Angebot von Anwaltsleistungen in Internetauktion ist zulässig

  1. Die Versteigerung anwaltlicher Beratungsleistungen in einem Internetauktionshaus ist keine – der Form nach oder aufgrund des Inhalts – unsachliche Werbung.
  2. Die Versteigerung von Beratungsleistungen über ein Internetauktionshaus deutet weder auf eine Vernachlässigung von anwaltlichen Berufspflichten hin noch gefährdet es die ordnungsgemäße Berufsausübung.
  3. Eine Versteigerung von Beratungsleistungen in einem Internetauktionshaus verstößt auch nicht gegen das in § 49b Abs. 3 Satz 1 BRAO geregelte Verbot, das dem Rechtsanwalt untersagt, für die Vermittlung von Aufträgen eine Provision zu zahlen.
  4. Der Rechtsanwalt ist weder einfachrechtlich noch von Verfassungs wegen verpflichtet, seine Mandanten vor dem Vertragsschluss persönlich kennen zu lernen und den genauen Gegenstand des Mandats zu erfragen. Das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen untersagt nicht bereits den Abschluss des Anwaltsvertrags, sondern untersagt dem Rechtsanwalt „tätig (zu) werden“ (§ 3 Abs. 1 BORA).
  5. Der Gesetzgeber hat den Rechtsanwälten durch § 34 RVG im Bereich der außergerichtlichen Beratung den Preiswettbewerb eröffnet. Dem stellt sich ein Rechtsanwalt, der seine Beratungsleistungen ab einem bestimmten Preis anbietet und dem Markt überlässt, ob hierfür ein höherer Preis zu erzielen ist.
  6. Durch die Versteigerung von Beratungsleistungen in einem Internetauktionshaus wird das Ansehen der Anwaltschaft nicht in verfassungsrechtlich relevanter Weise beeinträchtigt. 

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT Beschluß vom 19.2.2008 – 1 BvR 1886/06 – , dessen Volltext auf den Seiten des Gerichts nachgelesen werden kann.

Rechtsschutz gegen Abmahnungen des Vermieters

Ein Mieter kann weder Beseitigung noch Unterlassung einer Abmahnung durch den Vermieter verlangen, weil eine Abmahnung den Mieter noch nicht in seinen Rechten verletzt. Dabei bleibt unberücksichtigt, ob die Abmahnung berechtigt oder unberechtigt ist. Ein Anspruch auf Beseitigung oder Unterlassung einer Abmahnung ist im Mietvertragsrecht nicht geregelt und lässt sich auch nicht aus anderen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches herleiten. Eine Abmahnung hat nur die Wirkung dem Mieter sein vertragswidriges Verhalten vor Augen zu halten. 

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.02.2008, VIII ZR 139/07

Das Urteil kann im Volltext auf den Seiten des Bundesgerichtshofes nachgelesen werden.

12monatige Ausschlussfrist gilt auch für Nebenkostennachberechnungen

Eine nach § 556 Abs. 3, Satz 3 BGB ausgeschlossene Nachforderung liegt auch dann vor, wenn der Vermieter nach Fristablauf einen Betrag fordert, der das Ergebnis einer bereits erteilten Abrechnung übersteigt. Das gilt auch dann, wenn das vorherige Ergebnis ein Guthaben für den Mieter ausweist.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.12.2007, VIII ZR 190/06 

Der Volltext des Urteils kann hier nachgelesen werden. 

 

Zinsen für existenzvernichtenden Eingriff

Werden der Gesellschaft unter dem Gesichtspunkt des existenzvernichtenden Eingriffs Geldbeträge entzogen, so hat der rechtswidrig handelnde Gesellschafter Verzugszinsen ab der Entziehung zu entrichten.

 BGH, Urteil IX ZR 116/06 vom 3. Dezember 2007 , dessen Volltext auf den Seiten des BGH nachgelesen werden kann.

Bedeutung einer Mithaftungserklärung eines Vereinsvorstands

a)  Ein selbständiges Schuldversprechen im Sinne von § 780 BGB setzt voraus, dass die mit ihm übernommene Verpflichtung von ihrem Rechtsgrund, das heißt von ihren wirtschaftlichen und  rechtlichen Zusammenhängen gelöst
und allein auf den im Versprechen zum Ausdruck gekommenen Leistungswillen des Schuldners gestellt werden soll.
 
b) Erklärt ein Vorstandsmitglied eines Vereins, er werde für die dem Verein durch den pflichtwidrigen Abschluss  von Trainerverträgen entstehenden Kosten persönlich einstehen, soweit  sie nicht durch Sponsorengelder und Werbung aufgebracht werden könnten, handelt es sich nicht um eine unentgeltliche, sondern causa societatis bzw. zur Abwendung nahe liegender Schadensersatzansprüche eingegangene Verpflichtung.

c) Die gesetzliche Schriftform wird auch durch die Unterschrift des Sitzungsleiters unter ein Protokoll gewahrt, in dem eine Erklärung des Sitzungsleiters protokolliert wurde. (Leitsatz von schwarz-anwaelte.de)
 
BGH, Urteil vom 14. Januar 2008 – II ZR 245/06, nachzulesen im Volltext auf den Seiten des BGH (pdf)

In dem entschiedenen Fall hat der BGH eine Haftung des handelnden Vereinsvorstands mit den vorstehenden Gründen bejaht. 

Ersatzpflicht des Geschäftsführers für gezahltes Insolvenzgeld

Nimmt die Bundesagentur für Arbeit den Geschäftsführer einer in Insolvenz gefallenen GmbH wegen verspäteter Insolvenzantragstellung auf Ersatz von ihr geleisteten Insolvenzgeldes aus § 826 BGB in Anspruch, so stellt sich der Einwand des Beklagten, Insolvenzgeld hätte auch bei rechtzeitiger Antragstellung gezahlt werden müssen, als qualifiziertes Bestreiten der Schadensentstehung dar, für die die Bundesagentur darlegungs- und beweispflichtig ist. Der Einwand ist nicht nach den Grundsätzen zu behandeln, die beim Vortrag einer Reserveursache oder eines rechtmäßigen Alternativverhaltens gelten.

BGH, Urteil v. 18.12.2007 — VI ZR 231/06, dessen Volltext auf den Seiten des BGH (pdf) abgerufen werden kann.

 

Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrages

Ein sachgrundlos befristeter Arbeitsvertrag kann höchstens dreimal verlängert werden, dies aber nur bis zu einer Gesamtdauer von 2 Jahren, § 14 Abs. 2, S. 1 TzBfG. Die Verlängerung muss noch während der Laufzeit des zu verlängernden Vertrages vereinbart werden. Dabei darf nur die Vertragslaufzeit geändert werden. Werden die übrigen Arbeitsbedingungen geändert, ist die Befristung unwirksam und damit ein unbefristeter Arbeitsvertrag geschlossen worden. Geänderte Arbeitsbedingungen sind zum Beispiel schon dann anzunehmen, wenn in der Verlängerung kein ordentliches Kündigungsrecht mehr vereinbart wird, im Ausgangsvertrag ein ordentliches Kündigungsrecht jedoch vorgesehen war.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.02.2008 – 7 AzR 786/06

Das Urteil wurde noch nicht veröffentlicht. Die Pressemitteilung finden Sie hier.

Gleitender Sorgfaltsmaßstab für Forenbetreiber kann zur Vorabkontrolle verpflichten

Ob und inwieweit dem Betreiber Prüfpflichten obliegen, ist anlassbezogenen zu beurteilen. Dabei ist eine Abwägung vorzunehmen: Je mehr konkreter Anlass zu der Befürchtung besteht, dass es durch Kommentare auf einer Internetseite zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen Dritter kommen wird, und je schwerwiegender die zu befürchtenden Verletzungen sind, umso mehr Aufwand muss der Betreiber auf sich nehmen, um die auf seiner Seite eingestellten Kommentare einer persönlichkeitsrechtlichen Überprüfung zu unterziehen (vgl. dazu: OLG Hamburg, a.a.O., Rn. 26). Es besteht somit ein "gleitender Sorgfaltsmaßstab" mit einem Spektrum abgestufter Prüfungspflichten: Ist mit großer Sicherheit vorhersehbar, dass es zu schweren Persönlichkeitsrechtsverletzungen kommen wird, so kann die Prüfpflicht des Betreibers demnach an dem einen Ende des Spektrums bis hin zu einer Dauer- oder Vorabkontrollpflicht anwachsen.

LG Hamburg Urteil vom 3.12.2007, 324 O 794/07, im Volltext nachzulesen in der Online-Entscheidungssammlung des Gerichts. 

 

Anmerkung von schwarz-anwaelte.de: Das Urteil entscheidet sich für sehr einschneidende Kontrollpflichten von Forenbetreibern. Sich verletzt Fühlende werden sich in Zukunft um so mehr an das Landgericht Hamburg wenden. Der Verurteilte in dieser Angelegenheit hat aber schon angekündigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Die weitere Entwicklung bleibt also abzuwarten.