Enge Voraussetzungen für Verbot für das Fahren von Fahrrädern

Das OVG Koblenz hat jetzt entschieden, daß ein zumindest einmaliger Verstoß gegen das Alkoholverbot beim Führen von Kraftfahrzeugen nicht rechtfertigt, vom Betroffenen ein Gutachten vorlegen zu lassen, das sich auch auf die Geeignetheit des Führens von Fahrrädern erstreckt. Ein solches Gutachten könne erst verlangt werden, wenn eine Gesamtschau aller Umstände mit ausreichender Sicherheit eine Gefahr ergebe, daß der Betroffene auch beim Führen von erlaubnisfreien Fahrzeugen wie Fahrrädern eine Gefahr für den Verkehr darstelle.

Beschluß des OVG Koblenz vom 8.6.2011, Az. 10 B 10415/11

Mit dem Verbot des Führens von Fahrrädern beschäftigt sich auch eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Neustadt/ Weinstraße aus dem Jahr 2005.

Unzulässiges Abschleppen bzw. Umsetzen eines einzelnen Fahrrades

Ein Fahrrad darf nur dann umgesetzt werden, wenn eine von diesem Fahrrad ausgehende Behinderung nicht nur eine geringfügige ist und eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung besteht.

Leitsatz von schwarz-anwaelte.de

Urteil des Verwaltungsgerichts Münster Aktenzeichen 1 K 1536/07 vom 11.07.2008, dessen Volltext in der Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW nachgelesen werden kann.

Verbot, Fahrrad zu fahren (nach Alkohol und Drogenkonsum)

Die Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen, die keine Kraftfahrzeuge sind,  beurteilt sich nach den Vorschriften, die auch für das Führen fahrerlaubnispflichtiger Kraftfahrzeuge gelten. § 3 Abs. 2 FeV erklärt die für Bewerber um eine Fahrerlaubnis geltenden Vorschriften der §§ 11 bis 14 FeV für entsprechend anwendbar. § 11 Abs. 1 FeV bestimmt, dass ein Fahrerlaubnisbewerber die notwendigen körperlichen und geistigen Voraussetzungen insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach der Anlage 4 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Auch wenn sich die Regelung ausdrücklich auf einen Fahrerlaubnisbewerber und dessen (bedingte) Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht, bestehen keinerlei Bedenken gegen die entsprechende Anwendung, denn sowohl beim Führen fahrerlaubnisfreier als auch beim Führen fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge geht es um eine Teilnahme am Straßenverkehr und die dafür erforderliche Umsicht, Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit.

OVG Lüneburg, Beschluss vom 01.04.2008, 12 ME 35/08

 

I.

Der am E. geborene Antragsteller ist nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis. Er begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen das von der Antragsgegnerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung ausgesprochene Verbot, (führerscheinfreie) Fahrzeuge im Straßenverkehr zu führen.

Am 5. Dezember 2006 um 18.50 Uhr überfuhr der Antragsteller in F. als Radfahrer das Rotlicht einer Fußgängerampel. Ausweislich des Polizeiberichts roch der Antragsteller deutlich nach Alkohol und schien auch äußerlich sehr betrunken zu sein. Die Polizeibeamten stellten deutliche Beeinträchtigungen der Artikulations- und Steuerungsfähigkeit fest. Der Antragsteller gab gegenüber der Polizei an, regelmäßig Kokain zu konsumieren. Das polizeiliche Protokoll und der Antrag zur Feststellung von Alkohol und Drogen im Blut enthält den Hinweis, dass der Antragsteller schwer drogenabhängig sei. In dem ärztlichen Untersuchungsbericht zur Blutentnahme eine halbe Stunde nach dem Vorfall ist zu der Frage, ob in den letzten 24 Stunden Medikamente oder Drogen verabfolgt oder eingenommen worden sind, eingetragen: Alkohol, Subutex-Programm. Der Arzt notierte keinerlei Ausfallerscheinungen und vermerkte, dass der Antragsteller sich bei der Untersuchung kooperativ sowie freundlich zugewandt verhalten habe und leicht unter Alkoholeinfluss zu stehen schien. Bei der Blutuntersuchung wurden neben einem Blutalkoholgehalt von 2,16 g o/oo positive Befunde für Cannabinoide und Benzodiazepine festgestellt. Die Bestätigungsanalyse ergab einen Wert für THC-Carbonsäure (THC-COOH) von 8.7 ng/ml und für Diazepam von 28 ng/ml sowie für Nordiazepam von 57/ng/ml. Tetrahyocannabiol(THC) und 11-Hydroxy-delta-9-Tetrahydrocannbiol waren in der Bestätigungsanalyse nicht nachweisbar.

Der Verkehrsverstoß wurde durch rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Neustadt vom 15. März 2007 geahndet. Der Antragsteller erhielt wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen.

Nach Auswertung der Strafakten forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller mit Schreiben vom 8. Mai 2007 – zugestellt am 10. Mai 2007 – auf, unverzüglich ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen und sonstigen (führerscheinfreien) Fahrzeugen beizubringen. Nachdem der Antragsteller bis zum 7. Juni 2007 sein Einverständnis zu der aufgegebenen Begutachtung nicht erteilt hatte, hörte die Antragsgegnerin ihn mit Schreiben vom selben Tage zu der Absicht an, ihm das Führen von führerscheinfreien Fahrzeugen zu untersagen. Auf den dagegen als Gegenvorstellung bewerteten Widerspruch hob die Antragsgegnerin unter dem 14. Juni 2007 die Anordnung vom 8. Mai 2007 auf und hörte den Antragsteller nun dazu an, ihm das Führen von (führerscheinfreien) Fahrzeugen im Straßenverkehr mittels einer kostenpflichtigen Verfügung mit sofortiger Wirkung zu untersagen. Hierzu führte sie aus: Nach den gesetzlichen Bestimmungen sei ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wer Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes bzw. psychoaktiv wirkende Stoffe/Arzneimittel einnehme. Beim Antragsteller komme erschwerend hinzu, dass er den Konsum der genannten Stoffe und die aktive Teilnahme am Straßenverkehr nicht habe trennen können. Der Antragsteller äußerte sich nicht.

Mit Bescheid vom 27. Juli 2007 untersagte die Antragsgegnerin dem Antragsteller, (führerscheinfreie) Fahrzeuge (u. a. Fahrräder, Mofa) im Straßenverkehr zu führen und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Regelung an. Als Rechtsgrundlage nannte die Antragsgegnerin § 3 Absätze 1 und 2 in Verbindung mit Nr. 9.4 der Anlage 4 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) und verwies darauf, dass gemäß § 3 Abs. 2 in Verbindung mit § 11 Abs. 7 FeV ein Gutachten nicht erforderlich gewesen sei, weil die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Fahrzeugen nach den Gesamtumständen zu ihrer Überzeugung feststehe. Die Fahrerlaubnisbehörde sei gemäß § 3 Abs. 1 FeV verpflichtet, das Führen von (führerscheinfreien) Fahrzeugen zu untersagen, wenn sich die jeweilige Person als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen erweise. Ein Ermessen sei nicht eingeräumt. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung erfolge im überwiegenden öffentlichen Interesse. Bei dem Antragsteller seien gegenwärtig weder ein erneuter missbräuchlicher Konsum von psychoaktiv wirkenden Stoffen und Alkoholmissbrauch noch erneute Fahrten unter Alkohol-Betäubungsmitteleinfluss hinreichend sicher auszuschließen. Die danach bestehenden unmittelbaren Verkehrsunfallgefahren seien zum Schutz von Leben und Gesundheit der Allgemeinheit und für den Antragsteller persönlich mit sofortiger Wirkung auszuschließen.

Am 24. August 2007 hat der Antragsteller gegen das Verbot Klage erhoben (9 A 4215/07) und zugleich vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz beantragt. Zur Begründung macht er geltend, der angefochtene Bescheid sei offensichtlich rechtswidrig. Die Antragsgegnerin stütze das ausgesprochene Verbot zu Unrecht auf die Bestimmungen der Fahrerlaubnisverordnung und deren Anlage 4. Diese Anlage beziehe sich ausdrücklich nur auf Kraftfahrzeuge. Der Gesetzgeber unterscheide zwischen den Begriffen Fahrzeug und Kraftfahrzeug. Die Gefährdung durch führerscheinfreie Fahrzeuge sei grundsätzlich als gering einzustufen. Selbst wenn Nr. 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung anwendbar sei, seien persönliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Aus dem ärztlichen Untersuchungsbericht vom 5. Dezember 2006 gehe eindeutig hervor, dass Ausfallerscheinungen nicht erkennbar gewesen seien. Er habe sich freundlich und kooperativ verhalten und nur den Eindruck erweckt, leicht unter Alkoholeinfluss zu stehen. Danach habe ein Regelfall der Anlage 4 nicht angenommen werden dürfen. Es hätte auch gewürdigt werden müssen, dass er, der Antragsteller, bis dahin nur einmal im Straßenverkehr aufgefallen sei. Außerdem habe er nach dem Vorfall eine Entgiftung im Landeskrankenhaus Hildesheim angetreten. Schließlich habe die Antragsgegnerin das ihr durch § 3 FeV eingeräumte Ermessen verkannt. Ein solches Ermessen bestehe auch bei Nichteignung bzw. bedingter Eignung zum Führen von führerscheinfreien Fahrzeugen jedenfalls bei der Wahl der erforderlichen Maßnahme. Bei der Abwägung sei zu seinen Gunsten zu werten, dass der Bescheid einen massiven Rechtseingriff bedeute und nach den Gesamtumständen von einem Sicherheitsrisiko für die Allgemeinheit nicht ausgegangen werden dürfe.

Der Antragsteller beantragt,

                         die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen,

ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt Beismann aus Hannover beizuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

                        den Antrag abzulehnen.

 Sie tritt dem Vorbringen im Einzelnen entgegen und ergänzt, der Antragsteller habe sich eindeutig als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Das – auch nur einmalige – Fahren unter Betäubungsmitteln und erheblichem Alkoholeinfluss rechtfertige das Verbot zum Führen von (führerscheinfreien) Fahrzeugen im Straßenverkehr unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, weil das Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs das private Interesse des Antragstellers deutlich übersteige. Zur Wiederherstellung der Fahrtauglichkeit wäre neben einer mindestens sechsmonatigen Drogenabstinenz eine generelle, durch medizinisch-psychologische Begutachtung bestätigte Einstellungs- und Verhaltensänderung im Umgang mit berauschenden Substanzen nachzuweisen.

 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin und die Akten der Staatsanwaltschaft Hannover (G.) Bezug genommen. Diese Unterlagen haben dem Gericht bei der Entscheidung vorgelegen,

 II.

Der zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat keinen Erfolg.

 Nach § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn das private Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des angegriffenen Bescheids verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse am Vollzug des Bescheids überwiegt. Im Rahmen der danach vorzunehmenden Abwägung kommt den Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache maßgebliche Bedeutung zu. Nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage in der Hauptsache aller Voraussicht nach abzuweisen sein. Denn der mit der Klage angefochtene Bescheid vom 27. Juli 2007, dessen sofortige Vollziehung angeordnet wurde, wird sich voraussichtlich als rechtmäßig erweisen. Im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO vorzunehmenden gerichtlichen Interessenabwägung sind auch sonst keine Gesichtspunkte erkennbar, die trotz des zu erwartenden Unterliegens des Antragstellers in der Hauptsache dennoch für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage sprächen.

 Bei der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung hat die Antragsgegnerin den Antragsteller zu Recht als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen angesehen. Diesen Schluss hat sie zutreffend daraus gezogen, dass der Antragsteller mit dem sehr hohen Blutalkoholgehalt von 2,16 g o/oo und unter Betäubungsmitteleinfluss im öffentlichen Straßenverkehr Fahrrad gefahren ist.

 Der angefochtene Bescheid findet seine rechtliche Grundlage in § 3 Abs. 1 FeV, der auf der Ermächtigungsgrundlage des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 y) StVG beruht. Erweist sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet zum Führen von (fahrerlaubnisfreien) Fahrzeugen, ist die Fahrerlaubnisbehörde nach dieser Bestimmung verpflichtet, ihm das Führen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen. Die Regelung gilt für das Führen von Fahrzeugen aller Art, auch für das Fahrradfahren (vgl. Dauer in Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., 3 FeV, § 3 Rdnr. 1 und einhellige Rechtsprechung: z. B. OVG Bremen, Beschluss vom 09.01.1990 – 1 B 108/89, NZV 1990, 246; BayVGH, Beschluss vom 27.03.2006 – 11 ZB 06.41, 11 C 053297; 11 C 05.3298 – zitiert nach juris; VG München, Beschluss vom 17.01.2007 – M 1 S 06.4743, zitiert nach juris). Die Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen beurteilt sich hierbei nach den Vorschriften, die auch für das Führen fahrerlaubnispflichtiger Kraftfahrzeuge gelten. § 3 Abs. 2 FeV erklärt die für Bewerber um eine Fahrerlaubnis geltenden Vorschriften der §§ 11 bis 14 FeV für entsprechend anwendbar. § 11 Abs. 1 FeV bestimmt, dass ein Fahrerlaubnisbewerber die notwendigen körperlichen und geistigen Voraussetzungen insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach der Anlage 4 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Auch wenn sich die Regelung ausdrücklich auf einen Fahrerlaubnisbewerber und dessen (bedingte) Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht, bestehen keinerlei Bedenken gegen die entsprechende Anwendung, denn sowohl beim Führen fahrerlaubnisfreier als auch beim Führen fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge geht es um eine Teilnahme am Straßenverkehr und die dafür erforderliche Umsicht, Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit. Das Gefährdungspotenzial, welches hierbei auch von einem ungeeigneten Fahrradfahrer ausgeht, etwa durch der Verkehrssituation nicht angepasste Reaktionen sowie ein unkontrolliertes und die Verkehrsvorschriften missachtendes Fahrverhalten, rechtfertigt diesen strengen Maßstab. Auch wenn die Verkehrsteilnahme mit motorisierten Fahrzeugen schon wegen der möglichen höheren Geschwindigkeiten ein größeres Gefährdungsrisiko birgt, können gerade auch straßenverkehrsuntüchtige Fahrradfahrer schwere Unfälle verursachen und dadurch sich selbst und andere Verkehrsteilnehmer vor allem in ihren geschützten Rechten auf Leben und Gesundheit erheblich verletzen.

 Nach Nr. 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung begründet die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes bzw. psychoaktiv wirkender Stoffe in aller Regel die mangelnde Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen und entsprechend auch von allen anderen Fahrzeugen. Auf den Antragsteller dürften auch weitere der unter Nr. 9 der Anlage 4 aufgeführten Fallgruppen zutreffen, nach denen Personen für alle Fahrerlaubnisklassen ohne Weiteres als nicht geeignet anzusehen sind. Aus den polizeilichen Feststellungen wie auch der ärztlichen Befunderhebung anlässlich der Blutentnahme und der Untersuchungsergebnisse folgt, dass der Antragsteller im Sinne von Nr. 9.4 zumindest gelegentlich Cannabis konsumiert und auch nicht zwischen Konsum und Fahren getrennt hat, und zudem zusätzlich Alkohol und andere psychoaktiv wirkende Stoffe zu sich genommen hatte, wie die positiven Befunde von Cannabinoiden in der Form von THC-COOH, Benzodiazepinen mit dem Wirkstoff Diazepam und Nordiazepam sowie dem Blutalkohoögehalt von 2,16 g o/oo belegen. Überdies hatte der Antragsteller den ermittelnden Polizeibeamten gegenüber mitgeteilt, er würde regelmäßig Kokain konsumieren. Darüber hinaus bestehen nach Aktenlage Anhaltspunkte dafür, dass auch der in Nr. 9.3 beschriebene absolute Eignungsmangel, nämlich die Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes beim Antragsteller vorliegt. Dazu heißt es in dem polizeilichen Protokoll der Polizeiinspektion Garbsen zur Feststellung von Alkohol und Drogen im Blut vom 5. Dezember 2006 „Person ist schwer drogenabhängig“ und im ärztlichen Untersuchungsbericht ist ein Hinweis auf das Subutex-Programm vermerkt. Das Mittel Subutex enthält den Wirkstoff Buprenorphin, der bei der Drogenersatztherapie zur Behandlung von Opiatabhängigen verwendet wird. Dass der Antragsteller Kontakt zu harten Drogen hatte, ergibt sich auch daraus, dass er durch Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 6. Mai 2003 wegen des unerlaubten Besitzes von Heroin am 24. Dezember 2002 zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist. Die Alkoholbeeinflussung des Antragstellers mit dem Blutalkoholgehalt von 2,16 g o/oo sowie das Vorbringen des Antragstellers im gerichtlichen Verfahren, er habe nach dem Rotlichtverstoß eine Entgiftungsbehandlung im (damaligen) Landeskrankenhaus Hildesheim angetreten, deuten auch in Bezug auf Alkohol zumindest auf eine fahreignungsausschließende Missbrauchsproblematik im Sinne von Nr. 8.1 der Anlage 4 hin.

 Im gerichtlichen Verfahren hat der Antragsteller keine Fakten vorgetragen, die die beschriebenen Eignungsmängel in seinem Fall entkräften könnten und ihn insbesondere entgegen der Regel der Nr. 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung derzeit für eine Teilnahme am Straßenverkehr als Fahrradfahrer tauglich erscheinen lassen. Soweit der Antragsteller sich dazu auf die ärztlichen Feststellungen im Untersuchungsbericht anlässlich der Blutentnahme vom 5. Dezember 2006 beruft, überzeugt dies nicht. Wenn jemand mit einem Blutalkoholgehalt von 2,16 g o/oo nur leicht unter Alkoholeinfluss zu stehen scheint und sich auch in der Motorik, dem Denkablauf, dem Verhalten und der Stimmung Hinweise auf die übermäßige Alkoholaufnahme nicht ergeben haben, spricht dies nach allgemeiner Kenntnis für eine hohe Alkoholgewöhnung beim Antragsteller, die eine Missbrauchsproblematik offenbart und den Schluss auf eine fehlende Fahreignung unterstützt. Auch die angegebene Entgiftung im Landeskrankenhaus ändert die Bewertung nicht, zumal der Antragsteller weder vorgetragen, geschweige denn belegt hat, dass er nach dem Vorfall vom 5. Dezember 2006 seinen Alkohol- und Drogenkonsum eingestellt oder auch nur eingeschränkt hätte. Dazu hat die Antragsgegnerin zu Recht darauf hingewiesen, dass der bloße Zeitablauf seit dem Vorfall am 5. Dezember 2006 die für die Nichteignung maßgeblichen Umstände nicht entfallen lässt, sondern dass neben dem Nachweis über eine drogenfreie Lebensführung eine grundlegende Einstellungs- und Verhaltensänderung im Umgang mit Betäubungs-/Rauschmitteln belegt werden müsste.

 Zutreffend rügt der Antragsteller allerdings, dass die Antragsgegnerin bei ihrer Entscheidung, dem Antragsteller das Führen von Fahrzeugen zu verbieten, das ihr in Bezug auf die ergriffene Maßnahme eingeräumte Ermessen nicht erkannt und deshalb auch ersichtlich nicht ausgeübt hat. Dies führt jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, denn nach den Gesamtumständen des vorliegenden Falles war das Ermessen auf die hier von der Antragsgegnerin verfügte Untersagung zum Führen von Fahrzeugen reduziert. Damit hat sich die Nichtausübung des bestehenden Ermessens ausnahmsweise auf die Entscheidung nicht ausgewirkt und führt nicht wegen eines Ermessensfehlgebrauchs zur Rechtswidrigkeit des Bescheides (für alle: Gerhardt in Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand 2007, § 114 Rdnr. 27 m. w. Nachw.).

 Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV muss die zuständige Behörde demjenigen, der sich als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen erweist, das Führen untersagen, es beschränken oder die erforderlichen Auflagen erlassen. Die Regelung verpflichtet die Behörde zum Einschreiten gegen den nicht geeigneten Fahrer, sie stellt es aber grundsätzlich in ihr Ermessen, ob sie der von dem Fahrer ausgehenden Gefahr durch eine Untersagung, eine Beschränkung oder durch Auflagen begegnet, indem sie etwa ein lediglich zeitlich, örtlich oder sachlich eingeschränktes Verbot ausspricht. Hier kam nach Lage der Dinge wegen der oben dargelegten schwer wiegenden, aus verschiedenen Umständen abzuleitenden Nichteignung zum Führen von Fahrzeugen allein das ausgesprochene Verbot zum Führen von (fahrerlaubnisfreien) Fahrzeugen in Betracht, das sich insbesondere auch auf das Führen eines Fahrrades erstreckt. Nur so konnte die Antragsgegnerin der von dem Antragsteller ausgehenden Gefahr bei einer Verkehrsteilnahme wirksam begegnen. Eine mildere Maßnahme könnte eine zukünftige Fahrt des Antragstellers unter Drogen-, die Verkehrssicherheit beeinträchtigenden Medikamenten- und/oder Alkoholeinfluss nicht zuverlässig verhindern. Dabei ist davon auszugehen, dass der Antragsteller einen völlig unkontrollierten Gebrauch der genannten berauschenden bzw. psychoaktiv wirkenden Mittel betreibt und deshalb auch eine den Antragsteller weniger belastende Beschränkung in zeitlicher, örtlicher oder sachlicher Hinsicht oder die Erteilung von Auflagen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit nicht möglich war.

Auch wenn die Antragsgegnerin das Verbot nicht zeitlich begrenzt hat, wird der Antragsteller hierdurch nicht unabänderlich von der Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Fahrrad ausgeschlossen. Vielmehr hat der Antragsteller es selbst in der Hand, seine Eignung zum Führen von Fahrzeugen wieder herzustellen. Hierauf hat die Antragsgegnerin sowohl in dem Bescheid selbst als auch in ihrer Antragerwiderung hingewiesen und dem Antragsteller auch mitgeteilt, in welcher Form dies geschehen könne.

Führen von Fahrrädern im Straßenverkehr kann von Fahrerlaubnisbehörde untersagt werden

1. Die Teilnahme am Straßenverkehr als Fahrradfahrer unter Alkoholeinfluss berechtigt die Fahrerlaubnisbehörde nicht nur dazu, die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens im Hinblick auf die Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs einzuholen, sondern auch zur Frage der Eignung, ein sonstiges Fahrzeug (hier: Fahrrad) im Straßenverkehr zu führen.
 
2. Die Fahrerlaubnisbehörde kann nach § 3 I FeV das Führen von Fahrrädern im Straßenverkehr untersagen.
 
3. Die Fahrerlaubnisbehörde muss die Zustimmung zur Teilnahme an einem evaluierten Rehabilitationskurs für alkoholauffällige Verkehrsteilnehmer auch in einem Verfahren auf Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 11 X Nr. 3 FeV erteilen, wenn die Gutachter in einem medizinisch-psychologischen Gutachten die Eignungsmängel nach einem erfolgreichen Besuch eines solchen Kursus als behoben ansehen. Die Verpflichtung zur Erteilung der Zustimmung kann der Betroffene im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erreichen.

VG Neustadt a.d.W.
Beschluß vom 16. März 2005
Az.: 3 L 372/05

Zum Sachverhalt:
 
Der Ast. wandte sich mit seinem Eilantrag gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung seiner Fahrerlaubnis. Zugleich beantragte er, die Ag. durch einstweilige Anordnung zu verpflichten, die Zustimmung zum Besuch eines Kurses nach § 70 FeV zu erteilen. Der Antrag hatte nur teilweise Erfolg.

Aus den Gründen:
 
1. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung der Fahrerlaubnis der Klasse B durch Verfügung der Ag. vom 17. 1. 2005 und die ebenfalls für sofort vollziehbar erklärte Untersagung, ein Fahrrad zu führen, wiederherzustellen, kann keinen Erfolg haben.
 
Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung in der angefochtenen Verfügung, dass es mit dem öffentlichen Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs unvereinbar wäre, wenn der Ast. bis zum Eintritt der Bestandskraft der Verfügung weiter als Fahrzeugführer am Straßenverkehr teilnehmen könnte, nachdem seine Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen gegeben sei, hält sich im Rahmen des § 80 III 1 VwGO. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis überwiegt vorliegend das private Interesse des Ast., von der Fahrerlaubnis bis zur Entscheidung im Verfahren zur Hauptsache Gebrauch machen zu können. Dem Interesse des Ast. an dem Erhalt der Fahrerlaubnis und der Teilnahme als Fahrradfahrer im Straßenverkehr steht nämlich das öffentliche Interesse daran gegenüber, dass Personen, die sich als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen erwiesen haben, unverzüglich von der aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr ausgeschlossen werden, wie es die Ag. in ihrer Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung dargelegt hat. Das vorrangige öffentliche Interesse folgt daraus, dass sich die angefochtene Verfügung beim gegenwärtigen Sachstand auf Grund der im Verfahren nach § 80 V VwGO allein möglichen summarischen Prüfung als offensichtlich rechtmäßig erweist.
 
1.1. Die Ag. hat die Entziehung der Fahrerlaubnis zu Recht auf § 3 I 1 StVG i.V. mit § 46 I FeV (BGBl I 1998, 2214) gestützt. Nach § 46 I 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden hingegen zunächst nur Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis noch zum Führen eines Kraftfahrzeugs geeignet ist, so kann die Fahrerlaubnisbehörde nach § 46 III FeV zur Vorbereitung ihrer Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis von dem Betreffenden nach den §§ 11 bis 14 FeV die Beibringung eines ärztlichen oder gegebenenfalls eines medizinisch-psychologischen Gutachtens fordern. Zur Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik ordnet die Fahrerlaubnisbehörde nach § 13 Nr. 2c FeV dann die Einholung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an, wenn ein Fahrzeug im Straßenverkehr bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6‰ oder mehr geführt wurde. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt.
 
Der Ast. hat nach den Feststellungen in dem seit dem 27. 2. 2004 rechtskräftigen Strafbefehl des AG L. im öffentlichen Straßenverkehr ein Fahrzeug, wozu auch Fahrräder gehören, geführt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke nicht mehr in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen. Bei dem Ast. war eine Blutalkoholkonzentration von 2,02‰ festgestellt worden. Die Behörde kann gem. § 13 Nr. 2c FeV von dem Betroffenen die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auch dann fordern, wenn dieser nicht als Kraftfahrer, sondern als Radfahrer aufgefallen ist (vgl. BVerwG, Beschl. v. 9. 9. 1996 – 11 B 61/96; BVerwGE 99, 249 = NZV 1996, 84). Aus dem Umstand, dass der Ast. als Fahrradfahrer mit einer BAK von 2,02‰ am Straßenverkehr teilgenommen hatte, ergaben sich mithin Zweifel auch an der Eignung des Ast. zum Führen von Kraftfahrzeugen.
 
Die Ag. war auch nicht durch den Strafbefehl vom 27. 2. 2004 daran gehindert, die Frage der Eignung des Ast. zum Führen eines Kraftfahrzeugs zu überprüfen. Nur dann, wenn der Strafrichter im Rahmen des § 69 StGB die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu beurteilen hatte und nachprüfbar tatsächlich auch beurteilt hat, ist die Verwaltungsbehörde an diese Entscheidung nach Maßgabe des § 3 IV StVG gebunden. In allen anderen Fällen – wie hier – ist aber die zuständige Straßenverkehrsbehörde berechtigt und verpflichtet, in eigener Zuständigkeit unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und der Gesamtpersönlichkeit zu prüfen, ob einem Fahrerlaubnisinhaber die notwendige Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs fehlt. Die Ag. war daher befugt, zur Vorbereitung ihrer Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis ein medizinisch-psychologisches Gutachten von dem Ast. zu verlangen.
 
Im vorliegenden Fall steht auf Grund des von dem Ast. zur Ausräumung der Zweifel an seiner Fahreignung eingeholten medizinisch-psychologischen Gutachtens des TÜV Pfalz vom 22. 11. 2004 seine Nichteignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs fest. Die charakterliche Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs ist nur auf Grund einer umfassenden Würdigung der Gesamtpersönlichkeit zu beurteilen. Sie ist nämlich in besonderem Maße dadurch gekennzeichnet, dass sie kein unveränderliches Persönlichkeitsmerkmal darstellt. Ein wichtiges Hilfsmittel der Erkenntnis, ob Fahreignung gegeben ist, ist eine medizinisch-psychologische Untersuchung. Dieses Hilfsmittel ist deshalb in aller Regel unverzichtbar, da weder die Behörden noch die Gerichte über eigenen Sachverstand verfügen, notwendige medizinisch-psychologische Erkenntnisse selbst zu gewinnen, geschweige denn, das Verhalten eines Menschen selbst einer diesbezüglichen Bewertung zu unterziehen (z.B. OVG Koblenz, Urt. v. 27. 6. 1997 – 7 A 10529/97). Dementsprechend kommt einem sachverständig erstellten medizinisch-psychologischen Gutachten ein hoher Aussagewert zu, der nur dann erfolgreich in Zweifel gezogen werden kann, wenn das Gutachten erkennbar Fehler aufweist oder nicht nachvollziehbar ist.
 
Vorliegend bestehen nach Auffassung des Gerichts keine Einwände gegen die Verwertbarkeit des eingeholten Gutachtens. Das Gutachten des TÜV Pfalz ist nachvollziehbar und frei von Widersprüchen. So sieht es auch die Ag., die die Entziehung der Fahrerlaubnis auf dieses Gutachten stützt. Der Ast. hat ebenfalls – bisher – keine substanziierten Zweifel an der Richtigkeit des Gutachtens geäußert. Vor diesem Hintergrund erübrigen sich daher weitere Ausführungen zum Inhalt des Gutachtens. Nach dem Ergebnis des Gutachtens ist der Ast. derzeit ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs.
 
1.2. Die Ag. hat auch in rechtlich nicht zu beanstandender Weise dem Ast. das Führen von Fahrrädern untersagt. Nach § 3 I FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde, wenn sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet zum Führen von Fahrzeugen – dazu zählen Fahrräder – erweist, ihm das Führen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen. Die Vorschrift verpflichtet die Behörde, gegen den ungeeigneten Fahrer einzuschreiten. Rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass der Führer eines Fahrzeugs ungeeignet i.S. des § 3 I FeV ist, finden die Vorschriften der §§ 11 bis 13 FeV entsprechende Anwendung. Die Behörde kann dann ebenso wie bei einem Kraftfahrzeugführer entsprechende Aufklärungsmaßnahmen einleiten. Von dieser Befugnis hat die Ag. vorliegend Gebrauch gemacht. Sie hat die Trunkenheitsfahrt des Ast. mit einem Fahrrad nicht nur zum Anlass genommen, seine Kraftfahreignung – wie oben dargelegt – überprüfen zu lassen, sondern gem. § 3 II i.V. mit § 13 Nr. 2c FeV auch seine Eignung zum Führen sonstiger Fahrzeuge. Die Gutachter gelangten auch hinsichtlich der Eignung des Ast. zum Führen von anderen Fahrzeugen als Kraftfahrzeugen zu dem Ergebnis, dass die erforderliche Eignung zurzeit nicht gegeben sei. Das Gutachten ist auch insoweit verwertbar (s. hierzu obige Ausführungen). Da dieser Eignungsmangel auch nicht durch Auflagen ausgeglichen werden kann, war dem Ast. das Führen von Fahrrädern zu untersagen.
 
2. Der Antrag, die Ag. im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Zustimmung zu einem von den Gutachtern empfohlenen Seminar nach § 70 FeV zu besuchen, hat Erfolg.
 
Nach § 123 I 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, erforderlich ist, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat der Ast. glaubhaft zu machen (§ 123 III VwGO). Eine einstweilige Anordnung mit dem hier begehrten Inhalt, die Ag. zu verurteilen, die nach § 11 X Nr. 3 FeV erforderliche Zustimmung zum Kursbesuch zu erteilen, ist statthaft und begründet.
 
Der begehrten Regelungsanordnung steht nicht bereits § 44a VwGO entgegen. Die Vorschrift besagt, dass Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können (S. 1), etwas anderes gilt nur dann, wenn sie vollstreckbar sind (S. 2). Abgesehen von der umstrittenen Frage, ob nur anfechtbare Verwaltungsakte behördliche Verfahrenshandlungen im Sinne der Vorschrift sind und ob sie nur für Anfechtungsverfahren im engeren Sinne gilt (vgl. dazu: VGH München, NVwZ 1990, 775 [777] m.w. Nachw.), ist vorliegend jedenfalls vom Sinn und Zweck der Vorschrift eine restriktive Auslegung angezeigt, selbst wenn die bestehende Weigerung der Ag., die Zustimmung zur Teilnahme

an dem seitens der Gutachter empfohlenen Besuch eines Kurses nach § 70 FeV in dem vorliegenden Verfahren auf Entziehung der Fahrerlaubnis als Verfahrenshandlung i.S. des § 44a S. 1 VwGO gesehen würde (OVG Koblenz, NJW 1997, 2342, zur Frage der Überlassung der Verwaltungsakten an einen Privatgutachter).
 
Zu berücksichtigen ist nämlich Folgendes: Maßgeblicher Zeitpunkt für die Frage, ob jemand zum Führen von Fahrzeugen geeignet ist, ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, das heißt des Erlasses des Widerspruchsbescheids. Im Falle einer Entziehung der Fahrerlaubnis muss demnach die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen in dem genannten Zeitpunkt noch gegeben sein. Bis zu diesem Zeitpunkt kann der Betroffene alles unternehmen, um seine gegenwärtig nicht mehr vorhandene Fahreignung wiederherzustellen. Ist die Kraftfahreignung dann im Zeitpunkt der Entscheidung der Widerspruchsbehörde wiederhergestellt, muss die Entziehungsverfügung, die ursprünglich rechtmäßig gewesen sein kann, aufgehoben werden. Hierauf hat der Betroffene einen Anspruch. Die Fahrerlaubnisbehörde ist vor diesem Hintergrund unter Wahrung der Rechte des Betroffenen nicht berechtigt, die Wiederherstellung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu behindern oder zu verhindern. Sie kann ihre eventuell erforderliche Mitwirkungshandlung nicht unter Verweis auf ein Verfahren auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ablehnen. Der Betroffene würde dann zum bloßen Objekt staatlichen Handelns. Dies stünde mit dem grundrechtlichen Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 GG) sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht im Einklang. Die Fahrerlaubnisbehörde darf also keine Maßnahmen ergreifen, die die Wiederherstellung der Fahreignung behindern, oder sich der Mitwirkung verschließen, indem sie entweder Akten nicht dem Gutachter überlässt (OVG Koblenz, NJW 1997, 2342) oder die erforderliche Zustimmung nach § 11 X Nr. 3 FeV versagt.
 
Die Frage der Erteilung der Zustimmung kann sich durchaus – wie das vorliegende Verfahren zeigt – auch in einem Verfahren auf Entziehung der Fahrerlaubnis stellen. Da § 46 FeV, der die Rechtsgrundlage für die Entziehung einer Fahrerlaubnis bildet, nicht nur auf einzelne Absätze des § 11 FeV, sondern auf diese Vorschrift vollumfänglich verweist, ist Absatz 10 dieser Vorschrift auch im Entziehungsverfahren zu beachten.
 
Nach § 11 X FeV kann der Nachweis der Wiederherstellung der Fahreignung durch Teilnahme an einem Kurs nach § 70 FeV geführt werden, wenn der betreffende Kurs nach § 70 FeV anerkannt ist (X Nr. 1), auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben, (X Nr. 2) und die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nr. 2 zugestimmt hat. Aus dem Wortlaut der Nr. 3 ergibt sich eindeutig, dass die Behörde ihre Zustimmung vor der Kursteilnahme des Betroffenen erklärt haben muss („zugestimmt hat“). Liegt ein medizinisch-psychologisches Gutachten nach Nr. 2 des § 11 X FeV vor, das die Teilnahme an einem nach § 70 FeV anerkannten Kurs zur Behebung von festgestellten Eignungsmängeln empfiehlt, so hat in der Regel die Fahrerlaubnisbehörde ihre Zustimmung zu erteilen. Lehnt sie trotz entsprechender gutachtlicher Empfehlung die Zustimmung zur Kursteilnahme ab, so muss sie dies mit Rücksicht auf die Bedeutung und grundrechtliche Relevanz (Art. 2 GG) der Entscheidung für den Betroffenen in qualifizierter Weise begründen.
 
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze hat der Ast. durch Vorlage des auf Veranlassung der Ag. eingeholten medizinisch-psychologischen Gutachtens des TÜV Pfalz vom 22. 11. 2004 glaubhaft gemacht, dass er einen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung nach § 11 X Nr. 3 FeV hat. Die Gutachter haben in ihrer Expertise dargelegt, aus welchen Gründen der Ast. zurzeit zum Führen von Fahrzeugen ungeeignet ist. Dieses Gutachten bildet zu Recht die Grundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis der Klasse B sowie das Verbot, Fahrräder zu führen. Die Ag. hält damit das Gutachten für insoweit nachvollziehbar und hegt keine Zweifel an seiner Verwertbarkeit. Die Gutachter haben aber auch ausgeführt und begründet, dass die Art der bei dem Ast. aufgezeigten Eignungsmängel die Möglichkeit eröffne, die noch feststellbaren Defizite durch einen anerkannten und evaluierten Rehabilitationskurs für alkoholauffällige Kraftfahrer entsprechend § 70 FeV zu beseitigen. Sie haben nach erfolgreicher Teilnahme an der genannten Nachschulungsmaßnahme, wenn der Ast. in der Zwischenzeit nicht erneut nachteilig in Erscheinung getreten sei, keine Zweifel an seiner Kraftfahreignung. Die Gutachter verfügen für diese Einschätzung anders als das Gericht und die Fahrerlaubnisbehörde über die notwendige Fachkompetenz. Will also die Ag. dieser Empfehlung der Gutachter nicht folgen, so hat sie hierfür Gründe vorzutragen. Dies gilt insbesondere dann, wenn das Gutachten für nachvollziehbar gehalten wird, Zweifel an seiner Richtigkeit nicht bestehen und es zur Grundlage einer Entziehungsverfügung gemacht wird. Die Ag. hat jedoch vorliegend keine Gründe aufgezeigt, die Bedenken gegen die ausgesprochene Empfehlung begründen können. Der Ast. kann daher beanspruchen, dass die Ag. die begehrte Zustimmung erteilt.
 
Dieses Begehren kann er nach den obigen Ausführungen auch im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erfolgreich geltend machen, ohne sich auf ein Wiedererteilungsverfahren verweisen lassen zu müssen. Die Teilnahme an dem von den Gutachtern empfohlenen Kurs nach § 70 FeV ohne Zustimmung der Ag. könnte nämlich nicht den gewünschten Zweck erfüllen, da Voraussetzung hierfür nach § 11 X Nr. 3 FeV die vorherige Zustimmung der Fahrerlaubnisbehörde ist. Vor diesem Hintergrund ist auch die Vorwegnahme der Hauptsache insoweit gerechtfertigt.