Ggf. keine Störerhaftung eines Anschlußinhabers für Familienangehörige I

Soweit ein Anschlussinhaber einen Anschluß Familienangehörigen zur Verfügung stellt, sind Prüfungs- und Überwachungspflichten nur insoweit anzunehmen, als diese im Rahmen der Erziehung von Kindern in Abhängigkeit von deren Alter auch auf anderen Betätigungsfeldern notwendig ist. Eine dauerhafte Überprüfung des Handelns der eigenen Kinder oder des Ehepartners ist ohne konkreten Anlass nicht zumutbar.

Bei einem volljährigen Kind muß Vater ein konkretes Familienmitglied nicht ohne Anlass der Begehung unerlaubter Handlungen verdächtigen und ist dementsprechend zur Einleitung von Überwachungsmaßnahmen nicht verpflichtet.

Landgericht Mannheim, Urteil vom 29.09.2006, 7 O 76/06

Die Klägerin nimmt den Beklagten wegen unerlaubten Anbietens eines Computerspiels zum Upload im Internet auf Unterlassung sowie auf Aufwendungs- und Schadensersatz in Anspruch.

Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte an dem Computerspiel „…“. Der Beklagte ist Inhaber eines. Internetanschlusses.

Im Internet gibt es Tauschbörsen, in denen die Benutzer sich im Rahmen eines Peer-to-Peer-Netzwerkes gegenseitig über die jeweilige Tauschplattform Daten zur Verfügung stellen. Hierzu sind alle Computer der Nutzer über eine bestimmte Software in einem eigenen Netzwerk miteinander verbunden. Um an dem Netzwerk teilnehmen zu können, ist es erforderlich, eine entsprechende Software, welche im Internet kostenlos angeboten wird, herunter zu laden und zu installieren, sowie sich selbst zu registrieren und einen Benutzernamen anzugeben. Jeder Nutzer der Internettauschbörse bietet den anderen Nutzern sodann Einblick in einen bestimmten Teil der Festplatte seines Computers. Die Daten werden dann gegenseitig über die Tauschplattform zur Verfügung gestellt. Dabei bietet jeder, der auch nur ein Datenpaket einer Datei von einem anderen Nutzer auf seine eigene Festplatte lädt, dieses Datenpaket bereits wieder anderen Nutzern für den Download durch diese an (Filesharing).

Am Datum um Uhrzeit bot ein Nutzer mit der IP-Adresse nnn.nnn.nnn.nn die Datei „….rar“ als funktionsfähige Version des hier interessierenden Computerprogramms anderen zum Download an.

Die Staatsanwaltschaft ermittelte den Beklagten als Anschlussinhaber. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass vom Anschluss des Beklagten aus der streitgegenständliche Upload stattgefunden hat.

Der Beklagte trägt vor, dass er für den streitgegenständlichen Upload nicht verantwortlich sei, da sein volljähriger Sohn an der Tauschbörse teilgenommen habe. Er selbst habe also keine urheberechtsverletzende Handlung vorgenommen. Aber auch für das Tun seines Sohnes brauche er nicht einzustehen.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

1. Der Beklagte ist hinsichtlich einer von ihm selbst begangenen unerlaubten Handlung gem. § 97 Abs. 1 UrhG nicht passivlegitimiert. Die Klägerin ist hinsichtlich eines täterschaftlichen Handelns des Beklagten beweisfällig geblieben.

Denn der Beklagte hat die täterschaftliche Begehung eines Urheberrechtsverstoßes durch ihn wirksam bestritten. Grundsätzlich trifft die Darlegungs- und Beweislast für alle anspruchsbegründenden Merkmale in § 97 Abs. 1 UrhG den Anspruchssteller (von Wolff in: Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 2. Aufl., § 97 Rn. 21), hier also die Klägerin. Allerdings trifft den Beklagten eine sekundäre Darlegungslast. Als solche wird die Last einer Gegenpartei bezeichnet, sich im Rahmen der ihr nach § 138 Abs. 2 ZPO obliegenden Erklärungspflicht zu den Behauptungen der darlegungspflichtigen Partei zu äußern. Eine solche sekundäre Darlegungslast kann insbesondere dann angenommen werden, wenn sich die maßgeblichen Vorgänge im Wahrnehmungsbereich des Prozessgegners abgespielt haben. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob es diesem zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (allgemein: BGHZ 86, 23, 29; 100, 190, 196; BGH, Urt. v. 24.11.1998, – VI ZR 388/97, NJW 1999, 714, 715; Mes, P., GRUR 2000, 934, 939). Die Klägerin kann keine Kenntnis davon haben, wer den Internetanschluss der Beklagten zum ermittelten Zeitpunkt tatsächlich genutzt hat; dieser Umstand liegt allein in der Sphäre des Beklagten. Wie weit bei dieser Sachlage die sekundäre Darlegungslast der Beklagten konkret reicht, braucht nicht entschieden zu werden. Der Beklagte ist seiner sekundären Darlegungslast jedenfalls nachgekommen. Er hat sich nicht auf ein einfaches Bestreiten beschränkt, sondern vielmehr konkret seinen Sohn als Täter angegeben. Auf dieses Bestreiten der Behauptung einer Täterschaft der Beklagten ist die Klägerin als darlegungs- und beweisbelastete Partei beweisfällig geblieben.

2. Der Beklagte unterliegt auch nicht der Störerhaftung.

a) Wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt, kann als Störer für eine Schutzrechts-/Urheberrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden (vgl. BGHZ 148, 13, 17 – ambiente.de; BGH Urt. v. 18.10.2001 – I ZR 22/99, GRUR 2002, 618, 619 – Meißner Dekor; BGHZ 158, 236, 251 – Internet-Versteigerung). Nach ständiger Rechtsprechung setzt allerdings die Haftung desjenigen, der ohne Täter oder Teilnehmer als Störer haftet, die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Denn anderenfalls würde die Störerhaftung über Gebühr auf Dritte erstreckt werden, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben. Der Umfang der Prüfungspflichten bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch genommenen nach den Umständen eine Prüfung zumutbar ist (BGH, Urt. v. 10.10.1996 – I ZR 129/94, GRUR 1997, 313, 315 f – Architektenwettbewerb; Urt. v. 30.06.1994 – I ZR 40/92, GRUR 1994, 841, 842 f; Urt. v. 15.10.1998 – I ZR 120/96, GRUR 1999, 418, 419 f – Möbelklassiker; BGHZ 148, 13, 17 f – ambiente.de; BGHZ 158, 236, 251 – Internet-Versteigerung).

b) Der Beklagte trägt willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Urheberrechts bei. Er betreibt als Inhaber einen Internetanschluss; dieser ist mit seinem Willen und von ihm angemeldet worden. Ohne den Internetanschluss und seine Überlassung an Dritte wäre es auch nicht kausal zu einer Verletzung des geschützten Urheberrechts gekommen. Er ist als Inhaber des Anschlusses sowohl rechtlich als auch tatsächlich in der Lage, dafür zu sorgen, dass dieser Anschluss nicht für Rechtsverletzungen genutzt wird. Soweit der Beklagte vorträgt, dass er dazu mangels Kenntnisse nicht in der Lage sei, muss er sich dann, wenn er selbst einen entsprechenden Internetanschluss betreibt, der Hilfe Dritter bedienen.

Fraglich ist allein die Annahme der Verletzung von Prüfungspflichten. Dabei ist zu beachten, dass die ursprünglich zwischen den Parteien umstrittene Frage einer Nutzung eines W-LAN Netzes durch Dritte vorliegend nicht zu entscheiden ist. Der Beklagte hat im Laufe des Prozesses seinen diesbezüglichen Vortrag aufgegeben. Stattdessen hat er ohne sachlichen Widerspruch der Klägerin seinen volljährigen Sohn als Täter benannt. Folglich ist allein die Frage der Reichweite der Störerhaftung bei der Internetnutzung durch volljährige Familienmitglieder streitgegenständlich. Hierbei hat der Beklagte keinerlei Überwachungs- oder Belehrungsmaßnahmen vorgetragen.

Der Umfang der Prüfungspflicht bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem Beklagten als Störer nach den Umständen eine Überprüfung der Internetnutzung zuzumuten ist.

Soweit – wie im Streitfall – ein Anschlussinhaber den Anschluss Familienangehörigen und insbesondere seinen Kindern zur Verfügung stellt, beruht die Eröffnung des Zugangs zum Internet auf dem familiären Verbund. Prüfungs- und Überwachungspflichten sind nur insoweit anzunehmen, als diese im Rahmen der Erziehung von Kindern in Abhängigkeit von deren Alter auch auf anderen Betätigungsfeldern notwendig ist. Eine dauerhafte Überprüfung des Handelns der eigenen Kinder oder des Ehepartners ist ohne konkreten Anlass nicht zumutbar. Ohne Anlass für die Annahme, dass Familienmitglieder in rechtswidriger Weise Urheberrechte im Rahmen der Nutzung des Internets verletzen, kommt eine ständige Überwachung oder gar eine Sperrung des Anschlusses für diese nicht in Betracht. Ob es allerdings bei Eröffnung des Internetverkehrs für die Kinder einer einweisenden Belehrung bedarf, ist nach dem Alter und dem Grad der Vernunft der jeweiligen Nutzer im Einzelfall zu entscheiden.

Nach diesen Grundsätzen scheidet im vorliegenden Fall eine Störerhaftung des Beklagten aus. Bei einem volljährigen Kind, das nach allgemeiner Lebenserfahrung im Umgang mit Computer- und Internettechnologie einen Wissensvorsprung vor seinen erwachsenen Eltern hat, kann es sinnvollerweise keiner einweisenden Belehrung über die Nutzung des Internets bedürfen. In diesem Fall bleibt es bei der Beurteilung, dass ein Vater ein konkretes Familienmitglied nicht ohne Anlass der Begehung unerlaubter Handlungen verdächtigen muss und dementsprechend zur Einleitung von Überwachungsmaßnahmen verpflichtet wäre.

Keine Priorität des Namensgleichen für Domain

Die sowieso schon fragwürdige Aufweichung des Prioritätsprinzips bei Namensgleichen wegen überragender Bekanntheit (shell.de, krupp.de) durch den BGH hat das OLG Stuttgart jetzt noch weiter aufgeweicht. Auch eine deutlich größere wirtschaftliche Bedeutung soll schon ausreichen, eine überragende Bekanntheit sei nicht erforderlich. Schlußendlich hat das Gericht dann doch Angst vor der eigenen Courage bekommen. Die Revision wurde trotz des erkennbaren Widerspruchs zur BGH-Rechtsprechung nicht zugelassen, weil es sich um eine Einzelfallentscheidung handeln soll.

 

Die Leitsätze aus Stuttgart:

1. Ein Domaininhaber kann keinen Namensschutz nach der Prioritätsregel in Anspruch nehmen, wenn er seinem Namen einen Zusatz hinzufügt, der unter keinem Aspekt seinen berechtigten Interessen entsprechen kann (hier: Unternehmensgruppe).

2. Die Grundsätze der Prioritätsregel müssen bei Gleichnamigkeit nicht nur bei überragender Bekanntheit zurücktreten, sondern auch dann, wenn dem Domaininhaber keinerlei objektiv schützenwertes Interesse an der Verwendung des Domainnamens zuzubilligen ist (im Anschluss an BGH NJW 2002, 2031).

OLG Stuttgart Urteil vom 26.7.2007, 7 U 55/07,  die Entscheidung kann auf den Seiten der Justiz BW nachgelesen werden.

Verantwortung von Hosting und Accessprovidern

Neue Akzente setzen das Landgericht Köln und das Landgericht Düsseldorf (Update am 24.1.2008: die Entscheidung ist vom OLG Düsseldorf am 15.1.2008 unter dem AZ I-20 U 95/07 aufgehoben worden, der Text dazu wird nachgreicht, wenn er verfügbar wird) für die Verantwortlichkeit von Access- und Hostingprovidern.

Beide sollen verpflichtet sein, Rechteinhabern die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen zu erleichtern bzw. überhaupt erst zu ermöglichen.

Im Fall des LG Köln hatte ein Kunde eines Accessproviders über eine Tauschbörse ein Musikstück zum Download angeboten, das Landgericht Düsseldorf mußte sich mit einem im Usenet bereitgestellten ebensolchen Musikstück auseinandersetzen. 

Das Landgericht Köln hat jetzt einen Accessprovider verurteilt, weil er trotz eines Hinweises des Rechteinhabers auf eine ganz konkret bezeichnete Rechtsverletzung die IP seines Kunden gelöscht hatte, auf den der Anschluß angemeldet war. Der Provider müsse die Löschung der IP unterlassen, wie ausführlich begründet wird. Weitere für Urheberrechtsverletzungen mögliche und typische Haftungsfolgen wie strafrechtliche Verantwortung oder Haftung auf Schadensersatz für die Urheberrechtsverletzung waren nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits.

Das Gericht hat die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung ausdrücklich zugelassen. Das letzte Wort scheint daher noch nicht gesprochen. Vermutlich wird der Beklagte (aus den Gründen kann man annehmen, daß es sich um "t-online" handelt) die Entscheidung überprüfen lassen

 Landgericht Köln, Urteil vom 12.9.2007, Az. 28 O 339/07, das Urteil kann auf den Seiten von jurpc im Volltext nachlesen.

Dem Landgericht Düssel war ein Fall vorgelegt worden, in dem ein Rechteinhaber einen Betreiber eines Usenet-Servers auf eine dort rechtswidrig zum Download gespeicherte Datei zur Löschung dieser Datei aufgefordert hatte. Das Landgericht hat die Verteidigung des Providers nicht akzeptiert, es handele sich nur um eine aus technischen Gründen vorübergehende Zwischenspeicherung. Er sei zur Löschung verpflichtet. Auch hier waren weitere für Urheberrechtsverletzungen mögliche und typische Haftungsfolgen wie strafrechtliche Verantwortung oder Haftung auf Schadensersatz für die Urheberrechtsverletzung nicht Gegenstand des Rechtsstreits.

 Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 23.5.2007, Az. 12 O 151/07, auch dieses Urteil kann auf den Seiten von jurpc im Volltext nachgelesen werden. 

Teure Rache eines enttäuschten Liebhabers

1. Die unberechtigte Veröffentlichung und Verbreitung erotischer Fotos über das Internet ist eine unerlaubte Handlung und gibt dem Verletzten ein Schmerzensgeld wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 823 BGB, Art. 1 I, 2 I GG) sowie auch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB).

2. Für die Höhe des Schmerzensgeldes sind neben der Art und Intention der Tatausführung insbesondere die Folgen dieser Handlung für die Kl. von Bedeutung. Insoweit hat der Bekl. selbst dargestellt, dass eine endgültige Entfernung der Bilddateien aus dem Internet nach dem derzeitigen technischen Stand nicht möglich ist, da weder die Identität desjenigen festgestellt werden kann, der die Bilder herunterlädt, noch zu ermitteln ist, wer diese Bilder erneut einstellt und damit seinerseits wieder zur Verbreitung freigibt.

LG Kiel, Urteil vom 27. 4. 2006 – 4 O 251/05

Der vom Landgericht Kiel entschiedene ist ein offenbar recht krasser Fall enttäuschter Liebe, die den sich rächenden enttäuschten Liebhaber sehr teuer zu stehen kam.

Sachverhalt:

Die Kl. war mit dem Bekl. seit November 2001 befreundet. Sie trennte sich im Dezember 2002 von ihm. Während ihrer Beziehung hatte der Bekl. von der Kl. mit seiner digitalen Kamera Fotografien gefertigt, von denen zwei die Kl. lächelnd, mit entblößter Brust auf dem Bett sitzend zeigen, mit dem An- oder Auskleiden beschäftigt, während sie auf dem dritten Foto vollkommen entblößt schlafend zu sehen ist. Diese Fotos hatte er ihr auf einer CD im November 2002 zukommen lassen. Nach Beendigung der Beziehung versuchte der Bekl. zunächst noch bis Mitte Februar 2003, die Kl. wieder für sich zu gewinnen. Als dies misslang, stellte der Bekl. die drei Fotos von der Kl. auf einer Tauschbörse ins Internet, nachdem er sie derart bearbeitet hatte, dass in der linken oberen Ecke in roter Schrift Name, vollständige Postanschrift und Telefonnummer der Kl. eingeblendet wurden und in der rechten oberen Ecke das Wort „… danach!“. Um diese Fotos anderen Mitgliedern der Tauschbörse zur Verfügung zu stellen, musste er sie eigens dafür vorsehen und in eine eigene Datei einlegen, auf die dann – weltweit unbegrenzt – der Zugriff eröffnet war, so dass jeder Betrachter die Bilder herunterladen und auch seinerseits zum Betrachten und Herunterladen wieder einstellen konnte.

Die Kl. erhielt am 17. 3. 2003 gegen 12.30 Uhr den Anruf eines ihr unbekannten Mannes, der ihr von der Internet-Veröffentlichung der Fotos berichtete und ihr diese Fotos auf ihre Bitte per E-Mail zusandte. Noch am selben Tage erstattete die Kl. gegen den Bekl. Strafanzeige und stellte Strafantrag; er wurde Anfang Februar 2004 rechtskräftig wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Auf die Aufforderung des Prozessbevollmächtigten der Kl. vom 23. 3. 2003 zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und Zahlung eines Schmerzensgeldes von 11000 Euro bis zum 14. 4. 2003 ließ der Bekl. mit anwaltlichem Schreiben vom 17. 4. 2003 erklären, er habe sämtliche Fotos der Kl. einschließlich der gespeicherten Dateien bzw. des Negativmaterials mittlerweile gelöscht und außer den drei Fotografien weitere Veröffentlichungen nicht vorgenommen, und er bot ein Schmerzensgeld von 1500 Euro an. Gleichzeitig ließ er einen entsprechenden vorformulierten Vergleichsvorschlag übersenden, der auch die geforderte Unterlassungserklärung abänderte. Als die Kl. sich hierzu nicht äußerte, überwies er auf ein erneutes Aufforderungsschreiben vom 20. 1. 2004 als abschließende Schmerzensgeldzahlung Ende Januar 2004 einen Betrag von 2000 Euro. Ein gesonderter Ausgleich der auf diesen Streitwert berechneten Anwaltskosten der Kl. von 141,94 Euro erfolgte nicht.

Zu dieser Zeit erhielt die Kl. zwei Schreiben von ihr unbekannten Männern, die mitteilten, sie hätten die Fotos mit der Anschrift der Kl. im Internet gesehen und wären an Kontakten interessiert. Nachdem die Kl. im Jahre 2004 mit ihren Kindern ausgewandert war, wurde auf Grund der Fotografien eine Namensvetterin der Kl. am 14. 10. 2005 gegen 2 Uhr nachts angerufen und mit schlüpfrigen Angeboten überzogen. Eine Recherche vom 6. 12. 2005 ergab, dass die Fotos nach wie vor im Internet zu finden waren. Die Kl. behauptet, durch die Veröffentlichung der Fotos im Internet sei sie, insbesondere wegen der Angabe von Anschrift und Telefonnummer, in den Bereich der Prostitution gerückt worden. Der Bekl. habe seinerzeit die Fotos von ihr gemacht, weil er seine neue Digitalkamera habe ausprobieren wollen. Sie habe – unstreitig – ihr Einverständnis nur unter der Bedingung gegeben, dass er die Fotos anschließend wieder lösche, und dies auch von ihm gefordert, als er ihr später die CD übersandt habe. Dies habe er ihr auch zugesagt und sie habe darauf vertraut. Den Entschluss, auszuwandern habe sie während des laufenden Strafverfahrens gegen den Bekl. gefasst im Hinblick darauf, dass die Bilder nach wie vor in der Tauschbörse bis heute verfügbar seien. Ursprünglich sei dies keineswegs geplant gewesen, vielmehr habe sie – unstreitig – ihre Kinder im August 2003 eingeschult und im Oktober 2003 in ihrer damaligen Wohnung eine Praxis eingerichtet, in der sie – ebenfalls unstreitig – bis April 2004 gearbeitet habe. Sie habe aber gefürchtet, dass bei jeder Art von Werbung für ihre Praxis die Gefahr von Nachstellungen zunehmen und sich eine Negativ-Publicity entwickeln werde. Ihre Namensvetterin erhalte, wie ebenfalls unstreitig ist, unter Bezugnahme auf die Internet-Veröffentlichungen noch heute belästigende Anrufe. Die Kl. hält ein Schmerzensgeld von mindestens 11000 Euro für angemessen.

Sie beantragt,

1. den Bekl. zu verurteilen, an sie ein angemessenes, der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zuzüglich 5% Zinsen über dem Basiszins seit dem 15. 4. 2003 sowie vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten von 141,94 Euro zu zahlen sowie

2. festzustellen, dass der Bekl. verpflichtet sei, ihr jeglichen weiteren Schaden zu ersetzen, der ihr auf Grund der unbefugten Veröffentlichung der streitgegenständlichen Nacktfotos entstehen werde, namentlich hinsichtlich der Kosten einer effizienten Entfernung der Bilddateien aus dem Internet.

Gründe 

Die Klage hatte Erfolg.

Der Kl. steht gegen den Bekl. auf Grund der unberechtigten Veröffentlichung und Verbreitung erotischer Fotos von ihr über das Internet aus unerlaubter Handlung ein Schmerzensgeld wegen Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts (§ 823 BGB, Art. 1 I, 2 I GG) sowie auch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) zu.

Die Haftung des Bekl. steht zwischen den Parteien dem Grunde nach außer Streit. Entgegen der Ansicht des Bekl. ist jedoch der von ihm zehn Monate nach erstmaliger Aufforderung gezahlte Schmerzensgeldbetrag nicht ausreichend, sondern in Anbetracht der Schwere und insbesondere der Permanenz der Verletzung der Kl. sowie der Nichtigkeit des Anlasses und der mit einigem Aufwand umgesetzten Schädigungsabsicht des Bekl. vollkommen unangemessen.

Der Bekl. hat, allein um der Kl. Schaden zuzufügen und sie buchstäblich vor aller Welt bloßzustellen, intime Fotos der Kl. verbreitet, die niemals für eine Betrachtung durch Dritte bestimmt waren und von denen mindestens das eine, sie unbekleidet schlafend zeigende, auch ohne ihr Wissen aufgenommen worden ist. Er hat darüber hinaus diese digitalen Fotografien eigens in einer Weise bearbeitet, dass – durch das Wort „… danach!“ – nicht nur eindeutig auf einen vollzogenen Geschlechtsverkehr angespielt wurde, sondern – durch die eingestellte vollständige Postanschrift und Telefonnummer – auch noch eine ebenso eindeutige Kontaktaufforderung enthalten war. Indem er die so bearbeiteten Fotos in eine eigene Datei (mit einer gezielt sexuelle Neugier weckenden Dateibezeichnung) brachte und auf einer Tauschbörse anonym, das heißt ohne Hinweis auf seine eigene Urheberschaft, Dritten zum Betrachten wie auch zum Herunterladen präsentierte, hat er bewusst den Eindruck erweckt, die Kl. betreibe auf diese Weise Werbung für sich und sei geneigt, den Geschlechtsverkehr mit jedem beliebigen unbekannten Mann durchzuführen. Daran ändert es auch nichts, dass es sich um keine gestellten Fotos, sondern ersichtliche Amateur-Schnappschüsse handelte; vielmehr ist nicht auszuschließen, dass gerade diese Art von Fotografien auf einige Betrachter reizvoll wirkte. Eben diese Wirkung lassen auch die beiden der Kl. im Januar 2004 zugegangenen Schreiben kontaktsuchender Männer erkennen.

Die Tatsache, dass der Bekl. nicht aus kommerziellen Motiven gehandelt hat, ist entgegen seiner Ansicht kein Grund für eine Ermäßigung des Schmerzensgeldes, da er vorliegend allein von dem niedrigen Beweggrund getrieben war, sich an der Kl., die sich auf eine Fortführung der Beziehung mit ihm nicht einlassen mochte, zu rächen.

Der Bekl. kann sich auch nicht, wie mit Schriftsatz vom 23. 3. 2006 geschehen, auf eine „affektähnliche Handlung“ berufen. Abgesehen davon, dass er selbst keinerlei konkretes Ereignis nennt, das ihn plötzlich derart hätte außer sich geraten lassen, weist die Präparierung der Fotos durch Einfügung von Kommentar und Anschrift vor der Veröffentlichung deutlich auf eine sorgsame und mit Zielstrebigkeit umgesetzte Planung der Tat hin. Dass er, falls seine Angaben zutreffen, die Bilder nicht länger als 14 Stunden im Internet zur Verfügung gestellt hat, entlastet ihn nicht, da in dieser Zeit, wie er auch erkannt hatte, bereits drei Mitglieder der Tauschbörse die Fotos heruntergeladen hatten und damit die sich später verwirklichende Möglichkeit bereits eröffnet war, dass diese Bilder über das Internet verbreitet würden. Die Behauptung des Bekl., diese Eigendynamik sei ihm damals nicht klar und jedenfalls nicht beabsichtigt gewesen, hält das Gericht für eine reine Schutzbehauptung, denn der Bekl. war sowohl mit der Wirkungsweise des Internets als auch speziell mit der Funktion derartiger Tauschbörsen vertraut.

Das von dem Bekl. am 5. 4. 2003 und damit zwei Wochen nach der bei ihm durchgeführten Hausdurchsuchung und vorübergehenden Beschlagnahme von PC und Digitalkamera und nach Einschaltung seines Anwalts gefertigte Schreiben an die Kl. wirkt eher wie der Versuch, sich „reinzuwaschen“ als wie der Ausdruck ehrlichen Bedauerns: So wirft der Bekl. der Kl. vor, sie habe ihn mit seinen Gefühlen, Wünschen und Hoffnungen „eiskalt stehen gelassen“, was er als „herzlos und egoistisch“ empfinde und „die Schmerzen, die er ertragen habe“, hätten ihn zu der Unüberlegtheit geführt, die er „wie in einem Traumzustand“ begangen habe. Auch Sätze wie „Statt offen aufeinander zuzugehen und ehrlich miteinander zu reden, werde ich diese rechtlichen Folgen (der Verbreitung der Fotos) hinnehmen müssen. Dennoch bin ich im Rückblick sehr verletzt und enttäuscht über das Geschehene …“, sprechen eher für Selbstmitleid als Selbstkritik des Bekl. Diesen Eindruck erweckte der Bekl. auch in seiner persönlichen Anhörung, in welcher er einerseits darauf verwies, dass die Kl. ja selbst zum Bekanntwerden seiner Handlungen beigetragen habe, indem sie davon – was er schriftsätzlich als ihre „erfolgreiche Rache“ bezeichnet hat – ihren Bekannten gegenüber gesprochen habe, um sogleich anschließend zu erklären, über ihn seien Gerüchte im Zusammenhang mit Kinderpornografie aufgekommen, die dazu geführt hätten, dass man ihn geschnitten habe, und aus diesem Grunde seien die beiden letzten Jahre die schlimmsten seines Lebens gewesen.

Für die Höhe des Schmerzensgeldes sind neben der Art und Intention der Tatausführung insbesondere die Folgen dieser Handlung für die Kl. von Bedeutung. Insoweit hat der Bekl. selbst dargestellt, dass eine endgültige Entfernung der Bilddateien aus dem Internet nach dem derzeitigen technischen Stand nicht möglich ist, da weder die Identität desjenigen festgestellt werden kann, der die Bilder herunterlädt, noch zu ermitteln ist, wer diese Bilder erneut einstellt und damit seinerseits wieder zur Verbreitung freigibt. Da auch die Dateinamen frei veränderbar und zumindest teilweise auch bereits verändert worden sind, muss nach den gegenwärtigen Erkenntnissen die Kl. damit rechnen, zeitlebens von Dritten auf diesen Fotos „besichtigt“ zu werden, ohne dass sie weiß und jemals kontrollieren kann, ob und wann jemandem aus ihrem Bekanntenkreis diese Bilder bekannt geworden sind und ob das von Dritten ihr gegenüber an den Tag gelegte Verhalten auf die Kenntnis von diesen Fotos zurückzuführen ist. Entgegen der Ansicht des Bekl. ist es damit nicht entscheidend, ob und wann zuletzt die Kl. auf Grund eindeutiger Veranlassung durch die Internetveröffentlichung konkrete Angebote mit sexuellem Bezug erhalten hat, sondern ihr Leben hat sich dadurch einschneidend verändert, dass sie auch bei unspezifischen Verhaltensweisen Dritter wie der Nennung beim Vornamen durch Unbekannte, einem anzüglichen Grinsen oder – so geschehen, solange sie noch unter der auf den Fotos angegebenen Anschrift wohnte – nächtlichem Klopfen an die Fensterscheiben, Klingeln an der Haustür oder Telefonanrufen niemals sicher sein kann, ob dieses Verhalten nicht auf Grund der im Internet kursierenden Fotos veranlasst ist. Hinzu kommt, dass die Kl. fürchten muss, dass auch ihre Kinder beim Surfen im Internet auf diese Fotos stoßen. Die Gefahr konkreter Belästigungen an ihrem Wohnort dürfte zwar durch den Wegzug der Kl. zurückgegangen sein, jedoch haben sie und ihre Kinder damit auch ihr vertrautes Umfeld eingebüßt. Insoweit spielt es nur eine untergeordnete Rolle, dass die Kl. … ausgewandert ist. Auch ein Umzug innerhalb Deutschlands hätte den Verlust des sozialen Umfelds zur Folge gehabt, und dass die Kl. bei einem Umzug lediglich innerhalb der Stadtgrenzen mit weiteren konkreten Nachstellungen zu rechnen gehabt hätte, zeigen die nach ihrem unbestrittenen Vorbringen noch heute vorkommenden Anrufe bei ihrer Namensvetterin. Dass sich die Kl. auch nach ihrer Auswanderung nicht sicher vor Nachstellungen fühlt, ist im Übrigen daraus ersichtlich, dass sie ausdrücklich darum gebeten hat, ihre jetzige Anschrift nicht preiszugeben.

Insgesamt hält das Gericht in Anbetracht der Tatsache, dass die Kl. zukünftig bis auf Weiteres mit den im Internet – weltweit – kursierenden verunglimpfenden Fotos wird leben müssen, auch in Anbetracht der vorgetragenen Einkommensverhältnisse des Bekl. ein Schmerzensgeld von insgesamt 25000 Euro für angemessen. Der Bekl. kann sich zu seiner Entlastung nicht darauf berufen, für die Folgen seiner Handlung, insbesondere das wiederholte Herunterladen und Neueinstellen der Fotos durch Dritte, nur eingeschränkt verantwortlich zu sein, weil diese Dritten ihrerseits haften würden. Abgesehen davon, dass sich aus der Aufmachung der Bilder gerade nicht ergibt, dass durch das Herunterladen und das erneute Einstellen ins Netz eine unerlaubte, zum Schadensersatz verpflichtende Handlung begangen wird, lassen sich wegen der Anonymität der vom Bekl. gewählten Tauschbörse die weiteren Nutzer der Fotos – zumindest derzeit – nicht ermitteln.

Gleichwohl war auch dem Antrag der Kl. auf Feststellung der Ersatzpflicht des Bekl. für künftige Schäden stattzugeben.

Auch wenn gegenwärtig unstreitig keine technische Möglichkeit besteht, die Fotos (unter sämtlichen derzeit verwendeten Dateinamen) vollkommen und dauerhaft aus dem Internet zu entfernen, und daher derzeit etwa für eine solche Entfernung aufgewendete Kosten nicht zum Erfolg führen können, ist es nicht ausgeschlossen, dass zukünftig ein effizientes Löschungsverfahren entwickelt wird. Die Möglichkeit, dass ohne eine jetzige Feststellung der Ersatzpflicht des Bekl. dem Grunde nach die spätere Durchsetzung von Kostenerstattungsansprüchen wegen der Erhebung einer Verjährungseinrede gefährdet wäre, rechtfertigt das erforderliche Feststellungsinteresse der Kl. Solange im Übrigen die Fotos im Internet weiterhin vorhanden sind, ist auch die Entstehung neuer Schäden bei der Kl. nicht auszuschließen.

Da der Bekl. ein Schmerzensgeld von 2000 Euro bereits bezahlt hat, war dieser Betrag von dem angemessenen Schmerzensgeldbetrag von 25000 Euro abzuziehen. Ebenfalls zu erstatten hat der Bekl. die auf den gezahlten Betrag entfallenden vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Kl., die – nach der seinerzeit geltenden Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung – mit 141,94 Euro zutreffend berechnet sind. Der Zinsanspruch der Kl. folgt aus §§ 286 I, 288 I BGB.

 

Landgericht Hamburg: unbeschränkte Haftung des Forumsbetreibers?

Das Landgericht Hamburg macht wieder mit einer zweifelhaften Entscheidung auf sich aufmerksam. Danach haftet ein Forumsbetreiber im Internet auch für Äußerungen, die er – noch – nicht kennt. (Urteil v. 27.04.2007 – Az.: 324 O 600/06 )

Im entschiedenen Fall hatte das Landgericht die Mehrheit der Behauptungen eines Forumsnutzers als Meinungsäußerung bewertet. Es blieb alleine eine übrig, die das Gericht dem Forenbetreiber – der von dem Eintrag zunächst gar nichts wußte – zur Last legte.

Das Urteil widerspricht in wesentlichen Aussagen höchstrichterlicher Rechtsprechung, so daß zu hoffen ist, daß es keinen Bestand haben wird. Das Risiko, ein Forum zu betreiben, ist auf dieser Grundlage nur dann noch kontrollierbar, wenn man eine Zensur für ein Forum einführt. Das ist bei Foren mit sehr hoher Aktivität nur mit einem Aufwand zu betreiben, den kein Anbieter wird leisten wollen.

Die Realität im Internet ist derzeit eine andere als – was leider zu oft vorkommt – in der Wahrnehmug des Gerichts.

Erst Ende März hatte der BGH zur Äußerung in Foren ein Urteil erlassen, dessen Wortlaut zum Zeitpunkt des Urteils des Landgerichts Hamburg zwar noch nicht vorlag. Doch enthält die offizielle Pressemitteilung des BGH den Satz: "Gegen den Forumsbetreiber kann vielmehr ab Kenntniserlangung ein Unterlassungsanspruch des Verletzten bestehen, unabhängig von dessen Ansprüchen gegen den Autor des beanstandeten Beitrags." (Hervorhebung durch schwarz-anwaelte.de).

Es bleibt zu hoffen, daß die Entscheidung des Landgerichts in oberen Instanzen korrigiert wird.

Richtiges Passwort ist kein Anscheinsbeweis für wahre Identität bei Ebay Kauf

Sicherheitsstandards beim Auktionshaus nicht ausreichend

Ein Verkäufer hatte bei ebay ein Fahrzeug der gehobenen Mittelklasse angeboten. Angeblich habe der Beklagte auf das Fahrzeug das höchste Gebot abgegeben (so eine automatisch vom System generierte Nachricht an den Verkäufer) und das Fahrzeug nicht abgenommen. Der Verkäufer macht im Berufungsverfahren noch einen Differenzbetrag geltend, nachdem er das Fahrzeug zu einem niedrigeren Preis veräußert hat.

Ein Anscheinsbeweis aus dem Grunde, dass der ein Käufer bei ebay unter einem bestimmten Namen registriert ist und dort auch (im Übrigen mit durchgängig positiver Bewertung) bereits eine Vielzahl von Geschäften getätigt hat, kommt nach richtiger Auffassung nicht in Betracht. Der Sicherheitsstandard im Internet ist derzeit nicht ausreichend, um aus der Verwendung eines geheimen Passworts auf denjenigen als Verwender zu schließen, dem dieses Passwort ursprünglich zugeteilt worden ist (OLG Köln CR 2003, 55 = MMR 2002, 813; LG Bonn CR 2002, 393 = MMR 2002, 255; und CR 2004, 218 = MMR 2004, 179; OLG Naumburg OLGR 2005, 105 = OLG-NL 2005, 51; LG Köln, Urt. v. 27.10.2005, Az. 8 O 15/05; Hoffmann NJW 2004, 2569, 2571; und NJW 2005, 2595, 2597; s. in and. Zshg. bzgl. Nachweis des Zugangs elektronischer Erklärungen, insbes. e-mail, abw.: Mankowski, NJW 2004, 1901; wobei freilich sehr zweifelhaft ist, ob der Schutz des Erklärenden hierbei weiter gehen kann als beim Zugang einer Postsendung). Entsprechende Risiken muss der Internet-Nutzer, also hier der Verkäufer einkalkulieren. Auch aus Gründen der Missbrauchsgefahr und aus Billigkeitsgründen besteht überdies, kein Anlass zu einer abweichenden Beurteilung.

Urteil des OLG Hamm vom  16.11. 2006, Az. 28 U 84/06, die Entscheidung kann auf den Seiten der Justiz NRW im Volltext nachgelesen werden.

Der Begriff „Beirat“ kann Bestandteil eines schutzwürdigen Namens sein.

www.stadtteilbeirat-woltmershausen.de steht nur der Stadt Bremen bzw. dem Stadtteil zu

Woltmershausen ist ein Stadtteil von Bremen. Für diesen Stadtteil u.a. sieht das bremische Ortsrecht einen offiziellen Stadtteilbeirat vor. Das Landgericht Bremen hat jetzt einer Klage stattgegeben, nach der die Domain aus dem Gesichtspunkt des Schutzes des alleinigen Verwendung des eigenen Namens nur vom offiziellen Namensträger, also der Stadt Bremen bzw. des Stadtteils benutzt werden darf.

Die Domain war zunächst für private Zwecke registriert worden, mußte jetzt aber freigegeben werden.

Die Entscheidung wird vielfach mit der Aussage zitiert, daß der Begriff "Beirat" Namensschutz genieße. Dies ist wohl zu weit gehend. So werden zum Beispiel unter der Domain www.stadtteilbeirat.de Informationen zu einem Stadtteil der Stadt Rheine bereit gehalten.

Video-Überwachung öffentlicher Räume nur bei ausreichend bestimmter gesetzlicher Grundlage

Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt einer Verfassungsbeschwerde stattgegeben, die ein bayerischer Bürger vorbeugend gegen die geplante Video-Überwachung eines öffentlichen Platzes durch eine Stadt erhoben hatte.

Das Verwaltungsgericht hatte die Klage zurückgewiesen, weil es im Datenschutzgesetzes des Freistaates eine ausreichende Grundlage für die Überwachung gesehen hatte. Dem folgte das Bundesverfassungsgericht nicht. Die angewandte Vorschrift sei für die Videoüberwachung eben nicht hinreichend bestimmt genug.

Damit ist eine Videoüberwachung aber nicht für immer "vom Tisch". Das Gericht kann sich eine ausreichende Grundlage durchaus vorstellen: "Es ist nicht ausgeschlossen, dass eine Videoüberwachung öffentlicher Einrichtungen mit Aufzeichnung des gewonnenen Bildmaterials auf der Grundlage einer hinreichend bestimmten und normenklaren Ermächtigungsgrundlage materiell verfassungsgemäß sein kann, wenn für sie ein hinreichender Anlass besteht und Überwachung sowie Aufzeichnung insbesondere in räumlicher und zeitlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Möglichkeit der Auswertung der Daten das Übermaßverbot wahren." Jetzt ist also der Gesetzgeber gefordert!

Bemerkenswert an der Sache ist noch die Richterschelte des Gerichts in Richtung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, dem das Gericht schlampige Arbeit nachgewiesen hat. Indem der VGH – wie es bei deutschen Gerichten leider immer wieder vorkommt – durch schlampiges Arbeiten mit dem Sachverhalt die Nichtzulassungsbeschwerde "abgebügelt" hat, hat er in unter keinem Aspekt vertretbarer Weise gegen das Willkürverbot verstoßen, so das Bundesverfassungsgericht. Eine schallende Ohrfeige!

Bundesverfassungsgericht, Beschluß 1 BvR 2368/06 vom 23.2.2007; die Entscheidung kann auf den Seiten des Gerichts im Volltext nachgelesen werden.

Pressefreiheit und Hyperlink: Das BVerfG drückt sich

Mit Spannung war eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der Frage erwartet worden, inwieweit Presseunternehmen in ihrer Berichterstattung Links auf als solche erkannte und bezeichnete illegale Angebote im Internet setzen dürfen.

Der Heise-Verlag war in einem solchen – im übrigen auch viel beachteten – Fall im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unterlegen und hatte dagegen Verfassungsbeschwerde eingelegt.

Das Bundesverfassungsgericht ist den Weg des – vorerst – geringsten Widerstandes gegangen und hat die Verfassungsbeschwerde als unzulässig nicht angenommen, weil der Verlag den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht ausgenutzt habe. Man habe nicht nur das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, sondern auch das Hauptsachverfahren komplett ausschöpfen müssen.

Die Entscheidung des Gerichts ist wenig überzeugend. Die im Kern streitigen Fragen waren in den Instanzen des einstweiligen Rechtsschutzes erschöpfend behandelt worden und der Verlag dabei unterlegen. Mit seiner sehr formalistischen Vorgehensweise ist die Beantwortung der Frage jetzt wohl aufgeschoben aber vielleicht nicht aufgehoben. Das hätte man einfacher haben können. Wege dazu hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung selbst aufgezeigt, ohne sie aber zu beschreiten.

Update 5.3.2007: Der Heise Verlag hat zwischenzeitlich angekündigt , das Hauptsacheverfahren zu beschreiten.

Bundesverfassungsgericht, Beschluß 1 BvR 1936/05 vom 03.01.2007 ; die Entscheidung kann auf den Seiten des Gerichts im Volltext nachgelesen werden.