behaupteten individuellen Unternehmensverhältnissen, zu erwarten, dass die Fehlerhaftigkeit der Bestimmung der Auftragsnatur und des beschrittenen Vergabeverfahrens erkannt werden konnte. Der bloße Hinweis der Beigeladenen darauf, bei der Antragstellerin handele es sich um ein bei Ausschreibungen langjährig erfahrenes Unternehmen, belegt nicht das Gegenteil. Die Rechtsverstöße waren nur unter Aufwendung juristischen Sachverstands erkennbar, ohne dass die Antragstellerin vergaberechtlich gehalten war, solchen Sachverstand durch Zuziehung eines Rechtsanwalts zur Aufklärung über die Erkenntnismöglichkeiten in Anspruch zu nehmen. Ihre Annahme, der Rechtsverstoß sei erkennbar gewesen, hat auch die Vergabekammer lediglich mit Mutmaßungen und Unterstellungen sowie anhand von Kenntnissen begründet, die erst aus den Vergabeunterlagen erworben werden konnten (BA 23 f.).

Die Annahme, dass in einem derartigen Fall vom Bieter zu erkennen und gemäß § 107 Abs. 3 S. 2 GWB auch zu rügen sei, dass die Vergabebekanntmachung entgegen § 17 Nr. 1 Abs. 2 lit. c VOL/A keine zureichenden Angaben über Art und Umfang der Leistung enthalte (so OLG Bremen, Beschl. v. 18.5.2006 – Verg 3/05, VergabeR 2006, 502, 505), ist für praxisfremd zu halten, ohne dass die Ansicht des Senats eine Vorlage der Sache an den Bundesgerichtshof gebietet (§ 124 Abs. 2 GWB). Bei umfangreichen und – wie im Streitfall – vielgestaltigen Aufträgen muss der Auftraggeber nicht sämtliche Leistungsmerkmale, welche erlauben, die Bestimmung der Rechtsnatur des Auftrags nachzuvollziehen, in die Vergabebekanntmachung aufnehmen. Im vorliegenden Fall hätte dies bedeutet, dass großenteils der Inhalt der Vergabeunterlagen und des Entwurfs eines Wartungsvertrags in der Bekanntmachung anzugeben gewesen wäre. Derart umfangreiche Angaben sind bei dem Zweck, den die Vergabebekanntmachung erfüllen soll, nämlich die am Auftrag interessierten Unternehmen über die Umstände zu unterrichten, die für ihre Entschließung, sich am Wettbewerb zu beteiligen, wichtig sein können, nicht geboten. Der Senat ist der Meinung, dass die genannten Einzelheiten im vorliegenden Einzelfall in die Bekanntmachung nicht aufzunehmen waren und die Rüge einer Unvollständigkeit der Vergabebekanntmachung unbegründet war.

Ungeachtet dessen pflichtet der Senat ebensowenig der auf die Entscheidung des KG vom 17.10.2002 – 2 Kart Verg 13/02, NZBau 2003, 338, 339 = VergabeR 2003, 50, 51) gestützten und neuerdings im Vorabentscheidungsersuchen des OLG Bremen (Beschl. v. 18.5.2006 – Verg 3/05, VergabeR 2006, 502, 505) an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wiederholten Rechtsauffassung der Vergabekammer bei, wonach bei Nichtbeachtung der Rügeobliegenheit im Fall einer erkennbar unzutreffenden Wahl des Vergabeverfahrens der Antragsteller nicht nur hinsichtlich dieses Vergabefehlers, sondern mit allen weiteren Beanstandungen präkludiert sei, die mit der Verfahrenswahl bestimmungsgemäß zusammenhängen, dieses mit der Folge, dass ihm das Vergabenachprüfungsverfahren nicht eröffnet sei. Eine derartige Interpretation widerspricht dem Wortlaut und Sinn von § 107 Abs. 3 GWB. Nach dieser Norm ist nur eine Beanstandung solcher konkreten Vergaberechtsverstöße in einem Vergabenachprüfungsverfahren ausgeschlossen, die entgegen einer gesetzlich begründeten Obliegenheit vom Antragsteller nicht unverzüglich oder fristgemäß gerügt worden sind. Diese Auffassung des Senats ist für die Entscheidung freilich nicht tragend, da in Bezug auf den hier behandelten Vergaberechtsverstoß schon das Bestehen einer Rügeobliegenheit zu verneinen ist.

2. Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet.

a) Die Forderung eines Nachweises in der Form eines länger als zwei Jahre gültigen QM-Zertifikats betraf die Eignung der Bewerber. Sie war, was mit den Verfahrensbeteiligten im Senatstermin erörtert worden ist, vergaberechtlich unzulässig. Gemäß § 7 a Nr. 2 Abs. 3 VOL/A hat der Auftraggeber in der Vergabebekanntmachung anzugeben, welche Nachweise zur Darlegung der Eignung von den Bewerbern vorzulegen sind. Nach § 17 Nr. 1 Abs. 2 lit. m, Nr. 3 Abs. 1 lit. l VOL/A hat er danach nur noch die Wahl festzulegen, ob die Nachweise mit dem Angebot oder (erst) auf Anforderung einzureichen sind (vgl. auch die insoweit übereinstimmende Rechtlage nach § 17 Nr. 1 Abs. 1 lit. s, § 8 Nr. 3 Abs. 3 VOB/A). Der Auftraggeber ist an solche Festlegungen gebunden. Er darf bei den Eignungsanforderungen in den Verdingungsunterlagen keine Nachforderungen stellen, sondern die aufgrund der Vergabebekanntmachung verlangten Eignungsnachweise nur konkretisieren. Darüber ging der Inhalt der Verdingungsunterlagen im Streitfall hinaus. Die Vorlage eines QM-Zertifikats, noch dazu mit einer bestimmten Gültigkeitsdauer, wurde darin von der Antragsgegnerin erstmals gefordert. Die Forderung ist vergaberechtlich zu beanstanden und infolgedessen nicht wirksam, denn sie stellt keine bloße Konkretisierung dar. Insofern ist schon der in der Vergabebekanntmachung enthaltene Hinweise, auf Anforderung seien Angaben zu Maßnahmen der Qualitätssicherung zu machen, unbestimmt und gar nicht konkretisierungsfähig. Da die Antragstellerin einen in ihrem Unternehmen gewahrten Qualitätssicherungsstandard durch Vorlage eines Zertifikats nicht zu belegen hatte, schadet ihr auch nicht, Zertifikate beigebracht zu haben, die den gestellten Anforderungen nicht entsprachen.

b) Ungeachtet des Rechtssatzes, wonach der Auftraggeber wegen zwingender Ausschlussgründe ein Angebot oder einen Bewerber jederzeit, und zwar auch dann, sofern – wie hier – die Angebotswertung im Übrigen darüber bereits hinweggegangen ist, aus der Wertung zu nehmen hat, durfte die Antragsgegnerin die Antragstellerin wegen eines ungenügenden QM-Zertifikats vom Vergabeverfahren ferner nicht ausschließen, weil sie hiermit gegen einen individuell gesetzten Vertrauenstatbestand verstieß. Nach Aufhebung des offenen Verfahrens leitete die Antragsgegnerin das nichtoffene Verfahren mit einem Anschreiben vom 4.4.2006 an die bisherigen Bieter und nun als Bewerber anzusehenden Unternehmen ein, in dessen Anlage unter der Überschrift "noch beizubringende Eignungsnachweise" die Nachreichung bestimmter Eignungsnachweise gefordert wurde. In dem an die Antragstellerin gerichteten Schreiben wurde die Beibringung eines QM-Zertifikats nicht verlangt. Dadurch hat die Antragsgegnerin bei der Antragstellerin Vertrauen darauf erzeugt, dass – sofern die jetzt noch angeforderten Unterlagen nachgereicht würden – die verlangten Eignungsnachweise vollständig vorlägen. Das Schreiben der Antragsgegnerin vom 4.4.2006 nebst der Anlage war von den Bewerbern, wie von der Antragstellerin, gerade auch vor dem Hintergrund zu lesen und zu verstehen, dass unvollständige Eignungsnachweise und Angebote das vorgeschaltete offene Verfahren hatten scheitern lassen, und von der Antragsgegnerin ersichtlich nunmehr der Versuch unternommen werden sollte, dergleichen Aufhebungsgründe im nichtoffenen Verfahren zu vermeiden. Dass die Bewerber das Schreiben vom 4.4.2006 und die Anlage so verstünden, war für die Antragsgegnerin erkennbar. Die Antragstellerin hat sich dem ihr erteilten Hinweis entsprechend verhalten und hat nur noch die nachgeforderten Unterlagen eingereicht. Dabei durfte sie annehmen, dass die zum Nachweis eines Qualitätssicherungsstandards von ihr vorgelegten Zertifikate von der Antragsgegnerin als ausreichend angesehen wurden, obwohl diese objektiv die geforderte mehr als zweijährige Gültigkeitsdauer nicht aufwiesen. Denn die Antragsgegnerin konnte von dieser ohnedies vergaberechtswidrigen Forderung abgerückt sein und den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum dahin ausgeübt haben, dass die Qualität der Leistung im Unternehmen der Antragstellerin gesichert war. Bei dieser Sachlage war der Ausschluss der Antragstellerin vom Vergabeverfahren überraschend. Die Ausschlussentscheidung beruht auf einer vergaberechtlich zu beanstandenden Verletzung in Anspruch genommenen Vertrauens. Infolgedessen hat das Ergebnis der bisherigen Angebotswertung keinen Bestand. Die Wertung ist von der Antragsgegnerin zu wiederholen, wobei die Antragstellerin oder deren Angebot wegen der unterbliebenen Vorlage eines gültigen und seit mehr als zwei Jahren bestehenden QM-Zertifikats nicht ausgeschlossen werden darf. Die darin liegende geringfügige Abschwächung des Hauptantrags der Antragstellerin begründet kein Teilunterliegen. Der Antrag ist im vorgenannten Sinn zu verstehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 Abs. 3 S. 1 und 2 sowie Abs. 4 S. 1 und 2 GWB sowie auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 159 VwGO und 91, 100 Abs. 1 ZPO. Da die Beigeladene zu 1 sich mit eigenen Anträgen und mit Sachvortrag sowohl am Verfahren der Vergabekammer als auch am Beschwerdeverfahren beteiligt hat, ist es gerechtfertigt, sie als Unterliegende mit zu den Verfahrenskosten und den Aufwendungen und außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin heranzuziehen, dies kraft gesetzlicher Anordnung in § 128 Abs. 3 S. 2 GWB freilich nur bei den Kosten der Vergabekammer als Gesamtschuldner neben der Antragsgegnerin und im Übrigen nach Kopfteilen (vgl. OLG Düsseldorf NZBau 2000, 440, 444).

Die Streitwertfestsetzung gründet sich auf § 50 Abs. 2 GKG.

 

Unbegründete Verwarnung kann zum Schadensersatz verpflichten

Die unbegründete Verwarnung aus einem Kennzeichenrecht kann ebenso wie eine sonstige unberechtigte Schutzrechtsverwarnung unter dem Gesichtspunkt eines rechtswidrigen und schuldhaften Eingriffs in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zum Schadensersatz verpflichten.

BGH
Beschluss vom 15. Juli 2005
Az.: GSZ 1/04

Die vollständige Entscheidung können Sie auf der Seite des Bundesgerichtshofes nachlesen.

Von AGBs muss in zumutbarer Weise Kenntnis genommen werden können

Auch unter Kaufleuten gilt der Grundsatz, dass der Verwender von AGB dem anderen Teil ermöglichen muss von dem Inhalt der AGB in zumutbarer Weise Kenntnis zu nehmen. Dem für den Vertragsschluss maßgeblichen Schreiben brauchen die AGB dabei nicht beigefügt zu werden. Es reicht diesbezüglich aus, wenn die Möglichkeit besteht, sich die AGB im Internet herunterzuladen – sofern auf diese Möglichkeit durch Nennung der Internetadresse hingewiesen wurde – oder die AGB beim Vertragspartner anzufordern.

Hanseatisches OLG Bremen
Urteil vom 11. Februar 2004
Az: 1 U 68/03



Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen

Im Namen des Volkes

Urteil

In Sachen

der ***********************

– Klägerin –

gegen

Herrn **********************

– Beklagter –

hat der 1. Zivilsenat des Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 04.02.2004 durch den Vorsitzenden Richter am OLG *********, den Richter am OLG **********, den Richter am OLG ************* für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Bremen – 7. Zivilkammer, Einzelrichter – vom 25.09.2003 wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, den Wibobjekt Arbeitstisch T 1410/5 an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision ist nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin beansprucht von dem Beklagten, der Insolvenzverwalter über das Vermögen der Fa. **** GmbH ist , die Herausgabe eines von ihr hergestellten und am 29.11.2002 an die **** GmbH ausgelieferten (Lieferschein Bl. 8) Spurenwannentisches.

Diesen Tisch hatte die **** GmbH mit Auftragsschreiben vom 19.11.2002 bei der Klägerin bestellt; in ihrer Bestellung  hatte die **** GmbH pauschal auf die Geltung ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewiesen, ohne diese ihrem Schreiben beizufügen. Bei den AGB der **** GmbH handelt es sich um Verkaufsbedingungen, die keine spezielle Regelung über den Eigentumserwerb nach vorangegangenem Kauf von Waren durch die J-GmbH enthält, sondern lediglich eine allgemeine Klausel, wonach „Einkaufs- und Empfangsbedingungen“ des Bestellers, die mit den Allgemeinen Verkaufsbedingungen der J-GmbH im Widerspruch stehen, für diese „unverbindlich“ sind.

Die Klägerin nahm die schriftliche Bestellung der J-GmbH vom 19.11.2002 mit Schreiben vom 22.11.2002 an; in dem Schreiben vom 22.11.2002 heißt es weiter:“ Vertragsbedingungen: Allgemeine Geschäftsbedingungen der Fa. W (=Klägerin). Im Internet unter www.********.de“.

Die „Allgemeinen Verkaufs-, Liefer- und Montagebedingungen“ der Klägerin sehen in Ziffer 11.1 einen Eigentumsvorbehalt der Klägerin an den Liefergegenständen bis zum Eingang der Zahlung aus dem Liefervertrag.

Die J-GmbH nahm die Lieferung des Tisches durch die Klägerin entgegen, ohne zuvor die AGB der Klägerin im Internet oder die Klägerin zur Zusendung ihrer AGB in schriftlicher Form aufgefordert zu haben.

Nach der Auslieferung der bestellten Ware an die J-GmbH wurde diese insolvent und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Herausgabe des an die J-GmbH gelieferten Tisches.

Sie macht geltend, die Geltung ihrer Allgemeinen Verkaufsbedingungen sei mit der J-GmbH wirksam vereinbart worden, so dass sie (Klägerin) nach wie vor (Vorbehalts-) Eigentümerin des Tisches sei.

Der Beklagte meint, die Klägerin habe mit Auslieferung des Tisches an die J-GmbH ihr Eigentum an der gelieferten Ware verloren. Die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sein nicht wirksam vereinbart worden. Der bloße Hinweis in dem Bestätigungsschreiben der Klägerin vom 22.11.2002 auf eine Internetadresse, unter der der Inhalt der AGB der Klägerin abgerufen werden könne, reiche für eine wirksame Einbeziehung der AGB der Klägerin auch im kaufmännischen Verkehr nicht aus. Der Abruf des  Inhalts der AGB über das Internet verursache für den Vertragspartner Kosten und Mühe; hinzu komme vorliegend, dass die AGB der Klägerin nicht unter dem Stichwort „AGB“, sondern unter dem Begriff „Formulare“ zu finden seien, was völlig ungewöhnlich sei; auch seien die AGB der Klägerin nur unter Einsatz der speziellen Software „Acrobat Reader“ abrufbar.

Die Klägerin tritt dieser Darstellung entgegen. Sie verweist darauf,  die Kosten für eine Internetrecherche beliefen sich auf wenige Cent. Der Verweis auf das Internet führe zu einer Vereinfachung und Beschleunigung der Geschäftsvorgänge; dies liege im Interesse beider Vertragspartner. Auf Wunsch stelle sie – Klägerin – ihre AGB dem Vertragspartner auch in gedruckter Form zur Verfügung. Im Übrigen stelle die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts in dem Geschäftsfeld der Klägerin (Bau und Vertrieb hochwertiger Geräte) einen Handelsbrauch dar, weshalb der Eigentumsvorbehalt schon gemäß § 346 HGB Vertragsinhalt geworden ist.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei nicht (mehr) Eigentümerin des gelieferten Tisches. Die von der Klägerin in Bezug genommenen AGB seien nicht Vertragsinhalt geworden, da die Gemeinschuldnerin von ihrem Inhalt nicht in zumutbarer Weise habe Kenntnis nehmen können. Die Klägerin bürde ihren Vertragspartnern die Last auf, einen Internetanschluss vorzuhalten; eine solche Obliegenheit bestehe auch Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen nicht.

Sofern die Klägerin bereit gewesen sei, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen an den Vertragspartner zu übersenden, hätte sie dies erklären müssen, was sie nicht getan habe. Ein branchenspezifischer Handelsbrauch bezüglich der Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts an gelieferten Waren sei nicht ersichtlich.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren Herausgabeanspruch weiter. Der Beklagte tritt dem entgegen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
Das Landgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Klägerin steht der geltend gemachte Herausgabeanspruch hinsichtlich des von ihr an die Gemeinschuldnerin gelieferten Tisches gegen den Beklagten  als Insolvenzverwalter über das Vermögen der Gemeinschuldnerin zu, §§ 47, 80 Abs. 1 InsO; § 985 BGB, denn die Klägerin ist (Vorbehalts-) Eigentümerin des Tisches geblieben. Dies ergibt sich aus Ziffer 11.1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, die einen (einfachen) Eigentumsvorbehalt an den Liefergegenständen bis zum Eingang der Zahlung, die vorliegend unstreitig nicht erfolgt ist, vorsehen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sind die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin vorliegend wirksam in den Werkvertrag zwischen der Klägerin und der Gemeinschuldnerin einbezogen worden.

1. Da die J-GmbH als Partner des Werkvertrages der Klägerin ein Unternehmer i. S. des §14 Abs. 1 BGB war, gilt für die AGB der Klägerin die Einbeziehungsregelung des §305 Abs. 2 BGB nicht (§ 310 Abs. 1 Satz 1 BGB), wonach AGB nur dann Bestandteil eines Vertrages werden, wenn der Verwender bei Vertragsschluss die andere Partei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist (§ 305 Abs. 1 Nr. 1 BGB) und der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Partei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen (§ 305 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

Vielmehr ist für den Fall, dass AGB gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, anerkannt, dass zur Einbeziehung in den Vertrag jede auch stillschweigende Willensübereinstimmung genügt (Palandt-Heinrichs, Komm. Zum BGB, 63. Aufl. 2004, § 310 Rn. 4). Im unternehmerischen Verkehr reicht es mithin aus, ist es andererseits aber auch erforderlich, dass die Parteiensich auf irgend eine Weise konkludent über die Einbeziehung der AGB einigen (BGHZ 117, 190, 194; Anwaltskomm.-BGB-Hennrichs, § 305 Rn. 13). Ausreichend ist, dass der Verwender erkennbar (nicht notwendig ausdrücklich oder durch deutlich sichtbaren Aushang wie gemäß § 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB) auf seine AGB verweist und der unternehmerische Vertragspartner deren Geltung nicht widerspricht (Anwaltskomm., ebenda; OLG Dresden NJW-RR 99, 846, 847). Eine ausdrückliche Einbeziehung ist auch dann wirksam, wenn die AGB dem für den Vertrasschluss maßgeblichen Schreiben nicht beigefügt waren und der Kunde den Inhalt der AGB nicht kennt ( BGHZ 1, 86; 33, 219; NJW 76, 1887).

Allerdings gilt auch im Verkehr zwischen Unternehmern der Grundsatz, dass der Verwender dem anderen Teil ermöglichen muss, von dem Inhalt der Agb in zumutbarer Weise Kenntnis zu nehmen (BGHZ 102, 304). Insoweit wiederum ist anerkannt, dass die AGB dem für den Vertragsschluss maßgeblichen Schreiben nicht beigefügt zu werden brauchen (BGH NJW 76, 1886; 82, 1750). Der andere Teil hat aber, soweit es sich nicht um gebräuchliche, leicht zugängliche Klauselwerke handelt, einen Anspruch auf Überlassung oder Einsicht in die AGB (Palandt-Heinrichs, a.a.O, § 305 Rn. 54). Übersendet der Verwender die AGB trotz Aufforderung nicht, kann er sich gemäß § 242 BGB nicht mehr auf die AGB berufen (OLG Hamm DB 83, 2619).

2. Die Anwendung des vorstehend erläuterten rechtlichen Maßstabes auf den zu beurteilenden Fall ergibt, dass die Klägerin und die J-GmbH wirksam die AGB der Klägerin in den von ihnen geschlossenen Werkvertrag einbezogen haben. Die Klägerin hat ihren Willen, ihre Verkaufs-AGB in den Werkvertrag einzubeziehen, ausdrücklich und unmissverständlich kund getan; der entsprechende ausdrückliche Hinweisist in dem Annahmeschreiben der Klägerin vom 22.11.2002 enthalten. Wie ausgeführt, kommt es insoweit nicht darauf an, dass die AGB der Klägerin diesem Schreiben nicht begefügt waren.

Die J-GmbH hatte unter den vorliegenden Umständen des Falles auch die Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme von dem Inhalt der AGB der Klägerin. Unternehmer müssen nämlich mit höherer Sorgfalt als Privatleute selbst zur Klarstellung der Geschäftsbeziehung beitragen (BGH JZ 78, 104, 105); von ihnen kann deshalb erwartet werden, dass sie ihnen unbekannte AGB anfordern oder sich sonst beschaffen (BGH NJW 82, 1749, 1750; OLG Düsseldorf  VersR 96, 1394; Wolf/Horn/Lindacher, a.a.O., § 2 Rn. 68). Schließt ein Unternehmer den Vertrag ab, ohne die ihm nicht vorleigenden AGB anzufordern, obwohl der Einbeziehungswille des Verwenders ihm bekannt ist oder bekannt sein muss und das Anfordern ihm zumutbar ist, liegt ein Verzicht des Unternehmers auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme vor (Wolf/Horn/Lindacher, a.a.O., § 2Rn. 69).

So liegt der Fall hier.

Von der J-GmbH konnte unter den vorliegenden Umständen erwartet werden, dass sie entweder die Agb der Klägerin unter der in dem Annahmeschreiben der Klägerin vom 22.11.2002 angegebenen Internetadresse abruft oder  – falls der J-GmbH dies nicht möglich oder zu beschwerlich, insbesondere zu arbeitsaufwendig oder kostenträchtig erschien – die Klägerin auffordert, ihr die AGB in Schriftform zu übersenden. Die J-GmbH hat indessenweder den Versuch gemacht, die AGB der Klägerin im Internet abzurufen, noch hat sie die Klägerin aufgefordert, ihr die AGB in Schriftform zu übersenden. Damit ist die J-GmbH nicht den Anforderungen gerecht geworden, die im unternehmerischen Rechtsverkehr an die zumutbare Sorgfalt des Unternehmers zur Klarstellung der Geschäftsbeziehung zu stellen sind. Da die J-GmbH  mithin durchaus die Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme  von dem Inhalt der AGB der Klägerin hatte, sind diese aufgrund des ausdrücklichen Hinweises der Klägerin in ihrem Annahmeschreiben Vertragsinhalt geworden.

3. Bei dem vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt liegt auch kein Fall der Kollision von Agb vor, der nur dann gegeben ist, wenn jede Vertragspartei ihre eigenen, den AGB der anderen Partei widersprechenden AGB verwendet (s. dazu z. B. Ulmer-Brandner-Hensen, Komm. Zum AGBG, 8. Aufl. 1997, § 2 Rn. 97 ff.; Wolf/Horn/Lindacher, a. a. O., § 2 Rn. 73 ff.).
Zwar hatte die J-GmbH in ihrem Bestellungsschreiben vom 19.11.2002 ihrerseits auf die Geltung ihrer AGB hingewiesen; dabei handelte es sich jedoch um Verkaufsbedingungen, die keine spezielle Regelung über den Eigentumserwerb nach vorangegangenem Kauf von Waren enthält. Auch der allgemeine Hinweis in den AGB der J-GmbH darauf, dass „Einkaufs- und Empfangsbedingungen“ des Bestellers, die mit den Allgemeinen Verkaufsbedingungen der J-GmbH in Widerspruch stehen, für diese „unverbindlich“ seien, greift vorliegend nicht, da nicht „Einkaufs- und Empfangsbedingungen“ der Klägerin in Rede stehen, sondern deren „Verkaufsbedingungen“. Die AGB der Klägerin und die der J-GmbH kollidieren mithin nicht. Die beiderseitigen AGB gelten deshalb insoweit, als sie übereinstimmen (BGH NJW-RR 86, 984; Wolf/Horn/Lindacher, a. a. O.; § 2 Rn. 76 m. w. N.), so dass der in den AGB der Klägerin geregelte Eigentumsvorbehalt wirksam vereinbart worden ist.

Im Übrigen würde selbst für den Fall der Kollision der AGB der Vertragsparteien der Eigentumsvorbehalt wirksam vereinbart worden sein; insoweit ist nämlich anerkannt, dass sich der Eigentumsvorbehalt grundsätzlich auch dann durchsetzt, wenn die Verkäufer AGB wegen Kollision mit den AGB des Käufers nicht Bestandteil des schuldrechtlichen Vertrages werden (BGHZ 104, 137; Palandt-Heinrichs, a. a. O., § 35 Nr. 56 m. N.), da der Eigentumsübergang durch einseitige Erklärung ausgeschlossen werden kann und bei der Auslegung der Erklärung des Verkäufers der Gesamtinhalt seiner AGB berücksichtigt werden muss (ebenda).

4. Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob hinsichtlich der Branche, in der die Klägerin tätig ist, der einfache Eigentumsvorbehalt kraft Handelsbrauchs gilt mit der Folge, dass eine solche Klausel auch ohne rechtsgeschäftliche Einbeziehung aufgrund § 346 HGB gilt (Palandt-Heinrichs, a. a. O., § 305 Rn. 58 m. N.), kommt es mithin nicht mehr an.

5. Die Revision wird nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Die Übrigen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO

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Hanseatisches Oberlandesgericht in Bremen

Beschluss

In Sachen

der ***********************

– Klägerin –

gegen

Herrn **********************

– Beklagter –

Der Tenor des Urteils des Senats vom 11.02.2004 wird wegen der versehentlichen Auslassung des Kostenausspruchs dahin ergänzt (§ 319 I ZPO), dass in dem Urteilstenor als zweiter Satz eingefügt wird:

„ Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.“