Weiterüberweisung einer fehlerhaften Gutschrift

Betrug durch Vorlage eines Überweisungsformulars

StGB §§ 263, 13

1. In der Einreichung eines Überweisungsauftrags liegt nicht zwingend die Erklärung, dass dem Überweisenden ein entsprechendes Guthaben auch materiell zusteht. Der Erklärungswert eines Überweisungsauftrags erschöpft sich – jedenfalls soweit keine besonderen Umstände hinzutreten – in dem Begehren auf Durchführung der gewollten Transaktion.

2. Im Hinblick auf die für die Betrugsstrafbarkeit in diesem Zusammenhang allein relevante Frage, ob im Zeitpunkt der Überweisung aus der Gutschrift ein entsprechendes Guthaben besteht, überzeugt die bislang in Rechtsprechung und Literatur vorgenommene Differenzierung zwischen Fehlbuchung und Fehlüberweisung nicht. Maßgeblich kann hierfür nämlich nicht die Art des zu Grunde liegenden Fehlers sein, sondern die Wirksamkeit der aus dem Fehler entstandenen Gutschrift. Doch nicht nur die Fehlüberweisung, sondern auch die Fehlbuchung löst zunächst Ansprüche mit der Vornahme der Gutschrift aus.

3. Eine Garantiepflicht zur Offenlegung der Fehlbuchung gegenüber der Bank trifft den Überweisenden in der Regel nicht. Dies ist nur bei vertraglich konkret vereinbarter Aufklärungspflicht zwischen Kontoinhaber und Bank der Fall. (Leitsätze der Redaktion)

BGH
Beschluss vom 08.11.2000
Az.: 5 StR 433/00 (LG Berlin)

Zum Sachverhalt:

Die F -GmbH, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer der Angeklagte war, unterhält bei einer Zweigstelle der Deutschen Bank in Berlin ein Geschäftskonto. Auf dieses Konto erfolgte am 12.2.1999 im Wege einer Fehlbuchung eine Gutschrift in Höhe von 12 369 796,57 DM. Der noch am selben Tag vom Angeklagten ausgedruckte Datensatz enthielt unter anderem die Angabe: "0001-12.2. Überweisung 12 369 796,57 +", weiterhin waren noch zwei Buchungsnummern und die Abkürzung: "Wert 27.1" aufgeführt. Infolge des Tippfehlers hatte eine Sachbearbeiterin bei einer bankinternen Umbuchung eine falsche Filialnummer – an Stelle von Frankfurt (100 oder 001) diejenige von Berlin (700) – eingegeben, weshalb es bei ansonsten identischer Kontonummer zu der Gutschrift auf dem Konto der F -GmbH kam. Der Angeklagte, der nach der Feststellung des LG erkannte, dass es sich um eine fehlerbehaftete Gutschrift handelte, verfügte über das Guthaben mit insgesamt 25 Überweisungen im Zeitraum vom 16.2. bis 22.2.1999. Mit den Überweisungen tilgte er Verbindlichkeiten, wies Gelder an Firmen an, an denen er beteiligt war, und eröffnete bei einer anderen Bank ein neues Konto, auf das er am 25.2.1999 fünf Millionen DM einzahlte. Das Geschäftskonto der F – GmbH bei der Deutschen Bank wurde zum 18.5.1999 aufgelöst.

Das LG hat jede einzelne Überweisung des Angeklagten als selbstständige Betrugshandlung gewertet, weil in einem Überweisungsauftrag die schlüssige Erklärung liege, dass ein entsprechendes Guthaben vorhanden sei und dem Kontoinhaber der Betrag auch zustehe. Es hat den Angeklagten wegen Betrugs in 25 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Seine Revision war erfolgreich und führte zur Aufhebung und Zurücküberweisung.

Aus den Gründen:

I. …

II. Soweit hier keine Vereinbarung bezügliche einer Aufklärungspflicht bestehen sollte, die den Tatbestand des Betrugs durch Unterlassen begründen würde, ist eine Strafbarkeit des Angeklagten nicht ersichtlich. Eine Strafbarkeit wegen Untreue gem. § 266 StGB scheidet ebenfalls aus, weil kein Rechtsverhältnis i. S. des § 266 StGB bestand (vgl. BGH bei Dallinger, MDR 1975, 22).

Der Gesetzgeber der Schweiz hat – vor dem Hintergrund zum deutschen Strafrecht (§§ 246, 263 StGB) inhaltsgleicher Vorschriften (Art. 137, 146 StGB) – diese bei fehlgeleiteten Gutschriften bestehende Rechtslage zum Anlass genommen, mit Art. 141 StGB (Unrechtmäßige Verwendung von Vermögenswerten) eine Strafnorm zu schaffen, die eine unrechtmäßige Verwendung von Vermögenswerten pönalisiert, die dem Täter ohne seinen Willen zugekommen sind (vgl. zur Entstehungsgeschichte Trechsel, Schweizerisches StGB, 2. Aufl., § 141 Rdnr. 1).

III. Da der Senat im vorliegenden Fall nicht mit letzter Sicherheit ausschließen kann, dass im Verhältnis der kontoführenden Bank zur F – GmbH eine entsprechende konkrete Vereinbarung bestand, auf Grund derer der Angeklagte zu einer Aufklärung über die Fehlbuchung verpflichtet war, verweist er die Sache an das LG zurück. Der neue Tatrichter wird diese Frage anhand der Vertragsgrundlagen des Giroverhältnisses zu klären haben.

 

Die vollständige Entscheidung können Sie auf der Seite des Bundesgerichtshofs nachlesen.