Beendigung des Verhandlungsverfahrens nach VOF

 
Das Verhandlungsverfahren nach VOF ist erst nach Vertragsschluss beendet:

amtlicher Leitsatz:

1. Ein Nachprüfungsbegehren, welches darauf gestützt wird, dass der Antragsteller den streitbefangenen Auftrag bereits inne habe und deshalb eine (anderweitige) Vergabe nicht mehr stattfinden dürfe, ist unzulässig (in Anschluss an OLG Brandenburg, VergR 2005, 138).

2. Der Ablauf der in § 13 S. 2 VgV geregelten Frist führt auch dann, wenn kein von einer Absage betroffener Bieter die Vergabenachprüfungsorgane angerufen hat, weder zu einer Beendigung des Vergabeverfahrens noch zum Ausscheiden eines Bieters, solange der Auftraggeber seine abschließende Vergabeentscheidung nicht getroffen hat.

3. Ein Verhandlungsverfahren nach VOF ist erst beendet, wenn die interne Auswahlentscheidung der Vergabestelle zugunsten eines Teilnehmers nach außen durch Abschluss eines zivilrechtlich wirksamen Vertrags (vgl. § 16 VOF) umgesetzt ist.

4. Gegenstand eines Verhandlungsverfahrens können auch Änderungen des Inhalts der ausgeschriebenen Leistung sein, solange die Identität des Beschaffungsvorhabens selbst gewahrt bleibt.

 
OLG Dresden
Urteil vom 11.04.2005
WVerg 5/05

Kartographische Gestaltungen können schutzfähig sein

Die in einem digitalen Datenbestand verkörperte Vorstufe für einen Stadtplan kann ein urheberrechtlich schutzfähiges Werk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG sein.

Kartographische Gestaltungen können selbst dann, wenn sie in der Gesamtkonzeption (insbesondere bei der Gestaltung des Kartenbildes) keine schöpferischen Züge aufweisen (wie z.B. bei der Erarbeitung eines einzelnen topographischen Kartenblatts nach einem vorbekannten Muster), urheberrechtlich schutzfähig sein. Auch bei einer Bindung an vorgegebene Zeichenschlüssel und Musterblätter kann dem Entwurfsbearbeiter oder Kartographen (etwa bei der Generalisierung und Verdrängung) ein für die Erreichung des Urheberrechtsschutzes genügend großer Spielraum für individuelle kartographische Leistungen bleiben. Die Anforderungen an die schöpferische Eigentümlichkeit sind insoweit bei kartographischen Gestaltungen gering.

BGH
Urteil vom 23. Juni 2005
Az.: I ZR 227/02

Die vollständige Entscheidung können Sie auf der Seite des Bundesgerichtshofes nachlesen.

Im Mietvertrag vorbehaltene Neufestsetzung der Miete ist unwirksam

Hat sich der Vermieter im Mietvertrag eine einseitige Neufestsetzung der Miete vorbehalten und hat er in seinen an die Mieter gerichteten Mieterhöhungsschreiben erkennbar auf der Grundlage dieser – nach § 557 Abs. 4 BGB – unwirksamen vertraglichen Regelung sein einseitiges Bestimmungsrecht ausüben wollen, liegt darin, vom Empfängerhorizont der Mieter ausgehend, kein Angebot zum Abschluß einer Mieterhöhungsvereinbarung.

Schon deshalb kann in der Zahlung der erhöhten Miete seitens der Mieter eine stillschweigende Zustimmung zu der Mieterhöhung nicht gesehen werden (Abgrenzung zum Senatsurteil vom 29. Juni 2005 – VIII ZR 182/04, zur Veröffentlichung bestimmt).

BGH
Urteil vom 20. Juli 2005
Az.: VIII ZR 199/04

Die vollständige Entscheidung können Sie auf der Seite des Bundesgerichtshofes nachlesen.

Fehlender Schutz der ‚Kleinen Münze‘ für Werk angewandter Kunst verfassungsgemäß

Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn nach dem Urheberrechtssgesetz die so genannte "kleine Münze" (hier das Logo "Laufendes Auge" als Veranstaltungssignet für den Wettbewerb "Deutscher Preis für Kommunkikationsdesign") für Werke der angewandten Kunst nicht geschützt ist. Der hierfür mögliche Schutz als Geschmacksmuter ist verfassungsrechtliche ausreichend.

Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 26.1.2005 1 BVR 1571/02

Privathaftpflicht bei Unfall nach ungewolltem Pkw-Start

Der in der sog. „Kleinen Benzinklausel“ in der Privathaftpflichtversicherung enthaltende Risikoausschluss für Schäden durch den Gebrauch eines Kraftfahrzeuges greift nicht ein, wenn ein auf dem Beifahrersitz eines abgestellten PKW sitzendes 14jähriges Mädchen den im Zündschloss steckenden Schlüssel umdreht, um über die zu aktivierende Batterie das Autoradio zu betreiben, aber versehentlich den Schlüssel so weit umdreht, dass der Motor des PKW gestartet wird, dieser sich von selbst in Bewegung setzt und ein anderes geparktes Fahrzeug beschädigt. Die bloße Nutzung der Batterie als Energiequelle für einen Zweck, der mit dem Betrieb des KFZ in keinem inneren Zusammenhang steht, stellte keinen Gebrauch des Fahrzeugs durch den Führer eines PKW im Sinne der Ausschlussklausel dar.

OLG Celle
Beschluss vom 3. März 2005 
Az.: 8 W 9/05

B e s c h l u s s

In dem Prozesskostenhilfeverfahren

…..

hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 14. Februar 2005 gegen den Beschluss des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg vom 26. Januar 2005 durch den Richter am Oberlandesgericht ………. als Einzelrichter am 3. März 2005 beschlossen:

Unter Aufhebung des Beschlusses vom 26. Januar 2005 sowie des Nichtabhilfebeschlusses vom 18. Februar 2005 wird das Verfahren an das Landgericht Bückeburg zurückverwiesen, welches angewiesen wird, den Antrag der Antragstellerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht wegen fehlender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung zurückzuweisen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.


G r ü n d e

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 S. 2 und 3, § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO) und begründet. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung der Antragstellerin bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO).

Nach dem gegenwärtigen Sach und Streitstand steht der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Gewährung von Deckungsschutz aus der mit dieser geschlossenen Privathaftpflichtversicherung gem. § 1 Abs. 1 S. 1, § 149 VVG i.V.m. § 1 Ziff. 1 AHB und II Ziff. 1b) der Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Haftpflichtversicherung zu.

1.
Nach dem Vortrag der Antragstellerin saß ihre mitversicherte Tochter ………  am 21. Juni 2003 auf dem Beifahrersitz eines von ihres Cousine gehaltenen PKW´s, als diese das Fahrzeug abgestellt und sich für kurze Zeit entfernt hatte. Die zum damaligen Zeitpunkt 14jährige Tochter der Antragstellerin drehte den im Zündschloss steckenden Schlüssel um, um eine elektrische Verbindung zur Batterie herzustellen, weil sie Autoradio hören wollte. Da sie den Zündschlüssel versehentlich zu weit drehte, wurde der Motor gestartet und der PKW fuhr wegen des eingelegten Vorwärtsganges los und beschädigte einen in der Nähe abgestellten PKW, an dem ein Schaden von 8.295,11 EUR eintrat. Der KFZHaftpflichtversicherer der Halterin des PKW erstattete den dem geschädigten Dritten entstandenen Schaden und nimmt die Tochter der Antragstellerin im Wege des Regresses auf Zahlung dieses Betrages in Anspruch. Die Antragstellerin begehrt nunmehr wegen dieses verfolgten Anspruchs Deckungsschutz aus der mit der Antragsgegnerin geschlossenen Privathaftpflichtversicherung.

Die Antragstellerin und dem folgend das Landgericht haben dies unter Berufung auf die sog. „kleine Benzinklausel“ in III. Nr. 1 der Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Haftpflichtversicherung zurückgewiesen. Diese lautet:
„Nicht versichert ist die gesetzliche Haftpflicht des Eigentümers, Besitzers, Halters oder Führers eines Kraft, Luft oder Wasserfahrzeugs wegen Schäden, die durch den Gebrauch des Fahrzeugs verursacht werden.“

2.
Die Voraussetzungen dieser Ausschlussklausel sind indessen nicht erfüllt, da die Tochter der Antragstellerin nicht als Führerin des PKW anzusehen ist und die entstandenen Schäden nicht im Zusammenhang mit dem Gebrauch des Fahrzeugs stehen. Diese Klausel dient der Abgrenzung zwischen den Deckungsbereichen der Privat und der KFZHaftpflichtversicherung und bezweckt einerseits – abstrakt gesehen – einen lückenlosen Deckungsanschluss zwischen den beiden Versicherungsarten sowie andererseits die Vermeidung von Doppelversicherungen (BGH 1984, 854; OLG Saarbrücken VersR 1991, 1400). Von der Privathaftpflichtversicherung sollen also grundsätzlich die Schäden abgedeckt werden, die nicht unter den Umfang der KFZHaftpflichtversicherung nach § 10 AKB fallen.

Maßgebend für die Abgrenzung ist mithin, ob der Schadensfall mit dem Gefahrenbereich, für den der KFZHaftpflichtversicherer deckungspflichtig ist, in einem inneren Zusammenhang steht, ob es sich also um typische, vom Gebrauch des Fahrzeugs selbst und unmittelbar ausgehende Gefahren handelt (BGH VersR 1994, 83, 84; OLG Düsseldorf VersR 1993, 302, 303; OLG Hamm VersR 1991, 218, 219; OLG Saarbrücken, a.a.O.). Schäden, die ihre überwiegende Ursache nicht im Gebrauch des Fahrzeugs selbst haben, sondern mit diesem nur in einem rein äußeren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang stehen, werden dagegen von der KFZHaftpflichtversicherung nicht erfasst, sondern unterfallen der Privathaftpflichtversicherung.

Vorliegend fehlt es an einem Gebrauch des PKW´s durch die Tochter der Antragstellerin als dessen Führerin. Sie hat nicht etwa den Zündschlüssel des Fahrzugs umgedreht, um den Motor zu starten, mit dem PKW zu fahren oder sonst die Motorkraft in einem unmittelbarem Zusammenhang mit dem Betrieb des Fahrzeugs zu nutzen, z.B. zum Be und Entladen, Tanken oder der Durchführung von Wartungs und Reparaturarbeiten. Hier wollte die Tochter der Antragstellerin vielmehr durch das lediglich teilweise Umdrehen des Zündschlüssels nur die Batterie des Fahrzeugs als Energiequelle in Gang setzen, um hierdurch die Inbetriebnahme des Autoradios zu ermöglichen. Diese bloße Nutzung der Batterie als Energiequelle für einen Zweck, der mit dem Betrieb eines KFZ in keinerlei innerem Zusammenhang steht, stellt indessen keinen Gebrauch eines Fahrzeugs im Sinne der Ausschlussklausel dar. Es handelt sich vielmehr um einen bloß losen, rein äußerlichen Zusammenhang mit dem eigentlichen Zweck des PKW als Fortbewegungsmittel. Dass die Tochter der Antragstellerin dann versehentlich den Zündschlüssel zu weit drehte, hierdurch den Motor startete und der PKW sich von selbst in Bewegung setzte, stellt lediglich die unwillkürliche und nicht mehr zumindest vom natürlichen Vorsatz der Tochter der Antragstellerin herbeigeführte Folge ihres Verhaltens dar, welches dann die Grundlage des zum Schadensersatz führenden Ereignisses darstellte.

Gegen eine weite Auslegung dieser sog. „Kleinen Benzinklausel“ spricht auch ihre Entstehungsgeschichte. Die in früheren Versicherungsbedingungen verwendete sog. „Große Benzinklausel“ sollte nämlich sämtliche Risiken ausschließen, die irgendwie im Zusammenhang mit einem Fahrzeug standen. Hiernach waren ausgeschlossen vom Versicherungsschutz Haftpflichtansprüche aus Schäden durch Halten, Besitz, ferner durch Inbetriebsetzen, Gebrauch oder Missbrauch von Kraftfahrzeugen, gleichgültig, durch wen oder aus welchem Anlass oder zu welchem Zweck das Kraftfahrzeug in Betrieb gesetzt oder gelenkt wurde (hierzu Stiefel/Hofmann, AKB, 17. Aufl., § 10 AKB Rdnr. 77). Mit dieser Klausel sollten mithin sämtliche Schäden vom Versicherungsschutz ausgenommen werden, selbst wenn es an einem inneren Zusammenhang mit dem Betrieb des KFZ als Verkehrsmittel fehlt. Die „Kleine Benzinklausel“ ist dagegen deutlich restriktiver gestaltet und erfordert, dass der Versicherte selbst im Besitz des KFZ war oder von ihm Gebrauch gemacht hat (Stiefel/Hofmann, a.a.O.). Daran fehlt es aus den o.g. Gründen, da hier lediglich die Batterie des PKW als Energiequelle für die Verwirklichung eines Zwecks genutzt werden sollte (Radiohören), der mit dem Betrieb des KFZ in keinem inneren Zusammenhang steht.

Da Versicherungsbedingungen ferner so auszulegen sind, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse verstehen muss (BGHZ 123, 83, 85), muss es sich ihm nicht erschließen, dass hiervon auch solche Handlungen erfasst werden sollen, die ohne Fortbewegung und ohne Nutzung der Motorkraft des Fahrzeugs lediglich in einem äußeren Zusammenhang mit dem Fahrzeug zwecks Nutzung seiner Batterie als Energiequelle stehen.

Entsprechend ist auch in der Rechtsprechung die Tendenz zu beobachten, die „Kleine Benzinklausel“ in vergleichbaren Fällen restriktiv auszulegen und keinen Ausschluss des Versicherungsschutzes in der Privathaftpflichtversicherung anzunehmen (vgl. OLG Düsseldorf VersR 1993, 302: 13jähriger Sohn des Versicherungsnehmers löst beim Verlassen des LKW versehentlich die Handbremse; OLG Saarbrücken VersR 1991, 1400: Versicherungsnehmer setzt sich auf ein Motorrad und zieht die Handbremse, wodurch dieses im Stand umkippt; LG Dortmund VersR 1991, 1401: Versicherter nimmt im Fahrzeug Platz, um im Bedarfsfall die Fußbremse zu betätigen; LG Freiburg ZfS 1990, 137: 10jähriges Kind setzt aus Spieltrieb ein KFZ in Gang).
Soweit das Landgericht in seiner Nichtabhilfeentscheidung ferner ausführt, der Vortrag der Antragstellerin, es sei nur zu einem einmaligen Drehen des Zündschlüssels gekommen, könne nicht zutreffen, weil nach dem Bericht des PHM Lohrke das Fahrzeug eine längere Strecke zurückgelegt habe, kann dem nicht gefolgt werden. Zum einen lässt sich aus dem Bericht keinesfalls entnehmen, dass die Tochter der Antragstellerin etwa bewusst unerlaubt mit dem PKW gefahren wäre. Dort ist ausdrücklich nur von dem Umdrehen des Zündschlüssels durch die auf dem Beifahrersitz befindliche Tochter der Antragstellerin sowie davon die Rede, der PKW habe sich dann in Bewegung gesetzt und sei gegen das Fahrzeug des Geschädigten gerollt. Warum dies bei gestartetem Motor und eingelegtem Vorwärtsgang nicht möglich sein sollte, ist nicht ersichtlich, zumal die örtlichen Verhältnisse (abschüssige Fahrbahn etc.) hier nicht weiter beschrieben sind. Zum anderen hat die Antragstellerin für den von ihr behaupteten Schadenshergang (s.o.) Beweis durch Zeugnis ihrer Tochter angetreten, so dass, falls dieser Vortrag streitig werden sollte (die Antragsgegnerin ist bisher nicht gehört worden), hierüber gegebenenfalls Beweis zu erheben werde. Eine vorweggenommene Würdigung dieses Sachverhaltes im PKHVerfahren kommt hier nicht in Betracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 127 Abs. 4 ZPO.

Führen von Fahrrädern im Straßenverkehr kann von Fahrerlaubnisbehörde untersagt werden

1. Die Teilnahme am Straßenverkehr als Fahrradfahrer unter Alkoholeinfluss berechtigt die Fahrerlaubnisbehörde nicht nur dazu, die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens im Hinblick auf die Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs einzuholen, sondern auch zur Frage der Eignung, ein sonstiges Fahrzeug (hier: Fahrrad) im Straßenverkehr zu führen.
 
2. Die Fahrerlaubnisbehörde kann nach § 3 I FeV das Führen von Fahrrädern im Straßenverkehr untersagen.
 
3. Die Fahrerlaubnisbehörde muss die Zustimmung zur Teilnahme an einem evaluierten Rehabilitationskurs für alkoholauffällige Verkehrsteilnehmer auch in einem Verfahren auf Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 11 X Nr. 3 FeV erteilen, wenn die Gutachter in einem medizinisch-psychologischen Gutachten die Eignungsmängel nach einem erfolgreichen Besuch eines solchen Kursus als behoben ansehen. Die Verpflichtung zur Erteilung der Zustimmung kann der Betroffene im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erreichen.

VG Neustadt a.d.W.
Beschluß vom 16. März 2005
Az.: 3 L 372/05

Zum Sachverhalt:
 
Der Ast. wandte sich mit seinem Eilantrag gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung seiner Fahrerlaubnis. Zugleich beantragte er, die Ag. durch einstweilige Anordnung zu verpflichten, die Zustimmung zum Besuch eines Kurses nach § 70 FeV zu erteilen. Der Antrag hatte nur teilweise Erfolg.

Aus den Gründen:
 
1. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung der Fahrerlaubnis der Klasse B durch Verfügung der Ag. vom 17. 1. 2005 und die ebenfalls für sofort vollziehbar erklärte Untersagung, ein Fahrrad zu führen, wiederherzustellen, kann keinen Erfolg haben.
 
Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in der angefochtenen Verfügung, dass es mit dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs unvereinbar wäre, wenn der Ast. bis zum Eintritt der Bestandskraft der Verfügung weiter als Fahrzeugführer am Straßenverkehr teilnehmen könnte, nachdem seine Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen gegeben sei, hält sich im Rahmen des § 80 III 1 VwGO. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis überwiegt vorliegend das private Interesse des Ast., von der Fahrerlaubnis bis zur Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache Gebrauch machen zu können. Dem Interesse des Ast. an dem Erhalt der Fahrerlaubnis und der Teilnahme als Fahrradfahrer im Straßenverkehr steht nämlich das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass Personen, die sich als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen erwiesen haben, unverzüglich von der aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr ausgeschlossen werden, wie es die Ag. in ihrer Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung dargelegt hat. Das vorrangige öffentliche Interesse folgt daraus, dass sich die angefochtene Verfügung beim gegenwärtigen Sachstand auf Grund der im Verfahren nach § 80 V VwGO allein möglichen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig erweist.
 
1.1. Die Ag. hat die Entziehung der Fahrerlaubnis zu Recht auf § 3 I 1 StVG i.V. mit § 46 I FeV (BGBl I 1998, 2214) gestützt. Nach § 46 I 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden hingegen zunächst nur Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch zum Führen eines Kraftfahrzeugs geeignet ist, so kann die Fahrerlaubnisbehörde nach § 46 III FeV zur Vorbereitung ihrer Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis von dem Betreffenden nach den §§ 11 bis 14 FeV die Beibringung eines ärztlichen oder gegebenenfalls eines medizinisch-psychologischen Gutachtens fordern. Zur Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik ordnet die Fahrerlaubnisbehörde nach § 13 Nr. 2c FeV dann die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an, wenn ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6‰ oder mehr geführt wurde. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt.
 
Der Ast. hat nach den Feststellungen in dem seit dem 27. 2. 2004 rechtskräftigen Strafbefehl des AG L. im öffentlichen Straßenverkehr ein Fahrzeug, wozu auch Fahrräder gehören, geführt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht mehr in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen. Bei dem Ast. war eine Blutalkoholkonzentration von 2,02‰ festgestellt worden. Die Behörde kann gem. § 13 Nr. 2c FeV von dem Betroffenen die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auch dann fordern, wenn dieser nicht als Kraftfahrer, sondern als Radfahrer aufgefallen ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9. 9. 1996 – 11 B 61/96; BVerwGE 99, 249 = NZV 1996, 84). Aus dem Umstand, dass der Ast. als Fahrradfahrer mit einer BAK von 2,02‰ am Straßenverkehr teilgenommen hatte, ergaben sich mithin Zweifel auch an der Eignung des Ast. zum Führen von Kraftfahrzeugen.
 
Die Ag. war auch nicht durch den Strafbefehl vom 27. 2. 2004 daran gehindert, die Frage der Eignung des Ast. zum Führen eines Kraftfahrzeugs zu überprüfen. Nur dann, wenn der Strafrichter im Rahmen des § 69 StGB die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu beurteilen hatte und nachprüfbar tatsächlich auch beurteilt hat, ist die Verwaltungsbehörde an diese Entscheidung nach Maßgabe des § 3 IV StVG gebunden. In allen anderen Fällen – wie hier – ist aber die zuständige Straßenverkehrsbehörde berechtigt und verpflichtet, in eigener Zuständigkeit unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und der Gesamtpersönlichkeit zu prüfen, ob einem Fahrerlaubnisinhaber die notwendige Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs fehlt. Die Ag. war daher befugt, zur Vorbereitung ihrer Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis ein medizinisch-psychologisches Gutachten von dem Ast. zu verlangen.
 
Im vorliegenden Fall steht auf Grund des von dem Ast. zur Ausräumung der Zweifel an seiner Fahreignung eingeholten medizinisch-psychologischen Gutachtens des TÜV Pfalz vom 22. 11. 2004 seine Nichteignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs fest. Die charakterliche Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs ist nur auf Grund einer umfassenden Würdigung der Gesamtpersönlichkeit zu beurteilen. Sie ist nämlich in besonderem Maße dadurch gekennzeichnet, dass sie kein unveränderliches Persönlichkeitsmerkmal darstellt. Ein wichtiges Hilfsmittel der Erkenntnis, ob Fahreignung gegeben ist, ist eine medizinisch-psychologische Untersuchung. Dieses Hilfsmittel ist deshalb in aller Regel unverzichtbar, da weder die Behörden noch die Gerichte über eigenen Sachverstand verfügen, notwendige medizinisch-psychologische Erkenntnisse selbst zu gewinnen, geschweige denn, das Verhalten eines Menschen selbst einer diesbezüglichen Bewertung zu unterziehen (z.B. OVG Koblenz, Urt. v. 27. 6. 1997 – 7 A 10529/97). Dementsprechend kommt einem sachverständig erstellten medizinisch-psychologischen Gutachten ein hoher Aussagewert zu, der nur dann erfolgreich in Zweifel gezogen werden kann, wenn das Gutachten erkennbar Fehler aufweist oder nicht nachvollziehbar ist.
 
Vorliegend bestehen nach Auffassung des Gerichts keine Einwände gegen die Verwertbarkeit des eingeholten Gutachtens. Das Gutachten des TÜV Pfalz ist nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. So sieht es auch die Ag., die die Entziehung der Fahrerlaubnis auf dieses Gutachten stützt. Der Ast. hat ebenfalls – bisher – keine substanziierten Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens geäußert. Vor diesem Hintergrund erübrigen sich daher weitere Ausführungen zum Inhalt des Gutachtens. Nach dem Ergebnis des Gutachtens ist der Ast. derzeit ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs.
 
1.2. Die Ag. hat auch in rechtlich nicht zu beanstandender Weise dem Ast. das Führen von Fahrrädern untersagt. Nach § 3 I FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde, wenn sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet zum Führen von Fahrzeugen – dazu zählen Fahrräder – erweist, ihm das Führen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen. Die Vorschrift verpflichtet die Behörde, gegen den ungeeigneten Fahrer einzuschreiten. Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass der Führer eines Fahrzeugs ungeeignet i.S. des § 3 I FeV ist, finden die Vorschriften der §§ 11 bis 13 FeV entsprechende Anwendung. Die Behörde kann dann ebenso wie bei einem Kraftfahrzeugführer entsprechende Aufklärungsmaßnahmen einleiten. Von dieser Befugnis hat die Ag. vorliegend Gebrauch gemacht. Sie hat die Trunkenheitsfahrt des Ast. mit einem Fahrrad nicht nur zum Anlass genommen, seine Kraftfahreignung – wie oben dargelegt – überprüfen zu lassen, sondern gem. § 3 II i.V. mit § 13 Nr. 2c FeV auch seine Eignung zum Führen sonstiger Fahrzeuge. Die Gutachter gelangten auch hinsichtlich der Eignung des Ast. zum Führen von anderen Fahrzeugen als Kraftfahrzeugen zu dem Ergebnis, dass die erforderliche Eignung zurzeit nicht gegeben sei. Das Gutachten ist auch insoweit verwertbar (s. hierzu obige Ausführungen). Da dieser Eignungsmangel auch nicht durch Auflagen ausgeglichen werden kann, war dem Ast. das Führen von Fahrrädern zu untersagen.
 
2. Der Antrag, die Ag. im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Zustimmung zu einem von den Gutachtern empfohlenen Seminar nach § 70 FeV zu besuchen, hat Erfolg.
 
Nach § 123 I 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, erforderlich ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Ast. glaubhaft zu machen (§ 123 III VwGO). Eine einstweilige Anordnung mit dem hier begehrten Inhalt, die Ag. zu verurteilen, die nach § 11 X Nr. 3 FeV erforderliche Zustimmung zum Kursbesuch zu erteilen, ist statthaft und begründet.
 
Der begehrten Regelungsanordnung steht nicht bereits § 44a VwGO entgegen. Die Vorschrift besagt, dass Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können (S. 1), etwas anderes gilt nur dann, wenn sie vollstreckbar sind (S. 2). Abgesehen von der umstrittenen Frage, ob nur anfechtbare Verwaltungsakte behördliche Verfahrenshandlungen im Sinne der Vorschrift sind und ob sie nur für Anfechtungsverfahren im engeren Sinne gilt (vgl. dazu: VGH München, NVwZ 1990, 775 [777] m.w. Nachw.), ist vorliegend jedenfalls vom Sinn und Zweck der Vorschrift eine restriktive Auslegung angezeigt, selbst wenn die bestehende Weigerung der Ag., die Zustimmung zur Teilnahme

an dem seitens der Gutachter empfohlenen Besuch eines Kurses nach § 70 FeV in dem vorliegenden Verfahren auf Entziehung der Fahrerlaubnis als Verfahrenshandlung i.S. des § 44a S. 1 VwGO gesehen würde (OVG Koblenz, NJW 1997, 2342, zur Frage der Überlassung der Verwaltungsakten an einen Privatgutachter).
 
Zu berücksichtigen ist nämlich Folgendes: Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob jemand zum Führen von Fahrzeugen geeignet ist, ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, das heißt des Erlasses des Widerspruchsbescheids. Im Falle einer Entziehung der Fahrerlaubnis muss demnach die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen in dem genannten Zeitpunkt noch gegeben sein. Bis zu diesem Zeitpunkt kann der Betroffene alles unternehmen, um seine gegenwärtig nicht mehr vorhandene Fahreignung wiederherzustellen. Ist die Kraftfahreignung dann im Zeitpunkt der Entscheidung der Widerspruchsbehörde wiederhergestellt, muss die Entziehungsverfügung, die ursprünglich rechtmäßig gewesen sein kann, aufgehoben werden. Hierauf hat der Betroffene einen Anspruch. Die Fahrerlaubnisbehörde ist vor diesem Hintergrund unter Wahrung der Rechte des Betroffenen nicht berechtigt, die Wiederherstellung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu behindern oder zu verhindern. Sie kann ihre eventuell erforderliche Mitwirkungshandlung nicht unter Verweis auf ein Verfahren auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ablehnen. Der Betroffene würde dann zum bloßen Objekt staatlichen Handelns. Dies stünde mit dem grundrechtlichen Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 GG) sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht im Einklang. Die Fahrerlaubnisbehörde darf also keine Maßnahmen ergreifen, die die Wiederherstellung der Fahreignung behindern, oder sich der Mitwirkung verschließen, indem sie entweder Akten nicht dem Gutachter überlässt (OVG Koblenz, NJW 1997, 2342) oder die erforderliche Zustimmung nach § 11 X Nr. 3 FeV versagt.
 
Die Frage der Erteilung der Zustimmung kann sich durchaus – wie das vorliegende Verfahren zeigt – auch in einem Verfahren auf Entziehung der Fahrerlaubnis stellen. Da § 46 FeV, der die Rechtsgrundlage für die Entziehung einer Fahrerlaubnis bildet, nicht nur auf einzelne Absätze des § 11 FeV, sondern auf diese Vorschrift vollumfänglich verweist, ist Absatz 10 dieser Vorschrift auch im Entziehungsverfahren zu beachten.
 
Nach § 11 X FeV kann der Nachweis der Wiederherstellung der Fahreignung durch Teilnahme an einem Kurs nach § 70 FeV geführt werden, wenn der betreffende Kurs nach § 70 FeV anerkannt ist (X Nr. 1), auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben, (X Nr. 2) und die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nr. 2 zugestimmt hat. Aus dem Wortlaut der Nr. 3 ergibt sich eindeutig, dass die Behörde ihre Zustimmung vor der Kursteilnahme des Betroffenen erklärt haben muss („zugestimmt hat“). Liegt ein medizinisch-psychologisches Gutachten nach Nr. 2 des § 11 X FeV vor, das die Teilnahme an einem nach § 70 FeV anerkannten Kurs zur Behebung von festgestellten Eignungsmängeln empfiehlt, so hat in der Regel die Fahrerlaubnisbehörde ihre Zustimmung zu erteilen. Lehnt sie trotz entsprechender gutachtlicher Empfehlung die Zustimmung zur Kursteilnahme ab, so muss sie dies mit Rücksicht auf die Bedeutung und grundrechtliche Relevanz (Art. 2 GG) der Entscheidung für den Betroffenen in qualifizierter Weise begründen.
 
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat der Ast. durch Vorlage des auf Veranlassung der Ag. eingeholten medizinisch-psychologischen Gutachtens des TÜV Pfalz vom 22. 11. 2004 glaubhaft gemacht, dass er einen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung nach § 11 X Nr. 3 FeV hat. Die Gutachter haben in ihrer Expertise dargelegt, aus welchen Gründen der Ast. zurzeit zum Führen von Fahrzeugen ungeeignet ist. Dieses Gutachten bildet zu Recht die Grundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis der Klasse B sowie das Verbot, Fahrräder zu führen. Die Ag. hält damit das Gutachten für insoweit nachvollziehbar und hegt keine Zweifel an seiner Verwertbarkeit. Die Gutachter haben aber auch ausgeführt und begründet, dass die Art der bei dem Ast. aufgezeigten Eignungsmängel die Möglichkeit eröffne, die noch feststellbaren Defizite durch einen anerkannten und evaluierten Rehabilitationskurs für alkoholauffällige Kraftfahrer entsprechend § 70 FeV zu beseitigen. Sie haben nach erfolgreicher Teilnahme an der genannten Nachschulungsmaßnahme, wenn der Ast. in der Zwischenzeit nicht erneut nachteilig in Erscheinung getreten sei, keine Zweifel an seiner Kraftfahreignung. Die Gutachter verfügen für diese Einschätzung anders als das Gericht und die Fahrerlaubnisbehörde über die notwendige Fachkompetenz. Will also die Ag. dieser Empfehlung der Gutachter nicht folgen, so hat sie hierfür Gründe vorzutragen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Gutachten für nachvollziehbar gehalten wird, Zweifel an seiner Richtigkeit nicht bestehen und es zur Grundlage einer Entziehungsverfügung gemacht wird. Die Ag. hat jedoch vorliegend keine Gründe aufgezeigt, die Bedenken gegen die ausgesprochene Empfehlung begründen können. Der Ast. kann daher beanspruchen, dass die Ag. die begehrte Zustimmung erteilt.
 
Dieses Begehren kann er nach den obigen Ausführungen auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erfolgreich geltend machen, ohne sich auf ein Wiedererteilungsverfahren verweisen lassen zu müssen. Die Teilnahme an dem von den Gutachtern empfohlenen Kurs nach § 70 FeV ohne Zustimmung der Ag. könnte nämlich nicht den gewünschten Zweck erfüllen, da Voraussetzung hierfür nach § 11 X Nr. 3 FeV die vorherige Zustimmung der Fahrerlaubnisbehörde ist. Vor diesem Hintergrund ist auch die Vorwegnahme der Hauptsache insoweit gerechtfertigt.

Ablesen des Handy-Displays durch Kfz-Führer gilt als gleiche Benutzung wie bei einem Telefonat

Die Frage der Benutzung eines Mobiltelefons i.S. von § 23 I lit.a StVO beurteilt sich allein danach, ob das Mobiltelefon in der Hand gehalten wird oder nicht. Unter Benutzung i.S. des § 23 I lit.a StVO ist somit jegliche Nutzung eines Mobiltelefons zu verstehen.

OLG Hamm
Beschluß vom 6.Juli 2005
Az.: 2 Ss OWi 177/05

Zum Sachverhalt:
 
Das AG hat gegen den Betr. wegen Verstoßes gegen das Handy-Verbot im Straßenverkehr eine Geldbuße in Höhe von 50 Euro verhängt. Der Antrag des Betr. auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wurde als unbegründet verworfen.

Aus den Gründen:
 
II. … Die Zulassung zur Fortbildung des formellen Rechts und zur Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung scheidet schon deshalb aus, weil der Betr. nur zu einer Geldbuße in Höhe von 50 Euro verurteilt worden ist (§ 80 II OWiG). Es war aber auch nicht geboten, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des materiellen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben (§ 80 I, II OWiG).
 
Die materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils führt vorliegend nicht zur Aufdeckung einer Rechtsfrage, die noch offen, zweifelhaft oder bestritten ist (Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 80 Rdnr. 3 m. w. Nachw). Das Vorbringen in dem Zulassungsantrag lässt eine solche Rechtsfrage nicht erkennen. Insbesondere ist der Wortlaut des § 23 I lit. a StVO nicht klärungsbedürftig.
 
Das AG hat unter anderem folgende Feststellungen getroffen:
 
„ … Am 19. 7. 2004 um 17.55 Uhr befuhr der Betr. die V-Straße in L. in Fahrtrichtung K. mit dem Pkw … Er hatte zu diesem Zeitpunkt sein Mobiltelefon in der Hand und schaute auf das Display des Mobiltelefons … Dieser Sachverhalt steht fest auf Grund der ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere der geständigen Einlassung des Betr. Dieser erklärte, er habe zum Tatzeitpunkt kein Telefonat geführt, sondern lediglich die Uhrzeit auf dem Display des Mobiltelefons abgelesen. Dazu habe er das Gerät in die Hand genommen.“
 
Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 23 I lit. a StVO. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ist dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobiltelefons untersagt, wenn er „hierfür das Mobiltelefon aufnimmt oder hält“. Zur Auslegung des Begriffs „Benutzung“ im Sinne dieser Vorschrift hat der erkennende Senat bereits in seinem Beschluss vom 25. 11. 2002 (NJW 2003, 912 = NZV 2003, 98) ausgeführt, dass nicht differenziert wird, auf welche Weise das Mobiltelefon benutzt wird. Es ist vielmehr jegliche Nutzung untersagt, bei der das Mobiltelefon in der Hand gehalten wird. Ziel des Gesetzgebers war es zu gewährleisten, „dass der Fahrzeugführer während der Benutzung des Mobil- oder Autotelefons beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat. Die Benutzung des Mobiltelefons schließt daher neben dem Gespräch im öffentlichen Fernnetz sämtliche Bedienfunktionen wie das Anwählen, die Versendung von Kurznachrichten oder das Abrufen von Daten im Internet etc. ein. Der Fahrzeugführer darf das Mobil- oder Autotelefon benutzen, wenn er dazu das Telefon oder den Telefonhörer nicht aufnehmen oder halten muss“ (Begr. zur ÄnderungsVO v. 11. 12. 2000, VerkBl 2001, 8).
 
Unter den Begriff der „Benutzung“ i.S. des § 23 I lit. a StVO fällt demzufolge auch die Nutzung eines Mobiltelefons als „Organisator“, wenn es dabei in die Hand genommen wird. Davon erfasst wird auch das vorliegende Ablesen der Uhrzeit vom Display des Mobiltelefons. Auch hierbei handelt es sich um eine „Handhabung bei der Bedienung des Geräts". Entscheidend ist, dass der Betr. das Handy aufgenommen hat und „nicht beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hatte". Gerade dies wollte der Gesetzgeber verhindern, so dass die durch das AG vorgenommene Auslegung der gesetzgeberischen Intention bei Einführung der neuen Vorschrift entspricht, die gerade im Hinblick darauf erfolgt ist, die mit der Bedienung eines Mobiltelefons verbundenen Gefahren auf ein hinnehmbares Maß zu reduzieren. Soweit der Betr. das Ablesen der Uhrzeit vom Display des Mobiltelefons mit dem Ablesen der Uhrzeit von dem Ziffernblatt einer am Handgelenk getragenen Uhr gleichstellen will, ist dieser Vergleich nicht zutreffend. Von Letzterem gehen die beschriebenen Gefahren gerade nicht aus, da die Hände hierzu am Lenkrad verbleiben können.

Kinderlärm im Treppenhaus kein Mietminderungsgrund

Das kurzfristige Schreien eines Kleinkindes beim Verlassen der Mietwohnung  müssen die anderen Mieter akzeptieren. Minderungen der Miete aus diesem Grund sind nicht möglich.

LG München I
Urteil vom 24. Februar 2005
Az.: 31 S 20796/04

Zum Sachverhalt:
 
Die Bet. streiten um die Berechtigung der Bekl., wegen angeblicher Lärmbelästigung – Kinderlärm im Mietshaus – die Miete zu mindern; ausgelöst werde das Geschrei durch das Hineinsetzen des Kleinkindes in den Kinderwagen im Treppenhaus. Im Schreiben der Bekl. vom 20. 9. 2003 beschwerte sie sich darüber, das Kind „ca. ein- bis zweimal pro Woche gegen 7.00 Uhr früh, manchmal noch früher“ zu hören. Nach dem Schriftsatz vom 12. 8. 2004 fanden die behaupteten Ruhestörungen in dieser Form von September 2003 bis Dezember 2003 und im März 2004 statt.
 
Die Feststellungsklage hatte Erfolg.

Aus den Gründen:
 
Eine Beweisaufnahme war nicht durchzuführen, denn ein berechtigter Anspruch auf Minderung der Miete liegt nicht vor, selbst wenn der Vortrag der Bekl. als wahr unterstellt wir. Folgt man der Bekl., so wurde ihre Gesundheit durch das Schlafdefizit beeinträchtigt, das durch das minutenlange Schreien, Quietschen und dergleichen des 1½-jährigen Kindes verursacht worden ist. Dieser Vortrag erscheint insofern widersprüchlich, als die Bekl. angibt, dieses Schreien und Rufen werde dadurch verursacht, dass die Mutter des Kindes es vor dem gemeinsamen Weggehen ein paar Minuten allein im Treppenhaus stehen lasse. Es erscheint fraglich, wie die Bekl. dies feststellen konnte, wenn sie dadurch erst aus dem Schlaf gerissen wurde.
 
Von Kindern, allerdings nicht nur von diesen, geht ein gewisser Lärm- und Geräuschpegel aus, der völlig natürlich ist. Dieser ist jedoch hinzunehmen, da im Zusammenleben der Nachbarn jede Seite auf die Toleranz der anderen Seite angewiesen ist, nicht nur Kinder und Jugendliche. Das Ruhebedürfnis Einzelner kann nicht jegliche Lebensäußerung anderer und praktische Notwendigkeiten verhindern, wie sie nun einmal auftreten, wenn eine offensichtlich berufstätige Mutter mit Kleinkind und Kinderwagen morgens ihre Wohnung im 8. Stock verlassen muss. Sie ist nicht verpflichtet, mit ihrem Kind nahezu fluchtartig des Treppenhaus zu queren. Schließlich handelt es sich um eine Uhrzeit, in der sich ein Großteil der Bevölkerung bereits auf dem Weg zur Arbeit befindet. Es ist nicht ganz nachvollziehbar, wie in diesem Zusammenhang auf der Beklagtenseite von einem sozial unverträglichen Verhalten gesprochen werden kann.
 
Wenn sich die Bekl. nunmehr darauf beruft, dass sie seitdem das Kind morgens nicht mehr höre, ändert dies nichts. Es geht hier in diesem Verfahren nicht darum, ob und wie es zu bewerkstellen ist, dass das Kind im Treppenhaus nicht mehr zu hören ist, sondern es geht darum, ob die Eltern dazu verpflichtet sind, jegliche Äußerung ihres Kleinkinds dort zu unterbinden. Wie bereits dargestellt, liegt auch nach dem Beklagtenvortrag ein sozialadäquates Verhalten von Kind und Mutter vor. Wenn sie ihr Verhalten veränderten, war es ihre freie Entscheidung; einen Anspruch darauf hatte die Bekl. nicht.

altes Firmenschlagwort bei Firmenaufgabe als besondere Geschäftsbezeichnung mit eigenem Schutz

Mit der endgültigen Aufgabe der Firma ist in der Regel auch der Verlust des aus dem Firmenschlagwort gebildeten Unternehmenskennzeichens verbunden. Davon unberührt bleibt, daß das alte Firmenschlagwort als besondere Geschäftsbezeichnung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Altern. 3 MarkenG neben der neuen Firma Schutz (für einen Teil des Geschäftsbetriebs) mit eigener Priorität erlangen kann.

BGH
Urteil vom 24. Februar 2005
Az.: I ZR 161/02

Die vollständige Entscheidung können Sie auf der Seite des Bundesgerichtshofes nachlesen.

Entnahme von Daten ist Verstoß gegen das ausschließliche Recht des Herstellers

Ein Verstoß gegen das ausschließliche Recht eines Datenbankherstellers, die Datenbank insgesamt oder in einem nach Art oder Umfang wesentlichen Teil der Datenbank zu vervielfältigen, kann auch gegeben sein, wenn Daten entnommen und auf andere Weise zusammengefaßt werden. Auf die Übernahme der Anordnung der Daten in der Datenbank des Herstellers kommt es für den Schutz nach § 87b Abs. 1 Satz 1 UrhG nicht an. Die andersartige Anordnung der entnommenen Daten durch den Verwender hat nicht zur Folge, daß diese ihre Eigenschaft als wesentlicher Teil der Datenbank verlieren.

BGH
Urteil vom 21. Juli 2005
Az.: I ZR 290/02

Die vollständige Entscheidung können Sie auf der Seite des Bundesgerichtshofes nachlesen.