Öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts

 
1. Öffentlicher Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts kann auch eine juristische Person des Privatrechts sein, wenn sie neben von ihr verfolgten gewerblichen Zwecken im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen hat; für das aus § 57 a Abs. 1 Nr. 2 Haus-haltsgrundsätzegesetz (= § 98 Nr. 2 GWB) ersichtliche Beherrschungskriterium reicht es aus, dass die letztlich hinter dem privatrechtlich organisierten Unternehmen stehende Gebietskörperschaft ihre Einflussmöglichkeiten auf dessen Vergabeentscheidungen mittelbar über Dritte ausüben kann.

2. Ein Unternehmen, das in einem ausdrücklich so bezeichneten "beschränkten Vergabeverfahren" der Sache nach ausschreibungspflichtige Dienstleistungen zum Gegenstand einer europaweiten Ausschreibung macht, unterwirft die potentiellen Bieter und sich selbst auch dann den Regeln der VOL/A, wenn die Kriterien eines "öffentlichen" Auf-traggebers auf es nicht zutreffen; es kann sich der Geltung dieses mit seiner eigenen Ausschreibung geschaffenen Rechtsrahmens nicht später dadurch einseitig entziehen, dass es in den Verdingungsunterlagen verlautbart, die Bieter hätten keinen Anspruch auf Einhaltung der Bestimmungen der VOL/A durch den Auftraggeber.

3. Die Wirksamkeit eines Angebots setzt grundsätzlich nicht voraus, dass die rechtsgeschäftliche Befugnis des das Angebot Unterzeichnenden hierzu der Vergabestelle mit dem Angebot selbst nachgewiesen wird.

4. Dem preisgünstigsten Bieter darf im Rahmen der Wertung nach § 25 Nr. 3 S. 1 VOL/A der Auftrag nur dann vorenthalten werden, wenn teurere Angebote bei anderen zulässigen Wertungskriterien einen ihren Preisnachteil kompensierenden konkreten Vorteil aufweisen; eine unter Verstoß hiergegen erfolgte Auftragsvergabe löst Ansprüche des Bestbieters auf Ersatz seines positiven Interesses auch dann aus, wenn der tatsächlich erteilte Auftrag im Detail von der vorangegangenen Ausschreibung abweicht, solange diese Änderungen nur die wirtschaftliche und technische Identitat des Beschafffungsvorhabens nicht berühren.

 
OLG Dresden
Urteil vom 09.03.2004
Az.: 20 U 1544/03