Auch ein Pseudonym hinterlässt Spuren

Auch ein Pseudonym hinterlässt Spuren Das Landgericht München hatte in einem Fall zu entscheiden, in dem sich der Verfügungsbeklagte damit verteidigte, überhaupt nicht derjenige zu sein, gegen den sich der Antrag auf Erläß einer einstweiligen Verfügung richtete. Ein Unternehmen des EMI-Konzerns hatte geglaubt, einen Verletzer von Urheberrechten dingfest gemacht zu haben und hat dazu eine Fülle von Fakten zur Identifizierung des Verfahrensgegners zusammengetragen und dem Gericht dargelegt. Das Gericht ist dem gefolgt und hat die Indizien für ausreichend gehalten. Wir halten die Ausführungen zur Identifizierung für sehr lesenswert und geben sie daher als Auszug aus dem Urteil wieder: Landgericht München I Urteil vom 16. Juli 2003 Az: 21 O 8790/03 "Das von … gibt als Geburtsdatum den … an, die ICQ-Nummer … und folgenden Avatar. Die weiteren Einzelheiten ergeben sich aus dem als Anlage AS… vorgelegten Internet-Printout. Die ICQ- Nummer ist ähnlich einer Telefonnummer einer konkreten Person zugeordnet, der Avatar ist eine frei wählbare grafische Gestaltung, die das tatsächliche Gesicht des Chatters im Internet ersetzt. Der abgebildete Avatar ist nicht direkt auf den Seiten des mp3-Network abgelegt, sondern auf einer anderen Webseite, nämlich unter … zu der eine Dateiverknüpfung besteht. Inhaber dieser Domain ist die einzelkaufmännische Firma …. In ihrer Unterrubrik "Mitglieder" findet sich eine Abbildung des Beklagten mit der Bildunterschrift … (Anlage AS…).Das dort abrufbare Profil von … weist ebenfalls die ICQ-Nummer … auf und als Wohnort … (Anlage AS…). Im ICQ-Nummernverzeichnis ist unter der vorgenannten Nummer unter ?First Name? … eingetragen und unter ?Nickname? … (Anlage AS…). Das im mp3-Network für … angegebene Geburtsdatum ist mit dem des Beklagten identisch. Nach Feststellung der Dateiverknüpfung und erfolgreicher testweiser Durchführung eines Downloads verschiedener Titel ihres Repertoires ließ die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 17.4.03 (Anlage AS…) unter Fristsetzung zum 23.4.03 erfolglos abmahnen. Er gab schließlich gegenüber vier anderen Musikunternehmern Unterlassungserklärungen unter der Bedingung ab, dass ihr Bestand vom rechtskräftigen Ausgang des vorliegenden Verfahrens abhängig gemacht wird. Unmittelbar nach Zugang der Anmahnung löschte er sein Foto von der Webseite sowie seinen ICQ- Account und deaktivierte seine E-Mail-Adressen. Noch im Januar 2003 hatte er über die Webseiten mit … und … kommuniziert. In den Folgemonaten Februar und März 2003 fand ein E-Mail-Verkehr statt (Anlage AS…), gerichtet unter anderem an … mit dem Alben für die Sektion Streamload angeboten wurden. Der Beklagte behauptet, keinerlei urheberrechtswidrige Handlungen vorgenommen zu haben und nicht zu den Verantwortlichen des mp3-Network zu gehören. Sein Avatar sei auf der … Webseite jederzeit für jeden erkennbar gewesen und sei auch heute noch als Bilddatei dort hinterlegt; er stelle keine einmalige Identifizierungsmöglichkeit dar. Die Grafik sei einer Sammlung im Internet entnommen worden und werde auch von anderen Internetnutzern verwendet. Jeder könne diese Bilddatei mit jeder Seite verlinken. Auch die übrigen auf der Webseite befindlichen Informationen, insbesondere die ICQ-Nummer und das Geburtsdatum des Beklagten seien öffentlich zugänglich gewesen. Demnach habe sich jeder als … bezeichnen und mit dieser Identität versehen im Internet auftreten können. Der Beklagte hätte ? wäre er Verantwortlicher des mp3-Network gewesen ? seine Daten so verschleiert, dass jeder Rückschluss auf ihn schlicht unmöglich gewesen wäre. Mit einem Support-Team habe er nichts zu tun gehabt. Aus Anlage AS… ergebe sich eine Mitautorenschaft nicht; ebenso wenig belege Anlage … eine dementsprechende Tätigkeit, denn unter dem dort genannten Pseudonym … sei er im mp3-Network nie aufgetreten. Davon abgesehen sei eine Mitwirkung im Support-Team kein unerlaubter Vorgang, da es lediglich die Aufgabe habe, Hilfestellung zu leisten, wie dies auch PC-Zeitschriften täten. 1. Bei dem Beklagten handelt es sich um die unter dem Pseudonym … im mp3-Network handelnde Personen. Unstreitig ist das Forumprofil (Anlage AS …) von … hinsichtlich Geburtsdatum und ICQ-Nummer identisch mit dem Profil des Beklagten auf seiner Blasehasen-Homepage (Anlage AS …), mit der zudem der Avatar des Forumprofils verlinkt ist. Für den Zeitraum September bis Dezember 2002 räumt der Beklagte auch ein, unter … aktiv Teilnehmer des mp3-Forums gewesen zu sein. Soweit er sich für den Zeitraum danach darauf beruft, jedermann habe die Verlinkung des Avatars vornehmer und unter Verwendung seiner Daten unter seinem Pseudonym im Internet auftreten können, vermag dies nicht zu überzeugen. Es handelt sich um die bloß theoretische Möglichkeit des Handelns eines unbekannten Dritten, die angesichts der vorgelegten Indizien ausgeschlossen werden kann. Als Anlage As … liegt ein Internet-Printout vor, das ?News? vom 1.1, 5.1 und 19.1.2003 enthält, jeweils unterzeichnet von … vorangestellt ist die Vorstellung des Albenteams unter Nennung von …. Es ist kein vernünftiger Grund dafür ersichtlich, dass unmittelbar im Anschluss an die behauptete Beendigung seiner Aktivität im Network Ende 2003 ein unbekannter Dritter binnen weniger Tage oder sogar nur Stunden das Pseudonym des Beklagten an sich gerissen haben soll und am 1.1.2003, 12.00 Uhr bereits ein ?fettes Update? vorstellt, sowie am 5.1.03 für weitere Updates verantwortlich zeichnet (?Thanks to …?). Es handelt sich schlicht um die Fortsetzung der Tätigkeit des Beklagten in der Albensektion, denn dass … schon in Jahre 2002 in diesem Bereich tätig war, läßt sich aus Anlage AS … schließen, die der Rubrik ?Alben? von …, … und … unterzeichnete ?News? vom 23.11. enthält, also aus dem Zeitraum, für den der Beklagte Aktivitäten im Forenbereich des Networks einräumt. Die E-Mail-Kommunikation von Februar und März 2003 (Anlage AS …bis …) ist an die E-Mail-Adresse des Beklagten und an weitere Mitglieder der Albensektion (…) gerichtet, nicht an die Adresse eines unbekannten Dritten. Dessen Existenz läßt sich auch nicht daraus schließen, dass … sowohl in Groß- als auch in Kleinschreibung auftaucht, denn zum einen werden im Rahmen desselben Internet-Printouts beide Schreibweisen verwendet, wie aus Anlage AS … ersichtlich, zum anderen ist der Kammer bekannt, dass insoweit im Internet zwischen Groß- und Kleinschreibung nicht unterschieden wird. "