Kenntnis von Insolvenzreife und Antragspflicht bei GmbH & Co KG

1) Die Antragspflicht des Geschäftsführers einer Komplementär-GmbH aus § 64 Abs. 1 GmbHG bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der GmbH gilt gemäß §§ 130 a Abs. 1, 177 a HGB entsprechend, wenn es um die Insolvenz einer Gesellschaft in der Form einer GmbH & Co. KG geht.

2) Bei Anzeichen einer wirtschaftlichen und finanziellen Krise einer GmbH hat ihr Geschäftsführer die Pflicht, sich durch Aufstellung eines Vermögensstatuts einen Überblick über den Vermögensstand zu verschaffen und notfalls unter fachkundiger Prüfung zu entscheiden, ob eine positive Fortbestehungsprognose besteht.

3) Verstößt der Geschäftsführer gegen diese Pflicht, sich Informationen über die wirtschaftliche Lage der GmbH zu verschaffen, und hat er deswegen keine Kenntnis von der Überschuldung der GmbH, handelt er bezüglich der Unterlassung der Antragspflicht aus § 64 Abs. 1 GmbHG mit bedingtem Vorsatz.

OLG Oldenburg, Urteil vom 24.4.2008, Az. 8 U 5/08 , dessen Volltext auf den Seiten des Gerichts nachlesbar ist.

1) Die Antragspflicht des Geschäftsführers einer Komplementär-GmbH aus § 64 Abs. 1 GmbHG bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der GmbH gilt gemäß §§ 130 a Abs. 1, 177 a HGB entsprechend, wenn es um die Insolvenz einer Gesellschaft in der Form einer GmbH & Co. KG geht.

2) Bei Anzeichen einer wirtschaftlichen und finanziellen Krise einer GmbH hat ihr Geschäftsführer die Pflicht, sich durch Aufstellung eines Vermögensstatuts einen Überblick über den Vermögensstand zu verschaffen und notfalls unter fachkundiger Prüfung zu entscheiden, ob eine positive Fortbestehungsprognose besteht.

3) Verstößt der Geschäftsführer gegen diese Pflicht, sich Informationen über die wirtschaftliche Lage der GmbH zu verschaffen, und hat er deswegen keine Kenntnis von der Überschuldung der GmbH, handelt er bezüglich der Unterlassung der Antragspflicht aus § 64 Abs. 1 GmbHG mit

Fristlose Kündigung wegen unterlassener Insolvenzanmeldung

a) Der Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers kann wegen Verletzung der Insolvenzantragspflicht fristlos gekündigt werden. Wie sich diese Kündigung auf eine erteilte Versorgungszusage auswirkt, ist eine Frage der konkreten Gestaltung im Einzelfall.
b) Der Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH fällt nicht in den Anwendungsbereich des BetrAVG, es sei denn, es wäre ihm ein ihn besser stellendes Versprechen gegeben worden.

BGH Beschluß vom 15.10.2007, II ZR 236/06, das Urteil kann auf den Seiten des BGH im Volltext nachgelesen werden.

Darlegungs- und Beweislast für Vermögensvermischung liegt beim Insolvenzverwalter

Der Insolvenzverwalter des Vermögens einer GmbH ist entsprechend § 93 InsO befugt, eine etwaige Durchgriffshaftung eines Gesellschafters für die Gesellschaftsverbindlichkeiten (§ 128 HGB analog) wegen "Vermögensver-mischung" geltend zu machen.

Die Durchgriffshaftung eines GmbH-Gesellschafters wegen "Vermögensver-mischung", die zu einem Wegfall des Haftungsprivilegs gemäß § 13 Abs. 2 GmbHG führt, ist keine Zustands- sondern eine Verhaltenshaftung; sie trifft einen Gesellschafter nur, wenn er aufgrund des von ihm wahrgenommenen Einflusses als Allein- oder Mehrheitsgesellschafter für den Vermögensvermi-schungstatbestand verantwortlich ist (Klarstellung zu BGHZ 125, 366, 368 f.).

Darlegungs- und beweispflichtig für das Vorliegen einer unkontrollierbaren Vermischung des Gesellschafts- mit dem Privatvermögen der Gesellschafter ist im Grundsatz der klagende Insolvenzverwalter; den oder die Gesellschafter trifft aber eine sekundäre Darlegungslast für das Gegenteil. Das bloße Fehlen einer "doppelten Buchführung" reicht als Nachweis für eine "Vermö-gensvermischung" nicht aus.

Der Insolvenzverwalter kann sich gegenüber einem aus Durchgriffshaftung in Anspruch genommenen GmbH-Gesellschafter, der keine Gelegenheit zu einem Widerspruch im Sinne von § 178 Abs. 1 InsO hatte, auf die Rechts-kraftwirkung der Eintragung der Gläubigerforderungen in die Insolvenztabelle (§ 178 Abs. 3 InsO) nicht berufen.

BGH
Urteil vom 14. November 2005
Az.: II ZR 178/03

Die vollständige Entscheidung können Sie auf der Seite des Bundesgerichtshofes nachlesen.

Faktischer GmbH-GF zur rechtzeitigen Stellung des Insolvenzantrages verpflichtet

Der faktische Geschäftsführer einer GmbH ist nicht nur zur rechtzeitigen Stellung des Insolvenzantrages nach § 64 Abs. 1 GmbHG verpflichtet, sondern hat auch die haftungsrechtlichen Folgen einer Versäumung dieser Pflicht (hier: Ersatz von Zahlungen nach § 64 Abs. 2 GmbHG) zu tragen (i. Anschl. an Senat, BGHZ 104, 44; 150, 61).

Für die Stellung und Verantwortlichkeit einer Person als faktischer Geschäftsführer einer GmbH ist es erforderlich, daß der Betreffende nach dem  Gesamterscheinungsbild seines Auftretens die Geschicke der Gesellschaft – über die interne Einwirkung auf die satzungsmäßige Geschäftsführung  hinaus – durch eigenes  Handeln im Außenverhältnis, das die Tätigkeit des rechtlichen Geschäftsführungsorgans nachhaltig prägt, maßgeblich in die Hand genommen hat.

In die Entscheidung, durch die der (faktische) Geschäftsführer zum Ersatz von Zahlungen i. S. von § 64 Abs. 2 GmbHG verurteilt wird, ist der Vorbehalt hinsichtlich seines Verfolgungsrechts gegen den Insolvenzverwalter bezüglich seiner Gegenansprüche nach Erstattung an die Masse von Amts wegen aufzunehmen (Ergänzung zu BGHZ 146, 264). 

BGH
Urteil vom 11. Juli 2005
Az.: II ZR 235/03

Die vollständige Entscheidung können Sie auf der Seite des Bundesgerichtshofes nachlesen.

Bei Insolvenz einer GmbH hat Sozialkasse keinen Vorrang bei den Forderungen

a) § 266a StGB ist ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.

b) Für die Unmöglichkeit normgemäßen Verhaltens ist im Rahmen des § 823
Abs. 2 BGB i.V.m. § 266a StGB der Anspruchsteller darlegungs- und beweispflichtig
(Bestätigung von BGHZ 133, 370, 379). An die Erfüllung der
grundsätzlich bestehenden sekundären Darlegungslast des Geschäftsführers
einer GmbH dürfen keine diese Verteilung der Vortragslast umkehrenden Anforderungen
gestellt werden. Eine besondere Dokumentationspflicht zur Abwehr
einer möglichen Haftung nach diesen Vorschriften besteht nicht. Auch
die Verletzung der Insolvenzantragspflicht erhöht die sekundäre Darlegungslast
des Geschäftsführers nicht.

c) Hätte der Insolvenzverwalter die Zahlungen an die Sozialkasse nach der
InsO anfechten können, entfällt mangels Kausalität der Schaden (Bestätigung
von BGH, Urt. v. 14. November 2000 – VI ZR 149/99, ZIP 2001, 80).
§ 266a StGB begründet in der Insolvenzsituation keinen Vorrang der Ansprüche
der Sozialkasse (Bestätigung von BGHZ 149, 100, 106 f.; Urt. v. 10. Juli
2003 – IX ZR 89/02, ZIP 2003, 1666). Der Geschäftsführer, der in dieser
Lage die Arbeitnehmeranteile noch abführt, statt das Gebot der Massesicherung
(§ 64 Abs. 2 GmbHG) zu beachten, handelt nicht mit der Sorgfalt eines
ordentlichen Geschäftsmanns im Sinne von § 64 Abs. 2 Satz 2 GmbHG (Bestätigung
von BGHZ 146, 264, 274 f.).

BGH, 18. April 2005, II ZR 61/03

Die vollständige Seite können Sie auf der Seite des Bundesgerichtshofes nachlesen.