Artikel 11 – Verweigerung der Abnahme

Wann kann der Auftraggeber die Abnahme wegen bestehender Mängeln verweigern und ist eine Abnahme nur von Teilen der Leistung möglich?

Im vorhergehenden Heft wurde dargelegt, daß die Abnahme der entscheidende Zeitpunkt für den Vorbehalt von Mängelgewährleistungsrechten ist. Sind nämlich Mängel zu diesem Zeitpunkt bereits erkannt, müssen diese auch in einem Abnahmeprotokoll verzeichnet und sich die Rechte daraus vorbehalten werden.

Jedoch kann der Auftraggeber auch wegen Mängeln des Werkes oder der Leistung nach § 13 Nr. 2 Absatz 1 VOL/B die Abnahme verweigern, wenn es sich um „wesentliche“ Mängel handelt. Im Gegenzug dazu ist bei „nicht wesentlichen“ Mängeln die Abnahmeverweigerung ausgeschlossen, wenn durch den Auftragnehmer seine Pflicht zur Beseitigung des Mangels ausdrücklich anerkannt wird. Wenn der Auftragnehmer dieses Anerkenntnis jedoch verweigert, kann der Auftraggeber allerdings auch bei „nicht wesentlichen“ Mängeln die Abnahme ablehnen.

Wann nun solche „wesentlichen“ oder „nicht wesentlichen“ Mängel vorliegen, kann nicht generell dargestellt werden. Dies richtet sich jeweils nach dem Einzelfall. Zumindest liegt ein „nicht wesentlicher“ Mangel dann vor, wenn dem Auftragnehmer zuzumuten ist, die Leistung als im wesentlichen vertragsgemäß anzunehmen. Dies ist der Fall, wenn er sich hinsichtlich der bestehenden Mängel durchaus auf die ihm zustehenden Gewährleistungsrechte verweisen lassen muß und die Leistung nach dem im Vertrag vorausgesetzten Gebrauch für ihn nicht völlig ungeeignet ist. Im Zweifel muß darüber, ob ein wesentlicher Mangel vorliegt, ein Gutachter entscheiden.

Wenn durch den Auftraggeber die Leistung nicht abgenommen wird, sind die dafür geltenden Gründe dem Auftragnehmer mitzuteilen. Damit verbunden soll eine Frist zur Nachbesserung und erneuten Vorstellung zur Abnahme gestellt werden. Verzögerungen, die durch eine solche Nachbesserung entstehen und vom Auftragnehmer verschuldet sind, gehen zu seinen Lasten. Er kann sich lediglich damit zur Wehr setzen, daß er die Leistung ordnungsgemäß erfüllt habe und die Abnahmeverweigerung ungerechtfertigt sei.

Kann der Auftraggeber mit in sich abgeschlossenen Teilen der Leistung etwas anfangen, kann er auch Teilleistungen abnehmen, für welche dann die Gewährleistungsfrist zu laufen beginnt. Ebenso kann eine solche Abnahme erfolgen, wenn Teile der Leistung im weiteren Fertigungsgang in eine Gesamtleistung so eingebaut werden, daß sie nicht mehr zugänglich sind. Sie können dann bei einer Abnahme des Gesamtgegenstandes nicht mehr geprüft und daher auch nicht mehr abgenommen werden. Unter Teilleistungen werden allerdings auch Einzelteile einer Leistung verstanden.

Das Beispiel aus der Praxis:
Aufgrund einer öffentlichen Ausschreibung hatte ein Auftragnehmer technische Prüfgeräte zu liefern. Diese waren nach der Leistungsbeschreibung für die volle Funktionsfähigkeit so auf einem Sockel aufzubringen, das sie bei Aufstellung in einer vorgegebenen Toleranz horizontal und vertikal eingestellt werden konnten. Weiterhin hatte der Auftragnehmer auch Hard- und Software für die Auswertung der mit den Geräten vorzunehmenden Prüfungen zu liefern.

Zum Abnahmetermin wurde festgestellt, daß die gelieferten Prüfgeräte starr auf dem Sockel befestigt waren, so daß eine Einstellung wie gefordert nicht erfolgen konnte. Durch diesen Mangel waren die Geräte, welche sonst keine Fehler aufwiesen, für den Auftraggeber nach dem im Vertrag vorausgesetzten Gebrauch ungeeignet. Er verweigerte aus diesem Grund berechtigt die Abnahme, teilte ihn dem Auftragnehmer mit und setzte eine Frist von 14 Tagen zur Nachbesserung und erneuten Vorstellung der Geräte zur Abnahme. Bis zu diesem Zeitpunkt mußte er sich für die bei ihm nicht erbringbaren technischen Prüfungen jedoch externer Dienstleister bedienen. Diese stellten gegenüber dem Auftraggeber die in den 14 Tagen erfolgten Leistungen in Rechnung. Der Auftragnehmer war verpflichtet, die aufgewendeten Kosten zu ersetzen, da die Abnahmeverweigerung seitens des Auftraggebers berechtigt erfolgte.

Die ebenfalls vom Auftragnehmer gelieferte Hard- und Software war jedoch in Ordnung, so daß sie durch den Auftraggeber bereits abgenommen werden konnte. Für diesen Teil der Leistung begann die Gewährleistungsfrist zu laufen und der Auftragnehmer konnte auch bereits Zahlung verlangen. Dafür hatte der Auftraggeber dem Auftragnehmer auch keine Mehrkosten in Rechnung gestellt, da er solche auch nicht ersetzt bekommen hätte.