Unfall bei Fahrstreifenwechsel II

a. Der Wechsel auf die Verteilerfahrbahn im Bereich einer Autobahnverzweigung ist kein Fahrstreifenwechsel im Sinne von § 7 Abs. 5 StVO. Kommt es hierbei zu einer Kollision mit einem Fahrzeug, das von einer Autobahnausfahrt auf die Verteilerfahrbahn gelangt ist, spricht auch sonst kein Anscheinsbeweis für ein Alleinverschulden des auf die Verteilerfahrbahn wechselnden Fahrzeugführers.

b.Das an einer Autobahnausfahrt aufgestellte Zeichen 205 (Vorfahrt gewähren!) gilt nicht für Fahrzeuge, die den Bereich der Auffahrt bereits verlassen haben und die sich auf der Verteilerfahrbahn befinden. Fahrer, die nach rechts auf die Verteilerfahrbahn wechseln, müssen die Sorgfaltsanforderungen des § 9 StVO, auf der Verteilerfahrbahn befindliche Fahrzeugführer müssen die Grundregel des § 1 Abs. 2 StVO beachten.

OLG Saarbrücken, Urteil vom 29.07.2008, Az.: 4 U 166/08

Der Volltext kann auf den Seiten des Gerichts nachgelesen werden.

 

Abschiebungsschutz f. Flüchtlinge aus Afghanistan

Hindus sind in Afghanistan einer sie kollektiv treffenden Verfolgungsgefahr im Sinne von § 60 Abs. 1 AufenthG ausgesetzt. Eine öffentlichkeitswirksame religiöse Betätigung ist ihnen nicht ohne konkrete Gefahr für Leib und Leben möglich.

Oberverwaltungsgericht Bautzen, Urteil vom 26.08.2008, Az:A 1 B 499/07

Der Volltext kann hier nachgelesen werden.

Bundesarbeitsgericht zum Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit bei Teilzeitbeschäftigung

1. Ein Anspruch auf Verlängerung der Arbeitszeit nach § 9 TzBfG setzt voraus, dass ein "entsprechender Arbeitsplatz" mit längerer Arbeitszeit frei ist.

2. Das Erfordernis eines "entsprechenden Arbeitsplatzes" ist regelmäßig nur dann gewahrt, wenn die zu besetzende Stelle inhaltlich vergleichbar ist mit dem Arbeitsplatz, auf dem der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer seine vertraglich geschuldete Tätigkeit ausübt. Beide Tätigkeiten müssen idR dieselben Anforderungen an die persönliche und fachliche Eignung des Arbeitnehmers stellen.

3. Der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer hat nur ausnahmsweise Anspruch auf Verlängerung seiner Arbeitszeit, wenn dies mit einem Wechsel auf einen Arbeitsplatz mit einer höherwertigen Tätigkeit verbunden ist. Ein solcher Ausnahmefall ist zu bejahen, wenn die Personalorganisation des Arbeitgebers Teilzeitarbeit lediglich auf einer niedrigeren Hierarchiestufe als der bisher eingenommenen zulässt. Das bewirkt eine Selbstbindung: Die Grenze zwischen den beiden Hierarchieebenen wird für den späteren Verlängerungswunsch des teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmers durchlässig. In diesem Fall gilt auch der Arbeitsplatz mit der höherwertigen Tätigkeit als "entsprechender Arbeitsplatz" iSv. § 9 TzBfG.

Bundesarbeitsgericht Urteil v. 16.09.2008 Az.: 9 AZR 781/07

Der Volltext kann auf den seiten des gerichts nachgelesen werden.

Ein PKW ist keine Waffe im Sinne des StGB

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Auslegung, ein PKW sei eine Waffe im Sinne des § 113 Absatz 2 Nr. 1 StGB, gegen das Analogieverbot in Art 103 Absatz 2 des Grundgesetzes verstößt.

Der Angeklagte war vom Amtsgericht Dresden wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte in einem besonders schweren Fall verurteilt worden. Er war während einer Polizeikontrolle rückwärts gefahren, um die Kontrolle zu verhindern, obwohl der Beamte sich mit dem Oberkörper ins Wageninnere gelehnt hatte. Der Beamte wurde mitgerissen, aber nicht verletzt. Eine Verurteilung ist nach dem Beschluss des BVerfG nur nach § 113 Absatz 1 StGB möglich, weil der PKW nicht als Waffe gewertet werden darf.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 01.09.2008, 2 BvR 2238/07

Der Volltext kann auf den Seiten des gerichts nachgelesen werden.

Handynutzung während der Fahrt über Bluetooth-Headset (bzw. Earset) ist erlaubt!

Die Verwendung eines Mobiltelefons, das in einer Handy-Vorrichtung des Kraftfahrzeugs abgelegt worden ist, unter Benutzung eines Headsets/Earsets, welches über eine Bluetooth-Verbindung mit dem Mobiltelefon verbunden ist, erfüllt nicht den Tatbestand des § 23 Abs. 1 a StVO. Dies gilt auch dann, wenn zur Verbesserung der Hörqualität das über eine Spange am Ohr gehaltene Headset mit der Hand gegen das Ohr gedrückt wird.

OLG Stuttgart, Beschluß vom  16.06.2008, 1 Ss 187/08

Der Volltext kann auf den Seiten des Gerichts nachgelesen werden.

Unfall bei Fahrstreifenwewechsel

1. Fährt ein Linksabbieger an einer sich auf der geradeaus führenden Fahrspur stauenden Fahrzeugschlange vorbei, so darf er nur dann die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht ausnutzen, wenn dies wegen der Straßen-, Witterungs- oder Sichtverhältnisse nicht möglich ist.

2. Der auf der linken Fahrspur Überholende darf sich darauf verlassen, dass ein Fahrzeugführer, der sich auf der Geradeausspur eingeordnet hat, auch geradeaus fahren will.

Im hier entschiedenen Fall befuhr der Zeuge im Kfz der Klägerin die Linksabbiegerspur. Es kam zum Unfall mit dem Kfz der Beklagten, als diese aus der Geradeausspur auf die Linksabbiegerspur ausscherte. Das Gericht hat der Klägerin den vollen Schadensersatz zugesprochen.

Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 30.07.2008, 14 U 74/08

Der Volltext kann auf den Seiten des Gerichts nachgelesen werden.

 

 

 

Betriebsratsanhörung bei verhaltensbedingter Kündigung

In der Entscheidung vom 03. April haben die Richter und Richterinnen des BAG folgende Leitsätze zur Betriebsratsanhörung aufgestellt:

Die Anhörungspflicht besteht nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vor jeder Kündigung. Das Anhörungsverfahren kann grundsätzlich nur für die Kündigung Wirksamkeit entfalten, für die es eingeleitet worden ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber wegen Bedenken gegen die Wirksamkeit der ersten Kündigung vorsorglich erneut kündigt. Das durch die ordnungsgemäße Anhörung erworbene Recht zum Auspruch der Kündigung ist durch den Zugang der Kündigung verbraucht.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 03.04.2008 2 AZR 965/06

Der Volltext kann auf den Seiten des Gerichts nachgelesen werden.

BVerfG zum Verwertungsverbot bei der Blutentnahme

Grundsätzlich bestätigt das Bundesverfassungsgericht die Rechtsprechung der Instanzgerichte, wonach nicht jeder Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften ein Verwertungsverbot nach sich zieht. Weiterhin soll ein Verstoß gegen Dokumentations- und Begründungspflicht durch die Polizei bei der Ausübung der Eilkompetenz allein nicht zu einem Verwertungsverbot führen. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts ist lediglich zu prüfen, ob die rechtsstaatlichen Mindeststandards eingehalten und  nicht gegen das Willkürverbot verstossen wurde. Die gesetzlich vorgeschriebene richterliche Anordnung der Blutentnahme zählt das Gericht dabei nicht zum rechtsstaatlichen Mindeststandard. Das Gericht hat die diesem Beschluss zugrunde liegende Verfassungsbeschwerde mangels verfassungsrechtlicher Bedeutung nicht zur Entscheidung angenommen.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 28.07.2008 2 BvR 784/08.

Der Volltext kann auf den Seiten des Gerichts nachgelesen werden.

Haftungsverteilung bei Auffahrunfall auf liegengebliebenen LKW

Fährt ein Motorradfahrer bei Helligkeit auf einen auf der linken Spur der Autobahn liegengebliebenen LKW auf, liegt ein Verstoß des Motorradfahres gegen das Sichtfahrgebot vor. Für die Ermittlung der Haftungsquote des LKW-Fahrers ist von Bedeutung, ob er das Warndreieck aufgestellt hat, die Blinklichter des LKW eingeschaltet waren oder ein Ausweichen auf den Grünstreifen möglich gewesen wäre.

Das OLG-Brandenburg war im vorliegenden Fall zu einem Haftungsanteil des LKW-Fahrers in Höhe von 60 % gekommen, weil die Blinklichter nicht eingeschaltet waren und der LKW-Fahrer nicht auf den vorhandenen Grünstreifen ausgewichen war. Das fehlende Warndreieck wurde dem LKW-Fahrer nicht angelastet, weil sich der Unfall bereits 1 bis 2 Minuten nach dem Liegenbleiben ereignet hatte. Das Liegenbleiben an sich wirkt sich nicht haftungserhöhend aus, wenn der LKW-Fahrer den Defekt vorher nicht erkennen konnte.

OLG Brandenburg, Urteil v. 17.07.2008, AZ: 12 U 46/07

Der Volltext kann auf den Seiten des Gerichts nachgelesen werden.