In der Entscheidung der Vergabekammer Sachsen vom 24.05.2007 hat die Vergabekammer erneut dargelegt, dass die durch den BGH in seiner Entscheidung vom 26.09.2006 angegebenen Kriterien des "gleichwertigen Mangels" in den Wertungsstufen zu finden sind. Bereits in den Entscheidungen vom 13.04.2006 sowie vom 09.11.2006 und vom 03.01.2007 stellte die Vergabekammer Sachsen fest, dass ein Mangel dann gleichwertig sei, wenn das Angebot des Bietes auf der gleichen Wertungsstufe auszuschließen ist.
In die Reihe dieser Entscheidung fügt sich auch die Entscheidung der Vergabekammer des Landes Sachsen-Anhalt vom 17.04.2007 (1 VKLVwA 04/07) ein. Auch in dieser wird die Gleichwertigkeit des Mangels dann angenommen, wenn die Angebote sämtlicher konkurrierender Bieter auf der gleichen oder auf einer früheren Wertungsstufe auszuschließen sind.
Darüber hinaus befasst sich die aktuelle Entscheidung der Vergabekammer Sachsen vom 24.05.2007 mit der Markierung der wesentlichen Teile der Angebote bzw. sieht ein auch nur teilweises Unterlassen als Verstoß gegen § 22 Nr. 3 VOL/A an.
Leitsatz:
§ 22 Nr. 3 lit. b) S. 2 VOL/A fordert, dass die Angebote nach Öffnung üblicherweise durch Datierung und Lochung in allen wesentlichen Teilen einschließlich der Anlagen gekennzeichnet werden. Dies soll verhindern, dass nachträglich einzelne Bestandteile der Angebote ausgetauscht oder entfernt und damit die Angebote manipuliert werden Die im Sinne vom § 22 VOL/A unterlassene Kennzeichnung der vorgelegten Angebote stellt einen gravierenden Vergaberechtsverstoß dar, der objektiv selbst durch eine Rückversetzung des Vergabeverfahrens auf den Zeitpunkt der Angebotseröffnung ein rechtmäßiges Vergabeverfahren nicht mehr erwarten lässt, denn damit können die entsprechend § 22 Nr. 3 VOL/A erforderlichen Feststellungen durch den Auftraggeber nicht mehr zweifelsfrei getroffen werden.
Nach § 22 Nr. 6 Abs. 1 S. 1 VOL/A sind die Angebote und ihre Anlagen sorgfältig zu verwahren und vertraulich zu behandeln. Es liegt diesbezüglich ein schwerwiegender Vergaberechtsverstoß vor, wenn ein mit der Projektsteuerung beauftragter Externer die Angebote in die Betriebsräume eines Unternehmens verbringt, für das er hauptberuflich tätig ist und das im Rahmen einer Konzernbeteiligung als potentieller Lieferant für die von den Bietern angebotenen Leistungen in Betracht kommt. Dies gilt insbesondere dann, wenn es dem Auftraggeber mangels gefertigter Kopien auch gar nicht mehr möglich ist, festzustellen, ob die vorliegenden Angebote tatsächlich den abgegebenen Angeboten entsprechen.
Entscheidung:
1. Vergabekammer des
Freistaates Sachsen
beim Regierungspräsidium Leipzig
1/SVK/029-07
Beschluss
In dem Vergabenachprüfungsverfahren
Betreffend die Ausschreibung des xxxxx, Ausstattung von 12 Schulen und der Kreismedienstellen im Landkreis xxxxx mit IuK-Technik
1. Bietergemeinschaft BB GmbH/ AA GmbH, bestehend aus
a) AA GmbH, vertreten durch die Geschäftsführung und
b) BB GmbH, vertreten durch die Geschäftsführung,
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxxxxxx,
-Antragstellerin-
2. Landkreis xxxx, vertreten durch den Landrat
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxxxx,
-Auftraggeber-
3. xxxxx GmbH, vertreten durch die Geschäftsführung
Verfahrensbevollmächtigte: xxxxxxxxx -Beigeladene-
hat die 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen nach mündlicher Verhandlung am 14.05.2007 durch die Vorsitzende, Frau Kadenbach, den hauptamtlichen Beisitzer, Herrn Kühne, und den ehrenamtlichen Beisitzer, Herrn Prof. Dr. Dammert, am 24.05.2007 beschlossen:
1. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist.
2. Dem Auftraggeber wird aufgegeben, das Vergabeverfahren aufzuheben.
3. Der Auftraggeber trägt die Kosten (Gebühren und Auslagen) des Verfahrens sowie die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin. Die Verfahrensgebühr wird auf xxx € festgesetzt. Der Auftraggeber ist jedoch von der Verpflichtung zur Entrichtung der Gebühr befreit.
4. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin wird für notwendig erklärt.
I.
Mit europaweiter Vorinformation vom 31.10.2006 und Vergabebekanntmachung vom 16.01.2007 schrieb der Auftraggeber das Vorhaben Ausstattung von 12 Schulen und der Kreismedienstellen im Landkreis xxxx mit IuK-Technik europaweit im offenen Verfahren aus.
In der Vergabebekanntmachung war gemäß Ziffer III.2.1) u. a. gefordert: "Persönliche Lage des Wirtschaftsteilnehmers sowie Auflagen hinsichtlich der Eintragung in einem Berufs- oder Handelsregister": Angaben und Formalitäten, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Auflagen zu überprüfen: – -Auszug aus dem Gewerbezentralregister, nicht älter als 3 Monate oder die gültige Eintragungsbescheinigung in das Unternehmer- und Lieferanten-Verzeichnis (ULV) der Auftragsberatungsstelle Sachsen,
unter Ziffer III.2.2) u. a. gefordert: "Wirtschaftliche und finanzielle Leistungsfähigkeit": – Angaben – zum Gesamtumsatz des Unternehmens sowie
– zum Umsatz für vergleichbare Leistungen, die Gegenstand der Ausschreibung sind
jeweils in den letzten 3 Geschäftsjahren.
Angaben, aus denen das jährliche Mittel der vom Leistungserbringer in den letzten 3 Geschäftsjahren Beschäftigten und die Anzahl der leitenden Angestellten ersichtlich ist.
Die Mitglieder der Antragstellerin, jeweils getrennt, und die Beigeladene forderten die Verdingungsunterlagen ab. Im Zeitraum vom 29.01.2007 bis 02.02.2007 fanden Vor-Ort-Besichtungen der betroffenen Schulen und der Kreismedienstelle statt, an denen die Mitglieder der Antragstellerin und die Beigeladene teilnahmen.
Am 08.02.2007 wandte sich das Mitglied der antragstellenden Bietergemeinschaft zu a. (im Folgenden nur AA GmbH genannt) telefonisch an den Auftraggeber und stellte dar, dass die Verbindung zwischen dem CCC e.V.xxxxxx, Sx und der Beigeladenen darauf schließen ließen, dass die Beigeladene den Zuschlag erhalten solle.
In einem als Rüge bezeichneten Schreiben vom 09.02.2007 teilte die AA GmbH dem Auftraggeber mit, das Beratungsunternehmen CCC sei nicht neutral. Es bestünde eine enge Kooperation mit Sxxxxx und FSxxxx . Auch Herr xxxx, der im Vergabeverfahren mitwirke, sei als ehemaliger Mitarbeiter von FSYY bekannt, und die Beratertätigkeit als solche sei unzulässig. Weiter wurde moniert, der Zeitrahmen zur Abgabe eines Angebotes zu kurz sei. die Leistungsbeschreibung sei unvollständig und unklar. Dem Bieter würden unzumutbare Wagnisse aufgebürdet, da umfangreiche Planungsleistungen zu erbringen seien. Darüber hinaus habe der Bieter einen Wartungsvertrag auszuarbeiten. Die Freizeichnungsklauseln in den Verdingungsunterlagen und die Bestätigung zur Objektbesichtigung seien unzulässig. Es sei nicht ersichtlich, ob ein dezentrales oder zentrales Serverkonzept verlangt werde. Die Leistung sei überdimensioniert, da mit dem Leistungsumfang auch ein Internetserviceprovider ausgestattet werden könnte. Es läge keine Bieterprodukt- und Herstellerneutralität vor. Die Produkte könnten nur auf Basis von FSxxxxx im Hinblick auf Rechner, Monitore, Notebooks, Notebookwagen und Server angeboten werden. Das ergebe sich daraus, dass die Gehäuse- und Produktabmaße festgelegt worden seien und ein Zertifikat HCL für Vista verlangt werde. Es wurde darauf hingewiesen, dass xxx 10 % Rabatt bei FSYY wegen enger Kooperation erhalte. Nur globale OEM-Hersteller wie FSYY böten Vista-zertifizierte Rechner an. Die KO-Bedingungen unter E 2.2.1.4 der Leistungsbeschreibung (Rechnerlautstärke 23 Dezibel) reduziere die Auswahl auf SXXrechner und die KO-Bedingungen unter E 2.3.5 nach einem geschalteten Monitorausgang im Netzteil in Kombination mit Punkt A und B ebenfalls die Auswahl auf nur einen Rechner von FSYY. Die aktiven Netzwerkkomponenten in der Ausschreibung seien durch Bedingungen wie "die Erweiterung auf 120 Accesspoint müsse ohne Adlerausstattung möglich sein" festgelegt.
Mit Schreiben vom 13.02.2007 nahm der Auftraggeber Stellung zur Rüge der Antragstellerin. Die Frist zur Abgabe eines Angebotes gemäß § 18a Nr. 1 Abs. 2 VOL/A sei eingehalten, da nach § 17 a Nr. 3 Abs. 2 VOL/A eine Vorinformation ergangen sei. Letztlich sei bereits mit Schreiben vom 30.01.2007 die ursprüngliche vorgesehene Angebotsfrist um 4 Tage verlängert worden. Das Durchführen von Vorortbesichtigungen sei bei solchen Beschaffungen üblich. Raumpläne seien für alle Schulen übergeben worden. Die Leistungsbeschreibung sei umfassend gewesen. Planungsleistungen seien nicht gefordert. Das Einreichen eines Wartungskonzeptes sei üblich. Die Ausschreibung sei produktneutral. Der Punkt Gehäusemaße sei ein bewertetes Kriterium mit der Vorgabe von Maximalabmessungen, welche Anforderungen und Gegebenheiten der Schule zu beachten seien. Die beschriebenen Notebookwagen könnten durch mehrere Hersteller geliefert werden. In der HCL für Vista fände sich eine Vielzahl von Herstellern wieder. Auf Grund von Technologien, die am Markt existierten, sei eine Geräuschentwicklung von 23 Dezibel zu realisieren. Geschaltete Netzteile hätten sich in der Praxis bewährt. Sie schalteten zum einen den Rechner sowie den daran angeschlossenen Monitor ab. Der Standby-Effekt für die Geräte trete dabei nicht auf. Des Weiteren sei eine mögliche Erweiterung der W-Lan-Kontrolle gefordert worden. Alle namhaften Hersteller böten Geräte an, die mehr als 20 Arbeitsplätze verwalten könnten. Das CCC unterstütze lediglich den Auftraggeber, ein Interessenkonflikt liege nicht vor. Die Wertungskriterien seien in Punkt 1.6 der Verdingungsunterlagen eindeutig und für jeden nachvollziehbar beschrieben worden. Die geforderten Versicherungssummen seien entsprechend dieses beschriebenen Auftragsvolumens gestaltet worden.
Hierauf wiederholte die AA GmbH wesentliche Teile ihrer Rüge mit Schreiben vom 14.02.2007 und vertiefte die bisherigen Ausführungen. Die Angebotsfrist sei zu kurz bemessen, auf Grund der erforderlichen Ortsbesichtigung sei die Angebotsfrist entsprechend zu verlängern. Die vorgelegten Raumpläne enthielten keine Abmaßungen, lediglich die Raumflächen seien in den Plänen dargestellt. Im Hinblick auf die Anforderungen der Leistungsbeschreibung werde um die Übersendung des Fördermittelbescheides und die sonstigen Auflagen des Zuwendungsgebers gebeten. Die Ausschreibung sei nicht produktneutral. Dass Hersteller- und Typangaben mit Punkten bewertet werden sollten (Beispiel Punkt D.2.6.2.) sei nicht von § 8 VOL/A gedeckt. Die Beteiligung des CCC als offensichtlich beratendes Unrnehmen stelle einen Verstoß gegen § 6 VOL/A, § 16 VgV dar. Dieser Verein stehe in enger Verbindung zu FSYY. Die Wertungsmatrix im Hinblick auf das Gewichtungsverhältnis und die Punkte sei nicht nachvollziehbar beschrieben. Die erneute Klärung zu den Fragetypen und Antworttypen sei im Übrigen verwirrend. Im Hinblick auf Versicherungssummen/Deckungssummen werde gerügt, dass erstmals mit Übersendung der Verdingungsunterlagen auf das Erfordernis der entsprechenden Versicherung hingewiesen worden sei und damit die Bieter mit unangemessenen Kosten belastet werden würden. Die Forderung nach einer erweiterten Haftpflichtversicherung, die nicht in der Vergabebekanntmachung genannt worden sei, benachteilige die Bieter.
Mit Schreiben vom 15.02.2007 wandte sich der Auftraggeber an die AA GmbH und teilte mit: "Nach Prüfung der aufgeführten Sachverhalte möchten wir Ihnen mitteilen, dass aus unserer Sicht mit Schreiben vom 13.03.2007 ausführlich Stellung genommen wurde und keine weiteren Ausführungen erfolgen."
Die Antragstellerin, nunmehr als Bietergemeinschaft der beteiligten Mitglieder, gab fristgerecht ein Angebot ab.
Mit Schreiben vom 28.03.2007 teilte der Auftraggeber nach § 13 VgV der AA GmbH mit, dass sie den Zuschlag nicht erhalten werde, sondern der Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen erteilt werden solle.
Mit Schreiben vom 30.03.2007 rügte die AA GmbH im Namen der Antrag stellenden Bietergemeinschaft die Wertungsentscheidung. Die Wertung entspreche nicht den in den Verdingungsunterlagen genannten Vorgaben, wonach der Preis zu 65 % und die Funktionalität zu 35 % in die Wertung einfließen sollten. Da die Wertung im Verhältnis zu den Maximalpunktzahlen zueinander dargestellt werden sollte, habe bereits die AA GmbH die Fehlerhaftigkeit des Verfahrens entsprechend gerügt. Nunmehr stelle sich jedoch raus, dass nicht nur im Verhältnis der maximal zu vergebenden Punktzahlen die bekannt gegebene Gewichtung zu Grunde gelegt werde, sondern vielmehr auch die verteilten Preis- und Leistungspunkte nicht vollständig, sondern nach dem angegebenen Gewichtungsverhältnis berücksichtigt worden seien. Daher fließe die bewertete Funktionalität zu einem weitaus geringeren Gewichtungssatz in die Gesamtbewertung ein. Darüber hinaus sei die Verteilung der Punkte nicht nachvollziehbar. Der Pauschalabzug von 500 Punkten bei der Preisbewertung, ungeachtet der tatsächlichen Differenz zwischen Angebotspreisen habe ein wettbewerbsverfälschendes Ergebnis zur Folge. Das Angebot der Beigeladenen sei auszuschließen, da nicht alle Eignungsnachweise vorlägen. Im Übrigen enthalte das Angebot der Beigeladenen nicht die geforderten Notebookwagen, was ein KO-Kriterium darstelle. Das Angebot der Beigeladenen sei wegen wettbewerbswidriger Verhaltensweisen zwingend auszuschließen. Der vorliegend als Projektsteuerer tätige CCC sei keine unabhängige Beratungseinrichtung, sondern ein von FSYY kontrolliertes und unterstützendes Beratungsunternehmen, insbesondere da die Rechnungslegung gegenüber diesem Verein erfolgen solle. Weiterhin sei wettbewerbswidrig, dass auf Grund der Vorgaben, von den Bereichen Installation und Service ein ortsnaher Unternehmensstandort nachzuweisen sei und die Antragstellerin zunächst beabsichtigt habe, die xxxxx GmbH xxxx als Serviceberatung zu beauftragen. Einen Tag vor Ablauf der Angebotsfrist sei jedoch mitgeteilt worden, dass eine Zusammenarbeit dieses Unternehmens nunmehr mit der Beigeladenen stattfinde. Damit habe die Beigeladene den Wettbewerb eingeschränkt.
Mit Schreiben vom 03.04.2007 erläuterte der Auftraggeber gegenüber der Antragstellerin die Wertung und die Punktegewichtung. Auch wenn der Hinweis richtig sei, dass die prozentuale Gewichtung doppelt eingegangen sei, ändere dies nichts am Gesamtergebnis, nur die Verhältnismäßigkeit der Ergebnisse verschiebe sich. Die Abstufung der Preisbewertung führe hinsichtlich des Angebots der Antragstellerin sogar dazu, dass sie letztlich bessergestellt werde, als wenn es zu einer Verhältnisbewertung gekommen wäre. Sowohl hinsichtlich des Preises, als auch hinsichtlich der Funktionalität sei das Angebot der Beigeladenen vorzugswürdig. Das Angebot der Beigeladenen habe die notwendigen Voraussetzungen, um den Zuschlag erhalten zu können. Es seien die geforderten Notebookwagen angeboten worden. Es sei nicht erkennbar, warum die Durchführung einer Beratung durch den CCC zu einem Ausschluss der Beigeladenen führen würde. Es erschließe sich auch nicht, warum die Zusammenarbeit der xxxx GmbH mit der Beigeladenen wettbewerbswidrig sei. Ein entsprechender Vorortservice für Produkte diverser Hersteller, so auch die von FSYY sei allein mit dem Verweis auf die vielen anderen ansässigen bzw. präsenten Unternehmen in und um Leipzig möglich.
Mit Schreiben vom 05.04.2007 vertiefte die Antragstellerin ihre Begründung hinsichtlich der Wertung. Man habe hinsichtlich der Beigeladenen keinen Adress- oder Telefoneintrag unter der genannten Adresse in Leipzig finden können, zudem werde die Fehlerhaftigkeit der Mitteilung nach § 13 VgV gerügt.
Mit Schreiben vom 05.04.2007 stellte die Antragstellerin durch ihren Verfahrensbevollmächtigten Antrag auf Vergabenachprüfung bei der zuständigen Vergabekammer. Sie beantragte u.a.:
zu 1. dem Auftraggeber zu untersagen, einen Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen,
zu 3. den Auftraggeber zu verpflichten, das Vergabeverfahren nach Rechtsauffassung der Vergabekammer unter Ausschluss des Angebots der Beigeladenen, sowie dem CCC. einschließlich der unmittelbar oder mittelbar für den vorgenannten Verein tätigen Personen durchzuführen und die Angebote zu werten.
Sie legte dar, das Angebot der Beigeladenen sei auszuschließen. Auf Grund der Vorbefassung im Mediosprojekt, sei im Sinne des § 4 Abs. 5 VgV der Wettbewerb durch die Teilnahme der Beigeladenen verfälscht worden. Auf Grund der rechtswidrig kurzen Angebotsfrist sei für die Beigeladene ein zulässiger Wettbewerbsvorteil verschafft worden. Im Übrigen seien auf Grund der langjährigen exklusiven Zusammenarbeit zwischen der Beigeladenen und dem Hersteller FSX beide Unternehmen im Zusammenhang mit dem Mediosprojekt darauf eingerichtet, den Beschaffungsmarkt durch Mitwirkung und Ausgestaltung der Vergabeverfahren auf Auftragnehmer- sowie auf Auftraggeberseite gegebenenfalls unter Einsatz solcher Einrichtung, wie des CCC zu gestalten. Des Weiteren sei das Angebot der Beigeladenen mangels Erfüllung der Mindestkriterien auszuschließen. Die geforderten Notebookwagen seien derzeit am Markt nicht erhältlich. Ferner sei unklar, ob die geforderte Nachunternehmerliste vollständig sei.
Mit Schriftsatz vom 26.04.2007 trat der Auftraggeber dem Antrag entgegen und beantragte u.a. den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.
Hinsichtlich der monierten Angebotsfrist teilte er mit, dass die Antragstellerin bereits am 26.01.2007 über die Verdingungsunterlagen verfügt habe und zu diesem Zeitpunkt bereits mit der Bearbeitung des Angebots beginnen konnte. Zu dem sei am 31.10.2006 eine Vorinformation über die spätere verbindliche Ausschreibungsbekanntmachung vom 16.01.2007 erfolgt. Hinsichtlich des abgesprungenen Nachunternehmers sei anerkannt, dass beliebige Formen exklusiver Liefer- und Serviceverträge geschlossen werden könnten und dürften. Die Rüge vom 09.02.2007 sei nicht unverzüglich im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB erfolgt. Der letzte Vor-Ort-Termin habe am Freitag, dem 02.02.2007, stattgefunden. Demnach sei ein Beanstandungsschreiben erst eine Woche später, also am Freitag, dem 09.02.2007, nicht mehr unverzüglich. Die Telefax-Zusendung sei erst am Freitagabend, 21.05 Uhr, zu einem Zeitpunkt erfolgt, an dem der Auftraggeber nicht mehr im Büro anwesend gewesen sei, weshalb von einem Zugang der Rüge am Montag, dem 12.02.2007 auszugehen sei, was ein Rügezeitraum von 10 Tagen bedeute. Hieran ändere auch das Telefonat der Antragstellerin mit der Mitarbeiterin des Auftraggebers, Frau xxxx, vom 08.02.2007 nichts. Dieses Telefongespräch sei inhaltlich keine Rüge im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB gewesen. Des Weiteren sei die Rüge nicht im Namen der Antragstellerin erfolgt. Die Antragstellerin sei eine Bietergemeinschaft. Die Rüge sei am 09.02.2007 ausschließlich durch die AA GmbH erhoben worden. In diesem Zusammenhang helfe auch die nachgeschobene Mitteilung der AA GmbH vom 30.03.2007 nicht, womit erstmals die Bietergemeinschaft sich die damaligen Beanstandungen zu Eigen mache.
Das Rügeschreiben vom 13.02.2007 enthalte substanziell nichts Neues. Die Rüge vom 30.03.2007 sei im Übrigen dadurch zu spät, dass das Absageschreiben nach § 13 VgV auf den 28.03.2007 datiere und die Rüge vom 30.03.2007 erst per Telefax um 15.59 Uhr abgesendet worden sei. Das Rechtschutzziel sei unklar, da sich die Antragstellerin im Hinblick auf Ihren Vortrag widersprüchlich verhalte. Die Zeit zur Angebotserstellung sei angemessen gewesen. Wer sich aus dem nach § 18 a Nr. 1 Abs. 1 lit. a VOL/A einzuhaltenden Fristabstand von mindestens 52 Tagen vom Datum der Vorabinformation (31.10.2006) bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die spätere verbindliche Bekanntmachung in einem offenen Verfahren erfolgt sei (12.01.2007), ergebe, sei die Frist sichtlich eingehalten. Demzufolge habe der Auftraggeber von der Fristverkürzung des § 18 Nr. 1 Abs. 1, 2 und Abs. 4 VOL/A Gebrauch machen können.
Vorliegend handele es sich auch um einen Liefervertrag mit Dienstleistungselementen. Zur Lieferleistung von IuK-Ausstattungen gehörten auch Installations- und Beratungsleistungen sowie Vorortbesichtigungen. Hierbei sei festzustellen, dass die im Rahmen einer Ortsbesichtigung in Augenschein zu nehmenden Gegebenheiten und wahrzunehmenden vertiefenden Informationen nicht die generelle Information der vorliegend Leistungsbeschreibung ersetzen würden. So heiße es in der Leistungsbeschreibung unter Punkt 2.2.4.6: "Einen genauen Eindruck zu den Besonderheiten der einzelnen Lokationen kann sich jeder Bieter durch die Begutachtung vor Ort laut angegebenem Terminplan einholen". Im Übrigen werde bereits in der Leistungsbeschreibung auf die dort vorzufindenden Besonderheiten eingegangen. Des Weiteren seien keine unzumutbaren Belastungen von den Bietern gefordert gewesen. Es handele sich bei der Ausschreibung lediglich um konzeptionelle Anforderungen, es sei kein Denkmalschutz zu beachten. Raumpläne seien übergeben worden. Im Übrigen habe es sich um eine eindeutige und erschöpfende Leistungsbeschreibung mit funktionalen Elementen gehandelt. Die Antragstellerin übersehe, dass sich im Falle einer teilfunktionalen Ausschreibung denknotwendigerweise, gewisse Lasten und Risiken auch bereits hinsichtlich des Aufwandes bei der Angebotserstellung auf den Bieter verlagern. Hinsichtlich der Herstellerneutralität wies der Auftraggeber darauf hin, dass die vorliegende Ausschreibung zunächst auf die grundlegenden Anforderungen der Fördermittelrichtlinie des Freistaates Sachsen zurückgehe, in der bereits eine Reihe von Systemanforderungen und Parametern festgelegt seien. Nur unter diesen Voraussetzungen seien die Beschaffungen überhaupt förderfähig. Des Weiteren habe man die CCC zur Beratung bei der technischen Erstellung hinzugezogen. Diese Institution beruhe auf der Initiative D 21, welche die Zukunftsfähigkeit deutscher Ausbildungsstrukturen stärken solle. Als Ergebnis der Überprüfung hinsichtlich der Herstellerneutralität durch die ZZKD, sei dem Auftraggeber schriftlich bescheinigt worden, dass die Ausschreibung den Anforderungen an eine diskriminierungsfreie Leistungsbeschreibung entspreche. Unter Bezugnahme auf die Leistungsbeschreibung Position 2.2.7.1 Transportsystem für mobiles Klassenzimmer wies der Auftraggeber darauf hin, dass die Anforderungen der Leistungsbeschreibung für die Notebookwagen durch das von der Beigeladenen angebotene Fabrikat ausreichend erfüllt würden. Im Übrigen biete die Beigeladene dasselbe Produkt wie die Antragstellerin an. Hinsichtlich der Vorbefassung mit dem Mediosprojekt teilte der Auftraggeber mit, der Freistaat Sachsen habe in den Jahren 2001 bis 2006 das Fördermittelprogramm Förderrichtlinie des Sächsischen Staatsministeriums für Kultus zur Förderung des Einsatzes der Informations- und Kommunikationstechnologien an Schulen, zuletzt geändert am 12.01.2004, aufgelegt. Fast alle sächsischen Kommunen und Landkreise hätten in diesem Rahmen Mediosprojekte realisiert. Insofern sei es sicherlich auch nicht ungewöhnlich, wenn beispielsweise die Beigeladene und FSYY als Hardwarelieferant an solchen Ausschreibungen beteiligt gewesen wären. Inwieweit sich eine Vorbefassung mit diesem Fördermittelprogramm wettbewerbsmäßig auf das Vergabeverfahren auswirke, könne nicht nachvollzogen werden. Eine Wettbewerbserheblichkeit im Sinne des § 4 Abs. 5 VgV werde nicht gesehen. Als Partner habe FSYY nicht nur die Beigeladene, sondern sehr viele Unternehmen. Sowohl die Beigeladene als auch FSYY seien nicht Mitglied im CCC. Hinsichtlich der Bewertung wies der Auftraggeber darauf hin, dass das Angebot der Antragstellerin sowohl teurer als auch hinsichtlich der Funktionalität schlechter bewertet worden sei als das Angebot der Beigeladenen.
Mit Beschluss der Vergabekammer vom 19.04.2007 wurde die Beigeladene zum Verfahren hinzugezogen.
Mit Schreiben vom 23.04.2007, noch vor Zustellung des Beiladungsbeschlusses bat die Beigeladene durch ihren Verfahrensbevollmächtigten, zum Verfahren beigeladen zu werden und beantragte die Einsicht in die Vergabeakten.
Mit Schriftsatz vom 30.04.2007 nahm die Beigeladene zum Vergabenachprüfungsantrag Stellung. Sie führte aus, mangels ordnungsgemäßer Rüge sei der Vergabenachprüfungsantrag gemäß § 107 Abs. 3 GWB unzulässig. Die Rügen seien nicht durch die Antragstellerin, sondern durch ein Mitglied der Bietergemeinschaft erhoben worden. Im Übrigen habe die Antragstellerin durch eine verspätete Antragstellung ihre Rechte verwirkt. Im Hinblick auf die durch die Antragstellerin angesprochene kurze Angebotsfrist sei der Vortrag präkludiert. Die Angebotsfrist sei bereits der am 16.01.2007 veröffentlichten Bekanntmachung zur streitgegenständlichen Vergabe zu entnehmen gewesen. Die diesbezügliche Rüge habe die Antragstellerin erst mit Schreiben vom 09.02.2007 erhoben. Gleiches gelte hinsichtlich des Vortrages zum Fehlen von Grund- und Raumplänen. Die Vorortbesichtigungen hätten vom 29.01.2007 bis 02.02.2007 stattgefunden. Das Fehlen vollständiger Grund- und Raumpläne sei jedoch erst am 09.02.2007 gerügt worden. Dies sei nicht mehr unverzüglich. Gleiches gelte ebenfalls im Hinblick auf die Unklarheiten der Leistungsbeschreibung und zu dem geltend gemachten Verstoß gegen das Gebot der Produktneutralität. Dadurch, dass die Verdingungsunterlagen der Antragstellerin bereits am 26.01.2007 zugegangen seien, sei auch hier von einer verspäteten Rüge auszugehen. Ebenso sei die Rüge hinsichtlich der Beteiligung des CCC nicht unverzüglich erhoben worden. Die Beteiligung des CCC sei der Antragstellerin bereits seit der Vorortbesichtigung zwischen dem 29.01.2007 und dem 02.02.2007 zur Kenntnis gelangt. Ebenso sei die Antragstellerin dadurch präkludiert, dass sie die intransparenten Angaben zur Wertung, die ihr seit dem 26.01.2007 bekannt gewesen seien, erst mit Schreiben vom 09.02.2007 gerügt habe. Im übrigen bestehe kein Ausschlussgrund nach § 4 Abs. 5 VgV. Die Vorschrift des § 4 Abs. 5 VgV enthalte gerade keinen zwingenden Ausschluss allein auf Grund der Beratung oder Unterstützung des Auftraggebers vor Einleitung des Vergabeverfahrens. Ein Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen nach § 25 a Nr. 2 VOL/A oder § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f VOL/A komme nicht in Betracht. Dass die Beigeladene den durch die Antragstellerin betrachteten Nachunternehmer "abgeworben" habe und eine enge Zusammenarbeit mit FSx pflege, sei im Rahmen der Privatautonomie zulässig. Darüber hinaus sei festzuhalten, dass die Beigeladene die Mindestbedingungen der Ausschreibung erfüllt habe. Sie habe der Leistungsbeschreibung entsprechende Notebookwagen angeboten und ebenfalls ihren Nachunternehmer entsprechend der Vorgabe der Verdingungsunterlagen benannt. Im Übrigen sei die Angebotsfrist ausreichend lang bemessen gewesen. Das Fehlen von Grund- und Raumplänen sei vorliegend nicht beachtlich, da die Vorortbesichtigung dazu habe dienen sollen, sich über die räumlichen Gegebenheiten ausreichend zu informieren. Weiterhin seien keine Unklarheiten der Leistungsbeschreibung zu sehen, es läge auch kein unzumutbares Wagnis vor. Ebenfalls stelle die Ausarbeitung eines Wartungsvertrages kein unzumutbares Wagnis dar, sondern sei für die Bieter im Rahmen der Angebotserstellung kalkulierbar gewesen. Im Übrigen sei bei der Ausschreibung keine individuelle Software gefordert gewesen. Sämtliche mit der Ausschreibung geforderten Schulserver und Softwarelösungen seien für alle sich am Vergabeverfahren beteiligenden Bieter am Markt verfügbar gewesen. Der Vorwurf der fehlenden Produktneutralität sei nicht substantiiert vorgetragen worden. Die Rüge der Antragstellerin hinsichtlich der nicht transparenten Beteiligung des CCC sei unbegründet. Der Vortrag erschöpfe sich insofern in pauschalen Behauptungen und vagen Vorstellungen hinsichtlich einer unzulässigen Beteiligung des CCC am streitgegenständlichen Vergabeverfahren. Ebenso sei die Wertung anhand der Ziffer 1.6 der Verdingungsunterlagen für die Bieter hinreichend nachvollziehbar dargestellt worden. Die Wertungsentscheidung sei ebenfalls nachvollziehbar.
Mit Schriftsatz vom 30.04.2007 teilte die Antragstellerin durch ihren Verfahrensbevollmächtigten mit, das Angebot der Beigeladenen sei unvollständig, da die geforderten Erklärungen zum Umsatz nicht getätigt worden seien. Im Übrigen sei die Erklärung zur Haftpflichtversicherung und Angabe der Nachunternehmer nicht ausreichend in dem Angebot enthalten. Dies führe nach Ansicht der Antragstellerin zwingend zum Angebotsausschluss. Des Weiteren sei das Angebot der Beigeladenen wegen wettbewerbswidriger Verhaltensweisen gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 lit. f VOL/A auszuschließen gewesen. Die Antragstellerin vertiefte insoweit ihre Begründung. Sofern denn nun die Beigeladene die xxxx GmbH als Nachunternehmer mit in den Auftrag einbeziehe, sei dies im Licht der Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit der Bildung von Bietergemeinschaften wettbewerbswidrig. Dies gelte schließlich auch für die Exklusivitätsabsprache zwischen der Beigeladenen und dem Lieferanten der FSYY als Tochterbeteiligungsunternehmen der SXX AG. Dies sei insbesondere im Hinblick darauf, dass vorliegend nicht herstellerneutral vergeben worden sei und somit namhafte Unternehmen sich nicht am Vergabeverfahren beteiligt hätten, vergaberechtswidrig. Darüber hinaus liege in der genannten Konstellation ein Verstoß gegen das Gebot des Geheimwettbewerbs vor. Die Beigeladene habe über den Weg des gesetzten Partners von FSYY zweifelsfrei mittelbar Kenntnis von den Kalkulationsgrundlagen der potentiellen Konkurrenten erlangt. In diesem Zusammenhang verwies die Antragstellerin des Weiteren auf die Unvollständigkeit der Vergabeakte, dass die entsprechenden Datenblätter nicht dem ZZKD vorgelegt worden seien. Weiterhin sei festzustellen, dass der Beigeladenen Gegenstand und Inhalt der ausgeschriebenen Leistungen bereits bekannt gewesen sein müssten. Wesentlicher Anhaltspunkt hierfür sei die nichterfolgte Teilnahme an den Vorortbesichtigungen in den Schulen. Das gesamte Vorhaben beruhe offensichtlich auf den entwickelten Grundkonzepten der SXX AG, die im Rahmen des Projektes IT-Works des Schulen ans Netz e. V. präsentiert werden. Das vorgenannte Projekt werde zudem durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, den Europäischen Sozialfonds und die Deutsche xxxxx AG, der Gesellschafterin und der Beigeladenen unterstützt. In diesem Zusammenhang werde auf Herrn xxxx, Vorstand des CCC, verwiesen, der entsprechende Präsentationen im IT-Bereich für die SXX AG vorgenommen habe. Der beauftragte CCC erfülle nicht einmal ansatzweise die Anforderungen der Neutralität. Auch soweit die PPP AG, die als Nachunternehmer der Antragstellerin benannt sei, Mitglied des CCC sei, hindere dies nicht die fehlende Neutralität. Im Übrigen hätten sich gegenüber der Antragstellerin sowohl der Geschäftsführer der xxxx GmbH xxx an deren Standort der CCC seinen Sitz habe, als auch die PPP AG von dem Verein CCC distanziert.
Die Gewichtung und anschließende Wertung weiche von der in der Bekanntmachung und den Vergabeunterlagen genannten Gewichtung der Zuschlagskriterien ab. Für die Leistung sollten 7.400 Punkte vergeben werden, die bereits im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl dem angegebenen Gewichtungsverhältnis entsprochen hätten. Nach dem Ergebnis der Mitteilung nach § 13 VgV sei festzustellen, dass die Leistungspunkte noch einmal mit dem angegebenen Gewichtungsfaktor multipliziert worden seien. Hierdurch sei die Gewichtung des Zuschlagskriteriums Leistung noch mal auf ca. 22 % im Verhältnis zum Preis reduziert worden. Weiterhin sei hinsichtlich der Auswertung im Anforderungskatalog festzustellen, dass der überwiegende Teil an zu vergebenden Punkten sich auf das Vorliegen von KO-Anforderungen zu Eignungsnachweisen beziehe. Insoweit sei auch von einer Vermischung der Wertungsstufen auszugehen. Fehlerhaft sei im Übrigen auch die Wertung der Eignung im Hinblick auf die Referenzen. Zum einen werde diesbezüglich ein Mehr an Eignung gewertet. Zum anderen seien die sachlichen Bezugspunkte, insbesondere die Orientierung an den Auftragswerten, unzulässig. Darüber hinaus sei die Bewertung der Konzepte mangels transparenter Wertungsmatrix nicht nachvollziehbar und die Vergabeakte daher unvollständig.
Die Antragstellerin vertiefte ihre Begründung mit Schriftsatz vom 06.05.2007. Es werde bestritten, dass beide Mitglieder der Bietergemeinschaft bereits am 16.01.2007 Kenntnis von der Veröffentlichung der Bekanntmachung und deren Inhalt erlangt haben sollen. Erst am 26.01.2007, am Nachmittag nach Dienstschluss, seien die Vergabeunterlagen für das zunächst bis zum 12.02.2007 abzuarbeitende und abzugebende Angebot bei den Unternehmen eingegangen. Ausdrücklich bestritten werde die Annahme, dass die Antragstellerin bereits vor den Vorortbesichtigungen die Durchsicht und Prüfung der Vergabeunterlagen begonnen habe. Entsprechende positive Kenntnisse hinsichtlich der Unzulänglichkeiten der Leistungsbeschreibung hätten bei den Sachbearbeitern der die Bietergemeinschaft bildenden Unternehmer erst am 07. bzw. 08.02.2007 vorgelegen. Grund hierfür seien die vorher durchzuführenden Recherchen bei verschiedenen Herstellern. Des Weiteren hätten erst zu diesem Zeitpunkt Recherchen zu CCC und Herrn xxxx erfolgen können. Die Antragstellerin vertiefte im Folgenden ihren Vortrag zu den Rügen vom 08.02.2007 (telefonisch), vom 09.02.2007 und vom 14.02.2007. Am 14.02.2007 habe man sich entschlossen, die Bietergemeinschaft zu gründen. Die Antragstellerin vertiefte ihren Vortrag zur Unverzüglichkeit und Wirksamkeit der Rügen und insbesondere zur Rüge der Antragstellerin als Bietergemeinschaft. Des Weiteren teilte die Antragstellerin mit, man habe erst im Vergabeverfahren erkannt, dass der angegebenen Gesamtpunktzahl keine nachvollziehbare Bewertung zu Grunde liegen würde. Gleiches gelte im Hinblick auf die unvollständigen Eignungsnachweise der Beigeladenen. Weiterhin sei der Vergabenachprüfungsantrag auch nicht wegen Verwirkung unzulässig. Die Antragstellerin vertiefte ihren Vortrag zur Länge der Angebotsfrist, zu den Raumplänen, zu den beanstandeten Planungsleistungen, für Arbeiten im Außenbereich, zu Fragen des Denkmalschutzes, zum Wartungsvertrag, zu den Konzepten, zu den Freizeichnungsklauseln und der funktionalen Ausschreibung und zur Herstellerneutralität. Im Übrigen vertiefte die Antragstellerin ihre Begründung zur Beteiligung des CCC. Sie wies des Weiteren darauf hin, dass im Angebotsschreiben vom 18.01.2006 des CCC die dort ersichtlichen Telefonnummern der SXX AG, Niederlassung XXXX, zuzuordnen seien.
Die Beigeladene beantragte mit Schriftsatz vom 07.05.2007 u. a., den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen. Sie vertiefte ihren Vortrag zur Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrages. Ein zwingender Ausschlussgrund, selbst wenn die Behauptungen der Antragstellerin stehen bleiben würden, werde im Sinne des § 25 Nr. 1 Abs. 2 lit. a VOL/A nicht gesehen. Insbesondere sei der Einsatz des genanten Nachunternehmers im Sinne der Privatautonomie zulässig. Hinsichtlich des angesprochenen Servicestandortes, dass dieser im Umkreis von 50 km vom Standort xxxxx zu gewährleisten sei, führte die Beigeladene aus, sie habe einen Unternehmensstandort in diesem Umkreis, so dass die Einbindung des Nachunternehmers vor dem Hintergrund erfolgt sei, dass eine Zusammenarbeit für die Abgabe eines wirtschaftlichen Angebots im Rahmen eines kaufmännisch vernünftigen Handels zweckmäßig gewesen sei. Weiterhin teilte die Beigeladene mit, sie habe keine Exklusivitätsabsprache mit FSYY. Im Übrigen habe sie entgegen dem Vortrag der Antragstellerin an den Vorortbesichtigungen teilgenommen. Die Beigeladene vertiefte ihren Vortrag dazu, dass sie nicht durch das Mediosprogramm vorbefasst gewesen sei und dass sie nicht am CCC beteiligt gewesen wäre. Sie vertiefte ihre Ausführungen zur Produktneutralität und zur fehlerhaften Wertung.
Der Auftraggeber vertiefte mit Schriftsatz vom 07.05.2007 seine Begründung. Zunächst teilte er mit, die Antragstellerin habe ein unklares Rechtsschutzziel angegeben. Der Vergabenachprüfungsantrag fuße lediglich auf Behauptungen. Die Beigeladene habe die geforderten Erklärungen im Hinblick auf Umsatzangaben, Haftpflichtversicherung, Nachunternehmererklärungen entsprechend der Leistungsbeschreibung der Vorgaben der Bekanntmachung erfüllt.
Der Auftraggeber teilte mit, dass für ihn keine wettbewerbsbeschränkende Abrede zwischen der xxxxxx GmbH und der Beigeladenen zu erkennen sei. Des Weiteren sei für ihn keine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung zwischen der Beigeladenen und dem Lieferanten FSYY zu erkennen. Weiterhin könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beigeladene Vorkenntnisse über die Ausschreibung gehabt habe. Die Beigeladene habe an den Vorortterminen teilgenommen. Darüber hinaus habe die Versendung der Verdingungsunterlagen an sämtliche Interessenten zur gleichen Zeit stattgefunden. Hinsichtlich der inhaltlichen Konzeption der Ausschreibung werde darauf hingewiesen, dass diese der Förderrichtlinie Medios entspreche. Zum CCC teilte der Auftraggeber mit, dass nicht Gegenstand des Verfahrens sei, wer Mitglied des Vereins sei. Fakt sei, dass die von der Antragstellerin benannte Nachunternehmerin PPP AG als Mitglied des CCC geführt werde. Es sei daher nichts Überraschendes, wenn Vereine mit dem ausgewiesenen Tätigkeitsfeld Schulen ans Netz, Beratung, Kommunikations- und Informationsbereich entsprechende Wirtschaftsteilnehmer bzw. Mitarbeiter als Mitglieder führen würden. Die Beigeladene sei nicht Mitglied des CCC. Schließlich sei festzuhalten, dass der CCC kein Konzept erstellt habe, das mit der Ausschreibung umgesetzt werde. Es werde nochmals hervorgehoben, dass wesentliche Beratungsleistungen durch Berufsschullehrer erbracht worden seien und eine abschließende Prüfung durch die ZZKD erfolgt sei. Der Auftraggeber vertiefte im Weiteren seine Begründung hinsichtlich der Wertung.
Der Auftraggeber übergab mit Schriftsatz vom 08.05.2007 eine Stellungnahme der ZZKD vom 08.05.2007 zur Produktneutralität der Ausschreibung
Mit Schriftsatz vom 09.05.2007 vertiefte die Antragstellerin ihre Begründung dazu, dass die Ausschreibung nicht produktneutral sei. Insoweit sei die Stellungnahme der ZZKD oberflächlich und falsch. Sie vertiefte ihre Begründung dahingehend, dass das Angebot der Beigeladenen mangels vorgelegter Umsatzzahlen zwingend auszuschließen gewesen wäre. Sie vertiefte des Weiteren ihre Begründung hinsichtlich der wettbewerbswidrigen Beziehungen zwischen der Beigeladenen, dem CCC, der SXX AG und FSYY.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 14.05.2007 wurde mit den Beteiligten die Sach- und Rechtslage erörtert. Auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung wird verwiesen. Wegen des übrigen Vorbringens der Parteien und wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf die übrigen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Die von der Vergabestelle überlassenen Vergabeakten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Die Antragstellerin stellte ihre Anträge aus dem Schriftsatz vom 05.04.2007. Darüber hinaus stellt die Antragstellerin den Antrag zu 7., hilfsweise das Vergabeverfahren aufzuheben und nach Maßgabe der Vergabekammer für den Fall des Bestehens der weiteren Beschaffungsabsicht das Vergabeverfahren erneut durchzuführen. Der Antrag zu 2. habe sich erledigt.
Der Auftraggeber stellte seine Anträge aus dem Schriftsatz vom 26. 04. 2007.
Die Beigeladene erklärte, keinen eigenen Antrag stellen zu wollen.
Die Beigeladene erwiderte mit Schriftsatz vom 09.05.2007 in vertiefender Weise auf den Schriftsatz der Antragstellerin vom 07.05.2007.
Mit Schriftsatz vom 12.05.2007 vertiefte der Auftraggeber seine Begründung im Hinblick auf die Unwirksamkeit der Rügen der Antragstellerin. Insbesondere sei die Rüge vom 08.02.2007 unwirksam, da eine wirksame Rüge dem Schriftformerfordernis unterliege. Des Weiteren wurde die Begründung im Hinblick auf die Herstellerneutralität der Ausschreibung, den vorzulegenden Wartungsvertrag, der Beteiligung des CCC, der Wertung, der Zurverfügungstellung der Angebotsunterlagen, zur Dokumentation und der Vergabeakte und zur Funktion der ZZKD weiter vertieft.
Mit Schriftsatz vom 16.05.2006 vertiefte die Antragstellerin ihre Begründung. Es sei kein 3 Monate alter Gewebezentralregisterauszug vorzulegen gewesen. Die Vergabebekanntmachung habe auch die Vorlage einer Präqualifizierungsbestätigung der Auftragsberatungsstelle Sachsen e.V. zum Unternehmer- und Lieferantenverzeichnis ausreichen lassen. Diese würde nur jährlich aktualisiert. Im Übrigen hätten die Verdingungsunterlagen nicht auf die Vergabebekanntmachung Bezug genommen. In den Verdingungsunterlagen fände sich nicht die Forderung nach einem bis zu 3 Monate alten Gewerbezentralregisterauszug. Im Übrigen sei es in der kurzen Zeit zur Angebotserstellung kaum möglich, einen aktuellen Gewerberegisterauszug beizubringen. Herr xxxx habe zudem verzögert das Leistungsverzeichnis dem Auftraggeber übergeben. Der Auftraggeber habe es versäumt, einen eigenen qualifizierten Mitarbeiter mit der Vergabe zu betrauen.
Mit Schriftsatz vom 16.05.2006 vertiefte die Beigeladene ihrer Begründung. Sie stellte dar, dass die geforderten Umsatzzahlen sich aus dem mit dem Angebot vorgelegten Geschäftsbericht des Mutterkonzerns ergeben hätten. Es habe keine Pflicht gegeben, die Umsatzzahlen für 2006 vorzulegen, da es dem Mutterkonzern nicht zumutbar gewesen wäre, diese Zahlen bereits zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe zu veröffentlichen. Leitende Angestellte seien nur solche, die in § 14 KSchG beschrieben seien. Diese seien mit dem vorgelegten Handelsregisterauszug benannt worden.
Die Antragstellerin erwiderte mit Schriftsatz vom 18.05.2007. Das Angebot der Beigeladenen sei auszuschließen, da nicht die geforderten Umsatzzahlen vorgelegt worden seien. Die Beigeladene habe nicht die eigenen, sondern die Umsatzzahlen des Mutterkonzerns, der Deutschen xxxxAG vorgelegt. Angaben zum Jahr 2006 fänden sich nicht im vorgelegten Geschäftsbericht der Deutschen xxxx AG. Die geforderten Angaben zu den Beschäftigten seien auch nicht in dem Bericht enthalten. Der Hinweis der Beigeladenen, der vorgelegte Handelsregisterauszug weise die leitenden Angestellten aus, sei lebensfremd, da ansonsten in einem Unternehmen wie der Beigeladenen nur der Geschäftsführer und der Prokurist mit Personalangelegenheiten ausgelastet seien. Im Weiteren nahm die Antragstellerin unter Vorlage der entsprechenden EU-Vergabebekanntmachungen Bezug auf eine im Jahr 2003 durchgeführte Ausschreibung eines "Medios-Projekts" im Südraum Leipzig. Hier sei als zuständige Stelle für nähere Auskünfte die Sxx GmbH & Co. KG benannt worden. Es sei seinerzeit nur ein Angebot eingegangen, die Deutsche xxxxx AG habe den Zuschlag erhalten. Herr xxxx habe auch im Termin zur mündlichen Verhandlung bestätigt, an diesem Projekt in seiner Funktion als Mitarbeiter der SXX AG beteiligt gewesen zu sein.
Mit Schriftsatz vom 18.05.2006 nahm der Auftraggeber zu der Möglichkeit des Eignungsnachweises durch Vorlage einer Präqualifizierungsbestätigung der Auftragsberatungsstelle Sachsen e.V. Stellung. Es sei nicht richtig, dass zur Präqualifizierung nur einmal jährlich ein Gewerbezentralregisterauszug vorzulegen sei. Vielmehr sei eine jeweils 3-monatige Aktualisierung erforderlich. Im Übrigen habe der öffentliche Auftraggeber Zugriff auf die entsprechenden bei der Auftragsberatungsstelle Sachsen e.V. gespeicherten Daten. Sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene hätten keine Präqualifizierungsbestätigung vorgelegt.
II
1. Der Antrag auf Nachprüfung ist teilweise zulässig (1.) und begründet. (2).
a) Die 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen ist gemäß § 2 der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung über Einrichtung, Organisation Vergabekammern des Freistaates Sachsen (SächsVgKVO) vom 23.03.1999 (SächsGVBl. S. 214) für den Antrag zuständig, da es sich bei der ausgeschriebenen Leistung um einen Liefer- und Dienstleistungsauftrag im Sinne von § 99 Abs. 2 GWB handelt.
b) Die geplante Gesamtauftragssumme überschreitet den EU-Schwellenwert. Nach § 100 Abs. 1 GWB unterliegen der Nachprüfung durch die Vergabekammer nur Aufträge, welche die Auftragswerte (Schwellenwerte) erreichen oder überschreiten. Die Auftragswerte werden durch Rechtsverordnung nach § 127 GWB festgelegt. Der Gesetzgeber hat von der Ermächtigung in § 127 Nr. l GWB zum Erlass einer Rechtsverordnung durch Erlass der Vergabeverordnung (VgV) Gebrauch gemacht. Gemäß § 2 Nr. 3 VgV beträgt der Schwellenwert 211.000 €. Der ausgeschriebene Auftrag liegt unstreitig über diesem Wert.
c) Der Auftraggeber unterliegt gem. § 98 Nr. 1 GWB dem Vergaberechtsregime.
d) Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Gemäß § 107 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, das ein Interesse am Auftrag hat, eine Verletzung in bieterschützenden Rechten und zumindest einen drohenden Schaden darlegt. Am Vorliegen der Antragsbefugnis könnte deshalb gezweifelt werden, weil die Antragstellerin womöglich kein eigenes zuschlagsfähiges Angebot eingereicht hatte. Der BGH hat mit Beschluss vom 26.09.2006 – X ZB 14/06 klargestellt, dass der Bieter regelmäßig unabhängig davon im Nachprüfungsverfahren antragsbefugt ist, ob auch sein Angebot an einem Ausschlussgrund leidet, wenn er die Nichtbeachtung von Vergabevorschriften darlegt und danach als vergaberechtsgemäße Maßnahme die Aufhebung der Ausschreibung in Betracht kommt, weil alle anderen Angebote unvollständig sind. Die Antragstellerin hat dargelegt, dass sie die Zuschlagserteilung an die Beigeladene für vergaberechtswidrig halte und -wenn auch hilfsweise- beantragt, die Ausschreibung aufzuheben. Sie hat damit dargelegt, ihr drohe dahingehend ein Schaden, dass im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz des § 97 Abs. 7 GWB alle anderen Angebote hätten zwingend ausgeschlossen werden müssen, was der Antragstellerin bei einer erneuten Ausschreibung die Chance auf den Zuschlag ermöglichen könnte. Die Antragstellerin hat ein Interesse an dem Auftrag, weil sie das zur Nachprüfung gestellte Vergabeverfahren durchführt. Dies bedurfte keiner weiteren Darlegung, weil die Antragstellerin als Bieterin in dem eingeleiteten Vergabeverfahren beteiligt ist und bereits der Umstand der Angebotsabgabe regelmäßig das erforderliche Interesse belegt (vgl. BVerfG, Beschl. v. 29.06.2004 – 2 BvR 2248/03, NZBau 2004, 564).
e) Der Vergabenachprüfungsantrag ist hinsichtlich des Rügeerfordernisses des § 107 Abs. 3 GWB zulässig. An der Erfüllung der Rügeobliegenheit mag gezweifelt werden, da die antragstellende Bietergemeinschaft erstmals als Bietergemeinschaft am 30.03.2007 also lange nach Kenntnis der behaupteten Vergaberechtsverstöße eine diesbezügliche Rüge erhoben hat. Diese Rüge ist jedoch mangels Unverzüglichkeit verfristet.
ea) Rügen vom 08.02.2007, vom 09.02. und vom 14.02.2007
Jedoch hat die AA GmbH. bereits am 08.02.2007 eine telefonische Rüge sowie am 09.02.2007 eine schriftliche Rüge erhoben. An einer wirksamen Rüge könnte deshalb gezweifelt werden, da nicht die antragstellende Bietergemeinschaft, sondern nur ein Mitglied derselben die Rügen erhoben hat. Zunächst ist hierzu festzustellen, dass selbst dann, wenn eine schon bestehende Bietergemeinschaft im Verlaufe eines Vergabeverfahrens einen Vergabeverstoß erkennt, einheitlich, vertreten durch das hierzu berufene Mitglied oder durch jedes einzelne Mitglied zu rügen hat (Dammert/Fett, Praxishandbuch für die Vergabe von Bau- und Planungsleistungen nach VOB und VOF, D II Rdn. 95; Reidt/Sticker/Glahs, Vergaberecht, § 107 Rd. 23; VK Sachsen vom 8.7.2004, 1/SVK/044-04). Im vorliegenden Fall kommt die Besonderheit hinzu, dass, so die Darstellung der Antragstellerin, die Bietergemeinschaft zum Zeitpunkt, als die Rüge erhoben wurde, noch nicht existent war. Man hat sich erst später dazu entschlossen, eine Bietergemeinschaft zu gründen. Die AA GmbH hat die Rüge deshalb ausschließlich für sich erhoben, nicht für die spätere Bieterin und Antragstellerin, die Bietergemeinschaft. Es fehlt deshalb schon an der Rüge der Antragstellerin als solcher. Nach Auffassung der erkennenden Vergabekammer ist grundsätzlich ein Mitglied der Bietergemeinschaft nicht dazu befugt, im Namen der Bietergemeinschaft eine Rüge zu erheben, wenn es dazu nicht bevollmächtigt ist. Eine Bietergemeinschaft, die sich erst kurz vor Angebotsabgabefrist bildet, muss auch dann noch einmal selbst rügen, wenn einzelne ihrer Mitglieder bereits zu einer Zeit gerügt haben, als die Bietergemeinschaft noch nicht bestand. Sie kann sich nicht erst im Nachprüfungsverfahren auf diese Rügen beziehen und sich diese zu eigen machen. Rügen der ursprünglichen Einzelunternehmen wachsen der Bietergemeinschaft nicht automatisch zu. Die Bietergemeinschaft unterscheidet sich rechtlich von dem Einzelunternehmen – es besteht keine rechtliche Identität – ; die Vergabestelle muss wissen, welche Rügen ggfls. noch aktuell sind, auf die sie sich einstellen muss. (VK Hessen, Beschluss vom 26.01.2005 – 69d-VK-96/2004 ). Eine Bezugnahme der Antrag stellenden Bietergemeinschaft am 30.03.2007, also nahezu 6 Wochen nach Angebotsabgabe ist zweifelsfrei nicht mehr vom Begriff der Unverzüglichkeit nach § 107 Abs. 3 GWB gedeckt. Im vorliegenden Einzelfall war jedoch die Antragstellerin gerade nicht gehalten, sich auf die bereits erhobenen Rügen zu beziehen und sich diese zu eigen zu machen, denn mit Schreiben vom 15.02.2007 hat der Auftraggeber unmissverständlich und abschließend kund getan, sich mit dem Rügeinhalt nicht mehr auseinanderzusetzen. Die Rüge soll dem Auftraggeber Gelegenheit geben, durch den Bieter erkannte Vergaberechtsverstöße zu beseitigen. Sobald ein Bieter einen Verfahrensverstoß erkennt, soll er ihn gegenüber dem Auftraggeber unverzüglich (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB) rügen, damit jener den Fehler korrigieren und damit ein Nachprüfungsverfahren vermieden werden kann (OLG Naumburg, B. v. 04.01.2005 – Az.: 1 Verg 25/04; BayObLG, B. v. 22.1.2002 – Az.: Verg 18/01). Wenn allerdings nicht mehr zu erwarten ist, dass der Auftraggeber den behaupteten Vergabeverstoß beseitigt, da er sich endgültig weigert, sich weiterhin mit dem Vergaberechtsverstoß auseinanderzusetzen, muss dem Bieter die Erhebung einer erneuten Rüge bzw. die Bezugnahme auf eine bereits erhobene Rüge sinnlos erscheinen. Mithin ist eine Rüge entbehrlich, wenn die Vergabestelle zu erkennen gibt, dass sie von vornherein und unumstößlich an ihrer Entscheidung festhalten wird. In einer solchen Situation wäre ein Festhalten an der Rügepflicht eine von vornherein aussichtslose und mit den Geboten von Treu und Glauben unvereinbare Förmelei (OLG Dresden, B. v. 21.10.2005 – Az.: WVerg 5/05; OLG Düsseldorf, B. v. 16.02.2005 – Az.: Verg 74/04; OLG Saarbrücken, B. v. 29.5.2002 – Az.: 5 Verg 1/01; BayObLG, B. v. 23.10.2003 – Az.: Verg 13/03;). Die Beantwortung der Frage, ob die Rügepflicht eine mit den Geboten von Treu und Glauben unvereinbare Förmelei darstellt, hängt nicht von der Anwendung eines allgemein gültigen Rechtssatzes, sondern von einer Würdigung der Gesamtumstände des Einzelfalls ab (OLG Koblenz, B. v. 18.9.2003 – Az.: 1 Verg 4/03). Nach Aussage der Antragstellerin hat sich die Bietergemeinschaft am 14.02.2007 gegründet. Demnach wäre es aus Sicht der antragstellenden Bietergemeinschaft nicht erfolgversprechend gewesen, noch nach der Mitteilung des Auftraggebers vom 15.02.2007 nunmehr als Bietergemeinschaft erneut den Auftraggeber aufzufordern, die bereits einzeln behaupteten Vergaberechtsverstöße zu beseitigen. Eine Bezugnahme auf die bereits erhobenen Rügen wäre im vorliegenden Einzelfall als Förmelei zu betrachten gewesen.
eb) Rügeinhalt telefonische Rüge vom 08.02.2007
Am 08.02.2007 teilte die AA GmbH dem Auftraggeber im Wesentlichen telefonisch mit, die Verbindungen zwischen CCC, SXX und der Beigeladenen ließen darauf schließen, dass die Beigeladene den Zuschlag erhalten solle. Im Übrigen sei die Ausschreibung nicht produktneutral. Sie sei auf "SXX-Produkte" ausgerichtet. Diesbezüglich führte die AA GmbH Beispiele des Leistungsverzeichnisses an, die ihrer Meinung nach auf die fehlende Produktneutralität schließen ließen. Soweit der Auftraggeber vorträgt, die Rüge sei unwirksam, da eine Rüge nach § 107 Abs. 3 GWB dem Schriftformerfordernis unterliege, kann die erkennende Vergabekammer dem nicht folgen. § 107 Abs. 3 GWB fordert gerade nicht die Schriftform der Rüge. Für die Rüge schreibt § 107 GWB keine besondere Form vor; grundsätzlich sind daher auch telefonische Rügen ausreichend (OLG Düsseldorf, B. v. 29.03.2006 – Az.: Verg 77/05; 2. VK Bund, B. v. 08.06.2006 – Az.: VK 2-114/05; 1. VK Bund, B. v. 09.02.2005 – Az.: VK 2-03/05; 1. VK Sachsen, B. v. 25.6.2001). – Allenfalls können sich bei mündlichen oder telefonisch erhobenen Rügen Dokumentationsmängel ergeben. Vorliegend hat jedoch die Mitarbeiterin des Auftraggebers, Frau XXXX, das Telefongespräch in Form eines Gesprächvermerkes ausreichend dokumentiert.
Nach Ansicht der erkennenden Vergabekammer ist das Telefongespräch vom 08.02.2007 auch inhaltlich als Rüge im Sinne des § 107 Ans. 3 GWB zu verstehen. Von Bewerberseite wurde klar zum Ausdruck gebracht, dass man der Ansicht sei, dass ein vergaberechtswidriges Verhalten des Auftraggebers vorliege und dass man erwarte, der Auftraggeber ändere die behaupteten vergaberechtswidrigen Zustände. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass Frau xxxx, Mitarbeiterin des Auftraggebers, in der mündlichen Verhandlung bestätigte, das Gespräch oder die Information sei in sehr geballter Form an sie herangereicht worden. Sie habe aus diesem Grunde auch gesagt, dass sie das Gespräch an ihren Vorgesetzten weiterleiten würde und sie habe im Nachgang darum gebeten, dass das auch noch schriftlich geäußert werde, weil sie dem gesamten Komplex der Vorwürfe in dem Augenblick nicht abhelfen habe können.
Die Rüge ist auch unverzüglich nach positiver Kenntnis der behaupteten Vergaberechtsverstöße erfolgt. Wenn die Bietergemeinschaft -wie vorliegend- aufgrund der endgültigen Weigerung des Auftraggebers, sich im Weiteren mit den bereits gerügten Sachverhalten zu beschäftigen, nicht mehr gehalten ist, sich konkret auf die bereits durch ein Mitglied der Biergemeinschaft erhobenen Rügen zu beziehen, so muss sie sich im Sinne der Präklusionsregel des § 107 Abs. 3 GWB zumindest die positive Kenntnis sowie die Rüge des Mitglieds der Bietergemeinschaft zurechnen lassen. Ansonsten würde der Sinn und Zweck des § 107 Abs. 1 GWB, der den Bieter veranlassen soll, erkannte Vergaberechtsverstöße unverzüglich zu rügen, um dem Auftraggeber im Sinne einer beschleunigten Durchführung des Vergabeverfahrens Gelegenheit zu geben, die Vergaberechtsverstöße zu beseitigen, ins Leere laufen. Mit der Präklusionsregel des § 107 Abs. 3 GWB soll gerade vermieden werden, dass der Bieter einen Vergaberechtsverstoß im "Köcher" hält, um ihn dann zu "verwenden", wenn es ihm günstig erscheint. Die Antragstellerin hat vorgetragen, man habe die Fehler der Leistungsbeschreibung erst nach den durchgeführten Vor-Ort-Besichtigungen am 07.02.2007 erkannt. Die Verdingungsunterlagen hat die AA GmbH nach ihren eigenen Angaben erst am 26.02.2007 erhalten. Aufgrund der Aussage des Auftraggebers, dass es bei der Versendung der Verdingungsunterlagen zu Verzögerungen gekommen sei, sieht die erkennende Vergabekammer keinen Grund an dieser Aussage der Antragstellerin zu zweifeln. Der Bieter muss nicht sofort nach Erhalt der Verdingungsunterlagen diese auf mögliche Vergaberechtsverstöße prüfen. Für die Beanstandung eines Bieters, ihm würden mit den Vergabeunterlagen Angaben abverlangt, die objektiv nicht möglich und deshalb vergabewidrig seien, beginnt die Rügefrist des § 107 Abs. 3 GWB spätestens mit dem Beginn der Ausarbeitung des eigenen Angebots, weil der Bieter jedenfalls zu diesem Zeitpunkt den aus seiner Sicht rügebedürftigen Inhalt der Ausschreibung festgestellt hat und ihn dann gegenüber dem Auftraggeber nicht mehr unbeanstandet lassen darf ) OLG Dresden, Beschluss vom 11.09.2006 – WVerg 13/06).
Die Antragstellerin hat vorgetragen man habe zunächst Hersteller kontaktieren müssen und sei erst nach Durchführung der Vor-Ort-Termine so weit mit der Durcharbeitung der Leistungsbeschreibung gewesen, dass die fehlende Produktneutralität zu erkennen gewesen sei. In der mündlichen Verhandlung führte die Antragstellerin aus, man habe zur Bearbeitung des Angebots ca. 3 Leute 10 Tage lang telefonieren lassen. Herr xxxx aus dem Hause habe die Verteilung der Arbeit vorgenommen. Er sei auch als Sachbearbeiter mit anderen Aufgaben betraut gewesen. In der Woche nach Erhalt der Verdingungsunterlagen sei man dann erstmal mit den Besichtigungsterminen beschäftigt gewesen. Der letzte Vor-Ort-Besichtigungs-Termin, an dem die AA GmbH teilgenommen hat, war Freitag der 02.02.2007. Insoweit ist die Behauptung nachvollziehbar, dass man erst in der Woche nach dem 02.02.2007, nachdem ca. 10 Tage mit möglichen Herstellern telefoniert wurde, positive Kenntnis von den behaupteten Mängeln des Leistungsverzeichnisses hatte. Auch der Umstand, dass die antragstellende Bietergemeinschaft sich erst am 14.02.2007 konstituiert hat, stützt diese Aussage. Die erkennende Vergabekammer hat infolge dessen keinen Grund daran zu zweifeln, dass erst am 07.02.2007 positive Kenntnis von den Mängeln des Leistungsverzeichnisses bestand.
Gleiches gilt für die behaupteten Verbindungen zwischen CCC, der Sxx AG und der Beigeladenen sowie der Behauptung, die Beigeladene werde den Zuschlag erhalten. Die Antragstellerin behauptet, die AA GmbH habe auch hierzu erst am 07.02.2007 positive Kenntnis gehabt. Die erkennende Vergabekammer hat auch im Ergebnis der mündlichen Verhandlung keinerlei Erkenntnisse darüber, dass vorher positive Kenntnis über diesen Umstand feststellbar ist. Das OLG Dresden sieht als Obergrenze eine Regelfrist für die Beanstandung von Vergabemängeln "durchschnittlichen Zuschnitts" von einer Woche an (OLG Dresden, Beschluss vom 06.04.2004, Az. WVerg 1/04). Demnach ist vorliegend nicht von einer Rügepräklusion auszugehen.
ec) Rüge vom 09.02.2007
Mit Schreiben vom 09.02.2007 teilte die AA GmbH dem Auftraggeber im Wesentlichen mit, dass das Beratungsunternehmen CCC nicht neutral sei; die Beigeladene eine enge Kooperation mit Sxx und FSYY habe und Herr xxx, der im Vergabeverfahren mitwirke, als ehemaliger Mitarbeiter der Sxx AG bekannt sei und damit die Beratertätigkeit als solche unzulässig sei. Die erkennende Vergabekammer ist der Auffassung, dass die hiermit erhobenen Rügen bereits durch die Rüge vom 08.02.2007 gedeckt sind. Was die inhaltlichen Anforderungen an eine Rüge angeht, fordert § 107 Abs. 3 GWB lediglich die Angabe von Verstößen gegen Vergabevorschriften. Im Sinne der Gewährung effektiven Rechtsschutzes sind an die Rüge daher nur geringe Anforderungen zu stellen (1. VK Bund, B. v. 16.06.2006 – Az.: VK 1-34/06; VK Hamburg, B. v. 03.11.2005 – Az.: VK BSU-3/05; VK Brandenburg, B. v. 16.12.2004 – Az.: VK 70/04; VK Arnsberg, B. v. 10.09.2004 – Az.: VK 1-15/2004).
Soweit die Rüge sich darauf bezieht, der Zeitrahmen zur Abgabe eines Angebots sei zu kurz, so ist von einer materiellen Präklusion im Sinne des § 107 Abs. 3 GWB auszugehen. Zwar wurde in der EU-Bekanntmachung vom 16.02.2007 der Abgabetermin für die Angebote 12.02.2007 benannt. Hierfür wäre eine Rügefrist im Sinne des § 107 Abs. 3 S. 2 GWB , bis zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe, maßgeblich gewesen. Vorliegend hat jedoch der Auftraggeber sowohl in Anbetracht der verzögerten Versendung der Verdingungsunterlagen als auch in Anbetracht der von Bewerbern erhobenen Rügen mit Schreiben vom 30.01.2007 mitgeteilt, nunmehr seien die Angebote bis zum 16.02.2007 abzugeben. Damit gilt hinsichtlich dieses Umstandes nicht mehr die Frist des § 107 Abs. 3 S.2 GWB, sondern die des § 107 Abs. 3 S.1 GWB. Die der Vergabekammer überlassene Vergabeakte enthält weder die Dokumentation der Absendung des Schreibens vom 30.01.2007, noch einen Zugangsnachweis bei der AA GmbH. Ob es sich hier um einen Dokumentationsmangel handelt, oder ob die Vergabeakte insoweit unvollständig ist, brauchte nicht weiter vertieft werden. Die Rüge vom 09.02.2007 (Freitag) ging beim Auftraggeber erst nach 21.00 Uhr ein. Eine Kenntnisnahme der Rüge ist nach der Verkehrsanschauung nicht zu erwarten, wenn ein Telefax außerhalb der üblichen Bürozeiten zugeht. Danach ist das Rügeschreiben, welches dem Auftraggeber an einem Freitag, nach Büroschluss, zugefaxt wird, erst am darauffolgenden Montag zugegangen, da diese Uhrzeit außerhalb der üblichen Bürozeiten liegt (VK Sachsen, Beschluss vom 10.08.2006 – 1/SVK/079-06). Damit ist erst von einem Zugang am Montag, 12.02.2007, beim Auftraggeber auszugehen. In Anbetracht der aufhebungsrelevanten Mängel des Vergabeverfahrens kam es vorliegend nicht mehr darauf an, abschließend festzustellen, wann tatsächlich positive Kenntnis des neuen Abgabetermins vorlag.
Etwas anderes hinsichtlich der festzustellenden positiven Kenntnis gilt für den nunmehr gerügten Zeitrahmen der Vor-Ort-Besichtigungen. Diese waren den Bietern bereits mit Erhalt der Verdingungsunterlagen bekannt. Vorliegend ist dies nach Aussage der Antragstellerin der 26.02.2007. Die veränderten Vor-Ort-Termine wurden den Bewerbern ebenfalls mit o.g. Schreiben vom 30.01.2007 mitgeteilt. Auch wenn nicht nachgehalten werden kann, wann die AA GmbH dieses Schreiben erhalten hat, so ist festzustellen, dass sie an den Vor-Ort-Besichtigungen teilgenommen und somit davon Kenntnis hatte. Soweit diese Rüge nach Durchführung der Vor-Ort-Termine erfolgte, ist sie präkludiert. Zwar sieht das OLG Dresden als Obergrenze eine Regelfrist für die Beanstandung von Vergabemängeln "durchschnittlichen Zuschnitts" von einer Woche an (OLG Dresden, Beschluss vom 06.04.2004, Az. WVerg 1/04). Hierbei ist jedoch von einer Obergrenze einer Regelfrist auszugehen. Das Merkmal der Unverzüglichkeit ist kein feststehender Rechtsbegriff. Dass die Vor-Ort-Termine nicht ausreichend sind, ist ein Umstand, der keine größeren Recherchen erfordert. Zudem ist Sinn und Zweck der Rüge, dem Auftraggeber Gelegenheit zu geben, vergaberechtskonforme Zustände herzustellen. Insoweit ist es dem rügenden Bieter zuzumuten, vor den Terminen, bis zum Abschluss des Termines bzw. unmittelbar nach Abschluss der Termine in Kenntnis der unzureichenden Durchführung der Termine eine Rüge zu erheben. Das Zuwarten von 1 Woche bis zur Rügeerhebung ist nach Auffassung der erkennenden Vergabekammer vorliegend nicht mehr vom Merkmal der Unverzüglichkeit gedeckt. Damit ist die Antragstellerin hinsichtlich dieses Vortrags präkludiert. Soweit sich die Antragstellerin mit ihrer Rüge vom 09.02.2007 detaillierter auf die fehlende Produktneutralität der Ausschreibung bezieht, liegt insoweit bereits schon eine telefonische Rüge vom 08.02.2007 vor. Was die inhaltlichen Anforderungen an eine Rüge angeht, fordert § 107 Abs. 3 GWB lediglich die Angabe von Verstößen gegen Vergabevorschriften. Im Sinne der Gewährung effektiven Rechtsschutzes sind an die Rüge daher nur geringe Anforderungen zu stellen (1. VK Bund, B. v. 16.06.2006 – Az.: VK 1-34/06; VK Hamburg, B. v. 03.11.2005 – Az.: VK BSU-3/05; VK Brandenburg, B. v. 16.12.2004 – Az.: VK 70/04; VK Arnsberg, B. v. 10.09.2004 – Az.: VK 1-15/2004). Damit ist der nunmehr gerügte Sachverhalt im Wesentlichen von der Rüge vom 08.02.2007 gedeckt.
Soweit die AA GmbH mit Schreiben vom 09.02.2007 gerügt hat, die Leistungsbeschreibung sei unvollständig, unklar, es handele sich um eine Softwareentwicklungs- statt Lieferausschreibung, die Ausschreibung bürde dem Bieter ein unzumutbares Wagnis dahingehend auf, dass der Bieter umfangreiche Planungleistungen zu erbringen und einen Wartungsvertrag auszuarbeiten habe, die Freizeichnungsklauseln in den Verdingungsunterlagen seien unzulässig, es sei nicht ersichtlich, ob ein dezentrales oder zentrales Serverkonzept verlangt werde, die Leistung sei überdimensioniert, das Wertungssystem sei nicht nachvollziehbar und die geforderten Deckungssummen der Haftpflichtversicherung seien unangemessen, hat die Antragstellerin behauptet, man habe hierzu erst positive Kenntnis am 07.02.2007 gehabt. Die Vergabekammer hat vorliegend keine konkreten Zweifel daran, dass diese Aussage unrichtig ist. Insoweit wird auf die Ausführungen unter II.eb) verwiesen. Es muss aufgrund des Zeitpunktes des "Durcharbeitens" der Verdingungsunterlagen nicht notwendigerweise eine frühere positive Kenntnis der behaupteten Vergaberechtsverstöße vermutet werden. Auch diesbezüglich geht die erkennende Vergabekammer davon aus, dass die Rügeobliegenheit des § 107 Abs. 3 GWB erfüllt wurde.
ed) Rüge vom 14.02.2007
Die AA GmbH hat mit der Rüge vom 14.02.2007, per Fax am 14.02.2007 beim Auftraggeber eingegangen, im Wesentlichen ihren Rügevortrag wiederholt und konkretisiert. Als hinsichtlich der Zulässigkeit zu betrachtender neuer Rügevortrag ist lediglich anzusehen, dass beanstandet wird, es seien keine ausreichenden Raumpläne vorgelegt worden. Nach Ansicht der erkennenden Vergabekammer ist die Rüge präkludiert. Es ist der AA GmbH. zuzugestehen, sie sei mit der Durcharbeitung der Verdingungsunterlagen am 07.02.2007 so weit gewesen, dass Vergaberechtsverstöße erkennbar gewesen seien. Das OLG Dresden sieht als Obergrenze eine Regelfrist für die Beanstandung von Vergabemängeln "durchschnittlichen Zuschnitts" von einer Woche an (OLG Dresden, Beschluss vom 06.04.2004, Az. WVerg 1/04).
Vorliegend kann für den geltend gemachten Verstoß diese Obergrenze keine Anwendung finden. Es ist nicht ersichtlich, warum der behauptete Vergabeverstoß nicht bereits mit Rüge vom 09.02.2007 gerügt wurde. Die Rüge vom 09.02.2007 lässt eine ausreichende Auseinandersetzung auch mit komplexen Fragen des Leistungsverzeichnisses erkennen. Vor dem Hintergrund ist es zu erwarten, dass eine recht einfach gelagerte Frage wie die Vorlage der Raumpläne unverzüglich, was vorliegend aufgrund der Einfachheit des Sachverhalts bedeutet, deutlich unterhalb einer Woche nach Durcharbeiten der Verdingungsunterlagen zu rügen ist. Das Nachschieben des behaupteten Vergaberechtsverstoßes ist nicht mehr vom Merkmal der Unverzüglichkeit gedeckt. Die Antragstellerin ist insweit mit diesem Vortrag präkludiert.
ef) Ausschlussgründe im Angebot der Beigeladenen
Einer Rüge hinsichtlich der Ausschlussgründe im Angebot der Beigeladenen im Sinne des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB hat es vorliegend nicht bedurft. Der Antragstellerin kann nicht unterstellt werden, sie habe vor Beginn des Nachprüfungsverfahrens Kenntnis gehabt, dass hinsichtlich ihres und anderer Angebote zwingende Ausschlussgründe vorgelegen hätten. Die Antragstellerin bezieht sich insoweit auf die Kenntnis aus der gewährten Akteneinsicht. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB ist nach seinem Wortlaut und Sinn nur auf "im Vergabeverfahren", aber nicht auf erst "im Nachprüfungsverfahren" erkannte Vergaberechtsverstöße anwendbar. Daher entfällt die Rügeobliegenheit für solche Vergaberechtsfehler, die der antragstellenden Partei erst während des laufenden Vergabenachprüfungsverfahrens bekannt werden (VK Sachsen, Beschluss vom 11.08.2006 – 1/SVK/073-06, VK Sachsen, Beschluss vom vom 09.11.2006 – 1/SVK/095-06).
f) Die in § 108 Abs. 2 GWB genannten Mindestanforderungen hat die Antragstellerin erfüllt.
2. Der teilweise zulässige Antrag der Antragstellerin ist begründet.
Die Antragstellerin ist in ihren Rechten aus § 97 Abs. 7 GWB verletzt.
2.1. Aufhebung des Vergabeverfahrens wegen Verstoßes gegen § 22 Nr. 3 lit. b) VOL/A
Dem Auftraggeber ist aufzugeben, die Ausschreibung aufzuheben, da die Angebote nicht auseichend gekennzeichnet wurden.
§ 22 Nr. 3 lit. b) S. 2 VOL/A fordert, dass die Angebote geöffnet und in allen wesentlichen Teilen einschließlich der Anlagen gekennzeichnet werden.
Eine mit Bleistift aufgetragene eingekreiste Ziffer auf den Angeboten erfüllt die Kennzeichnungspflicht entsprechend § 22 Nr. 3 VOL/A nicht. § 22 Nr. 3 VOL/A verlangt die Kennzeichnung der Angebote in allen wesentlichen Teilen einschließlich der Anlagen. Die Beschränkung auf "wesentliche Teile" bezieht sich auf alle Seiten, die später für den Vertragsinhalt von Bedeutung sind, d. h. vor allem der Preisangaben und alle sonstigen Erklärungen, die gemäß der Ausschreibung abzugeben waren. Die Kennzeichnung erfolgt üblicherweise durch Datierung und Lochung. Sie soll verhindern, dass nachträglich einzelne Bestandteile der Angebote ausgetauscht oder entfernt und damit die Angebote manipuliert werden (vgl. Müller-Wrede, Kommentar zur VOL/A, 1. Aufl., § 22 Rn. 9). Mit der Kennzeichnung soll auch der ordnungsgemäße, faire Wettbewerb sichergestellt werden (VK Sachsen, Beschluss vom 24.02.2005, 1/SVK/004-05). So hat der Auftraggeber in der mündlichen Verhandlung durch Frau xxx angegeben, die Kennzeichnung sei durch Herrn xxxx von der Auftragsberatungsstelle Sachsen e.V. bei Angebotsöffnung im Wege der Lochung durchgeführt worden. Vorliegend ist das Angebot der Beigeladenen nicht vollständig gekennzeichnet. Im Ordner 2 des Angebots wurde weder der Geschäftsbericht, noch die anliegende CD-Hülle gekennzeichnet. An diesen Unterlagen finden sich nicht die ansonsten in den Ordnern 1 und 2 des Angebots durchgeführten Lochkennzeichnungen. Dass diese wesentliche Bestandteile des Angebots der Beigeladenen sind, steht außer Streit. Die Beigeladene hat sich hinsichtlich der in der Vergabebekanntmachung und der Aufforderung zur Angebotsabgabe geforderten Umsatz- und Beschäftigtenzahlen sowohl im Anschreiben als auch im Vergabenachprüfungsverfahren auf den Geschäftsbericht bezogen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Beigeladene darüber hinaus mitgeteilt, geforderte Angaben aus der Vergabebekanntmachung fänden sich auf der beigefügten CD-ROM, die in den Angebotsordner 2 eingeheftet gewesen sei. Darüber hinaus sind die Angebotsordner 3 und 4 der Beigeladenen gar nicht gekennzeichnet. Diese Ordner enthalten Datenblätter für die zu verwendenden Systemkomponenten. Das Angebot der Antragstellerin ist zudem nicht einheitlich gekennzeichnet. So findet sich hier zum einen bereits die benannte Lochkennzeichnung. Zum anderen wurden zwei unleserliche Namenskürzel verwendet. Wann diese letztgenannte Kennzeichnung durchgeführt wurde, erschließt sich nicht aus der Vergabeakte.
Die im Sinne vom § 22 VOL/A unterlassene Kennzeichnung der vorgelegten Angebote stellt einen gravierenden Vergaberechtsverstoß dar, der objektiv selbst durch eine Rückversetzung des Vergabeverfahrens auf den Zeitpunkt der Angebotseröffnung kein rechtmäßiges Vergabeverfahren mehr erwarten lässt. Damit können die entsprechend § 22 Nr. 3 VOL/A erforderlichen Feststellungen durch den Auftraggeber nicht mehr zweifelsfrei getroffen werden. Der Auftraggeber hat keine Möglichkeit bei einer Verpflichtung durch die Vergabekammer zur erneuten Prüfung der Angebote diesen Kennzeichnungsmangel zu heilen (VK Sachsen, Beschluss vom 24.02.2005, 1/SVK/004-05). Schon alleine aus diesem Grunde war das Vergabeverfahren aufzuheben.
Der Auftraggeber konnte der Vergabekammer auch nicht darlegen, dass er durch andere geeignete Maßnahmen gewährleistet hat, dass nachträgliche Fälschungen der Angebote verhindert oder zumindest erschwert werden und somit ein ordnungsgemäßer Wettbewerb sichergestellt war. Im Gegenteil. Vielmehr ist sogar von einer Verletzung des § 22 Nr. 6 Abs. 1 S. 1 VOL/A auszugehen. Demnach sind die Angebote und ihre Anlagen sorgfältig zu verwahren und vertraulich zu behandeln. In der mündlichen Verhandlung führte Frau xxxx, Mitarbeiterin des Auftraggebers aus, man habe nach Öffnung der Angebote, diese zur weiteren Auswertung Herrn xxx übergeben. Herr xxxxx, der Mitarbeiter der SXX & Co. KG ist, habe die weitere Wertung der Angebote vorgenommen und den Vergabevorschlag erarbeitet. Herr xxxx erklärte, er habe die Angebote in die Betriebsräume des Sxx-Konzerns in xxxx verbracht. Frau xxxxxx erklärte, man habe sich auch zuvor keine Kopien von den Angeboten gezogen. Insbesondere das Verbringen der Angebote in die Räume eines Konzerns, der über eine Beteiligung an FSYY als Lieferant für die Bieter der streitgegenständlichen Ausschreibung in Frage kommt und der ausweislich der Rügen vom 08.02.2007 und vom 09.02.2007 bereits in den Verdacht gekommen war, bevorzugter Hersteller der Ausschreibung zu sein, stellt einen schweren Vergabeverstoß dar, weswegen nicht von einer ordnungsgemäßen Verwahrung auszugehen ist. Hinzu kommt, dass der Auftraggeber die Gewalt über die Angebote komplett aus der Hand gegeben hat. Mangels gefertigter Kopien ist es dem Auftraggeber auch gar nicht mehr möglich, festzustellen, ob die vorliegenden Angebote tatsächlich den abgegebenen Angeboten entsprechen. Die Vergabekammer lässt insoweit die Frage offen, ob bereits diese schwerwiegenden Vergaberechtsverstöße für sich allein genommen die Aufhebung der Ausschreibung rechtfertigen würden, wofür vorliegend vieles spricht.
Insoweit ist der Vergabenachprüfungsantrag bereits aufgrund des zuvor Dargelegten begründet. Im Übrigen war er abzuweisen.
2.2. Verbot der Zuschlagserteilung, wenn alle Angebote an einem gleichwertigen Mangel leiden
Darüber hinaus stellt die erkennende Vergabekammer fest, dass dem Auftraggeber die Zuschlagserteilung an die Beigeladene zu untersagen wäre, wenn nicht bereits schon -wie oben festgestellt- die Ausschreibung aufzuheben wäre.
Die Vergabekammer stellt fest, dass auch alle anderen abgegebenen Angebote, insbesondere auch das Angebot der Beigeladenen an mindestens einem gleichwertigen Mangel leiden und deswegen zwingend auszuschließen gewesen wären. Demzufolge wäre, für den Fall, dass die erkennende Vergabekammer nicht festgestellt hätte, die Ausschreibung wäre aufzuheben, durch die erkennende Vergabekammer im Sinne der Rechtsprechung des BGH (BGH, Beschluss vom 26.09.2006 – X ZB 14/06) ein Zuschlagsverbot zu Lasten des Angebots der Beigeladenen zu verfügen gewesen.
Wenn alle Angebote in bestimmter Hinsicht unvollständig und deshalb von der Wertung auszuschließen sind, kann auch ein Bieter, dessen Angebot an einem weiteren Ausschlussgrund leidet, verlangen, dass eine Auftragsvergabe in dem eingeleiteten Vergabeverfahren unterbleibt.
Demzufolge hatte die Vergabekammer zu prüfen, ob alle vorgelegten Angebote an gleichwertigen ausschlussrelevanten Mängeln leiden.
Der BGH (Beschluss vom 26.09.2006 – X ZB 14/06) lässt offen, was unter einem gleichwertigen Mangel zu verstehen ist. Aus diesem Grunde ist auch bei Kenntnis des Beschlusses des OLG Karlsruhe (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 06.02.2007 – 17 Verg 5/06) festzustellen, was unter einem gleichwertigen Mangel zu verstehen ist.
Hinsichtlich der Gleichwertigkeit des Mangels hält die erkennende Vergabekammer an Ihrer Auffassung im Beschluss vom 13.04.2006 (Az.:1/SVK/028-06), im Beschluss vom 09.11.2006 (1/SVK/095-06) und im Beschluss vom 03.01.2007 (1/SVK/111-06) fest, dass ein Mangel dann gleichwertig ist, wenn das Angebot des Bieters auf der gleichen Wertungsstufe auszuschließen ist. Die erkennende Vergabekammer ist der Ansicht, dass eine Vergabestelle in Anwendung des Gleichheitsgrundsatzes auf jeder Wertungsstufe den gleichen Maßstab an die Wertung der abgegeben Angebote zu legen hat. Ein gleichwertiger Mangel liegt im Umkehrschluss auch dann vor, wenn das Angebot des sich auf die Gleichbehandlung berufenen Bieters auf einer späteren Wertungsstufe auszuschließen ist, Angebote andere Bieter hingegen bereits auf einer vorherigen Wertungsstufe auszuschließen sind. Insofern ist der Begriff gleichwertig als "mindestens" gleichwertig zu definieren (VK Sachsen, Beschluss vom 09.11.2006 – 1/SVK/095-06). Dem steht auch nicht die Entscheidung des OLG Rostock vom 05.07.2006, Az.: 17 Verg 7/06 nicht entgegen, weil im Wege der Amtsermittlung gegebenfalls zu klären ist, ob der Antragsteller überhaupt durch einen Vergaberechtsfehler in seinen Rechten betroffen sein kann, oder ob dies abzulehnen ist, weil das Angebot des Antragstellers nicht zuschlagsfähig ist.
Dass das Angebot eines Antragstellers nicht schon vom Auftraggeber ausgeschlossen worden ist, hindert die Vergabekammer nicht, im Ergebnis eines Vergabenachprüfungsverfahrens einen zwingenden Ausschlussgrund festzustellen. Denn zum einen obliegt der Vergabekammer ein Amtsermittlungsgrundsatz, zum anderen ist in Auslegung der Entscheidung des BGH, Beschluss vom 26.09.2006, Az: X ZB 14/06, davon auszugehen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter auch die Nachprüfungsinstanzen verpflichtet, die Angebote, die an einem gleichwertigen Mangel leiden, vergaberechtlich gleich zu behandeln (VK Sachsen, Beschluss vom 11.01.2007 – 1/SVK/116-06).
2.2.1. Betrachtung der Angebote der anderen Bieter hinsichtlich gleichwertiger Mängel
Zunächst hatte die erkennende Vergabekammer zur Feststellung des Vorliegens gleichwertiger Mängel aus Sicht der die Aufhebung begehrenden Antragstellerin bei Berücksichtigung der Mängel der vorliegenden Angebote festzustellen, welche Wertungsstufen für diese Beurteilung vorliegend relevant sind und insbesondere, welche Mängel auf welcher Stufe zu einem zwingenden Ausschluss führen würden:
Insgesamt wurden drei Angebote abgegeben.
I. Formale Angebotswertung ( 1. Wertungsstufe)
Ausschlussgründe gemäß § 25 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A)
Das Angebot des dritten Bieters wurde wegen Änderung an den Verdingungsunterlagen nach § 25 Nr. 1 Abs. 1 d) i.V.m. § 21 Nr. 1 Abs. 4 VOL/A bereits vom Auftraggeber auf der ersten Wertungsstufe ausgeschlossen.
II. Eignungsprüfung
Die zum Nachweis der Eignung geforderten Belege unterfallen nicht dem Begriff der "Erklärungen" in § 21 Nr. 1 Abs. 1 Satz 3 VOB/A (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.10.2005 – Verg 40/05).
a) Gewerbezentralregisterauszug
In der Vergabebekanntmachung war gefordert, einen "Auszug aus dem Gewerbezentralregister, nicht älter als 3 Monate" vorzulegen. Die AA GmbH hat jedoch einen Gewerbezentralregisterauszug vom 29.03.2006 vorgelegt.
aa) Zulässigkeit der Anforderung
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin war die Vorgabe, "Gewerbezentralregisterauszug nicht älter als 3 Monate" zwingend zu erfüllen. Soweit die Antragstellerin behauptet, es ergebe sich daraus ein Widerspruch, dass in den Verdingungsunterlagen gerade nicht diese Anforderung wiederholt wurde, vermag die erkennende Vergabekammer diesem nicht folgen. Gemäß § 7 Nr. 4 VOL/A zulässigerweise geforderte, aber mit dem Angebot nicht abgegebene Nachweise zur Zuverlässigkeit eines Bieters führen dazu, dass dieses Angebot von der Wertung zwingend auszuschließen ist, ohne dass es darauf ankommt, ob der Auftraggeber sich insoweit ein Ausschlussermessen vorbehalten oder sich, gleich in welchem Stadium der Wertung, auf diesen Ausschlussgrund berufen hat. Denn im vorliegenden Fall bringt schon die Vergabebekanntmachung selbst mit hinreichender Klarheit zum Ausdruck, welche Zuverlässigkeitsnachweise ein Bieter mit dem Angebot – vergaberechtskonform – vorzulegen hatte. (OLG Dresden, Beschluss vom 17.10.2006 – WVerg 15/06). Insoweit ist festzustellen, dass gerade die Vorgabe in der Vergabebekanntmachung bindend ist. Zwar wird auch die Auffassung vertreten, dass es sachgerecht und ganz herrschende Praxis sei, den Verdingungsunterlagen für das Verständnis der Verdingungsbedingungen aufgrund der Tatsache, dass die Verdingungsunterlagen der Veröffentlichung nachfolgen und die wesentlich eingehendere Befassung mit dem Beschaffungsvorhaben des Auftraggebers darstellen, gegenüber der Veröffentlichung den Vorrang zu geben (VK Düsseldorf, B. v. 22.7.2002 – Az.: VK-19/2002-L). Diesem kann sich die erkennende Vergabekammer jedoch im vorliegenden Einzelfall nicht anschließen. Zum einen formuliert § 7 a Nr. Abs 3 VOL/A ganz eindeutig die Pflicht gewisse Nachweise -wenn auch nicht die hier in Streit stehenden- in der Vergabebekanntmachung bekannt zu geben. Hieraus lässt sich die Verpflichtung des Bieters entnehmen, die Vorgaben der Vergabebekanntmachung genau zu beachten. Zum anderen ist vorliegend ein Widerspruch zu den Verdingungsunterlagen gerade nicht zu erkennen, selbst wenn die Antragstellerin behauptet, die Verdingungsunterlagen würden diesbezüglich ein "Minus" enthalten. Die Bieter hatten sich zunächst an die klar formulierte Vorgabe in der Vergabebekanntmachung zu halten. Entscheidungsgrundlage für einen Bewerber ist im Lichte der im folgenden dargestellten Rechtsprechung zur unterschiedlichen Angabe von Zuschlagskriterien in der Vergabebekanntmachung und den Verdingungsunterlagen ist die Bekanntmachung. Aus dieser entnimmt der Bewerber die zu erbringende Leistung, aber auch den von der Vergabestelle gesetzten Rahmen, u. a. die Kriterien für die Zuschlagserteilung. Wenn die Bekanntmachung und deren Inhalt aber die Entscheidungsgrundlage für einen potentiellen Bewerber bezüglich der Teilnahme am Wettbewerb ist, sind diese von der Vergabestelle gemachten Angaben auch im Vergabeverfahren beizubehalten. Dieses umso mehr, wenn andere Kriterien für die Zuschlagserteilung bei einem mehr in der Aufforderung zur Angebotsabgabe geeignet wären sich beteiligende Bewerber schlechter zu stellen als im Anwendungsfall der Kriterien aus der Bekanntmachung, bzw. im Umkehrfall bei einem weniger sich u. U. ein größerer Bewerberkreis an der Ausschreibung hätte beteiligen können (Wettbewerbseinschränkung durch Abschreckung). Dies bedeutet, dass in einem Fall der Nichtübereinstimmung von Kriterien für die Zuschlagserteilung laut Bekanntmachung und Aufforderung zur Angebotsabgabe diejenigen der Bekanntmachung zur Anwendung zu kommen haben (VK Schleswig-Holstein, B. v. 12.07.2005 – Az.: VK-SH 14/05; 1. VK Sachsen, B. v. 17.06.2005 – Az.: 1/SVK/058-05; VK Thüringen, B. v. 28.11.2002 – Az.: 216-4002.20-057/02-EF-S).
Bei entsprechenden Zweifeln wären die Bieter gehalten gewesen, diese unverzüglich gegenüber dem Auftraggeber zu rügen. Bis Angebotsabgabe wurde von keinem Bieter eine entsprechende Rüge erhoben. Zudem haben ja auch beide Mitglieder der Antrag stellenden Bietergemeinschaft einen Gewerbezentralregisterauszug- wenn auch im Fall der AA GmbH., einen veralteten- vorgelegt. Insoweit kann sich die Antragstellerin gerade nicht darauf berufen, es sei anhand der Verdingungsunterlagen nicht erkennbar gewesen, dass ein Gewerbezentralregisterauszug gefordert gewesen sei.
Soweit sich die Antragstellerin darauf bezieht, in den Verdingungsunterlagen finde sich kein Bezug zur Vergabebekanntmachung, so ändert dies nichts an der Tatsache, dass ein aktueller Gewerbezentralregisterauszug zwingend gefordert war. Zwar hat der Auftraggeber tatsächlich die Vorschrift des § 9 a Nr. 1 S. 1 lit. a VOL/A verletzt, in dem er in der Aufforderung der Angebotsabgabe keinen Hinweis auf die veröffentlichte Bekanntmachung gegeben hat. Die erkennende Vergabekammer ist im Hinblick auf die bereits benannte Rechtsprechung zur unterschiedlichen Angabe von Zuschlagskriterien in der Vergabebekanntmachung und den Verdingungsunterlagen im vorliegenden Einzelfall der Auffassung, dass sich der fehlende Hinweis gerade nicht auf die Rechte der Antragstellerin auswirkt. Zum einen hatte der jeweilige Bieter Kenntnis von der Vergabebekanntmachung, denn auf deren Grundlage hat er ja nun die Verdingungsunterlagen abgefordert. Zum anderen ist festzuhalten, dass eine fehlende Bezugnahme auf die Vergabebekanntmachung im Hinblick auf die bereits zitierte Rechtsprechung zu unterschiedlichen Angaben von Zuschlagskriterien in der Bekanntmachung und den Verdingungsunterlagen allenfalls dazu führen könnte, dass der Bieter von unterschiedlichen Anforderungen in beiden Unterlagen auch hinsichtlich der Eignungsnachweise ausgeht, da in der Aufforderung zur Angebotsabgabe keine Bezugnahme auf die Bekanntmachung enthalten war. In diesem Fall wäre jedoch der Bieter gehalten, dies unverzüglich zu rügen. Insoweit wird auch auf die oben getätigten Aussagen verwiesen, dass im vorliegenden Einzelfall die Anforderung in der Vergabebekanntmachung maßgeblich ist. Im Übrigen haben offenkundig die Antragstellerin und die Beigeladene die Anforderungen dahingehend verstanden, dass die Anforderung in der Vergabebekanntmachung bindend ist und tatsächlich einen Gewerbezentralregisterauszug vorgelegt.
ab) Gleichwertigkeit der Präqualifizierungsbestätigung der Auftragsberatungsstelle Sachsen e.V.
Soweit die Antragstellerin der Auffassung ist, die Anforderung sei unzulässig, da die Präqualifizierungsbestätigung der Auftragsberatungsstelle nur einmal jährlich aktualisiert werden müsse, so kann die erkennende Vergabekammer diesem nicht folgen. Zum einen war die alternative Vorlage ausdrücklich in der Vergabebekanntmachung gestattet. Sofern die Antragstellerin hierdurch eine Abweichung der übrigen Anforderungen als begründet hätte ansehen können, so wäre sie gehalten gewesen, dieses im Sinne des § 107 Abs. 3, Satz 2 GWB unverzüglich zu rügen. Dies ist jedoch nicht geschehen.
Darüber hinaus hat der Auftraggeber schriftsätzlich dargelegt, dass die Präqualifizierungsstelle intern für eine 3-Monatige Aktualisierung der Gewerbezentralregisterauszüge der eingetragen Bieter sorgt und der Auftraggeber auf Anfrage entsprechenden Zugriff auf die Daten hat. Insofern kommt die Vergabekammer aufgrund der alternativen Möglichkeit der Vorlage einer Präqualifizierungsbestätigung zu dem Schluss, die Vorlage eines aktuellen Gewerbezentralregisterauszuges habe keine Gültigkeit. Eine entsprechende Präqualifizierungsbestätigung wurde von der Antragstellerin nicht vorgelegt.
ac) Vorlage des Gewerbezentralregisterauszuges durch jedes Mitglied der Bietergemeinschaft
Der Gewerbezentralregisterauszug als Nachweis der Zuverlässigkeit war von jedem Mitglied der Bietergemeinschaft vorzulegen. Ohne besondere entgegenstehende Anhaltspunkte ist regelmäßig davon auszugehen, dass es bei einer Bietergemeinschaft ausreichend ist, wenn geforderte Nachweise oder Eigenerklärungen zur Fachkunde oder zur Leistungsfähigkeit für ein Mitglied der Bietergemeinschaft vorgelegt werden, während die Zuverlässigkeit von jedem Mitglied der Bietergemeinschaft in der geforderten Art zu belegen ist (OLG Naumburg, Beschluss vom 30.04.2007 – 1 Verg 1/07). Damit war von beiden Mitglieder gesondert ein aktueller Gewerbezentralregisterauszug vorzulegen.
ad) Zwischenergebnis
Die Antragstellerin hat nicht den geforderten Gewerbezentralregisterauszug vorgelegt.
b) geforderte Umsatzzahlen
Sowohl in der Vergabebekanntmachung als auch in der Aufforderung zur Angebotsabgabe war gefordert, Angaben zum Gesamtumsatz des Unternehmens in den letzten 3 Geschäftsjahren im Sinne des § 7 a Nr. 3 Abs. 1 lit. d) VOL/A zu tätigen.
Die Beigeladene verwies in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der Umsatzzahlen auf den Geschäftsbericht der Konzernmutter, der mit Angebotsabgabe vorgelegt wurde. In der mündlichen Verhandlung bestätigte die Beigeladene, dass das Geschäftsjahr das Kalenderjahr sei. Im Übrigen habe sie keine Umsatzzahlen aus dem Jahr 2006 vorgelegt. Damit ist festzustellen, dass die Anforderung nicht erfüllt wurde. Die drei letzten Geschäftsjahre sind die Jahre 2004, 2005 und 2006. Eine Gleichbehandlung aller Bieter ist nur gewahrt, wenn diese Umsatzzahlen für den gleichen Zeitraum vorlegen. Die Antragstellerin hat Umsatzzahlen für 2004, 2005 und 2006 vorgelegt.
Soweit die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung vorträgt, zum Zeitpunkt der Ausschreibung habe der Geschäftsbericht 2006 noch nicht vorgelegen und die Daten für das zurückliegende Geschäftsjahr würden erst im Mai des darauffolgenden Jahres bekannt gegeben, so ändert dies nichts an der Einschätzung der Vergabekammer. Zum einen sind dies zunächst interne Betriebsabläufe der Beigeladenen, zum anderen wäre die Beigeladene gehalten gewesen, unverzüglich zu rügen, dass die Angabe der Umsatzzahlen von 2006 nicht zumutbar sei. In entsprechender Anwendung des § 107 Abs. 3 GWB ist die Beigeladene nunmehr mit diesem Einwand präkludiert und braucht nicht mehr dazu gehört zu werden.
Damit hat die Beigeladene nicht die geforderten Umsatzzahlen benannt.
Insoweit kam es nicht mehr darauf an, ob die geforderten Umsatzzahlen inhaltlich den Anforderungen entsprechen. Zunächst wurden nur Umsatzzahlen des Mutterkonzerns vorgelegt. In der mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, der Einzelumsatz der Beigeladenen ergebe sich aus der beigefügten CD-ROM und zwar nicht unter der Bezeichnung der Beigeladenen, sondern unter der Bezeichnung "operatives Geschäftsfeld, Geschäftskunden". Des Weiteren blieb strittig, ob die Beigeladene die Anforderung, "Angaben, aus denen das jährliche Mittel der vom Leistungserbringer in den letzten 3 Geschäftsjahren Beschäftigten und die Anzahl der leitenden Angestellten ersichtlich ist", erfüllt hat. In Anbetracht der nicht benannten Umsatzzahlen für 2006 kann jedoch auch dahinstehen, ob die entsprechenden Anforderungen erfüllt wurden. Im Übrigen war der Geschäftsbericht gerade nicht durch Kennzeichnung gelocht.
2.2.2. Gleichwertige ausschlussrelevante Mängel
Damit steht für die erkennende Vergabekammer fest, dass alle Angebote an einem zumindest gleichwertigen Mangel leiden. Diese führen auch zum zwingenden Angebotsausschluss.
Der dritte Bieter wurde bereits durch den Auftraggeber auf der ersten Wertungsstufe ausgeschlossen.
Die Antragstellerin und die Beigeladene sind zwingend auf der Zweiten Wertungsstufe auszuschließen.
Die genannten fehlenden Nachweise waren laut Vergabebekanntmachung dem Angebot beizufügen. Das Transparenzgebot des § 97 GWB erfordert es, dass der Bieter erkennen kann, auf welcher Grundlage die Wertung der Angebote erfolgt (Urteil des EuGH (Sechste Kammer) vom 12. Dezember 2002; Rechtssache C-470/99). Fordert der Auftraggeber bestimmte Nachweise und Erklärungen, unterwirft er sich hinsichtlich dieser Nachweise einer Selbstbindung (VK Sachsen, Beschluss vom 25.04.2006 – 1/SVK/031-06). Sehen die Ausschreibungsunterlagen durch die Formulierung "sind vorzulegen" vor, dass die Bieter ihre Eignung zur Auftragsdurchführung innerhalb der Frist zur Angebotsabgabe nachzuweisen haben, zieht die unterbliebene oder nicht rechtzeitige Vorlage der damit zwingend geforderten Eignungsnachweise zwangsläufig den Ausschluss des betroffenen Angebots nach sich. Ermessen steht dem Auftraggeber nicht zu (VK Schleswig-Holstein, Beschluss vom 16.09.2005, OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.01.2005 – Verg 58/04). Aus der Vergabebekanntmachung ergibt sich zweifelsfrei, dass der Gewerbezentralregisterauszug mit Angebotsabgabe vorzulegen war. Aus der Vergabebekanntmachung und der Aufforderung zu Angebotsabgabe ergibt sich auch zweifelsfrei, dass die Umsatzzahlen mit Angebotsabgabe vorzulegen waren.
Der Auftraggeber darf zum Beispiel nicht, wenn er die Vorlage bestimmter Unterlagen als Mindestanforderung verlangt, zugunsten eines Bieters auf die Erfüllung der Mindestanforderung verzichten. Ein solcher Verzicht wäre gegenüber anderen Bietern, die die Mindestanforderung erfüllen, oder gegenüber solchen Bietern, die von der Teilnahme an der Ausschreibung abgesehen haben, weil sie die Mindestanforderung nicht erfüllen können, ein Vergaberechtsverstoß (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 24. Juni 2002 – Verg. 26/02 ; OLG Celle, Beschluss vom 12.05.2005 – 13 Verg 5/05).
2.2.3. Zwischenergebnis
Der Vergabenachprüfungsantrag ist -sofern nicht wie vorliegend die Aufhebung der Ausschreibung durch die Vergabekammer zu veranlassen wäre- im Hinblick auf die Untersagung der Zuschlagserteilung an die Beigeladene zulässig und begründet. Die Angebote aller Bieter waren im Hinblick auf gleichwertige Mängel zwingend auszuschließen.
Die Antragstellerin wird dadurch in ihren Rechten betroffen, dass der Auftraggeber unter Missachtung der vorstehend erörterten Regeln für das Vergabeverfahren den Auftrag an die Beigeladene erteilen will. Es ist aber gerade Sinn des § 97 Abs. 7 GWB, Unternehmen das materielle Recht zu geben, Nachteile zu unterbinden, die sich aus der Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren ergeben können. Die Verletzung der Antragstellerin in ihren Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass deren Angebot angesichts weiterer Abweichungen von der Ausschreibung in jedem Fall von der Wertung im eingeleiteten Vergabeverfahren ausgeschlossen werden muss, also ein allein auf diese anderen Abweichungen gestützter, von dem Auftraggeber ausgesprochener Ausschluss des Angebots der Antragstellerin rechtmäßig wäre (BGH, Beschluss vom 26.09.2006 – X ZB 14/06).
Dabei muss es für die Feststellung der Rechtsverletzung als ausreichend angesehen werden, dass das Angebot der Antragstellerin und aller anderen Bieter zwingend auszuschließen gewesen wäre, der Auftraggeber dies jedoch nicht getan hat. Bei Herstellung vergaberechtsgemäßer Zustände müssten vorliegend alle Angebote zwingend ausgeschlossen werden. Demnach kann auch ein Bieter, dessen Angebot zu Recht ausgeschlossen wird, dessen Angebot zu Recht ausgeschlossen werden kann oder dessen Angebot ausgeschlossen werden muss, kann deshalb in seinen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt sein, wenn ein anderes Angebot trotz Missachtung von Bestimmungen über das Vergabeverfahren nicht ausgeschlossen wird und den Zuschlag erhalten soll oder wenn sich der beabsichtigte Zuschlag aus einem anderen Grund verbietet (BGH, Beschluss vom 26.09.2006 – X ZB 14/06).
2.3. Keine eigene Wertungsentscheidung des Auftraggebers
Zudem stellt die erkennende Vergabekammer fest, dass der Auftraggeber sich vergaberechtswidrig verhalten hat, indem er nicht selbst die Wertung vorgenommen hat und die Antragstellerin hierdurch in ihren Rechten verletzt ist.
Der Auftraggeber hat die Wertung der Angebote nach § 25 VOL/A selbst vorzunehmen.
Der Auftraggeber kann im Vergabeverfahren eine Beratung durch Sachverständige in Anspruch nehmen. Sie darf aber nicht alle Entscheidungen in dem Verfahren an den Berater delegieren und ihre Mitwirkung an dem Verfahren auf das "Abnicken" beschränken. Sie muss die Angebote prüfen und über eigenverantwortlich mögliche Ausschlussgründe und den Zuschlag entscheiden (VK Brandenburg, Beschluss vom 07.04.2006 – 2 VK 10/06).
Der durch Herrn xxxxx im Namen des CCC gefertigte Vergabevorschlag wurde unverändert dem Kreisausschuss zur Entscheidung vorgelegt. Zwar führte Frau xxxx, Mitarbeiterin des Auftraggebers, aus, diesen Vergabevorschlag des CCC habe sie gedanklich durchgearbeitet und habe hierzu noch mehrere Telefonate mit Herrn xxxxx und auch mit Herrn xxxxx geführt, was gedanklich in diesen Vergabevorschlag eingeflossen sei. Eine neue sprachliche Überarbeitung habe sie allerdings nicht vorgenommen. Die erkennende Vergabekammer stellt fest, dass der Vergabevorschlag, der von Herrn xxx unterzeichnet wurde, ohne jegliche Änderung lediglich unter Ausblenden der Unterschriftsleiste des Herrn xxxx durch Frau xxx an den Kreisausschuss weitergeleitet wurde und damit Grundlage der Vergabeentscheidung gewesen ist. Damit ist keinerlei eigene gedankliche Leistung des Auftraggebers im Vergabevorschlag dokumentiert worden. Und es liegt keine eigene Wertungsentscheidung des Auftraggebers im Sinne des § 25 VOL/A vor. Der Auftraggeber hat den von Herrn xxxxx erarbeiteten Wertungsvorschlag lediglich "abgenickt". Die Antragstellerin ist hierdurch auch in eigen Rechten nach § 97 Abs. 7 GWB verletzt, da sie Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Wertung durch den Auftraggeber hat.
3. Weitere Hinweise
Schließlich weist die Vergabekammer hilfsweise zur Vermeidung weiterer Vergabenachprüfungsverfahren auf folgendes hin:
3.1. Ausschluss von Herrn xxxxx und Herrn xxxxx nach § 16 Abs. 1 Nr. 3 b VgV
§ 16 Abs. 1 Nr. 3 b VgV setzt voraus, dass die betroffenen Personen als Beauftragter oder als Mitarbeiter eines Beauftragten des Auftraggebers tätig geworden sind. Wie sich aus der Vergabeakte und aus den Erkenntnissen der mündlichen Verhandlung ergibt, haben beide Personen das Vergabeverfahren maßgeblich durch beratende und entscheidende Funktionen betreut und begleitet. Herr xxxx wurde hierbei über einen Beratervertrag mit dem CCC tätig. Herr xxxx, der nicht Mitglied des CCC ist, wurde nach den Erkenntnissen der mündlichen Verhandlung ohne einen Beratungsvertrag tätig. Der Auftraggeber gab insoweit an, man sei fälschlicherweise davon ausgegangen, Herr xxxxx gehöre zum CCC. Beide Personen sind Mitarbeiter der SX xx & Co. KG, die eine Tochter der SXX AG ist. Sie wurden für die Tätigkeit im Vergabeverfahren von ihrem Arbeitgeber freigestellt.
Weitere Voraussetzung des § 16 Abs. 1 Nr. 3 b VgV ist, dass die auszuschließenden Personen bei Entscheidungen in einem Vergabeverfahren mitgewirkt haben. Auch dies kann eindeutig bejaht werden. So sollte der CCC durch Herrn XXX u.a. die Erstellung der Leistungsbeschreibung, Wertung der Angebote, Vorbereitung des Vergabevorschlags, Kontrolle der Leistungsdurchführung, Abnahme, Rechnungsprüfung durchführen. Herr xxxx war an der Vorbereitung der Ausschreibung maßgeblich beteiligt. Er wurde in die Erstellung der Leistungsbeschreibung einbezogen und nahm die Vor-Ort-Termine wahr. Die Durchführung entsprechender Tätigkeiten, insbesondere das Bearbeiten von Bieterrügen als auch die Erarbeitung des Wertungsvorschlages sind in der Vergabeakte dokumentiert.
Weitere Voraussetzung des § 16 Abs. 1 Nr. 3 b VgV ist, dass die Personen für ein in das Vergabeverfahren eingeschaltetes Unternehmen tätig ist, wenn dieses Unternehmen zugleich geschäftliche Beziehungen zum Auftraggeber und zum Bieter oder Bewerber hat.
Vorliegend kann es in Anbetracht der Tatsache, dass die Ausschreibung aufgrund schwerwiegender Vergabeverstöße aufzuheben ist, letztlich dahinstehen, ob diese Voraussetzung tatsächlich erfüllt ist.
Hinsichtlich künftiger Vergabeverfahren seien im Hinblick darauf folgende Bedenken geäußert.
Es erheben sich Zweifel an der Funktion und Neutralität des Beratungsvereins CCC.
Herr xxxx gab in der mündlichen Verhandlung an, dass er während der Arbeitszeit eine rein ehrenamtliche Tätigkeit für den Verein CCC übernehme. Dies würde bei SX als Sponsoring verstanden werden. Auf Fragen der Vergabekammer, wie man sich die Geschäftsräume des CCC vorstellen müsste, führte Herr xxx aus, in den Räumen eines Call-Centers in xxxx, stehe ein Aktenschrank, der sozusagen das beinhalte, was CCC betreffe. Man würde sich nicht an den Mieten der Geschäftsräume beteiligen. Herr xxxx sei kein Vereinsmitglied, sondern schlicht Mitarbeiter von SX.
In Rede stehen zudem Geschäftsbeziehungen der Beigeladenen mit FSX.
Das Unternehmen FSX Computers hat die xxxxxxxx. und SX AG.
Ausweislich der durch die Beigeladene mit dem Angebot vorgelegten Eignungsnachweise besteht zwischen der Beigeladenen und FSYY eine zertifizierte Partnerschaft als Corporate Partner.
Im Übrigen ist es nach Ansicht der Vergabekammer als unstreitig anzusehen, dass FSxx maßgeblich als Hersteller für die streitgegenständliche Ausschreibung in Betracht kommt.
§ 16 VgV regelt die Voreingenommenheit von natürlichen Personen, die auf Auftraggeberseite die Entscheidungen des Vergabeverfahrens beeinflussen. Für die Anwendung des § 16 VgV ist also entscheidend, dass sich die widerstreitenden Interessen des Auftraggebers und des Bieters/Bewerbers in einer natürlichen Person treffen, nicht in einer organisatorischen Einheit. VK Sachsen, Beschl. v. 29.5.2002, 1/SVK/44-02, 7.(Ingenstau/Korbion/Müller-Wrede, 15. Aufl., § 16 VgV Rdn. 1 – 3").
Aus diesem Grunde ist es nach Ansicht der erkennenden Vergabekammer folgerichtig, einen Interessenkonflikt der natürlichen Person auch dann anzunehmen, wenn die auszuschließende Person für ein in das Vergabeverfahren eingeschaltetes Unternehmen tätig ist und für ein Unternehmen tätig ist, das zugleich geschäftliche Beziehungen zum Auftraggeber und zum Bieter oder Bewerber hat. Zum einen wirkt sich die Interessenlage dahingehend aus, dass die natürliche Person ja nunmehr zwei Herren dient, die ggf. widerstreitende Interessen haben. Die natürliche Person kann auch für sich keine Sicherungsmaßnahmen treffen, dass Informationen in einem abgegrenzten Bereich verbleiben.
Zum anderen würde bei anderer Betrachtung einer Umgehung des § 16 Abs. 1 Nr. 3 b) VgVTür und Tor geöffnet. So wäre es dann möglich, unter Gründung oder Mitwirkung eines weiteren Unternehmens oder im Hinblick auf eine Nebentätigkeit der natürlichen Person an der Vergabe des öffentlichen Auftraggebers mitzuwirken.
Liegt ein Interessenkonflikt – z. B. aufgrund einer doppelten Beschäftigung – vor, wird eine Voreingenommenheit – widerlegbar – vermutet. Das Mitwirkungsverbot ist lediglich dann unbeachtlich ("es sei denn"), wenn dadurch für die betroffene Person kein Interessenkonflikt besteht oder sich die Tätigkeiten auf die Entscheidungen im Vergabeverfahren nicht auswirken (Kausalität). Die Beweislast hierfür trägt der Auftraggeber (VK Lüneburg, B. v. 14.06.2005 – Az.: VgK-22/2005). Sind dann konkrete Anhaltspunkte für das Fehlen eines Interessenkonflikts oder eine mangelnde Einflussnahme nicht ersichtlich, ist eine Voreingenommenheit zu unterstellen und von einem Verstoß gegen § 16 VgV auszugehen (VK Hamburg, B. v. 25.7.2002 – Az.: VgK FB 1/02).
Vorliegend kann es jedoch in Anbetracht der durch die Vergabekammer verfügten Aufhebung des Vergabeverfahrens dahinstehen, ob die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 Nr. 3 b VgV vorliegen.
3.2. Mögliche Interessenkollisionen
Im Hinblick auf zukünftige Vergabeverfahren ist sicherzustellen, dass bei weiteren Vergabeentscheidungen keine Interessenkollisionen dadurch entstehen, dass in den entsprechenden Gremien des Kreistags Mitglieder über die zu vergebenden Aufträge mitentscheiden, die gleichzeitig Geschäftsführer avisierter Subunternehmer o.ä. sind.
III.
Als unterliegende Partei trägt der Auftraggeber die Kosten des Verfahrens (§ 128 Abs. 3 Satz 1 GWB) einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin (§ 128 Abs. 4 Satz 2 GWB). Auch im Hinblick auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 18.12.2006 (Az. Verg 43/06) war festzustellen, dass die Antragstellerin sinngemäß auch mit ihren Anträgen, die sich nicht auf die Aufhebung gerichtet haben, materiell durchgedrungen wäre. Die Beigeladene hat in der mündlichen Verhandlung keinen Antrag gestellt. Damit nimmt sie nicht am Kostenrisiko teil und kann keine Erstattung ihrer zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen verlangen (vgl. OLG Schleswig, Beschluss vom 02.08.2004 – 6 Verg 15/03). Die Höhe der Gebühr bestimmt sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der erkennenden Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstandes des Nachprüfungsverfahrens (§ 128 Abs. 2 GWB). Der Gesetzgeber hat mit dieser an § 80 Abs. 2 GWB angelehnten Regelung klargestellt, dass – wie im Kartellverwaltungsverfahren – vorrangig auf die wirtschaftliche Bedeutung des Verfahrens abzustellen ist (Kollmorgen in Langen/Bunte GWB, 8. Auflage 1998, § 80 Rdnr. 18). Die Vergabekammern des Bundes haben eine zum 01.01.2003 überarbeitete Gebührenstaffel erarbeitet, die die erkennende Vergabekammer im Interesse einer bundeseinheitlichen Handhabung übernimmt. Diese Staffel sieht in Abhängigkeit vom wirtschaftlichen Hintergrund der Antragstellerin (vorliegend der Wert des Angebots der Antragstellerin) eine Gebühr in Höhe von xxxx € vor. Dieser Betrag kann entsprechend § 128 Abs. 2 Satz 2 ermäßigt werden, ggf. bis auf ein Zehntel. Als Gründe einer Ermäßigung sind dabei nur solche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Bedeutung sowie dem erforderlichen Verwaltungsaufwand stehen (vgl. Boesen, a.a.O., Rn. 16 ff. zu § 128). Gründe, die dies rechtfertigten, waren hier nicht gegeben. Der Auftraggeber ist allerdings gem. § 8 VerwKostG von der Zahlung der Gebühren in diesem Verfahren befreit. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten der Antragstellerin war gemäß § 128 Abs. 4 S. 2 GWB i. V. m. § 80 VwVfG notwendig. Beim Vergaberecht handelt es sich auch aufgrund vielfältiger europarechtlicher Überlagerung um eine wenig übersichtliche und zudem stetigen Veränderungen unterworfene Rechtsmaterie, die wegen des gerichtsähnlich ausgestalteten Verfahrens bei der Vergabekammer bereits prozessrechtliche Kenntnisse verlangt. Die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines anwaltlichen Bevollmächtigten ist dabei nach den individuellen Umständen des einzelnen Nachprüfungsverfahrens zu beurteilen. Vorliegend war eine erhöhte rechtliche Schwierigkeit dahingehend gegeben, dass neben der ohnehin umfassenden Rechtsproblematik des europäischen Vergaberechtes auch Fragen der aktuellen Rechtsprechung vertiefend Gegenstand des Verfahrens waren.
IV.
Gegen die Entscheidungen der 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen ist gem. § 116 Abs. 1 GWB die sofortige Beschwerde zulässig. Sie ist binnen einer Notfrist von zwei Wochen, die mit der Zustellung der Entscheidung beginnt (§ 117 Abs. 1 GWB), schriftlich beim Beschwerdegericht einzulegen. Beschwerdegericht für die 1. Vergabekammer des Freistaates ist das OLG Dresden, Vergabesenat, Schlossplatz 1, 01067 Dresden. Die Beschwerde muss zugleich mit ihrer Einlegung begründet werden (§ 117 Abs. 2 GWB. Die Beschwerdebegründung muss enthalten: die Erklärung, inwieweit die Entscheidung der Kammer angefochten wird und eine abweichende Entscheidung beantragt wird, die Angabe der Tatsachen und Beweismittel, auf die sich die Beschwerde stützt. Die Beschwerdeschrift muss durch einen bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Dies gilt nicht für Beschwerden von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Mit der Einlegung der Beschwerde sind die anderen Beteiligten des Verfahrens vom Beschwerdeführer durch Übermittlung einer Ausfertigung der Beschwerdeschrift zu unterrichten. Die sofortige Beschwerde hat aufschiebende Wirkung gegenüber der Entscheidung der Vergabekammer. Die aufschiebende Wirkung entfällt zwei Wochen nach Ablauf der Beschwerdefrist.
Kadenbach Kühne Prof. Dr. Dammert