Vom „bösen Anschein“ spricht man, wenn etwas vermieden werden, von dem nicht sicher sein muß, daß es so ist, es halt aber so sein könnte. In der Juristerei ist geht es dabe in der Regel um die „Befangenheit“. Eigentlich geht es dabei nicht darum, ob jemand befangen ist, sondern darum, daß es den bösen Anschein gibt, daß er befangen sein könnte.
Einen bösen Anschein hat das Präsidium des Bundesgerichtshofs jetzt gesehen, als es eine Richterin eines Senats in einen anderen versetzen wollte. Diese Richterin – Zweifel an ihrer erheblichen fachlichen Qualifikation gibt es nicht – ist mit einem Anwalt befreundet, dessen Kanzlei vielfach in Fällen tätig war, die später an den Senat eben dieser Richterin gerieten. Der Senat ist dann zwei Jahre lang in anderer Besetzung, also ohne diese Richterin, tätig geworden. Sie sollte nun in einen anderen Senat wechseln und weil sie nicht mitmachte, hat man sie „zwangsversetzt“ und den Geschäftsverteilungsplan entsprechend geändert.*
Nicht dergleichen hat der BGH mit einem Richter getan, dessen Sohn ebenfalls in einer bekannten Anwaltskanzlei tätig war.
Nicht dergleichen ist ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wenn ein Ehegatte über ein Urteil seines Ehegatten in der unteren Instanz urteilen muß – Richter seien professionell und daher gebe es keinen bösen Anschein, daß man ein Bestreben habe, das Tun seines Ehegatten zu rechtfertigen. Was müssen das für Eheversprechen sein? Muß man sich nicht auch bei schlechten Urteilen auf die Seite des Partners schlagen?
* In einem Eilverfahren vor dem baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshof hat die Richterin durchgesetzt, daß sie vorerst an ihrem alten Platz weiter arbeiten darf.