Netzbetreiber hat Beweislast bei telefonischen Einzelverbindungsnachweisen

Die Klägerin, ein Netzbetreiber, forderte die Begleichung von Telefonentgelten, konnte jedoch keine Einzelverbindungsnachweise vorlegen. Sie berief sich darauf, dass auf Wunsch des Kunden die Einzelverbindungsnachweise gelöscht worden seien. Die Beklagte bestritt dies.

Das Berliner Gericht hat dem Netzbetreiber die Beweislast auferlegt nachzuweisen, dass der Kunde in ausreichender Form über die Konsequenzen informiert worden sei.

AG Charlottenburg
Urteil vom 9. Dezember 2005
Az.: 234 C 40/05

Amtsgericht Charlottenburg

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

Der ******************************

– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte **************************************************

Gegen

Die ******************************

– Beklagte –

Prozessbevollmächtigter: ************************************************

Hat das Amtsgericht Charlottenburg, Zivilprozessabteilung 234 auf die mündliche Verhandlung vom 18. 11.2005 durch die Richterin am Amtsgericht ********* für Recht erkannt:

1. Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Euskirchen vom 03.02.2005 – Az. 04-7018134-0-5 – wird mit der Maßgabe aufrecht erhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 1.041,98 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 228,60 € seit dem 18.11.2004 und aus 813,38 € seit dem 29.12.204 sowie 6 € Nebenkosten zu zahlen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 13/17 und die Beklagte 4/17 zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt und unterhält den Mobilfunkdienst  *******. In diesem Zusammenhang stellt sie ihren Kunden eine mit einer zugeteilten Rufnummer kodierte ********-Telekarte zum Einsetzen in Mobilfunktelefone zur Verfügung, welche diese berechtigen, das ****************-Netz zu nutzen.

Am 25.05.2004 erteilte die Beklagte der Klägerin den Auftrag, ihr eine **********-Karte zum Tarif „Relax 200“ zu erteilen. Der Vertrag wurde mit einer Mindestlaufzeit von 24 Monaten abgeschlossen. Auf dem Antragsformular wurde auch eine Bankeinzugsermächtigung erteilt. Wegen des genauen Inhaltes der getroffenen Vereinbarungen werden auf den in Kopie eingereichten Auftrag vom 25.05.2004, eine Übersicht über die T-Mobile-Tarife sowie die Allgemeinen Geschäftsbedingungen verwiesen.

Die Klägerin stellte der Beklagten ihre Leistungen mit Schreiben vom 11.07.2004 in Höhe von 785,42 €, vom 07.10.2004 in Höhe von 122,76 € und vom 10.11.2004 in Höhe von 1.988,08 € in Rechnung. Der zweifache Versuch der Klägerin, die Rechnungsbeträge per Lastschrift vom Konto der Beklagten einzuziehen, scheiterte, so dass der Klägerin Bank-Retourengebühren in Höhe von jeweils 7,64 € entstanden.
Wegen der Rechnungspositionen im Einzelnen wird auf die eingereichten vorgenannten Rechnungskopien Bezug genommen.

Die Klägerin mahne diese Beträge mit Schreiben vom 31.07.2004 und zwei Schreiben vom 31.08.2004 an, für die sie zusammen 6 € berechnet. Sie kündigte das Anschlussverhältnis mit Wirkung zum 30.09.2004.

Die Klägerin trägt vor, die Beklagte habe zum 01.08.2004 telefonisch einen Tarifwechsel auf den Tarif „Relax 500“ sowie den Tarif Freetime beantragt. Ihr ständen bis zum Ende der vereinbarten Mindestlaufzeit die zu entrichtenden Grundentgelte für den Zeitraum  von 01.10.2004 bis 24.05.2006 als Schadensersatz zu, abzüglich ersparter Aufwendungen in Höhe von 20 € mangels zu versehender Rechnungen. Aus Kulanz werde vorliegend nur auf der Basis des Tarifs Relax 22 abgerechnet, der Tarif Freetime werde nicht geltend gemacht, so dass aus der Rechnung vom 10.09.2004 noch 428,86 €, aus der Rechnung vom 07.10.2004 noch 63,75 € und aus der Rechnung vom 10.11.2004 nur noch 833,38 € geltend gemacht werde.

Die Beklagte habe keine fristgerechten Einwendungen im Sinne von § 16 Abs. 2 TKV i. V. m. § 7 Abs. 3 TDSV erhoben. Sie habe erstmals mit Schreiben vom 03.05.2005 die Vorlage von Einzelverbindungsnachweisen sowie die Durchführung einer technischen Prüfung verlangt. Zu diesem Zeitpunkt seien die Daten jedoch entsprechend der gesetzlichen Verpflichtung bereits gelöscht gewesen.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte beim Amtsgericht Euskirchen am 03.02.2005 einen Vollstreckungsbescheid über eine Hauptforderung von 4.423,70 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.11.2004 und Nebenforderungen in Höhe von 24,50 € sowie Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 187,45 € erwirkt. Die Beklagte hat gegen den ihr am 05.02.2005 zugestellten Vollstreckungsbescheid am 16.02.2005 Einspruch eingelegt.

Die Klägerin beantragt, unter Rücknahme der Klage im Übrigen,

den am 03.02.2005 erlassenen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Euskirchen mit dem Aktenzeichen 04-7018134-0-5 aufrechtzuerhalten mit der Maßgabe:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.151,38 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.11.2004 sowie 21,28 € Nebenkosten zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des Vollstreckungsbescheides die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die Rechnungen seien überhöht. Sie habe keine Sonderrufnummern angewählt  und die ausgewiesenen Beträge nicht vertelefoniert. Die Klägerin sei ergebnislos aufgefordert worden, eine kostenlose und ungekürzte Einzelverbindungsübersicht  vorzulegen, aus der sich die angeblich geführten Telefonate ergäben. Sie sei ferner aufgefordert worden, eine kostenlose Überprüfung nach § 16 TKV durchzuführen und deren Ergebnis mitzuteilen. Dies sei nicht geschehen. Sollte die Klägerin Mehrwertdienstverbindungen geltend machen, werde ihre Aktivlegitimation insoweit bestritten. Ein Recht zur Kündigung des Vertrages gebe es nicht, da die Klägerin überhöhte Rechnungen geltend gemacht habe.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Auf den form- und fristgerecht eingelegten Einspruch war der Vollstreckungsbescheid teilweise aufzuheben und die Klage insoweit abzuweisen, im begründeten Umfang war er aufrecht zu erhalten.

Die Klägerin kann von der Beklagten aus den streitgegenständlichen Rechnungen vom11.07.2004, 11.08.2004, 10.09.2004 und 07.10.2004 jeweils die monatliche Grundgebühr für die vereinbarten Tarife Relax 200 (50 € brutto) und Relax Weekend (4,95 € brutto) und aus der  Rechnung vom 07.10.2004 zusätzlich die Gebühr für die Sperrung des Anschlusses (8,80 € netto), mithin aus den drei ersten Rechnungen jeweils 54,95 € brutto und aus der letztgenannten Rechnung 63,75 €, zusammen 228,60 € verlangen. Dies folgt aus dem am 25.05.2004 geschlossenen Telekommunikationsvertrag, mit dem die Parteien die Tarife Relax 200 und Relax Weekend vereinbart haben, mit denen die Beklagte monatlich 200 Gesprächsminuten und am Wochenende zu bestimmten Zeiten von **** zu **** und in das deutsche Festnetz ohne weitere Einzelverbindungsentgelte telefonieren konnte. Nachdem die Beklagte mit der Zahlung der Grundentgelte aus zwei Rechnungen in Verzug war, war die Klägerin aus Ziffer 9.1 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen berechtigt, den Anschluß auf Kosten der Beklagten zu sperren. Nach der eingereichten Preisliste, die der Beklagten ausweislich des Vertrages übergeben worden ist, fallen hierfür Gebühren in Höhe von 8,80 € an.

Weitere Forderungen aus den vorgenannten Rechnungen stehen der Klägerin nicht zu. Denn sie hat weder nachvollziehbar dargetan noch unter Beweis gestellt, dass die Beklagte die berechneten Verbindungen vertelefoniert hat. Sie trägt vorliegend hierfür die Beweislast. Nach § 16 Abs. 2 Satz 1 TKV ist der Anbieter vom Nachweis für die Herstellung der berechneten Einzelverbindungen entlastet, wenn die Verbindungsdaten aus technischen Gründen oder auf Wunsch des Kunden nicht gespeichert wurden oder gespeicherte Daten entsprechend dem Kundenwunsch oder auf Grund rechtlicher Verpflichtungen gelöscht wurden. Dies gilt nach der gesetzlichen Regelung jedoch nur dann, wenn der  Kunde in der  jeweiligen Rechnung auf die nach den gesetzlichen Bestimmungen geltenden Fristen für die Löschung gespeicherter Verbindungsdaten in drucktechnisch deutlich gestalteter Form hingewiesen wurde. Danach muss die Belehrung drucktechnisch in nicht zu übersehender Weise herausgehoben sein und zwar durch eine andere Farbe, größere Lettern oder Fettdruck (so BGH NJW 2004, 3138, 3184). Dies ist vorliegend soweit ersichtlich nicht erfolgt. In den in Kopie eingereichten Rechnungen ist der hier entscheidende Hinweis in kleinerem Schriftbild als der übrige Rechnungsinhalt ohne Fettdruck aufgeführt. Farbliche Abweichungen sind aus der Kopie nicht ersichtlich, werden jedoch auch nicht vorgetragen. Soweit die Klägerin in einem nicht nachgelassenen Schriftsatz eine Rechnung im Original aus einem anderen Vertragsverhältnis mit Datum vom 02.02.2005 einreicht, in der der Hinweis in Fettdruck erfolgt ist, ist dies für die hiesige Entscheidung ohne Belang. Denn dieser Fettdruck wäre auch aus den eingereichten Kopien ersichtlich, ist jedoch vorliegend gerade nicht vorhanden. Da die Rechnungen den Erfordernissen des § 16 Abs. 2 Halbsatz 2 TKV nicht genügen, bleibt die Klägerin dafür darlegungs- und beweisbelastet, dass die streitigen Verbindungen von dem Anschlußgerät der Beklagten aus hergestellt wurden. 
Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn die Beklagte wie vertraglich vereinbart Einzelverbindungsnachweise erhalten hat. Auch in diesem Fall muss dem Kunden die Löschung der Daten mitgeteilt und das Risiko des Beweisverlusts vor Augen geführt werden, da er ansonsten über die Bedeutung der Einzelverbindungsnachweise im Unklaren bleibt und möglicherweise deshalb von ihrer Aufbewahrung Abstand nimmt ( so auch BGH NJW 2004, 3183,3184 m. w. N.). Vorliegend verfügt die Beklagte offenbar nunmehr weder über die streitgegenständlichen Rechnungen noch die übersandten Einzelverbindungsnachweise, so dass ihr ein substantiiertes Bestreiten nicht möglich ist.

Die Klägerin muss nach § 16 Abs. 3 Satz 1TKV ferner nachweisen, dass sie ihre Leistung bis zur Schnittstelle, an der der allgemeine Netzzugang dem Kunden bereitgestellt wird, technisch einwandfrei erbracht und richtig berechnet hat. Hierzu fehlt jeglicher Vortrag.

Die Klägerin kann sich zudem vorliegend auf eine Entlastung der Nachweispflicht nicht berufen. Denn sie hat der Beklagten mit Mahnschreiben vom 29.07.2004 und 29.08.2004 mitgeteilt, dass sie aufgrund dieser Mahnung alle vorliegenden Verbindungsdaten bis zum vollständigen Ausgleich des ausstehenden Betrages speichern wird. Die Beklagte konnte daher vorliegend davon ausgehen, dass die Verbindungsdaten auch ohne ihre dahingehende Aufforderung nicht gelöscht werden. Warum die Klägerin diese entgegen ihrer Ankündigung dann doch gelöscht hat, erschließt sich dem Gericht nicht. Dies kann jedoch nicht zu Lasten der Beklagten gehen.

Die Klägerin kann von der Beklagten aus der Rechnung vom 10.11.2004 Schadensersatz in Höhe von 83,38 € verlangen. Die Klägerin war nach Ziffer 9.2 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen berechtigt, den Vertrag zum 30.09.2004 zu kündigen. Denn zu diesem Zeitpunkt befand sich die Beklagte mit der Zahlung von drei Rechnungen in Verzug. Dabei ist es unerheblich, dass das Gericht für diesen Rechtsstreit davon ausgehen muss, dass diese Rechnungen überhöht waren. Denn die Beklagte war verpflichtet, auf die streitgegenständlichen Rechnungen zumindest den unstreitigen Grundbetrag zu zahlen. Da sie dies unterlassen hat, stand der Klägerin ein Kündigungsrecht zu.

Nach §§ 280, 286 Abs. 1 BGB kann die Klägerin von der Beklagten bis zum Ende der vereinbarten Mindestvertragslaufzeit, mithin bis zum 24.05.2006 die monatliche Grundgebühr als Schadensersatz erstattet verlangen. Dies sind für die Zeit vom 01.10.2004 bis zum 24.05.2006, ausgehend von dem Tarif „Relax 200“ und dem monatlichen Nettopreis von 43,10 € insgesamt 853,38 €, die auch die Klägerin aus der streitgegenständlichen Rechnung nur noch geltend macht. Abzüglich ersparter Aufwendungen in Höhe von 40 € für die nicht mehr zu versendenden monatlichen Rechnungen ergibt sich der Betrag von 813,38 €, der als Schadensersatz zu zahlen ist. Soweit die Klägerin als ersparte Aufwendung lediglich 1 € pro Rechnung ansetzt, kann das Gericht dem nicht folgen. Denn für die automatisch versandten Mahnungen rechnet die Klägerin auch mit einem Schaden von 2 €.

Die Klägerin kann ferner als Verzugsschaden 6 € für die drei dargelegten Mahnschreiben verlangen. Eine weitere Mahnung hat sie nicht dargetan. Die geltend gemachten Gebühren für die Rücklastschriften stehen ihr nicht zu, da die Beklagte zu Rückforderung berechtigt gewesen ist.

Die Zinsforderung beruht auf §§ 286, 288 BGB.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 269 Abs. 3 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt hat ihre Rechtsgrundlage in §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.