Artikel 13 – Sachmängelansprüche

Sachmängelansprüche und neue gesetzliche Verjährungsfristen

Durch die seit Anfang des Jahres 2002 in Kraft getretenen Änderungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sind auch die Regelungen des Gewährleistungsrechtes bei der Auftragsvergabe, speziell der § 14 VOL/B, betroffen. Die größte Veränderung ergibt sich mit der Verlängerung der Gewährleistungsfrist von sechs Monaten auf zwei Jahre!

Durch die oben erwähnten Änderungen ist der Begriff Gewährleistung in § 14 VOL/B durch die Bezeichnung Sachmängelansprüche ersetzt worden. Nach der neuen Regelung hat der Auftragnehmer dem Auftraggeber die Leistung so zu verschaffen, daß sie die im Vertrag vereinbarte Beschaffenheit hat. Es kommt also hauptsächlich darauf an, was die Vertragsparteien vereinbart haben. Dabei ist einerseits das im Vertrag z. B. durch ein Leistungsverzeichnis schriftlich Festgelegte heranzuziehen, andererseits kann eine solche Vereinbarung aber auch mündlich getroffen worden sein. Eine mündliche Vereinbarung wird im Bereich der öffentlichen Ausschreibungen jedoch nur geringe Bedeutung haben, da grundsätzlich vom Wortlaut der Ausschreibung auszugehen ist.

Nun sollten die Vertragsparteien zwar im Vertrag so viel wie möglich schriftlich fixieren, um spätere Streitigkeiten über vereinbarte Beschaffenheiten der Leistung zu vermeiden. Jedoch kann in vielen Fällen nicht alles in den Vergabeunterlagen aufgeführt sein. Daher gilt, wenn eine vertragliche Beschaffenheit für eine Leistung vereinbart ist, daß ein Mangel dann nicht vorliegt, „wenn die Leistung nach der im Vertrag vorausgesetzten Verwendung“ geeignet ist. Sollte auch eine solche Verwendung nicht vertraglich vereinbart worden sein, dann ist die Leistung mangelfrei, wenn „sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Leistungen der gleichen Art üblich ist und die der Auftraggeber nach der Art der Leistung erwarten kann“.

Die „im Vertrag vorausgesetzte Verwendung“ muß nicht ausdrücklich in demselben niedergeschrieben sein. Es ist vielmehr das heranzuziehen, was vom Auftraggeber beabsichtigt und dem Auftragnehmer bekannt ist. Die Leistung muß also gerade zu dem Zweck einsetzbar sein, zu welchem sie der Auftraggeber einsetzen wollte und dies dem Auftragnehmer – in welcher Form auch immer – bekannt gemacht hatte. Eine solche Bekanntmachung kann auch in den der Ausschreibung beigefügten Parametern zur Beschaffenheit liegen.

Wenn solche Verwendungen dem Auftragnehmer nicht bekannt gemacht sind, ist auf die „gewöhnliche Verwendung“ der Leistung abzustellen. Dabei geht man davon aus, was bei Leistungen der gleichen Art üblich ist und vom Auftraggeber nach der Art der Leistung erwartet werden kann. Dazu gehört, daß das Werk den anerkannten Regeln des Fachs entspricht. Dies sind z. B. die DIN- Normen, Sicherheitsbestimmungen, Unfallverhütungsvorschriften u. a. Ist das nicht der Fall, liegt ein Mangel wegen der Abweichung von der gewöhnlichen Verwendung auch ohne Eintritt eines Schadens vor.

Das Beispiel aus der Praxis:
Die Ausschreibungsunterlagen einer Stadt sahen die Lieferung von neuen Transportfahrzeugen vor. Die Beschreibung des Auftrages forderte, daß die Fahrzeuge u. a. folgende Eigenschaften besitzen sollten: eine Anhängelast von mindestens 700 kg und eine Dachlast von mindestens 100 kg. Außerdem war in der Ausschreibung dargestellt, daß sie zum Personentransport eingesetzt werden sollten.

Die Lieferung der Fahrzeuge durch den Auftragnehmer erfolgte in dem vorgegebenen Zeitraum. Aufgrund der kurzen Lieferfrist waren nur Fahrzeuge mit zwar 900 kg Anhängelast jedoch nur einer Dachlast von 70 kg lieferbar. Der Auftragnehmer rüstete die Fahrzeuge mit Sitzen für den Personentransport aus, diese besaßen jedoch keine Verankerung für Sicherheitsgurte. Durch ein Versehen war die Hauptuntersuchung zum Zeitpunkt der Ablieferung der Fahrzeuge an den Auftraggeber bereits 9 Monate alt.

Die verminderte Dachlast stellte einen Mangel dar, da diese Beschaffenheit vertraglich vereinbart war. Die erhöhte Anhängerlast glich diesen Mangel nicht aus. Die nicht vorhandenen Verankerungen für Sicherheitsgurte waren, da die vertraglich vereinbarte Verwendung Personentransporte vorsah, als Mangel der Leistung anzusehen. Ohne solche Gurte konnte jedoch der Auftraggeber nicht die gesetzlich vorgesehenen Bestimmungen (§ 35 a StVZO) einhalten. Über den Zeitpunkt der Hauptuntersuchung war in der Ausschreibung nichts vermerkt. Es sollte sich jedoch um Neufahrzeuge handeln, welche üblicherweise eine zum Zeitpunkt der Übergabe an den Auftraggeber neue oder nur wenige Tage alte Hauptuntersuchung haben. Die gewöhnliche Verwendung war daher in diesem Bereich nicht mehr gegeben, ein Mangel lag vor.