Provider hat Sorgfalts- und Informationspflicht

Es besteht die vertraglich Nebenpflicht, für eine reibungslose Abwicklung des Vertragsverhältnisses zu sorgen.
Diese besteht für jeden Vertragspartner.

So muss ein Vertragspartner zum Beispiel auf Beschwerden kurzfristig eingehen können, um dem anderen Vertragspartner keinen Schaden zuzufügen.

Eine Fürsorgepflicht beinhaltet das interessengerechte Eingehen auf Beschwerden eines Vertragspartners.

AG Darmstadt
Urteil vom 24. Februar 2005
Az: 300 C 48/04

Zum Sachverhalt:

Die Kl. bestellte bei der Deutschen Telekom AG am 7. 6. 2002 die Einrichtung eines DSL-Anschlusses. Ausweislich des Auftragsformulars wurde kein T-Online Produkt extra in Auftrag gegeben. Nach Behauptung der Kl. hatte ihr Ehemann im T-Punkt den entsprechenden Auftrag erteilt und außerdem Formulare für die Neueinrichtung eines Internetzugangs bei der Bekl. mitgebracht. Da bereits seit längerer Zeit ein Internetzugang bestand, hatte die Kl. Bedenken, die Formulare für einen Neuzugang an die Bekl. zu übersenden. Deshalb telefonierte nach ihrer Behauptung ihr Sohn T im Juni 2002 mit der Deutschen Telekom AG. Dabei wurde ihm nach ihrer Behauptung zugesichert, dass die Umstellung auf die T-DSL Flatrate telefonisch erfolgen könne und nichts weiteres mehr veranlasst werden müsste. In der Folgezeit nutzte die Kl. den Internetzugang. Sie erhielt in der Zeit vom 19. 8. 2002 bis 17. 3. 2003 über die Deutsche Telekom AG allerdings Telefonrechnungen, in denen der Internetzugang nicht mit der Flatrate, sondern mit dem Tarif surftime 90 abgerechnet wurde.

Rechnungsdatum                     Betrag
   
19. 08. 2002                              220,01 Euro
   
16. 09. 2002                                  5,96 Euro    Gutschrift
   
15. 10. 2002                              160,93 Euro
   
14. 11. 2002                              168,82 Euro
   
13. 12. 2002                              198,50 Euro
   
20. 01. 2003                              333,25 Euro
   
17. 02. 2003                              238,47 Euro
   
17. 03. 2003                                68,20 Euro
   

In der Rechnung vom 16. 9. 2002 hatte die Bekl. den in der Rechnung vom 19. 8. 2002 errechneten Betrag von 185,12 Euro gutgeschrieben.

Unter dem 24. 8. 2002 beschwerte sich die Kl. per E-Mail bei der Deutschen Telekom AG. Der Inhalt dieses Beschwerdeschreibens ist zwischen den Parteien streitig. Die Bekl. antwortete allerdings unter dem 4. 12. 2002, dass die Berechnung in Ordnung sei. Die Kl. beschwerte sich weiter unter dem 15. 10. und 14. 11. 2002. Darauf antwortete die Deutsche Telekom AG für die Bekl. unter dem 13. 1. 2003, dass die Einwände nach Prüfung der Rechnungslegung unbegründet seien.

Die Kl. lässt sich für die Monate August 2002 bis März 2003 die bei Zugrundelegung einer Flatrate angefallenen Gebühren anrechnen und zieht diese von den in Rechnung gestellten Internetgebühren ab. Nachdem die Kl. zunächst 1532,75 Euro verlangt hat, hat sie die Klage teilweise zurückgenommen und beantragt die Bekl. zu verurteilen, an sie 1368,41 Euro zu zahlen.

Die Bekl. macht geltend, dass erst unter dem 21. 2. 2003 ein Antrag auf Tarifwechsel gestellt worden sei. Dieser sei kurzfristig erledigt worden, wie unstreitig ist.

Die Klage ist zulässig, sie ist auch teilweise begründet.
Aus den Gründen:

Die Kl. hat gegen die Bekl. Anspruch auf Schadensersatz gem. § 280 BGB wegen Verletzung von Vertragspflichten in der tenorierten Höhe.

Zur Frage der Vereinbarung einer Flatrate

Dies folgt allerdings entgegen der Auffassung der Kl. nicht daraus, dass die Bekl. ihre Verpflichtung zur Abrechnung einer Flatrate verletzt hätte. Auf Grund der Beweisaufnahme kann nicht festgestellt werden, dass zwischen den Parteien die Abrechnung auf der Basis einer einheitlichen Flatrate vertraglich vereinbart worden wäre. Unstreitig zwischen den Parteien ist, dass im T-Punkt lediglich der DSL-Zugang der Deutschen Telekom AG beauftragt und von dieser auch durchgeführt wurde. Die Einrichtung eines T-Online-Zugangs wurde, wie sich aus dem entsprechenden Formular und auch aus dem klägerischen Vortrag ergibt, gerade nicht beauftragt.

Die Kl. behauptet insoweit, der Zeuge T habe in einem nicht näher bezeichneten Telefongespräch die Umstellung des Tarifs auf eine Flatrate veranlasst. Die Vernehmung des Zeugen T reicht allerdings nicht aus, um eine entsprechende Überzeugung des Gerichts von dieser Tatsache zu gewinnen.

Der Zeuge T hat ausgesagt, dass er bei der Deutschen Telekom AG angerufen habe und ihm dort die Umstellung entsprechend mitgeteilt worden sei. Diese Umstände sind zu allgemein und weisen auch Unstimmigkeiten auf, um darauf eine Überzeugung zu gründen. So stellt sich für das Gericht schon die Frage, ob der Gesprächsteilnehmer überhaupt in der Lage war, eine solche Auskunft vorzunehmen.

Zum Verhältnis Deutsche Telekom AG und T-Online International AG

Es ist allgemein bekannt, dass die Deutsche Telekom AG und die T-Online International AG zum damaligen Zeitpunkt und auch noch heute zwei unterschiedliche juristische Personen waren, die grundsätzlich auch unterschiedliche Tätigkeitsfelder bearbeiten. So betrifft das Aufgabengebiet der Deutschen Telekom AG die Verlegung des DSL-Anschlusses, der diskriminierungsfrei zur Verfügung gestellt wird. Der Kunde ist nicht darauf angewiesen, ein Produkt der Deutschen Telekom AG oder der T-Online International AG zu benutzen, sondern kann den Provider für den Internetzugang frei wählen. Die T-Online International AG ist ein Internetprovider und hat mit der Verlegung des DSL-Anschlusses nichts zu tun. Soweit allerdings über die Deutsche Telekom AG Produkte der T-Online International AG vertrieben werden, oder die Deutsche Telekom AG in sonstiger Weise für die T-Online International AG tätig wird, handelt sie als Vertreterin oder Erfüllungsgehilfin, so dass ihre Handlungen oder Auskünfte gem. §§ 166, 278 BGB der Bekl. zuzurechnen sind.

Der Nutzer muss den Unterschied zwischen DSL und Flatrate kennen, er muss sich entsprechend vorher vor der Nutzung informieren (vgl. nur AG Darmstadt, Urt. v. 21. 1. 2004 – 305 C 150/03; Urt. v. 24. 11. 2003 – 310 C 274/03; Urt. v. 4. 2. 2003 – 300 C 237/02).

Fehler der Deutschen Telekom AG bei der Weiterleitung eines Flatrateantrags oder auch bei fehlerhafter Beratung gehen gem. § 278 BGB zu Lasten der Bekl. (AG Darmstadt, Urt. v. 6. 4. 2004 – 300 C 297/03; Urt. v. 10. 9. 2004 – 311 C 82/04; Urt. v. 26. 10. 2004 – 309 C 637/03; Urt. v. 27. 1. 2004 – 303 C 235/03; AG Karlsruhe, Urt. v. 19. 3. 2004 – 1 C 33/03; LG Darmstadt, Urt. v. 1. 9. 2004 – 25 S 68/04).

Danach bestünde also grundsätzlich die Möglichkeit, dass eine fehlerhafte Auskunft der Deutschen Telekom AG gegenüber dem Zeugen T erteilt worden wäre. Das Gericht hat solche Fälle bereits im Zusammenhang mit der Beratung im T-Punkt erlebt. Allerdings erscheint es unwahrscheinlich, dass Mitarbeiter der Deutschen Telekom AG, die überhaupt nicht in der Lage sind, entsprechende Tarifumstellungen für die Bekl. vorzunehmen, eine entsprechende Tarifumstellung zusagen.

Möglichkeit einer telefonischen Tarifumstellung ohne E-Mailbestätigung

Selbst wenn dies der Fall gewesen wäre, so wäre es doch ebenso unwahrscheinlich, dass es keine Bestätigung der Bekl. für einen Tarifwechsel gegeben hat, sondern lediglich telefonisch eine solche Umstellung vorgenommen wurde. Allerdings sind dem Gericht auch insoweit bereits Fälle bekannt geworden, dass allein eine telefonische Umstellung möglich war (vgl. nur die Fälle AG Darmstadt, Urt. v. 2. 6. 2004 – 307 C 510/03; Urt. v. 1. 4. 2004 – 304 C 219/03; Urt. v. 21. 10. 2003 – 302 C 53/03; Urt. v. 22. 11. 2004 – 308 C 54/04; Urt. v. 22. 11. 2004 – 308 C 54/04). Üblicherweise erhält der Kunde allerdings zumindest eine Bestätigung des Tarifwechsels per E-Mail durch die Bekl.

Würdigung der Zeugenaussage

Auch wenn nach dem vorher Gesagten grundsätzlich der von dem Zeugen geschilderte Ablauf möglich ist, so verbleiben doch erhebliche Zweifel, ob sich das Telefongespräch tatsächlich so abgespielt hat, wie der Zeuge dies geschildert hat. Die Angaben des Zeugen waren sehr vage, er konnte sich nur grob daran erinnern, Einzelheiten des Gesprächs waren nicht mehr erkennbar. Ebenso erscheint es fraglich, dass das Telefongespräch nach den Angaben des Zeugen vor Einrichtung des DSL-Anschlusses war. In diesem Fall wäre es nur schwer vorstellbar, weshalb bereits zu diesem Zeitpunkt eine automatische Umstellung auf die Flatrate erfolgen sollte. Das AG Darmstadt hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass zwar keine übertriebenen Anforderungen an eine Konkretisierung von Daten eines Telefonats mit einer Hotline gestellt werden dürfen. Dennoch kann der Beweis für eine telefonische Tarifumstellung nur dann als geführt angesehen werden, wenn die Vereinbarungen am Telefon eindeutig bekundet werden können und auch sicher ist, dass die dort gemachten Angaben von dem Zeugen richtig verstanden und gegebenenfalls auch richtig umgesetzt worden sind (AG Darmstadt, Urt. v. 21. 10. 2003 – 302 C 53/03; Urt. v. 22. 11. 2004 – 308 C 54/04; Urt. v. 22. 11. 2004 – 308 C 54/04). Dies ist in den Fällen bejaht worden, in denen der Zeuge als Informatiker tätig war und mit der Einrichtung eines Netzwerks betraut war (AG Darmstadt, Urt. v. 2. 6. 2004 – 307 C 510/03; ähnlich AG Darmstadt, Urt. v. 1. 4. 2004 – 304 C 219/03). Bei einer Gesamtwürdigung verbleiben bei der vorliegenden Zeugenaussage für das Gericht zu viele Zweifel, die angesichts der Erkrankung des Zeugen auch nicht durch eine persönliche Vernehmung beseitigt werden können.

Umfang der Beanstandungen durch die Kl.

Mangels Vertragsschlusses war die Bekl. mithin zunächst berechtigt, die Internetgebühren weiterhin nach dem bisherigen Tarif zu berechnen. Die Pflichtverletzung der Bekl. ist allerdings in ihrem Verhalten in der Folgezeit ab August 2004 zu sehen. Es ist teilweise unstreitig und steht im Übrigen auf Grund der Beweisaufnahme und der vorgelegten Unterlagen für das Gericht fest, dass sich die Kl. regelmäßig über die nach ihrer Auffassung zu hohen Gebührenrechnungen beschwert hat. Unstreitig sind die Beschwerden vom 24. 8., 15. 10. und 14. 11. 2002. Darüber hinaus liegen vor eine Beschwerde ohne Datum sowie handschriftliche Eintragungen auf der Rechnung vom 19. 8. 2002. Insoweit hat der Zeuge T bestätigt, dass entweder er oder die Kl. regelmäßig nach Erhalt der Rechnungen diese bei der Bekl. beanstandet haben, und zwar in der Form, wie dies auf der Rechnung vom 19. 8. 2002 geschehen ist, nämlich per Fax. Diese Angaben sind für das Gericht glaubhaft. Sie sind einerseits bestätigt durch die von der Bekl. eingeräumten Beanstandungen, zum anderen ist dies auch nachvollziehbar, da die Kl. offensichtlich davon ausging, auf der Basis einer Flatrate das Internet zu benutzen. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass die Beschwerden, die vorliegend ohne Datum vorliegen, an die Bekl. oder die Deutsche Telekom AG, was ausreichend wäre, übersandt worden sind. Es gibt keine Anhaltspunkte, weshalb die Kl. diese Schreiben nicht hätte losschicken sollen.

Dass die Bekl. bestreitet, sie erhalten zu haben, ist demgegenüber unerheblich, da es durchaus nicht ausgeschlossen ist, dass die Schreiben nicht zu den zuständigen Stellen gelangt sind. Bei der Zahl von mehreren Millionen Internetzugängen und dem Umfang der Tätigkeit der Deutschen Telekom AG hält es das Gericht für durchaus möglich und hat sich gerichtsbekannt in zahlreichen Fällen bestätigt, dass Schreiben nicht ordnungsgemäß zugeordnet worden sind oder sonstwie verloren gingen. Dass die Bekl. mit Beschwerden von Nutzern durchaus nicht so umgeht oder umgegangen ist, wie sich die Bf. dies vorstellen, ergibt sich vorliegend bereits aus dem Schreiben der Bekl. vom 4. 12. 2002, in dem diese auf das Beschwerdeschreiben vom 24. 8. 2002 reagiert hat. Zwar entschuldigt sich die Bekl. darin für die verzögerte Bearbeitung des Einwandes, diese Entschuldigung reicht aber keinesfalls aus. Es ist einem Vertragspartner eines Dauerschuldverhältnisses grundsätzlich nicht zuzumuten, dass er mehr als drei Monate auf die Antwort warten muss, während die beanstandete Verhaltensweise in der Zwischenzeit fortgesetzt wird.

Das Gericht geht auch davon aus, dass das Beanstandungsschreiben vom 24. 8. 2002 sich darauf bezog, dass die Flatrate nicht eingerichtet war. Der Zeuge T hat glaubhaft bekundet, dass er davon ausgegangen ist, eine Flatrate eingerichtet zu haben, so dass es ihm in der Folgezeit auch nur darum ging, den entsprechenden Pauschalbetrag berechnet zu bekommen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb er sich in anderer Art und Weise über den Tarif hätte beschweren können. Die Ausführungen der Bekl. zu der Umstellung des Tarifs surftime 90 sind insoweit nicht nachvollziehbar.

Vertragliche Nebenpflichtverletzung durch verspätete Reaktion

Auf diese Beanstandungsschreiben hat die Bekl. nicht vertragsgemäß reagiert. Insoweit ist ihr eine Vertragspflichtverletzung vorzuwerfen. In Rechtsprechung und Literatur ist allgemein anerkannt, dass ein Dauerschuldverhältnis, in dem regelmäßig und kurzfristig Waren, Leistungen und Geldzahlungen ausgetauscht werden, die vertragliche Nebenpflicht beider Vertragspartner enthält, für eine möglichst reibungslose und transparente Abwicklung des Vertragsverhältnisses zu sorgen. Dazu gehört, dass Störungen kurzzeitig beseitigt werden, damit auf keiner Seite durch die weiterlaufende Austauschbeziehung größere Schäden oder Ausfälle entstehen können. Jede Vertragspartei trifft insoweit eine Fürsorgepflicht, möglichst Schaden von der anderen Seite abzuwenden und deshalb kurzfristig auf Beschwerden der anderen Seite einzugehen. Vorliegend wäre es der Bekl. zuzumuten gewesen, binnen weniger Tage auf die Schreiben der Kl. zu reagieren. Dass dies möglich ist, ergibt sich bereits daraus, das gerichtsbekannt Anträge per Internet, Hotline oder im T-Punkt innerhalb weniger Tage bearbeitet und Zugänge freigeschaltet werden. Der Kunde kann als Vertragspartner der Bekl. erwarten, dass diese nicht nur im Rahmen ihrer Akquisitionstätigkeit schnell und reibungslos funktioniert, sondern dass dies auch im Bereich der Beschwerdebearbeitung der Fall ist. Denn jeder Kunde wird nicht weniger wertvoll, nur weil sein Vertragsverhältnis bereits besteht und er deshalb in gewisser Weise an die Bekl. gebunden ist. Als Vertragspflicht der Bekl. kann deshalb festgestellt werden, dass diese in der Lage sein muss, auf Beschwerden kurzfristig zu reagieren, um Schäden von dem Kunden durch Falschbearbeitung oder Fehlbuchungen abzuwenden.

Das Gericht verkennt allerdings nicht, dass in dem umfangreichen Geschäftsbetrieb der Bekl. und der Einschaltung der Deutschen Telekom AG als Inkassostelle und auch Empfangsstelle für Beschwerden etc. Kommunikationsstörungen und längere Laufzeiten für Nachrichten und Informationen auftreten können. Ebenso kann angenommen werden, dass im Bereich des Beschwerdemanagements nicht immer die Arbeit taggleich abgeschlossen werden kann. Personalabbau in diesem Bereich führt naturgemäß auch zur Kostensenkung, die wiederum dem Kunden zugute kommt und von diesem auch gewünscht wird. Dies darf sich allerdings lediglich in einem überschaubaren Rahmen bewegen, so dass der Bekl. zuzumuten ist, spätestens binnen drei Wochen auf Beschwerden zu reagieren. Mithin ist die Reaktion vom 4. 12. 2002 weitgehend zu spät.

Erfordernis der inhaltlichen Auseinandersetzung mit Beschwerden

Darüber hinaus erschöpft sich die vertragliche Fürsorgeverpflichtung der Bekl. nicht nur in einer zeitnahen Beantwortung von Beschwerden. Sie hat darüber hinaus auch inhaltlich so zu sein, dass sie konkret und detailliert auf die Beschwerden der Kunden eingeht. Dem Gericht sind aus anderen Verfahren und aus Presseveröffentlichungen zahlreiche Schreiben der Bekl. bekannt, in denen diese auf detaillierte Beschwerden lediglich damit antwortet, dass der Vorgang geprüft und für in Ordnung befunden worden sei, ohne dass auf einzelne Beschwerden weiter eingegangen wird. Dies zeigt sich auch im Schreiben vom 4. 12. 2002, wo im letzten Absatz darauf eingegangen wird, dass die Rechnung sorgfältig geprüft worden sei, die Entgelte aber korrekt berechnet worden seien. Das Schreiben vom 14. 1. 2003 der Deutschen Telekom AG ist noch pauschaler und enthält lediglich die Auskunft: Nach Prüfung der Rechnungslegung ist ihr Einwand unbegründet.

Eine solche Beschwerdebehandlung reicht grundsätzlich nicht aus, um den Bedürfnissen des Kunden Rechnung zu tragen, der in der Regel detaillierte Einwendungen erhebt, wie dies vorliegend der Fall war. Die Kl. hat ersichtlich immer wieder darauf hingewiesen, dass ihr eine Flatrate vertraglich zugesichert worden sei. Es wäre deshalb der Bekl. ohne weiteres möglich gewesen, die Kl. darauf hinzuweisen, dass nach ihren Unterlagen keine Flatrate vereinbart gewesen war. Aus den nichtssagenden Auskünften der Bekl. konnte die Kl. keinesfalls entnehmen, dass vorliegend schon das Vertragsverhältnis aus Sicht der Bekl. überhaupt nicht bestand. Sie musste vielmehr davon ausgehen, dass es vorliegend lediglich um die Frage der Berechnung ging. Die Kl. hatte deshalb zunächst keine Veranlassung, an der aus ihrer Sicht bestehenden vertraglichen Vereinbarung zu zweifeln. Das Gericht hält deshalb grundsätzlich fest, dass die Bekl. dadurch, dass sie lediglich pauschal mitgeteilt hat, ihre Rechnungsstellung sei in Ordnung, ihre nebenvertragliche Aufklärungs- und Fürsorgepflicht gegenüber der Kl. verletzt hat.

Verpflichtung zur sach- und interessengerechten Weiterbehandlung von Beschwerden

Schließlich trifft die Bekl. allerdings eine weitere Nebenpflicht aus dem Dauerschuldverhältnis. Jeder Vertragspartner ist aus seiner Verpflichtung, jede mögliche Schädigung der anderen Seite zu vermeiden, gehalten, diese über Missverständnisse oder Fehleinschätzungen aufzuklären und dafür zu sorgen, dass die bestmögliche Vertragsabwicklung für beide Seiten ermöglicht wird. Dazu gehört nicht nur, entsprechende Beschwerden sachgerecht zu beantworten. Nach Auffassung des Gerichts ist jeder Vertragspartner auch verpflichtet, die Schreiben der Gegenseite so auszulegen und zu beantworten, dass dieser eine sachgerechte Vertragsgestaltung ermöglicht wird. Dazu gehört für das Gericht auch, dass Beschwerden gleichzeitig daraufhin überprüft werden, welche optimale Vertrags- und Tarifgestaltung möglich ist, und solche Beschwerden auch zugleich als entsprechende Anträge interpretiert werden. Diese sind dann sachgerecht weiter zu behandeln und gegebenenfalls nach Rücksprache mit dem Kunden auch umzusetzen. Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies, dass die Bekl. die Beschwerde der Kl., dass sie eine Flatrate vereinbart habe, so interpretieren musste, dass die Kl. jedenfalls ab sofort eine Flatrate eingerichtet haben wollte.

Es ist nicht ausreichend, lediglich darauf hinzuweisen, dass eine solche nicht bestand oder alles ordnungsgemäß war, sondern es war erforderlich, die Vertragsgestaltung daraufhin zu überprüfen, ob die Einrichtung einer Flatrate möglich war. Dass dies der Fall war, ergibt sich bereits daraus, dass im Februar 2003 eine entsprechende Umstellung erfolgte.

Eine Hinweis- und Aufklärungspflicht der Bekl. hat das AG Darmstadt bereits in verschiedenen Verfahren bejaht (AG Darmstadt, Urt. v. 26. 10. 2004 – 309 C 637/03; Urt. v. 26. 5. 2003 – 312 C 17/03; Urt. v. 16. 9. 2004 – 304 C 192/04; LG Darmstadt, Hinweisbeschl. v. 3. 11. 2004 – 25 S 131/04, jeweils zu Nachfragepflichten bei unklarem Antrag; AG Darmstadt, Urt. v. 6. 4. 2004 – 300 C 297/03 zur Aufklärungspflicht des Providers bei Rücksendung eines Einsteigerpakets; AG Darmstadt, Beschl. v. 21. 11. 2003 – 312 C 288/03 zur allgemeinen Hinweispflicht bei Erhebung von Einwendungen).

Schadensschätzung gem. § 287 ZPO

Schadensrechtliche Folge der Verletzung von Hinweis- und Aufklärungspflichten ist gem. § 249 BGB, dass der Geschädigte so zu stellen ist, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung der entsprechenden Pflichten gestanden hätte. In vorliegendem Fall kann eindeutig davon ausgegangen werden, dass die Kl. unverzüglich auf der Einrichtung einer DSL-Flatrate bestanden hätte, die technisch und auch vertraglich ohne weiteres einzurichten war. Unter Berücksichtigung der dargestellten Informationslauf- und Bearbeitungszeiten kann im Rahmen einer Schätzung gem. § 287 ZPO davon ausgegangen werden, dass spätestens Ende September 2002 die Umstellung auf die Flatrate hätte erfolgt sein können. Mithin wäre ab Oktober 2002, das bedeutet entsprechend der Rechnung vom 14. 11. 2002, lediglich die Pauschalgebühr der Flatrate angefallen.

Ausgehend von der Klageforderung war die Kl. deshalb zur Zahlung der Gebühren für die Rechnung bis einschließlich Oktober 2002 verpflichtet. Dies macht eine Summe von 358,99 Euro aus, wobei die von der Kl. angenommenen Beträge – Rechnungsbetrag minus Flatrate, zzgl. MwSt. – zu Grunde zu legen sind ([194,20 – 19,85 + 135,12] + 16%). Die weiteren Gebühren aus den Rechnungen November 2002 bis März 2003, die über die Flatrate hinausgehen, sind der Kl. durch die Bekl. als Schaden zu ersetzen, da diese Gebühren bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung durch die Bekl. nicht angefallen wären. Dies macht einen Betrag von insgesamt 1018,70 Euro inklusive 16% Mehrwertsteuer aus.

Mitverschulden des Geschädigten

Dieser Schadensersatzanspruch der Kl. ist allerdings gem. § 254 BGB durch ein Mitverschulden gemindert. Dieses Mitverschulden setzt das Gericht mit einem Drittel der Schadensersatzforderung an. § 254 BGB beruht auf dem Rechtsgedanken, dass derjenige, der die Sorgfalt außer Acht lässt, die nach Lage der Sache erforderlich erscheint, um sich selbst vor Schaden zu bewahren, den Verlust oder die Kürzung des Schadensersatzanspruchs hinnehmen muss. Die Kürzung des Anspruchs hängt nach § 254 BGB von dem Maß der Mitverursachung ab, insbesondere davon, inwieweit der Schaden vorliegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Nach Abs. 2 gilt dies auch dann, wenn sich das Verschulden des Geschädigten darauf beschränkt, dass er es unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern.

Diese Grundsätze greifen im vorliegenden Fall ein. Die Kl.bzw. der Zeuge T haben den Internetzugang weiter intensiv genutzt und entsprechende Gebühren produziert, obwohl ihnen angesichts des Verhaltens der Bekl. klar sein musste, dass es offensichtlich mit der Einrichtung der Flatrate Schwierigkeiten gab. Auch wenn sie sich regelmäßig beschwert haben, konnten sie doch nicht davon ausgehen, dass sich alles in ihrem Sinne aufklären würde. Sie mussten damit rechnen, dass es aus irgendwelchen Gründen Schwierigkeiten gegeben hatte, die dazu führten, dass die gewünschte Flatrate nicht eingerichtet worden war. Entsprechend mussten sie entweder verstärkt mit der Bekl. Kontakt aufnehmen, den Anschluss kündigen oder in jedem Fall die Nutzung nur auf das Notwendigste beschränken, um den Schaden gering zu halten.

Ein solches Mitverschulden hat das AG Darmstadt bereits in verschiedenen Fällen angenommen: Wenn eine Mitteilung eines Providers nicht eindeutig ist, ist der Kunde verpflichtet nachzufragen (AG Darmstadt, Urt. v. 26. 10. 2004 – 309 C 637/03). Der Kunde muss auf Nachfrage des Providers reagieren (AG Darmstadt, Urt. v. 21. 1. 2005 – 313 C 860/04). Der Kunde ist verpflichtet, nach Tarifwechsel die eingehenden Rechnungen daraufhin zu überprüfen (AG Darmstadt, Urt. v. 12. 5. 2004 – 305 C 356/03; Urt. v. 10. 9. 2004 – 311 C 82/04; LG Darmstadt, Urt. v. 1. 9. 2004 – 25 S 68/04). Ein Mitverschulden ist weiter angenommen worden, wenn trotz hoher Rechnungen eine Verbindung vermehrt genutzt wird (AG Darmstadt, Urt. v. 26. 3. 2004 – 312 C 446/03).

Begrenzung des Mitverursachungsanteils

Diese Grundsätze gelten auch im vorliegenden Fall. Allerdings hat das erkennende Gericht das Mitverschulden der Kl. nicht wie üblich mit 50%, sondern lediglich mit einem Drittel angenommen. Der Zeuge T hat glaubhaft bekundet, wie bereits oben ausgeführt, dass die Kl. sich regelmäßig über die Rechnungen beschwert hat, so dass die Hauptverantwortung für die entstehenden Kosten bei der Bekl. liegt, die offensichtlich in keiner Weise adäquat reagiert hat. Außerdem hatte die Kl. erlebt, dass die Bekl. eine Rechnung gutgeschrieben hatte, wobei das Gericht davon ausgeht, dass dies nicht wegen der Einrichtung der Flatrate, sondern wegen Umstellungen des Tarifs auf surftime 90 der Fall gewesen ist (jedenfalls ist hinsichtlich der Gutschrift nicht zu erkennen, dass lediglich die Gebühr der Flatrate übrig geblieben wäre). Die Kl. konnte also davon ausgehen, dass die Bekl., wenn sie denn ihren Fehler feststellen würde, die zuviel verlangten Gebühren wieder stornieren würde. Bei einer Gesamtschau erscheint mithin die Verteilung der Mitverursachungsanteile von 2/3 zu Lasten der Bekl. und 1/3 zu Lasten der Kl. angemessen.