GmbH hat bei dauernder Unterbilanz die Pflicht zur Auflösung stiller Reserven für Abfindungsanspruch

Ein an einer GmbH beteiligter stiller Gesellschafter ist in Bezug auf die Kapitaler-haltungsregeln wie ein GmbH-Gesellschafter zu behandeln, wenn er aufgrund der vertraglichen Ausgestaltung des stillen Gesellschaftsverhältnisses hinsichtlich seiner vermögensmäßigen Beteiligung und seines Einflusses auf die Geschicke der GmbH weitgehend einem GmbH-Gesellschafter gleichsteht (Bestätigung von BGHZ 106, 7). Ob diese Voraussetzung im Einzelfall erfüllt ist, kann das Revisi-onsgericht nur eingeschränkt überprüfen.

Besteht in einer Gesellschaft dauerhaft eine Unterbilanz, ohne dass auch eine in-solvenzrechtliche Überschuldung vorliegt, können die Gesellschafter aufgrund der gesellschafterlichen Treuepflicht gehalten sein, Maßnahmen zu ergreifen, um stille Reserven aufzulösen, wenn nur so der Abfindungsanspruch des ausgeschiedenen Gesellschafters ohne Verletzung des § 30 GmbHG erfüllt werden kann.

BGH
Urteil vom 13. Februar 2006
Az.: II ZR 62/04

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Keine Befreiung vom Verbot des Selbstkontrahierens bei englischer Limited

Die organschaftliche Vertretungsmacht der Geschäftsführer einer Zweigniederlassung einer englischen Limited richtet sich nach englischem Recht, da für diese Frage das Gesellschaftsstatut maßgeblich ist. Als Vorschrift des deutschen Rechts ist auch § 181 BGB daher nicht anwendbar, sodass das Organ einer englischen Gesellschaft von diesen Beschränkungen auch nicht befreit werden kann.  

Die Eintragung der Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB kann lediglich insofern erwogen werden, als das englische Gesellschaftsrecht vergleichbare Einschränkungen der Vertretungskompetenz enthält. Das ist jedenfalls nicht der Fall, wenn das besondere Informationsverfahren einzuhalten ist, das in Klausel 85 der Standardsatzung in Table A zum companies act 1985 fixiert ist.

OLG Celle
Beschluss vom 14. April 2005
Az.: 9 W 14/05

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Sanierungsprivileg d. §32a Abs.3 S.3 GmbHG befreit von der Anwendung d. gesamten Kapitalersatzrechts

Das Sanierungsprivileg des § 32 a Abs. 3 Satz 3 GmbHG befreit von der Anwen-dung des gesamten Kapitalersatzrechts, d.h. sowohl der Novellenregeln als auch der Rechtsprechungsregeln zum Eigenkapitalersatz.

Der Sanierungszweck i.S. von § 32 a Abs. 3 Satz 3 GmbHG erfordert, dass – neben dem im Regelfall als selbstverständlich zu vermutenden Sanierungswil-len – nach der pflichtgemäßen Einschätzung eines objektiven Dritten im Augen-blick des Anteilserwerbs die Gesellschaft objektiv sanierungsfähig ist und die für ihre Sanierung konkret in Angriff genommenen Maßnahmen zusammen objektiv geeignet sind, die Gesellschaft in überschaubarer Zeit durchgreifend zu sanieren.

BGH
Urteil vom 21. November 2005
Az.: II ZR 277/03

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Darlegungs- und Beweislast für Vermögensvermischung liegt beim Insolvenzverwalter

Der Insolvenzverwalter des Vermögens einer GmbH ist entsprechend § 93 InsO befugt, eine etwaige Durchgriffshaftung eines Gesellschafters für die Gesellschaftsverbindlichkeiten (§ 128 HGB analog) wegen "Vermögensver-mischung" geltend zu machen.

Die Durchgriffshaftung eines GmbH-Gesellschafters wegen "Vermögensver-mischung", die zu einem Wegfall des Haftungsprivilegs gemäß § 13 Abs. 2 GmbHG führt, ist keine Zustands- sondern eine Verhaltenshaftung; sie trifft einen Gesellschafter nur, wenn er aufgrund des von ihm wahrgenommenen Einflusses als Allein- oder Mehrheitsgesellschafter für den Vermögensvermi-schungstatbestand verantwortlich ist (Klarstellung zu BGHZ 125, 366, 368 f.).

Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen einer unkontrollierbaren Vermischung des Gesellschafts- mit dem Privatvermögen der Gesellschafter ist im Grundsatz der klagende Insolvenzverwalter; den oder die Gesellschafter trifft aber eine sekundäre Darlegungslast für das Gegenteil. Das bloße Fehlen einer "doppelten Buchführung" reicht als Nachweis für eine "Vermö-gensvermischung" nicht aus.

Der Insolvenzverwalter kann sich gegenüber einem aus Durchgriffshaftung in Anspruch genommenen GmbH-Gesellschafter, der keine Gelegenheit zu einem Widerspruch im Sinne von § 178 Abs. 1 InsO hatte, auf die Rechts-kraftwirkung der Eintragung der Gläubigerforderungen in die Insolvenztabelle (§ 178 Abs. 3 InsO) nicht berufen.

BGH
Urteil vom 14. November 2005
Az.: II ZR 178/03

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Keine Verdoppelung der Einlagepflicht der Gesellschafter einer „auf Vorrat“ gegründeten GmbH

Auch bei dem mit einer "Treuhandabrede" verbundenen Hin- und Herzahlen eines Bareinlagebetrages leistet der Inferent unter dem Gesichtspunkt der Kapitalaufbringung nichts. Die "Treuhandabrede" ist unwirksam.

Mit der Auskehrung des vermeintlich treuhänderisch zurückgewährten Bar-einlagebetrages an die Gesellschaft tilgt der Inferent die offene Einlage-schuld (vgl. Sen.Urt. v. 21. November 2005 – II ZR 140/04, z.V.b. in BGHZ = ZIP 2005, 2203).

Die Gründer einer "Vorrats-GmbH" haften nicht für die Entnahme des von ihnen ordnungsgemäß eingezahlten Stammkapitals durch die Erwerber der Geschäftsanteile nach Anmeldung des Erwerbs bei der Gesellschaft (§ 16 Abs. 1, 3 GmbHG).

BGH
Urteil vom 9. Januar 2006
Az.: II ZR 72/05

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Bei Insolvenz innerhalb eines Jahres nach Rückzahlung an den Gesellschafter haftet dieser zwingend

Ist im letzten Jahr vor Anbringung des Insolvenzantrags von der Gesellschaft eine Leistung auf ein Gesellschafterdarlehen erbracht worden, das zuvor eigen-kapitalersetzenden Charakter gehabt hat, ist dem Gesellschafter der Nachweis abgeschnitten, dass im Zahlungszeitpunkt das Stammkapital der Gesellschaft nachhaltig wieder hergestellt und damit die Durchsetzungssperre entfallen war; vielmehr wird der Eigenkapitalersatzcharakter zum Stichtag unwiderleglich ver-mutet (Bestätigung von BGHZ 90, 370, 380 f.).

BGH
Urteil vom 30. Januar 2006
Az.: II ZR 357/03

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Erwerber haftet bei Firmenfortführung der erstandenen Firma

Die Firmenfortführung beim Wechsel des Inhabers ist eine der Voraussetzungen für die Haftung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB, weil in ihr die Kontinuität des Unternehmens nach außen in Erscheinung tritt, die der Grund für die Erstreckung der Haftung für früher im Betrieb des Unternehmens begründete Verbindlichkeiten des Vorgängers auf seinen Nachfolger ist.

Eine für die Anwendbarkeit des § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB weiter erforderliche Unterneh-mensfortführung ist nach der maßgeblichen Sicht der beteiligten Verkehrskreise gegeben, wenn ein Unternehmen in seinem wesentlichen Bestand fortgeführt wird. Dabei kommt es auf die bloße Tatsache der Geschäftsfortführung an, nicht darauf, ob ihr ein  rechtsge-schäftlicher, derivativer Erwerbsvorgang zugrunde liegt.

Eine Firmenfortführung ist nach der auch hier maßgebenden Sicht des betroffenen Ver-kehrs anzunehmen, wenn die von dem bisherigen Inhaber tatsächlich geführte  und von dem Erwerber weitergeführte Firma eine derart prägende Kraft besitzt, dass der Verkehr sie mit dem Unternehmen  gleichsetzt und in dem Verhalten des Erwerbers eine Fortfüh-rung der bisherigen Firma sieht. Dabei genügt es, dass der  prägende Teil der alten Firma in der neuen beibehalten wird.

Die Tatsache, dass ein zahlungsunfähiges und insolventes  Unternehmen fortgeführt wird, steht der Anwendung des § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB nicht entgegen.

Die Haftung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB tritt unabhängig davon ein, ob das übernom-mene und fortgeführte Unternehmen noch einen zur Befriedigung seiner Gläubiger aus-reichenden Wert verkörpert. 

BGH
Urteil vom 28. November 2005
Az.: II ZR 355/03

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Bei einer „stillen“ Liquidation einer GmbH tritt Schadensersatzpflicht der Gesellschafter ein

Tilgt die schuldende GmbH mit Mitteln des Gesellschaftsvermögens einen von ei-nem Gesellschafter eigenkapitalersetzend besicherten Kredit und wird sie anschlie-ßend vorgefasster Absicht gemäß nach Sitzverlegung  ins Ausland sofort still liqui-diert, kann eine anfechtbare Rechtshandlung der Schuldnerin darin bestanden ha-ben, dass sie es unterlassen hat, einen Freistellungs-/Erstattungsanspruch nach den Rechtsprechungsregeln zum Kapitalersatzrecht gegen ihren Gesellschafter gel-tend zu machen.

Werden die Gesellschaftsanteile an einen Erwerber veräußert, der eine faktische Liquidation durchführen soll, ohne etwa noch offene Forderungen zu realisieren und Gläubiger zu befriedigen, begründet dies ein erhebliches Beweisanzeichen dafür, dass die Durchsetzung eines nach den Rechtsprechungsregeln zum Kapitalersatz-recht bestehenden Erstattungsanspruchs bewusst unterlassen wird.

Wenn eine Gesellschaft ohne ordnungsgemäße Liquidation beseitigt werden soll, um so alle Verbindlichkeiten zu "erledigen", liegt dem der Vorsatz der Gläubigerbe-nachteiligung zu Grunde.

Löst die gegen die Rechtsprechungsregeln zum Kapitalersatzrecht verstoßende Rückzahlung eines gesellschafterbesicherten Drittdarlehens durch die Gesellschaft eine Erstattungspflicht des Gesellschafters aus, werden die Gesellschaftsgläubiger dennoch – wenigstens mittelbar – benachteiligt, wenn zugleich der Zugriff auf diesen Erstattungsanspruch wesentlich erschwert wird, etwa durch Verlegung des Gesell-schaftssitzes ins Ausland und stille Liquidation. 

BGH
Urteil vom 22. Dezember 2005
Az.: IX ZR 190/02

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Erfüllungshandlungen des vorläufigen Insolvenzverwalters sind anfechtbar

Der mit Zustimmungsvorbehalt ausgestattete vorläufige Insolvenzverwalter schafft für den Gläubiger grundsätzlich einen anfechtungsfesten Vertrauenstatbestand, wenn er der Erfüllung einer Altverbindlichkeit zustimmt, die auf einer vertraglichen Vereinba-rung beruht, welche den Gläubiger zugleich verpflichtet, neue Leistungen an das Schuldnerunternehmen zu erbringen.

Hat der vorläufige Insolvenzverwalter den gegen die Zustimmung zunächst erklärten Widerstand aufgegeben, weil dies infolge der Marktmacht des Gläubigers zur Fort-führung des Unternehmens erforderlich war, so ist er nach Verfahrenseröffnung nicht gehindert, die Tilgung der Altverbindlichkeiten anzufechten.

Der Insolvenzverwalter hat die Umstände darzulegen und zu beweisen, die ihn be-rechtigen, trotz Zustimmung des vorläufigen Verwalters die Befriedigung einer Altfor-derung anzufechten, obwohl sie auf einer Vereinbarung beruht, die den Gläubiger zu neuen Leistungen an das Schuldnerunternehmen verpflichtet hat.

Hat der Gläubiger für die Bezahlung von Altforderungen auf Aus- oder Absonde-rungsrechte verzichtet, fehlt es an einem mit dem Gläubigergleichbehandlungs-grundsatz nicht zu vereinbarenden Sondervorteil, es sei denn, der Wert dieser Rech-te ist offenkundig weitaus geringer als die befriedigte Altforderung.

BGH
Urteil vom 15. Dezember 2005
Az.: IX ZR 156/04

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Vertragliche Haftungsbeschränkung in BGB Gesellschaft

Die im Darlehensvertrag einer kreditsuchenden BGB-Gesellschaft enthaltene Ver-pflichtung der Gesellschafter, sich in Höhe der auf ihre jeweilige Gesellschaftsbe-teiligung entfallenden Verbindlichkeit der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu unterwerfen, dient nicht nur Sicherungszwecken, sondern auch dazu, die darlehensvertragliche Haftung der Gesellschafter zu beschränken.

BGH, Versäumnisurteil vom 25. Oktober 2005 – XI ZR 402/03 – OLG Celle, LG Verden