Parallel weiter nach parallelem Abbiegen

Weisen zwei Richtungspfeile zum Abbiegen in dieselbe Richtung und stehen in Abbiegerichtung entsprechend Fahrstreifen zur Verfügung, muß parallel weiter gefahren werden, auch wenn die Fahrstreifen im Kreuzungsbereich nach der Haltelinie nicht mehr gekennzeichnet werden.

Urteil des BGH vom 12.12.2006 VI ZR 75/06. Das Urteil kann auf den Seiten des Bundesgerichtshofs im Volltext nachgelesen werden.

Keine Zuschlagserteilung bei offensichtlichem Missverhältnis

VK Nordbayern, Beschluss vom 04.12.2006 – 21.VK-3194-39/06

1. Nach § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A darf auf Angebote, deren Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, der Zuschlag nicht erteilt werden. Die Regelung dient dem Schutz des Auftraggebers vor Eingehung eines nicht hinzunehmenden Risikos. Maßgeblich für die Entscheidung ist daher, ob der Auftraggeber nach Überprüfung der eingeholten Auskünfte so erhebliche Zweifel an einer ordnungsgemäßen Vertragerfüllung haben darf, dass ihm bei objektiver Betrachtung ein Zuschlag wegen der damit verbundenen Risiken nicht zugemutet werden kann.*)

2. Zur Feststellung eines unangemessen niedrigen Angebots sind konkrete Anhaltspunkte dafür zu verlangen, dass der niedrige Preis keinen Wettbewerbspreis darstellt, der Ausdruck der konkreten, betriebsindividuellen Verhältnisse und zugleich Reaktion des Unternehmens auf das wettbewerbliche Umfeld ist. Ein niedriger Preis kann bei einer arbeitsintensiven Tätigkeit auf ein niedrigeres Gehaltsniveau zurückzuführen sein. Hierbei handelt es sich um einen legitimen Preisvorteil des Anbieters.*)

3. Nach § 24 Nr. 1 VOL/A darf mit Bietern verhandelt werden, um Zweifel über die Angebote zu beheben. Verweigert ein Bieter die geforderten Aufklärungen und Angaben, so kann sein Angebot unberücksichtigt bleiben. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass das Aufklärungsverlangen zulässig und die Aufklärungsfrist zumutbar ist.*)

 

Volltext: 

Vergabekammer Nordbayern
Regierung von Mittelfranken

Az.: 21.VK-3194-39/06

Beschluss

vom 04.12.2006

VOL/A § 24 Nr. 1, § 25 Nr. 2 Abs. 3
1. Nach § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A darf auf Angebote, deren Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, der Zuschlag nicht erteilt werden. Die Regelung dient dem Schutz des Auftraggebers vor Eingehung eines nicht hinzunehmenden Risikos. Maßgeblich für die Entscheidung ist daher, ob der Auftraggeber nach Überprüfung der eingeholten Auskünfte so erhebliche Zweifel an einer ordnungsgemäßen Vertragerfüllung haben darf, dass ihm bei objektiver Betrachtung ein Zuschlag wegen der damit verbundenen Risiken nicht zugemutet werden kann.*)
2. Zur Feststellung eines unangemessen niedrigen Angebots sind konkrete Anhaltspunkte dafür zu verlangen, dass der niedrige Preis keinen Wettbewerbspreis darstellt, der Ausdruck der konkreten, betriebsindividuellen Verhältnisse und zugleich Reaktion des Unternehmens auf das wettbewerbliche Umfeld ist. Ein niedriger Preis kann bei einer arbeitsintensiven Tätigkeit auf ein niedrigeres Gehaltsniveau zurückzuführen sein. Hierbei handelt es sich um einen legitimen Preisvorteil des Anbieters.*)
3. Nach § 24 Nr. 1 VOL/A darf mit Bietern verhandelt werden, um Zweifel über die Angebote zu beheben. Verweigert ein Bieter die geforderten Aufklärungen und Angaben, so kann sein Angebot unberücksichtigt bleiben. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass das Aufklärungsverlangen zulässig und die Aufklärungsfrist zumutbar ist.*)
VK Nordbayern, Beschluss vom 04.12.2006 – 21.VK-3194-39/06 (bestandskräftig)

Nachprüfungsantrag:

Die Vergabekammer Nordbayern bei der Regierung von Mittelfranken erlässt auf die mündliche Verhandlung vom 04.12.2006 durch die Vorsitzende …, den hauptamtlichen Beisitzer … und den ehrenamtlichen Beisitzer …folgenden

B e s c h l u s s :

1. Es wird festgestellt, dass die Durchführung des Vergabeverfahrens die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt.
Das Angebot der Antragstellerin darf nicht als Unterangebot von der Wertung ausgeschlossen werden.
Die Wertung ist unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer erneut durchzuführen.

2. Die Vergabestelle trägt die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der
Antragstellerin.

3. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Antragstellerin
war notwendig.

4. Die Gebühr wird auf x.xxx,– € festgesetzt.
Die Vergabestelle ist von der Zahlung der Gebühr befreit.

5. Die Beigeladene trägt ihre Aufwendungen selbst.

S a c h v e r h a l t :

1.
Die VSt schrieb die reprographischen Dienstleistungen ( Reprostelle Rahmenvertrag; Einrichtung eines Document Service Center in …) im Offenen Verfahren nach der VOL/A aus.
Das Verfahren wurde im Amtsblatt der EU am xx.xx.xxxx veröffentlicht.
Die Ausschreibung umfasst das
– Los 1: Einrichtung eines zentralen Document Service Center,
– Los 2: Bereitstellung von Etagen- und Abteilungskopierern,
– Los 3: Mikroverfilmung.
Als Laufzeit des Auftrags ist der Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2008 vorgesehen.

Die Grundlagen für den Betrieb des Service Center sind in einem vorgegebenen Vertragsentwurf festgelegt. Dort werden in Ziffer 10 folgende Mindestanforderungen für das Personal gestellt:
* Deutsch in Wort und Schrift
* umfassende Schulung für den Umgang mit Kopier-, Scann-, Plotgeräten und in der Endverarbeitung
* sehr gute Kenntnisse im Umgang mit Windows XP, Outlook, Word, Excel, Power Point und anderen Anwendungen aus dem Microsoft Office Paket 2003
Zudem muss das Personal Störungen an den eingesetzten Geräten selbst beheben können.
Das Document Service Center ist über die gesamte Öffnungszeit mit 2 Personen gleichzeitig zu besetzen. Der Betreiber darf im Document Service Center keine geringfügig Beschäftigten gem. § 8 SGB einsetzen.

Die Angebotseröffnung erfolgte am xx.xx.2006.
Fristgerecht haben 4 Bieter, darunter die ASt und die BGl, ein Angebot unterbreitet.
Nach rechnerischer Prüfung lag das Angebot der ASt mit xxx.xxx,xx € brutto an erster Stelle, gefolgt von der BGl mit xxx.xxx,xx € brutto, einem 3. Bieter mit xxx.xxx,xx € brutto und einem
4. Bieter mit xxx.xxx,xx € brutto an letzter Stelle.

Im Vergabevermerk hat die VSt den voraussichtlichen Auftragswert mit xxx.xxx,- € brutto angegeben.

Die VSt teilte mit Schreiben vom 11.10.2006 der ASt mit, dass in ihrem Angebot einige Preisangaben im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung als ungewöhnlich niedrig erscheinen würden. Es wurde deshalb um schriftliche Aufklärung und ggf. um Vorlage von Belegen gebeten, die die niedrigen Einheitspreise und auch den niedrigen Gesamtpreis belegen.
Als aufklärungswürdig sah die VSt insbesondere die Positionen:
Los 1: 01.01.01, 01.01.02, 01.01.05, 01.01.23 – 01.01.39, 01.02.07 – 01.02.11
sowie den daraus resultierenden Gesamtpreis
Los 2: 001.01.01, 01.02.01, 01.02.02
Der ASt wurde eine Frist zur Stellungnahme bis zum 20.10.2006 eingeräumt.

Mit E-Mail vom 13.10.2006 bat die ASt um Information, in welcher Form die Preise dargelegt werden sollen bzw. welche Belege für die Preiserklärung ausreichend seien.
Die VSt antwortete mit E-Mail am 16.10.2006, dass eine Offenlegung der Kalkulation erforderlich sei, aus der sich die Auskömmlichkeit der Preise ergeben würde.

Mit Schreiben vom 18.10.2006 legte die ASt verschiedene Unterlagen vor.
Es handelte sich um den Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichtes 2005, sowie die Kostenstellen – Abrechnung von Januar – August 2006.
Zu den angeforderten Einzelpositionen legte die ASt ihre Kalkulation vor. Darin ist der jeweilige Einheitspreis nach den Teilansätzen Zeit, Lohn, Gerät, Material, Betriebsrisiko, Konzernumlage und Gewinn aufgeschlüsselt.
Zudem hat die ASt angeboten, bei Bedarf ihre Lieferantenrechnungen zur Einsichtnahme der Einkaufspreise vorzulegen.

Mit per Telefax vom 26.10.2006 11.31 Uhr übermittelten Schreiben forderte die VSt bis 14.00 Uhr des gleichen Tages die Beantwortung weiterer Fragen:
1. Aus der Kalkulation seien Lohnkosten von xx,xx € ( Personalvollkosten ) ersichtlich. Von unter diesen Bedingungen Beschäftigten könnten die Vorgaben aus Ziffer 10 des Vertrages nicht erfüllt werden. Deshalb seien die Stundensätze detailliert aufzuklären und aufzuschlüsseln.
2. Angabe des Großkopierers bei Pos. 01.01.01 Los 1, sowie dessen Gerätepreis ( mit Nachweis ) und Aufschlüsselung der Abschreibung.
3. Zu Pos. 01.01.25 – 01.01.29 Los 1: Einkaufspreis der Laminierfolien ( mit Nachweis ) und Aufklärung des angesetzten Materialpreises.
4. Aufklärung, wie sich der Stundensatz von xx,xx € für Regiestunden errechnet im Verhältnis zu den xx,xx € Personalvollkosten.

Die ASt antwortete mit Fax um 13.04 Uhr:
Zu 1. Die ASt versichert, dass 95 % ihrer Mitarbeiter eine Ausbildung besitzen würden.
Zum Nachweis der Lohnhöhe ihrer Mitarbeiter legt die ASt 3 anonymisierte Gehaltsabrechnungen von in … und … tätigen Mitarbeiten vor.
Zu 2. Zum Einsatz komme voraussichtlich die …, für die eine 5 jährige Abschreibung angesetzt sei.
Die Leistungsmerkmale des Gerätes werden in einem beigefügten Datenblatt aufgeführt.
Zum Nachweis des Gerätepreises ist ein Angebot der Firma D beigelegt.
Zu 3. Preisliste der Firma R.
Zu 4. Verweis auf Ausführungen zu Punkt 1.

2.
Die VSt teilte im Schreiben vom 25.10.2006 – eingegangen bei der ASt per Fax am 26.10.2006 16.34 Uhr – mit, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag der BGl zu erteilen.
Auf das Angebot der ASt könne der Zuschlag nicht erteilt werden, weil der Preis in offenbarem Missverhältnis zur Leistung steht und die Aufklärung zu keinem anderen Ergebnis geführt hat.

3.
Am 30.10.2006 rügte die ASt die Zuschlagsversagung auf der Grundlage des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A. Sie habe kein Unterangebot abgegeben, vergleichbare Preise würde sie auch diversen Großkunden unterbreiten.
Im Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 31.10.2006 ließ die ASt nochmals ihre Rüge vortragen und vertiefen.

Die VSt ist mit Schreiben vom 31.10.2006 der Rüge entgegengetreten.
Durch die Angaben der ASt könnten die Bedenken wegen Unterangebotes nicht ausgeräumt werden. Wegen ungenügender Beantwortung der Fragen hätte die Preisbildung nicht aufgeklärt werden können. Dem Angebot der ASt könne der Zuschlag nicht erteilt werden, weil es um mehr als 25 % sowohl unter dem Durchschnittspreis ( gebildet ohne das niedrigste und das höchste Angebot ) als auch unter dem Preis des Zweitplazierten liegen würde.

4.
Mit Schreiben vom 07.11.2006 beantragt die ASt
1. ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten und der VSt aufzugeben, das Vergabeverfahren in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen,
2. der ASt Einsicht in die Vergabeakten zu gewähren,
3. der VSt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Gebühren und Auslagen aufzuerlegen,
4. festzustellen, dass die Hinzuziehung der Bevollmächtigen der ASt notwendig war.

Als wirtschaftlichste Bieterin i.S.d. § 25 Nr. 3 VOL/A sei der ASt der Zuschlag zu erteilen. Ihre Nichtberücksichtigung verletze sie in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB.
Der Tatbestand des § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A sei nicht gegeben. Mit einem Preisabstand von etwas mehr als 25 % zum nächstliegenden Bieter könne ein offenbares Missverhältnis zwischen Preis und Leistung nicht begründet werden. Die Rechtsprechung würde ein offenbares Missverhältnis mit der Berechtigung zum Angebotsausschluss nur bei ganz extremen preislichen Abweichungen – offensichtlichen Fehlkalkulationen – sehen. Vorliegend sei ein solcher Fall nicht gegeben. Die ASt hätte im Rahmen der Aufklärung nachgewiesen, dass sie die ausgeschriebene Leistung zu den offerierten Preisen in auskömmlicher Weise erbringen könne.

5.
Die Vergabekammer hat den Nachprüfungsantrag am 07.11.2006 der VSt zugestellt und um Zusendung der Vergabeakte und Äußerung gebeten.

6.
In ihrer Antragserwiderung vom 14.11.2006, hier eingegangen am 17.11.2006, beantragt die VSt:
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die ASt trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der VSt.

Der Antrag sei unbegründet.
Das Angebot der ASt sei zu Recht als Unterangebot bei der Wertung unberücksichtigt geblieben.

Wegen des Preisabstandes von rd. 25 % zum nächstliegenden Bieter und zur eigenen Kostenschätzung musste die VSt ein Unterangebot der ASt vermuten.
Diese Vermutung hätte die ASt nicht widerlegt.
Nach Aufforderung hätte die ASt lediglich Unterlagen vorgelegt, die verbal nicht erläutert gewesen seien. Derartige Erläuterungen wären jedoch erforderlich gewesen, um den niedrigen Angebotspreis zu erklären.
Wegen dem Niedrigpreis sei eine negative Auswirkung auf die Leistungserbringung durch die ASt zu befürchten.
Die Kalkulation der Personalvollkosten und die vorgelegten Lohnabrechnungen hätten Bruttostundensätze von xx,xx € ergeben. Dieser Stundensatz sei nicht marktüblich. Man müsse also davon ausgehen, dass die von der ASt Beschäftigten der in der Ausschreibung geforderten Fachkunde und Qualifikation nicht gerecht werden würden, wodurch Störungen im Betriebsablauf des Service Centers zu erwarten seien. Zudem sei bei dieser Bezahlung eine starke Fluktuation des Personals zu befürchten, wodurch ebenfalls Schlecht- und Falschleistungen auftreten würden.
Die Personalvollkosten stünden auch in Widerspruch zu den im Leistungsverzeichnis angebotenen Regiearbeiten mit xx,- €/Std.
Aufgrund der Erklärung der ASt müsse davon ausgegangen werden, dass für die Position 01.01.29 Heißlaminierfolien verwendet würden. Heißlaminierfolien wären zwar wesentlich kostengünstiger als Kaltlaminatfolien, seien allerdings für Vorlagen ungeeignet, die mit Tintenstrahldrucker erstellt worden sind.

7.
Soweit nach § 111 Abs. 2 GWB kein Geheimnisschutz geboten war, wurden der ASt am
20.11.2006 Auszüge der Vergabeakte zugesandt.

Darin befindet sich als Anlage ein Vermerk vom 31.10.2006, worin die VSt als Ergebnis der Aufklärung folgendes feststellt:

Personalkosten:
Die Kalkulation der Personalkosten hätte Bruttostundensätze ( inkl. Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung und zusätzliche Personalkosten für Betreuung der Arbeitnehmer und Lohnabrechnung der ASt ) von xx,xx €/Std. ergeben. In den vorgelegten Lohnabrechnungen anderer bei der ASt Beschäftigter seien in zwei von drei Fällen Bruttosätze zwischen xx,xx € und xx,xx € dargestellt.
Wegen dieser niedrigen Stundensätze sei zu erwarten, dass das von der ASt bereitgestellte Personal die erforderliche Fachkunde und Qualifikation nicht aufweisen würde, die zur ordnungsgemäßen Erbringung der geforderte Leistung notwendig sei. Zudem sei mit einer erhöhten Fluktuation des Personals zu rechnen, was zu Störungen im Service Center führen würde.

Verhältnis Lohnkosten zu Regiestundensätzen
Trotz Anfrage hätte die ASt den Unterschied zwischen dem geringen Bruttoarbeitsentgelt und dem für Regiestunden angegebenen Betrag von xx,- € nicht beantwortet.

Kosten von Laminaten:
Die Nachfrage hätte ergeben, dass die ASt für alle Laminate Heißlaminierfolien verwenden würde. Heißlaminierfolien seien jedoch für Vorlagen, die mit Tintenstrahldruckern erstellt wurden, nicht geeignet, weil sie zu einem Verschwimmen der Farbe führen können. Da im Hause alle großformatigen Pläne mit Tintenstrahldruckern erstellt würden, könne eine Heißlaminierung nicht zum Einsatz kommen.

8.
Die Firma … wurde am 20.11.2006 zum Verfahren beigeladen.

In ihrer Stellungnahme vom 24.11.2006 führt die BGl zu den Lohnkosten aus. Lohnstunden zu xx,xx € könnten nicht erklärt werden. Sie hätte per Jahresschnitt die Löhne der mit der ausgeschriebenen Leistung derzeit Beschäftigten mit xx,xx €/Std. ermittelt. Dazu müssten noch die administrativen Kosten für Verwaltung hinzuaddiert werden.
Zudem legt die BGl ihre Kalkulation zu einzelnen Hauptpositionen offen. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Stellungnahme wird verwiesen.

9.
In ihrer Replik vom 26.11.2006 auf den Inhalt der Vergabeakte und die Stellungnahme der VSt führt die ASt im wesentlichen aus:
Wegen der preislichen Abweichung um 25 % sei der Ausschluss ihres Angebots nicht begründbar. Die Stellungnahme der VSt lasse nicht erkennen, was konkret zur Nichtberücksichtigung ihres Angebots geführt hat.
Es würde nicht zutreffen, dass Personalvollkosten von xx,xx € eine vertragsgemäße Erfüllung der übertragenen Arbeiten nicht erlauben würden. Umgerechnet auf den Monat mit 160 Arbeitsstunden würde sich ein Bruttoarbeitslohn von ca. x.xxx,- € errechnen. Dieser Schnitt, der für gelernte Arbeitskräfte normal wäre, sei von der ASt mit den drei anonymisierten Gehaltsabrechnungen nachgewiesen worden. Damit könnten jedenfalls Bedenken im Hinblick auf eine Unangemessenheit bzw. Unauskömmlichkeit der Kalkulation und der Fachkunde und Qualifikation des eingesetzten Personals nicht begründet werden.
Die Personalregiekosten seien für die Kalkulation nicht relevant und würden daher eine sachfremde Erwägung in Bezug auf die preisliche Angemessenheitsprüfung darstellen.
Das Angebot könne auch wegen der Kalkulation bezüglich der verwendeten Laminate nicht als Unterangebot gewertet werden. Heiß- und Kaltlaminate unterscheiden sich preislich keineswegs so stark, wie die VSt es darstellt.

10.
Im Schriftsatz vom 30.11.2006 wiederholt und vertieft die VSt im Wesentlichen ihre bereits vorgetragen Ausschlussgründe:
Das Angebot der ASt sei auszuscheiden, weil sie in den Positionen 01.01.25 – 01.01.29 entgegen der Vorgabe Heiß- statt Kaltlaminate angeboten hätte.
Zudem sei das Angebot auszuschließen, weil die von der ASt im Zuge der Aufklärung vorgebrachten Erklärungen sowie die vorgelegten Unterlagen nicht geeignet wären, die Vermutung für das Bestehen eines Unterangebotes zu widerlegen.

11.
Auf die Replik der ASt vom 30.11.2006 zur Stellungnahme der BGl und dem Schreiben der VSt vom 30.11.2006 wird verwiesen.

12.
In der mündlichen Verhandlung am 04.12.2006 hatten die Verfahrensbeteiligten Gelegenheit, sich zum streitgegenständlichen Vergabeverfahren zu äußern. Auf das diesbezügliche Protokoll wird verwiesen.

Die ASt bleibt bei ihren mit Schriftsatz vom 07.11.2006 gestellten Anträgen.
Die VSt beantragt, den Nachprüfungsantrag abzulehnen.
Die BGl stellt keine Anträge.

B e g r ü n d u n g:

1.
Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

a) Die Vergabekammer Nordbayern ist für das Nachprüfverfahren nach § 1 Abs. 2 und § 2 Abs. 2 Satz 2 BayNpV sachlich und örtlich zuständig.

b) Bei dem ausgeschriebenen Vertrag handelt es sich um einen öffentlichen Auftrag im Sinne von § 99 GWB.

c) Die VSt ist den Auftraggebern zuzuordnen, welche gemäß § 98 Nr. 1 GWB in Verbindung mit § 4 VgV den 2. Abschnitt der VOL/A anzuwenden haben.

d) Der Schwellenwert von 200.000,- € ist überschritten (§ 100 Abs. 1 GWB).

e) Der Zuschlag an die BGl wurde noch nicht erteilt ( § 114 Abs. 2 Satz 1 GWB ).

f) Die ASt ist antragsbefugt. Sie hat als beteiligte Bieterin ein Interesse am Auftrag und schlüssig dargetan, dass ihr durch die behauptete Rechtsverletzung ein Schaden entsteht bzw. zu entstehen droht ( § 107 Abs. 2 GWB ).

g) Die ASt hat am 30.10.2006 unverzüglich gerügt, nachdem ihr am 26.10.2006 die Mitteilung über die Nichtberücksichtigung ihres Angebots zugegangen war.

2.
Der Antrag ist begründet.
Die ASt wird in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt.
Das Angebot der ASt darf nicht als Unterangebot von der Wertung ausgeschlossen werden.
Die VSt ist deshalb zu verpflichten, die Wertung der Angebote erneut durchzuführen und nach § 13 VgV das Ergebnis den Bietern mitzuteilen.

Das Angebot der ASt kann nicht nach § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A unberücksichtigt bleiben.
Ein offenbares Missverhältnis zwischen Angebotspreis und Leistung liegt nicht deswegen vor, weil die ASt Stundenverrechnungssätze mit xx,xx € kalkuliert hat.

a) Nach § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A darf auf Angebote, deren Preise in offenbarem Missverhältnis zur Leistung stehen, der Zuschlag nicht erteilt werden.
Die Regelung dient dem Schutz des Auftraggebers vor Eingehung eines nicht hinzunehmenden Risikos. Maßgeblich für die Entscheidung ist daher, ob der Auftraggeber nach Überprüfung der eingeholten Auskünfte so erhebliche Zweifel an einer ordnungsgemäßen Vertragerfüllung haben darf, dass ihm bei objektiver Betrachtung ein Zuschlag wegen der damit verbundenen Risiken nicht zugemutet werden kann.

Zur Beurteilung der Angemessenheit eines Preises dient in der Regel ein Vergleich mit der Kostenschätzung des Auftraggebers.
Vorliegend führt eine solche Gegenüberstellung nicht weiter. Zwar hat die VSt im Vergabevermerk als voraussichtlichen Auftragswert xxx.000,- € brutto angegeben. Diese Zahlenangabe ist jedoch nicht überprüfbar. In der Vergabeakte findet sich keine Kostenschätzung, mit der der genannte Auftragswert belegt ist. In der mündlichen Verhandlung hat die VSt dazu ausgeführt, dass sie ihre Kostenschätzung auf die Preise des bisherigen Vertrages mit der BGl gestützt habe. Deswegen ist die Kostenschätzung der VSt als Vergleichsmaßstab nicht geeignet.

Der VÜA des Bundes hat in seinem Beschluss v. 14.04.1998 ( Vergaberechtsreport 8/98 ) den Standpunkt vertreten, dass auch ein noch so beträchtlicher Preisabstand zwischen dem günstigsten und den nachfolgenden Angeboten für sich genommen noch kein hinreichendes Merkmal für ein unangemessen niedriges Angebot darstellt. Ein Niedrigangebot kann auch wettbewerblich begründet sein. Auf den Gesichtspunkt der Angemessenheit oder gar Auskömmlichkeit kommt es bei der Ermittlung des zulässigen Wettbewerbspreises nicht an. Für die öffentliche Hand besteht kein Hindernis, auch Unterkostenpreise zu akzeptieren, sofern der Anbieter zu diesen Preisen zuverlässig leisten kann ( BGH v. 11.07.2001 1 StR 576/00 ).
Die Kalkulation obliegt ausschließlich dem Aufgabenbereich des Bieters. Eine Angebotskalkulation berührt den Kernbereich unternehmerischen Handelns im Wettbewerb um öffentliche Aufträge und damit die Freiheit des Wettbewerbs im Marktgeschehen schlechthin. Vorschriften, auf welche Weise der Unternehmer zu kalkulieren hat, kann es in einer freien Wirtschaftsordnung nicht geben ( Kammergericht Berlin v. 26.02.2004 – Verg 16/03 ). Der Bieter ist mangels verbindlicher Kalkulationsregeln in seiner Preisgestaltung frei ( BGH v. 18.05.2004 – X ZB 7/04 ).
Zur Feststellung eines unangemessen niedrigen Angebots sind konkrete Anhaltspunkte dafür zu verlangen, dass der niedrige Preis keinen Wettbewerbspreis darstellt, der Ausdruck der konkreten, betriebsindividuellen Verhältnisse und zugleich Reaktion des Unternehmens auf das wettbewerbliche Umfeld ist ( Brinkler/Ohler in Motzke/Pietzcker/Prieß, Beck´scher VOB-Kommentar, Rdn. 66 zu § 25. ). Ein niedriger Preis kann bei einer arbeitsintensiven Tätigkeit auf ein niedrigeres Gehaltsniveau zurückzuführen sein. Hierbei handelt es sich um einen legitimen Preisvorteil des Anbieters.

Vor diesem Hintergrund kann die ASt nicht deswegen ausgeschlossen werden, weil sie in ihrem Angebot die Personalvollkosten mit xx,xx €/Std. kalkuliert hat.
Unstrittig besteht für die ausgeschriebenen reprographischen Dienstleistungen kein allgemein verbindlicher Tarifvertrag, in dem die zu zahlenden Lohntarife festgelegt sind. Die in den Vergabeunterlagen geforderte Erklärung nach dem Formblatt Erg Ang VOB EG geht schon deshalb ins Leere, weil dort eine Tariftreueerklärung nach dem Bayer. Bauaufträge – Vergabegesetz verlangt ist. Bei der streitgegenständlichen Leistung handelt es sich nicht um die Entlohnung von auf einer Baustelle beschäftigten Arbeitnehmern.

Die VSt kann mit ihrer Befürchtung nicht durchdringen, dass den Beschäftigten der ASt wegen der Entlohnung die geforderte Fachkunde und Qualifikation fehlen würde und durch starke Personalfluktuation Störungen im Betriebsablauf des Service Centers zu erwarten seien.
Die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen notwendige Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit ist nach § 25 Nr. 2 Abs. 1 VOL/A zu prüfen und war nicht Gegenstand dieses Nachprüfungsverfahrens.
Die VSt hat ihren Einwand bezüglich der Eignung nicht durch Fakten belegt. Die Berücksichtigung von Umständen, die nicht auf einer gesicherten Erkenntnis des Ausschreibenden beruhen, ist bei der Bewertung der Eignung eines Bieters ausgeschlossen ( BGH v. 26.10.1999 – X ZR 30/98 ). Stattdessen versicherte die ASt in ihrem Vortrag und in der mündlichen Verhandlung glaubhaft, dass 95 % ihrer Mitarbeiter die erforderlichen Kenntnisse für eine fachgerechte Ausführung der streitgegenständlichen Leistung aufweisen würden.

b) Die ASt ist auch der Aufklärungsaufforderung nachgekommen, soweit es ihr zumutbar war.

Nach § 24 Nr. 1 VOL/A darf mit Bietern verhandelt werden, um Zweifel über die Angebote zu beheben. Verweigert ein Bieter die geforderten Aufklärungen und Angaben, so kann sein Angebot unberücksichtigt bleiben. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass das Aufklärungsverlangen zulässig und die Aufklärungsfrist zumutbar ist.

aa) Die VSt hat am 11.10.2006 Aufklärung zu verschiedenen Positionen mit niedrigen Einheitspreisen verlangt. Die ASt ist dieser Forderung innerhalb der gesetzten Frist nachgekommen und hat die fraglichen Positionen in die einzelnen Preisbestandteile Zeit, Lohn, Gerät, Material etc. aufgeschlüsselt. Daraus ist ersichtlich, wie und aus welchen Faktoren sich der verlangte Einheitspreis zusammensetzt. Eine anders zu gestaltende Auskunft war für die ASt aus der allgemein gehaltenen Aufklärungsforderung der VSt nicht erkennbar.
Ein weitergehender Einblick in die Kalkulation ist bei objektiver Betrachtung für die Überprüfung der Plausibilität nicht notwendig und auch nicht zulässig. Bieter können nicht dazu verpflichtet werden, interne Kalkulationsunterlagen offen zu legen ( BVerfG v. 14.03.2006 – BvR 2087/03 u. 2111/03 ).

bb) Auch kann die ASt nicht deswegen ausgeschlossen werden, weil sie dem zweiten Aufklärungsverlangen nur unvollständig nachgekommen ist.
Mit Fax vom 26.10.2006, 11.32 Uhr, hat die VSt weitere Aufklärung gefordert. Für die Beantwortung wurden der ASt rd. 2 1/2 Stunden eingeräumt.
Diese Frist war zu kurz bemessen und damit eine vollständige Beantwortung unzumutbar, zumal eine Aufklärung zum Teil zu neuen Positionen verlangt wurde.
In der Regel ist eine Antwortfrist von weniger als eine Woche als unzumutbar anzusehen ( Franke/Grünhagen in Franke Kemper Zanner Grünhagen, VOB-Kommentar, 2. Auflage, Rdn. 520 zu § 25 ).

Aus den dennoch vorgelegten Unterlagen ergeben sich keine Widersprüche zum Angebot der ASt.

Die von der ASt vorgelegten Lohn-/Gehaltsabrechnungen von Mitarbeitern stehen nicht in Widerspruch zu ihrem Personalvollkostenansatz. Beispielhaft hat die ASt für den Monat September die Gehaltsabrechnung eines Bediensteten in … vorgelegt. Mit der dort angegebenen Bruttolohnhöhe ist nach Zuschlag der Lohnzusatzkosten in Höhe von xx % ein Personalkostenansatz von xx,xx € darstellbar.
Die ASt hat in ihrem Angebot die Lohnzusatzkosten mit xx % angegeben ( Formblatt Erg Ang VOB EG ).

Auch berechtigt das vorgelegte Preisblatt zu den Heißlaminatfolien nicht, das Angebot gemäß § 25 Nr.1 Abs. 1 Buchst. d VOL/A auszuschließen.
Nach § 25 Nr.1 Abs. 1 Buchst. d VOL/A werden Angebote ausgeschlossen, bei denen Änderungen oder Ergänzungen an den Verdingungsunterlagen vorgenommen worden sind.
Eine solche Änderung oder Ergänzung ist im Angebot der ASt nicht gegeben.
Grundlage für die formale und inhaltliche Prüfung sind die zur Eröffnung vorgelegten Angebote. Das von der ASt zu diesem Termin eingereichte Angebot enthält die verlangten Erklärungen und Preise. Zusätzliche Eintragungen, aus denen ein Abweichen von der geforderten Leistung erkennbar sein könnte, finden sich im Angebot der ASt nicht.
Mit Schreiben vom 26.10.2006 wurde die ASt aufgefordert, sich zum Einkaufs- und Materialpreis der Laminierfolien der Pos. 1.1.25 – 1.1.29 zu erklären. In diesen Positionen sind die Preise für das Laminieren von Vorlagen der Größe DIN A4 bis DIN A0 anzugeben. Unstrittig ist in den Verdingungsunterlagen ein Laminierungsverfahren nicht vorgegeben. Der in der Leistungsbeschreibung auf Seite 5 unter Ziffer 1.5 geforderte Kaltlaminator ist nur als Backup Kapazität für DIN A0 Formate zur Verfügung zu stellen. Für den Normalbetrieb konnte die Heißlamination für alle Formate angeboten werden.
Der ASt könnte deshalb allenfalls der Vorwurf gemacht werden, dass sie bei der zweiten Aufklärung nicht die Preise aller Laminierfolien ( heiß und kalt ) vorgelegt habe. Dies kann aber der ASt wegen der kurzen Frist nicht als Aufklärungsverweigerung im Sinne von § 24 Nr. 1 Abs. 2 VOL/A angelastet werden.

Die VSt konnte ihre Behauptung nicht belegen, dass Heißlaminate für mit Tintenstrahldruckern gefertigte Vorlagen ungeeignet seien.
In der mündlichen Verhandlung hat die ASt Heißlaminate vorgelegt, aus denen ein Verschwimmen der Tinte nicht ersichtlich war. Auch konnten keine anderen Qualitätsunterschiede zu den ebenfalls vorgelegten Kaltlaminaten festgestellt werden.

3.
Wegen des im GWB festgelegten Amtsermittlungsgrundsatzes ( § 110 Abs. 1 Satz 1 und
§ 114 Abs. 1 GWB ) sieht sich die Vergabekammer zu folgendem Hinweis veranlasst:

Eine Überprüfung des Angebots der BGl hat ergeben, dass es unvollständig ist.
Auf dem Formblatt EFB U EG 317 erklärt die BGl, dass sie die Mikroverfilmung weitervergeben wird. Sie benennt zwar konkret welches Unternehmen sie mit der Leistung beauftragen wolle, die geforderte Verpflichtungserklärung des Nachunternehmers liegt dem Angebot der BGl jedoch nicht bei.
Des Weiteren fehlen im Angebot der BGl die Besonderen Vertragsbedingungen, Zusätzlichen Vertragsbedingungen und das Einheitliche Verdingungsmuster Abfall. Alle diese Anlagen waren im Angebot als Vertragsbestandteile ausgewiesen.

4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 128 GWB.

a) Die VSt hat die Kosten des Verfahrens und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der ASt zu tragen, weil sie unterlegen ist ( § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB ).
Im Hinblick auf die streitgegenständliche Auftragssumme von xxx.xxx,xx € brutto und bei Zugrundelegung eines durchschnittlichen personellen und sachlichen Aufwands der Vergabekammer errechnet sich nach der entsprechend angewandten Gebührentabelle des Bundeskartellamts eine Gebühr in Höhe von x.xxx,- €.
Die VSt ist nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 VwKostG von der Zahlung der Gebühr befreit.
Der geleistete Kostenvorschuss in Höhe von 2.500,- € wird nach Bestandskraft dieses Beschlusses an die ASt zurücküberwiesen.

b) Die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes war für die ASt notwendig gem. § 128 Abs. 4 Satz 3 GWB i.V.m. Art. 80 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG entspr. Es handelt sich um einen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht einfach gelagerten Fall, so dass es der ASt nicht zuzumuten war, das Verfahren vor der Vergabekammer selbst zu führen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g:

…..

Ausschreibung bestimmter Produkte nur ausnahmsweise zulässig

VK Hessen, Beschluss vom 11.12.2006 – 69d-VK-60/2006

1. Eine Ausschreibung bestimmter Produkte ist nur ausnahmsweise zulässig.

2. Eine Ausschreibung eines bestimmten Produkts als Substitut für allgemeine Beschreibungen darf nicht ohne den Zusatz „oder gleichwertiger Art“ erfolgen.

3. Die Begründung für die Ausschreibung eines bestimmten Produktes muss in der Vergabeakte dokumentiert werden.

 

Volltext: 

 

2. VERGABEKAMMER des Landes Hessen

bei dem Regierungspräsidium Darmstadt

Beschluss

69 d VK – 60/2006

11.12.2006

 

VOB/A § 9 Nr. 5, § 30
1. Eine Ausschreibung bestimmter Produkte ist nur ausnahmsweise zulässig.
2. Eine Ausschreibung eines bestimmten Produkts als Substitut für allgemeine Beschreibungen darf nicht ohne den Zusatz „oder gleichwertiger Art“ erfolgen.
3. Die Begründung für die Ausschreibung eines bestimmten Produktes muss in der Vergabeakte dokumentiert werden.
VK Hessen, Beschluss vom 11.12.2006 – 69d-VK-60/2006

In dem Nachprüfungsverfahren

Wegen Vergabe von Bauleistungen nach VOB/A, Erweiterung der #####

hat die 2. Vergabekammer des Landes Hessen bei dem Regierungspräsidium in Darmstadt nach mündlicher Verhandlung am 28.11.2006 durch die Vorsitzende ##### den hauptamtlichen Beisitzer ##### sowie den ehrenamtlichen Beisitzer ##### am 11.12.2006 beschlossen:

I. Der Antragsgegner wird verpflichtet, die am 12.07.2006 im Supplement des Amtsblattes der Europäischen Gemeinschaften (2006-138940-DE) veröffentlichte Ausschreibung über den Einbau von Holzinnentüren im Neubau des Verwaltungsgebäudes aufzuheben und die Bauleistungen unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer neu auszuschreiben.

II. Im Übrigen wird das Nachprüfungsverfahren eingestellt.

III. Für das Verfahren vor der Vergabekammer wird eine Gebühr von ##### € festgesetzt, hiervon tragen die Antragstellerin und der Antragsgegner jeweils ##### €.

IV. Von den der Antragstellerin und dem Antragsgegner außerhalb des Verfahrens entstandenen Kosten trägt die Antragstellerin 1/3, der Antragsgegner trägt 2/3; im Übrigen tragen die Beteiligten ihre Kosten selbst.

V. Die Hinzuziehung von Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin war notwendig.

Sachverhalt

Der Antragsgegner veröffentlichte am 14.07.2006 die Ausschreibungen für 12 Gewerke für den Neubau eines Verwaltungsgebäudes beim Kreishaus in Darmstadt, darunter u.a. die Fassadenarbeiten, Metall- und Holztüren.

Das Leistungsverzeichnis für die Ausschreibung der Holzinnentüren enthielt für mehrere Positionen die Angabe bestimmter Fabrikate und Typbezeichnungen, so u.a. für

– Türdrückergarnituren: (Positionen 02.01.0010, 02.02.0007, 02.02.0008, 02.03.0005; insgesamt 312 St.) Fabrikat "FSB Typ 1005, Objektbeschlag 7205 13 bzw. 7205.15 und 7605 13";

– Türpuffer: (Positionen 02.01.0011 bis 2.01.0013, 02.02.0013; insgesamt 195 St.) "Erzeugnis KWS Türpuffer 2008.82 bzw. 2573.82 und 2001.82 und 2008.82";

– Drückergarnitur, halb: (Position 02.02.0009; 15 St.): "Fabrikat F513 Typ 1005, Objektbeschlag 7205.13";

– Griffstange: (Position 02.02.0010; 6 St.): "Fabrikat FSB 667a38";

– Obentürschließer: (Positionen 02.02.0011 und 02.03.0006; insgesamt 44 St.). "Fabrikat DORMA TS 91 RF bzw. DORMA TS 93 N";

– Drehflügelantrieb (Position 02.02.0012) "Fabrikat DORMA CD 80".

In der Aufforderung zur Abgabe von Angeboten war unter Zif. 5. 2 die Abgabe von Nebenangeboten nicht zugelassen. Als Zuschlagskriterien waren in Zif. 5.3 das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf den Preis, die Qualität (Referenz), die technische Leistungsfähigkeit sowie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit genannt, wobei die Kriterien in der Reihenfolge ihrer Bedeutung benannt seien.

Auf Anforderung der Antragstellerin vom 25.07.2006 wurden ihr Anfang August die Ausschreibungsunterlagen übersandt. Mit Schreiben an das mit der Planung beauftragte Architekturbüro vom 08.08.2006 rügte die Antragstellerin die Vorgabe bestimmter Produkte im Leistungsverzeichnis ohne den Zusatz "oder gleichwertiger Art" hinsichtlich der Drückergarnituren, der Türpuffer und der Obentürschließer. Es würden keine gleichwertigen Produkte zugelassen, obwohl diese Produkte mit geringfügigen Abweichungen in der Technik und in den Maßen gleichwertig oder besser durch andere Hersteller lieferbar seien.

Das Planungsbüro antwortete hierauf mit Schreiben vom 10.08.2006, die Ausschreibung sei " VOB konform". Die gemachten Vorgaben dienten der " Vermeidung von Schnittstellenproblematiken zu anderen Gewerken (Elt., Fassaden, Metalltüren) und dem Bestand sowie der Vereinfachung von Wartungsverträgen. Bei dem Projekt handelt es sich um eine Erweiterung (technisch und funktional) der bestehenden Kreisverwaltung)".

Weitere, per Telefax an das Planungsbüro gerichtete Nachfragen der Antragstellerin vom 10.08.2006 und vom 11.08.2006 bezogen sich auf die gewünschte -Unterkonstruktion der Türzargen und die ausgeschriebene Farbwahl und wurden jeweils mit Schreiben des Planungsbüros vom selben Tag beantwortet. in den Akten befinden sich keine Hinweise darauf, dass diese Antworten und Erläuterungen auch anderen Bietern zugänglich gemacht wurden.

Die Antragstellerin übersandte am 16.08.2006 ein Angebot zu einem Gesamtnettopreis von ##### €. In dem Anschreiben wies sie ausdrücklich auf die zuvor erhobenen Rügen hin. Daneben gab sie drei Nebenangebote mit Änderungen bezüglich der Türdrücker, der Türpuffer und der Griffstangen ab.

Neben der Antragstellerin beteiligten sich noch die Beigeladene und sechs weitere Bieter mit Angeboten an der Ausschreibung. Die Submission fand am 22.08.2006 statt.

Mit Schreiben vom 18.10.2006 teilte das vom Antragsgegner beauftragte Architekturbüro der Antragstellerin mit, ihr Angebot habe aus wirtschaftlichen Gründen nicht berücksichtigt werden können. Die Antragstellerin antwortete hierauf mit Schreiben vom 19.10.2006, auf telefonische Nachfrage habe sie erfahren, dass die Beigeladene den Zuschlag erhalten solle, und legte unter Bezugnahme auf die erhobenen Rügen "Einspruch" ein. Sie setzte dem Antragsgegner eine Frist für eine entsprechende Stellungnahme bis zum 23.10.2006.

Nachdem seitens des Antragsgegners keine Reaktion erfolgte, stellte die Antragstellerin mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 31.10.2006 bei der Vergabekammer den vorliegenden Nachprüfungsantrag.

Zur Begründung vertieft sie im Wesentlichen das Vorbringen der Rügeschreiben und führt weiter aus, die Vorgabe bestimmter Fabrikate durch den Antragsgegner verstoße gegen § 9 Nr. 5 VOB/A. Der Antragsgegner habe gegen das Gebot der produktneutralen Ausschreibung noch zusätzlich dadurch verstoßen, dass er bestimmte Bezeichnungen (Leitfabrikate) ohne den zwingenden Zusatz "oder gleichwertiger Art" verwendet habe. Die von der Antragstellerin in ihren Nebenangeboten angebotenen Fabrikate seien gleichwertig zu den von dem Antragsgegner vorgegebenen. Schließlich stelle es einen Wettbewerbsnachteil gegenüber der Antragstellerin dar, dass nur sie detaillierte Angaben über die Unterkonstruktion der Zargen erhalten habe. Das Gleiche gelte für die Vorgabe, die teureren Metallic- Töne zu verwenden. Vermutlich habe nur die Antragstellerin hinsichtlich der werkseitigen Pulverbeschichtung mit den teureren Farbtönen kalkuliert, wodurch wiederum ein Wettbewerbsnachteil entstanden sei.

Nach Übermittlung von Teilen der Vergabeakte durch die Vergabekammer ergänzte die Antragstellerin ihren Vortrag dahin, der Antragsgegner habe die Gründe für eine produktbezogene Ausschreibung nicht im Rahmen eines Vergabevermerks dokumentiert. Gestalterische Gründe seien offensichtlich vorgeschoben. Das Angebot der Beigeladenen sei wegen Unvollständigkeit der Angebotsunterlagen auszuschließen. Schließlich habe der Antragsgegner offensichtlich auch nur den Preis als Wertungskriterium herangezogen, obwohl nach der Ausschreibung vier Kriterien wertungsrelevant sein sollten.

Die Antragstellerin beantragte schriftsätzlich u.a.:

1. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt ist;

2. Dem Antragsgegner wird untersagt, den Zuschlag an die Beigeladene zu erteilen;

3. Der Antragsgegner wird angewiesen, den Zuschlag an die Antragstellerin zu erteilen;

4. Hilfsweise: Das Ausschreibungsverfahren wird aufgehoben und die verfahrensgegenständlichen Bauleistungen werden neu ausgeschrieben.

Der Antragsgegner beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Er nahm mit Schreiben vom 09.11.2006 zu dem Antrag Stellung und führte aus, die Fabrikatvorgaben seien zwingend erforderlich, da bei dem Neubau des Verwaltungsgebäudes Türbeschläge bei Holztüren, Stahltüren und in der Fassade (Fenster und Fenstertüren) vorkämen. Sowohl aus gestalterischen Gründen als auch aus Gründen der Vereinfachung von späteren Wartungen, Reparaturen, der Vorhaltung von Verschlussteilen usw. sei eine Produktlinie zwingend notwendig. In einem Flur bzw. einem Raum würden Holztüren, Brandschutztüren aus Stahl und mit Griffen und Beschlägen ausgestattete Elemente der Fassade aufeinander treffen. Es sei daher der Wunsch des Bauherrn bzw. die gestalterische Freiheit des in seinem Auftrag planenden Architekten, ein einheitliches Design einzubauen. Es liege daher ein zwingender Grund vor, in den drei genannten Ausschreibungen Fabrikatvorgaben zur Grundlage einer Wertung der Angebote zu machen.

Die ausgeschriebene Zarge sei eindeutig beschrieben worden. Auf Nachfrage der Antragstellerin sei ihr beispielhaft ein Zargendetail eines Herstellers zugesandt worden, dieses gebe es exakt auch bei anderen Herstellern. Hinsichtlich der Farbtöne seien solche nach NCS (Natural Collour System) und RAL einschließlich der Metallic- Töne RAL 9006 und 9007 ausgeschrieben worden, die Bestandteil der RAL-Karte seien.

Am 28.11.2006 fand die mündliche Verhandlung vor der Vergabekammer mit ausführlicher Erörterung der Sach- und Rechtslage statt. Auf Bitte der Kammer hatten die Antragstellerin und der Antragsgegner Muster der ausgeschriebenen bzw. im Nebenangebot angebotenen Türdrücker mitgebracht; diese waren Gegenstand der Erörterung.

Die Antragstellerin nahm die Anträge Zif. 1 bis 3 des Nachprüfungsantrages zurück und beantragte, den Antragsgegner zur Aufhebung und Neuausschreibung der streitgegenständlichen Bauleistungen zu verpflichten. Die Beigeladene stellte keinen Antrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten das Sach- und Streitstandes wird auf die Verfahrensakte der Kammer sowie auf die Vergabeakte verwiesen.

Gründe:

Der Antrag, den Antragsgegner zur Aufhebung der Ausschreibung der Holzinnentüren für die Erweiterung der ##### und zur erneuten Ausschreibung zu verpflichten, ist zulässig und begründet. Hinsichtlich der übrigen zunächst gestellten Anträge ist das Verfahren nach deren Rücknahme einzustellen und über die Kosten zu entscheiden.

A.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig. Die örtliche und sachliche Zuständigkeit der Vergabekammer sowie die formalen und inhaltlichen Voraussetzungen eines Nachprüfungsantrags (§§ 100 Abs. 1, 107, 108 GWB) sind gegeben. Die Antragstellerin ist auch antragsbefugt (§ 107 Abs. 2 GWB), denn sie hat ein Interesse am Auftrag, wie sie durch die Abgabe eines Angebots deutlich gemacht hat. Sie macht eine Verletzung von Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB geltend, indem sie vorträgt, die Ausschreibung verstoße gegen § 9 Nr. 5 VOB/A. Ihr Sachvortrag lässt damit eine Rechtsverletzung zu Lasten ihrer Zuschlagschancen und damit einen wirtschaftlichen Schaden zumindest als möglich erscheinen. Sie ist auch ihrer Pflicht zur unverzüglichen Rüge mit ihren Schreiben vom 08.08.2006, 10.08.2006 und 19.10.2006 nachgekommen.

B.

Der Nachprüfungsantrag ist auch begründet. Das streitgegenständliche Vergabeverfahren leidet an schwerwiegenden Vergaberechtsverstößen, die die Rechte der Antragstellerin verletzen, und ist daher aufzuheben.

I. Der Antragsgegner hat mit der Ausschreibung "Holzinnentüren" gegen § 9 Nr. 5 VOB/A verstoßen.

1. Nach Abs. 1 der Vorschrift dürfen bestimmte Erzeugnisse, wie hier, für Türdrücker, Türpuffer etc., nur dann ausdrücklich vorgeschrieben werden, wenn dies durch die Art der geforderten Leistung gerechtfertigt ist. Ausschlaggebendes Merkmal hierfür sind die jeweils maßgeblichen technischen und gestalterischen Anforderungen, z. B. sind bei Sanierungen, Um- und Erweiterungsbauten bestimmte gestalterische Anforderungen hinsichtlich eines einheitlichen Erscheinungsbildes oder dergl. denkbar (vgl. Ingenstau/Korbion, Kommentar zur VOB, § 9 VOB/A Rdnr. 81 ff.; VK Hessen, Beschl. vom 05.10.2005; 69d VK 69/2005).

a) Derartige gestalterische Gesichtspunkte sind im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben. Zwar hatte das mit der Planung des Neubaus beauftragte Architekturbüro der Antragstellerin auf ihre Rüge mit Schreiben vom 10.08.2006 mitgeteilt, bei dem Projekt handele es sich um eine Erweiterung (technisch und funktional) der bestehenden Kreisverwaltung. Da der Neubau jedoch, wie den Plänen zu entnehmen ist, einen eigenständigen und vom Bestandsgebäude deutlich entfernt liegenden Baukörper bilden wird, sprechen diese Gesichtspunkte nicht für besondere gestalterische Anforderungen an Türdrückergarnituren und andere Teile.

b) Auch die einheitliche Gestaltung der Beschläge an Holztüren, Feuerschutztüren und Fenstern und Türfenstern der Metallfassade machen die Vorgabe eines bestimmten Fabrikats vorliegend nicht erforderlich. Zwar steht dem Auftraggeber hier ein Beurteilungsspielraum zu, in den die Vergabekammer nicht ohne weiteres eingreifen darf. Vorliegend hat der Antragsgegner eine solche Beurteilung in Hinblick auf die Gestaltung aber offensichtlich nicht vorgenommen. Zudem haben der Antragsgegner und das von ihm beauftragte Architekturbüro in der mündlichen Verhandlung übereinstimmend erklärt, die von der Antragstellerin angebotenen und die ausgeschriebenen Beschläge seien gestalterisch durchaus kompatibel. Der optische Gesamteindruck werde auch bei gleichzeitiger Verwendung der ausgeschriebenen und der von der Antragstellerin angebotenen Produktlinien nicht gestört.

c) Auch andere technische oder wirtschaftliche Gründe für die Ausschreibung nur eines bestimmten Produktes sind vorliegend nicht gegeben. Die ebenfalls in dem Schreiben vom 10.08.2006 genannten Ziele der "Vereinfachung von Wartungsverträgen" betreffen zwar durchaus berechtigte Interessen des Auftraggebers. Auch diese Kriterien reichen jedoch nicht als Rechtfertigung für die ausnahmsweise Zulassung eines bestimmten Erzeugnisses aus: Die Vergabestelle hat diesbezüglich die Möglichkeit, die eingehenden Angebote (bei Aufnahme entsprechender Wertungskriterien in den Ausschreibungsbedingungen) auch nach der Wartungsfreundlichkeit, der Erforderlichkeit von Schulungen der Hausmeister etc. zu bewerten. Entsprechende Zuschlagskriterien sind beispielsweise Folgekosten, Bedienungsfreundlichkeit, etc..

2. 9 Nr. 5 Abs. 2 VOB/A sieht darüber hinaus vor, dass Bezeichnungen für bestimmte Erzeugnisse oder Verfahren ausnahmsweise, jedoch nur mit dem Zusatz "oder gleichwertiger Art" verwendet werden dürfen, wenn eine Beschreibung durch hinreichend genaue, allgemein verständliche Bezeichnungen nicht möglich ist. Sinn dieser Vorschrift ist es, den Wettbewerb sicherzustellen. Es soll vermieden werden, dass die Vergabestelle von sich aus Erzeugnisse oder Verfahren bestimmter Hersteller bevorzugt. Vielmehr ist es Sache der Bieter, aufgrund ihrer Sach- und Fachkunde die für die Ausführung der Leistung notwendigen Erzeugnisse oder Verfahren auszuwählen. Eine Ausschreibung für bestimmte Produkte hat, wie sich aus dem Wortlaut "dürfen nur dann" ergibt, die Ausnahme zu sein. Es kann vorliegend offen bleiben, ob die ausgeschriebenen Leistungen hinreichend genau beschreibbar sind oder waren. Denn jedenfalls durfte der Antragsgegner ein bestimmtes Fabrikat als Substitut für allgemeine Beschreibungen der Beschläge etc. nicht ohne den Zusatz "oder gleichwertiger Art" verwenden. Die Bieter hatten also entgegen der Vorschrift des § 9 Nr. 5 Abs. 2 VOB/A nicht die Möglichkeit, Produkte anzubieten, die hinsichtlich Material, Aussehen, Ausmaßen etc. den ausgeschriebenen Produkten gleichwertig sind. Hierdurch wurden sie in ihren Rechten auf Durchführung eines transparenten und wettbewerbsorientierten Verfahrens und auf Gleichbehandlung der Bieter gemäß § 97 Abs. 1 und 2 GWB verletzt.

II. Daneben genügen die in der Vergabeakte enthaltenen Aufzeichnungen des Planungsbüros, der Schriftverkehr zwischen den Parteien und die Beschlussvorlage mit Begründung an den Kreisausschuss nicht den Anforderungen an einen Vergabevermerk. Nach § 30 Nr. 1 VOB/A muss dieser Vermerk die einzelnen Stufen des Verfahrens, die maßgebenden Feststellungen sowie die Begründung der einzelnen Entscheidungen enthalten. Nach der hierzu entwickelten Rechtsprechung (vgl. z.B. OLG Jena – Vergabesenat – Beschluss vom 26.06.2006 -"Anna- Amalia- Bibliothek"; 9 Verg 2/06; Vergabekammer Niedersachsen, Beschluss vom 22.03.2006; VgK-05/2006) wird diesen Anforderungen nur ein hinsichtlich Planung, Vorbereitung, Entscheidungsphasen und Durchführung des Ausschreibungsverfahrens fortlaufend und chronologisch geführter Vergabevermerk gerecht. Hierzu gehören insbesondere auch Unterlagen, die die Prüfungs- und Willensbildungsprozesse der zuständigen Organe der Vergabestelle dokumentieren.

Im Falle der hier streitigen Ausschreibung muss eine solche Dokumentation insbesondere die zur Ausschöpfung des in § 9 Nr. 5 VOB/A erforderlichen Entscheidungen, also auch Begründungen für die beanstandete produktbezogene Ausschreibung, die Auswahl der einzelnen Produkte, die Nichtzulassung von Nebenangeboten und das angestrebte Zusammenwirken mit den anderen ausgeschriebenen Gewerken enthalten. Darüber hinaus ist auch die Wertung der einzelnen Angebote anhand der in der Bekanntmachung genannten Wertungskriterien unerlässlicher Bestandteil eines Vergabevermerks.

Im vorliegenden Fall besteht der "Vergabevermerk" jedoch lediglich aus der Verdingungsverhandlung, dem Preisspiegel, dem Vergabevorschlag des Architekturbüros und der Beschlussvorlage an den Kreisausschuss. Abgesehen von der für die Produktauswahl fehlenden Begründung ist auch in keiner Weise dokumentiert, ob und in welcher Weise und gegebenenfalls mit welchem Ergebnis die übrigen bekannt gemachten Zuschlagskriterien (Qualität/Referenz, technische Leistungsfähigkeit, wirtschaftliche Leistungsfähigkeit) bei der Angebotswertung berücksichtigt wurden. Sowohl die dargestellte mangelhafte Dokumentation als auch die möglicherweise entgegen den genannten Kriterien erfolgte Wertung der Angebote bedeutet einen weiteren schwerwiegenden Verstoß gegen die auch die anderen Bieter schützenden Gebote der Transparenz (§ 97 Abs. 1 GWB) und Gleichbehandlung (§ 97 Abs. 2 GWB) im Vergaberecht (VK Saarland, Beschl. vom 23.01.2006; 1 VK 06/2005).

III. Als Maßnahme zur Behebung der dargestellten Mängel – unzulässige fabrikatsbezogene Ausschreibung und fehlerhafte Dokumentation des Verfahrens – kommt im Nachprüfungsverfahren gem. § 114 Abs. 1 GWB lediglich die Verpflichtung der Vergabestelle zur Aufhebung der Ausschreibung in Betracht (vgl. VK Sachsen; Beschluss vom 07.02.2003; 1/SVK/007-03; VK Berlin, Beschluss vom 15.02.2006; B 1 – 63/05).

Die Vergabestelle ist gehalten, bei der erforderlich Neuausschreibung der Holzinnentüren die Verpflichtung zur produktneutralen Leistungsbeschreibung nach § 9 Nr. 5 VOB/ A und zur Dokumentation des Vergabeverfahrens und der Wertungsentscheidung zu beachten. Als zusätzliche Wertungskriterien können auch Gesichtspunkte der Gestaltung und, wie bereits erwähnt, der Wartung der einzelnen Bauteile als Zuschlagskriterien benannt werden. Dies muss jedoch im Einzelfall auch in der tatsächlichen und zu dokumentierenden Wertung den entsprechenden Niederschlag finden. In Hinblick auf die zurückgenommenen Anträge war das Verfahren einzustellen und lediglich über die Kosten zu entscheiden.

C.

Die Kostenentscheidung wird wie folgt begründet:

I. Gemäß § 128 Abs.1 GWB werden für Amtshandlungen der Vergabekammer Kosten (Gebühren und Auslagen) erhoben. Die Festsetzung der Gebühr bestimmt sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens, §128 Abs. 2 Satz 1 GWB. Im vorliegenden Verfahren ist hinsichtlich der Streitwertberechnung zu berücksichtigen, dass zunächst drei Hauptanträge und ein Hilfsantrag gestellt worden waren. Für jeden dieser Anträge ist entsprechend dem Angebot der Antragstellerin von einem Streitwert von ##### € auszugehen. Hinsichtlich der unter Zif. 1 (Feststellung der Rechtsverletzung) und Zif. 3 (Verpflichtung zur Zuschlagserteilung an die Antragstellerin) sind die Streitwerte gem. § 5 ZPO zusammenzurechnen. Dagegen löst der der unter Zif. 2 gestellte Antrag (Verbot der Zuschlagserteilung an die Beigeladene) keinen eigenen Streitwert aus, da dieses Verbot bereits Folge der Zustellung des Nachprüfungsantrages an den Antragsgegner ist (§ 115 Ab.1 GWB). Der Streitwert für die ursprünglichen Hauptanträge beträgt also insgesamt ##### €. Die zunächst hilfsweise beantragte Aufhebung der Ausschreibung ist entsprechend dem Angebotspreis ebenfalls mit ##### € zu bewerten, jedoch gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG nicht gesondert zu berechnen. Unter Berücksichtigung der von der Vergabekammer des Bundes erarbeiteten Gebührentabelle ist für den Streitwert von ##### eine Gebühr von ##### € anzusetzen.

II. Hinsichtlich des auf die auf die Rücknahme der Anträge entfallenden Gebührenanteils ist die Antragstellerin kostenpflichtig, weil sie durch Stellung des Nachprüfungsantrages das Verfahren in Gang gesetzt hat, § 128 Abs.1 S. 2 GWB in Verbindung mit § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG. Dieser Anteil beträgt 2/3 (##### €/ ##### €) der Gebühr, also #####. Wegen der Rücknahme des Antrages ist diese Gebühr gemäß § 128 Abs. 3 Satz 2 GWB auf die Hälfte, also auf ##### € zu ermäßigen. Dagegen findet eine Erstattung von notwendigen Aufwendungen anderer Verfahrensbeteiligter (die im vorliegenden Verfahren auch nicht beantragt wurde) nicht statt, weil das Verfahren in Bezug auf die Anträge Zif. 1 bis 3 nicht durch eine Entscheidung der Vergabekammer über den Nachprüfungsantrag sondern durch die Rücknahme des Nachprüfungsantrages und die Einstellung des Verfahrens geendet hat (BGH, Beschluss vom 25.10.2005 – X ZB 22/05). Den auf den Antrag auf Aufhebung der Ausschreibung in Höhe von 1/3 entfallenden Gebührenanteil in Höhe von ; ##### € hat der Antragsgegner als unterlegne Partei zu zahlen, § 128 Abs. 3 Satz 1 GWB.

III. Der Antragsgegner hat, entsprechend den genannten Anteilen zwischen den zurückgenommenen Anträgen und dem erfolgreichem Antrag, die außerhalb des Verfahrens entstandenen Kosten der Antragstellerin zu 1/3 zu tragen (§ 128 Abs. 4 GWB).

IV. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Antragstellerin war angesichts der rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten des Falles notwendig, § 128 Abs. 4 Satz 2 GWB in Verbindung mit § 80 HVwVfG).

Rechtswirkung einer Paraphe

Wird eine Erklärung mit einem Handzeichen unterschrieben, das nur einen Buchstaben verdeutlicht, oder mit einer Buchstabenfolge, die erkennbar als bewusste und gewollte Namensabkürzung erscheint, liegt keine Namensunterschrift im Rechtssinne vor (st. Rspr. vgl. BGH, Beschluss vom 27. September 2005 – VIII ZB 105/04 – NJW 2005, 3775 unter II 2 a und b).

Auf derartige Paraphen können die Vermutung des § 440 Abs. 2 ZPO und die Beweisregel des § 416 ZPO nicht gestützt werden; sie genügen auch den Anforderungen an eine Quittung im Sinne des § 368 Satz 1 BGB nicht.

BGH Urteil vom 15.11.2006,  IV ZR 122/05. Das Urteil kann auf den Seiten des BGH im Volltext abgerufen werden.

 

 

„Fahrbereit“ bei Gebrauchtwagenkauf

a) Einem Gebrauchtwagen, der bei Gefahrübergang auf den Käufer betriebsfähig und verkehrssicher ist, fehlt nicht deswegen die vereinbarte Beschaffenheit "fahrbereit", weil der Motor wegen eines fortschreitenden Schadens nach einer Fahrtstrecke von höchsten 2.000 km ausgetauscht werden muss.

b) Mit der Angabe in einem Gebrauchtwagenkaufvertrag, dass das Fahrzeug "fahrbereit" ist, übernimmt der Verkäufer nicht ohne weiteres die Gewähr im Sinne einer Haltbarkeitsgarantie (§ 443 BGB) dafür, dass das Fahrzeug auch noch nach Gefahrübergang über einen längeren Zeitraum oder über eine längere Strecke fahrbereit bleibt (im Anschluss an BGHZ 122, 256).

c) Schiebt beim Verkauf einer beweglichen Sache an einen Verbraucher der Verkäufer, der Unternehmer ist, einen Verbraucher als Verkäufer vor, um die Sache unter Ausschluss der Haftung für Mängel zu verkaufen, so richten sich Mängelrechte des Käufers nach § 475 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen Umgehung der Bestimmungen über den Verbrauchsgüterkauf gegen den Unternehmer und nicht gegen den als Verkäufer vorgeschobenen Verbraucher (im Anschluss an Senatsurteil vom 26. Januar 2005 – VIII ZR 175/04, NJW 2005, 1039).

BGH Urteil vom 22. November 2006, VIII ZR 72/06. Die Entscheidung kann auf den Seiten des BGH im Volltext abgerufen werden.

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Vollmacht für Strafsachen

Name und Anschrift:

Ich erteile Rechtsanwalt Heinz-Ulrich Schwarz

 

Strafprozeßvollmacht

in Sachen:

zu meiner Verteidigung und Vertretung in allen Instanzen sowie im Vorverfahren, und zwar auch für den Fall meiner Abwesenheit zur Vertretung nach § 411 II StPO mit ausdrücklicher Ermächtigung auch nach §§ 233 I, 234 StPO, mit der besonderen Befugnis:

  1. Strafanträge zu stellen, Rechtsmittel einzulegen, ganz oder teilweise zurückzunehmen oder auf sie zu verzichten und solche auf Strafausspruch und Strafmaß zu beschränken, sowie Zustellungen aller Art, insbesondere auch von Urteilen und Beschlüssen sowie mit ausdrücklicher Ermächtigung zur Empfangnahme von Ladungen nach § 145 a II StPO, entgegenzunehmen; Untervertreter – auch im Sinne des § 138 StPO – zu bestellen;
  2. Untervertreter – auch im Sinne des § 138 StPO – zu bestellen;
  3. Anträge auf Entbindung von der Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung, Wiedereinsetzung, Haftentlassung, Strafaussetzung, Kostenfestsetzung, Wiederaufnahme des Verfahrens, Anträge nach dem Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen, insbesondere auch für das Betragsverfahren und sonstige Anträge zu stellen;
  4. Gelder, Wertsachen und Urkunden in Empfang zu nehmen, soweit das Verfahren dazu Anlaß gibt;
  5. Akteneinsicht zu nehmen.

Im Falle eines Freispruches oder Teilfreispruches trete ich meinen Anspruch nach § 467 StPO auf Erstattung von Anwaltskosten als notwendige Auslagen gegenüber der Staatskasse an den Rechtsanwalt ab.

Mit einer Speicherung meiner Daten nach dem Datenschutzgesetz für die Zwecke des Büros des Rechtsanwalts bin ich einverstanden.

 

Ort, Datum und Unterschrift:

Vollmacht für Allgemeine Rechtsfälle

Schwarz Anwälte*
Walter-Oertel-Straße 54
09112 Chemnitz

Name und Anschrift:

Ich erteile der Partnerschaft Schwarz Anwälte, Chemnitz


Vollmacht

in Sachen:

wegen:

zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung, mit der Ermächtigung zur Bestellung eines Unterbevollmächtigten und zur Empfangnahme von Geldern und Wertsachen.

Mit einer Speicherung meiner Daten nach dem Datenschutzgesetz für die Zwecke der Büros der Rechtsanwälte bin ich einverstanden.

Ich weiß, dass sich die Vergütung gemäß dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) nach dem Gegenstandswert richtet.

Chemnitz,                                                                                 (Unterschrift)

ASP gemischter, vor allem Mietvertrag

Bei dem ASP-Vertrag handelt es sich um einen zusammengesetzten Vertrag, bei dem jeder Vertragsteil nach dem Recht des auf ihn zutreffenden Vertragstypus zu beurteilen ist. Er wird aber besonders geprägt von den nach Mietrecht zu beurteilenden Ansprüchen für die Nutzung von Software über das Internet.

Leitsatz von schwarz-anwaelte.de

Urteil des BGH vom 15. November 2006 – XII ZR 120/04. Das Urteil kann auf den Seiten des BGH im Volltext wiedergefunden werden.