Ablesen des Handy-Displays durch Kfz-Führer gilt als gleiche Benutzung wie bei einem Telefonat

Die Frage der Benutzung eines Mobiltelefons i.S. von § 23 I lit.a StVO beurteilt sich allein danach, ob das Mobiltelefon in der Hand gehalten wird oder nicht. Unter Benutzung i.S. des § 23 I lit.a StVO ist somit jegliche Nutzung eines Mobiltelefons zu verstehen.

OLG Hamm
Beschluß vom 6.Juli 2005
Az.: 2 Ss OWi 177/05

Zum Sachverhalt:
 
Das AG hat gegen den Betr. wegen Verstoßes gegen das Handy-Verbot im Straßenverkehr eine Geldbuße in Höhe von 50 Euro verhängt. Der Antrag des Betr. auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wurde als unbegründet verworfen.

Aus den Gründen:
 
II. … Die Zulassung zur Fortbildung des formellen Rechts und zur Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung scheidet schon deshalb aus, weil der Betr. nur zu einer Geldbuße in Höhe von 50 Euro verurteilt worden ist (§ 80 II OWiG). Es war aber auch nicht geboten, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des materiellen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben (§ 80 I, II OWiG).
 
Die materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils führt vorliegend nicht zur Aufdeckung einer Rechtsfrage, die noch offen, zweifelhaft oder bestritten ist (Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 80 Rdnr. 3 m. w. Nachw). Das Vorbringen in dem Zulassungsantrag lässt eine solche Rechtsfrage nicht erkennen. Insbesondere ist der Wortlaut des § 23 I lit. a StVO nicht klärungsbedürftig.
 
Das AG hat unter anderem folgende Feststellungen getroffen:
 
„ … Am 19. 7. 2004 um 17.55 Uhr befuhr der Betr. die V-Straße in L. in Fahrtrichtung K. mit dem Pkw … Er hatte zu diesem Zeitpunkt sein Mobiltelefon in der Hand und schaute auf das Display des Mobiltelefons … Dieser Sachverhalt steht fest auf Grund der ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere der geständigen Einlassung des Betr. Dieser erklärte, er habe zum Tatzeitpunkt kein Telefonat geführt, sondern lediglich die Uhrzeit auf dem Display des Mobiltelefons abgelesen. Dazu habe er das Gerät in die Hand genommen.“
 
Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 23 I lit. a StVO. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ist dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobiltelefons untersagt, wenn er „hierfür das Mobiltelefon aufnimmt oder hält“. Zur Auslegung des Begriffs „Benutzung“ im Sinne dieser Vorschrift hat der erkennende Senat bereits in seinem Beschluss vom 25. 11. 2002 (NJW 2003, 912 = NZV 2003, 98) ausgeführt, dass nicht differenziert wird, auf welche Weise das Mobiltelefon benutzt wird. Es ist vielmehr jegliche Nutzung untersagt, bei der das Mobiltelefon in der Hand gehalten wird. Ziel des Gesetzgebers war es zu gewährleisten, „dass der Fahrzeugführer während der Benutzung des Mobil- oder Autotelefons beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat. Die Benutzung des Mobiltelefons schließt daher neben dem Gespräch im öffentlichen Fernnetz sämtliche Bedienfunktionen wie das Anwählen, die Versendung von Kurznachrichten oder das Abrufen von Daten im Internet etc. ein. Der Fahrzeugführer darf das Mobil- oder Autotelefon benutzen, wenn er dazu das Telefon oder den Telefonhörer nicht aufnehmen oder halten muss“ (Begr. zur ÄnderungsVO v. 11. 12. 2000, VerkBl 2001, 8).
 
Unter den Begriff der „Benutzung“ i.S. des § 23 I lit. a StVO fällt demzufolge auch die Nutzung eines Mobiltelefons als „Organisator“, wenn es dabei in die Hand genommen wird. Davon erfasst wird auch das vorliegende Ablesen der Uhrzeit vom Display des Mobiltelefons. Auch hierbei handelt es sich um eine „Handhabung bei der Bedienung des Geräts". Entscheidend ist, dass der Betr. das Handy aufgenommen hat und „nicht beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hatte". Gerade dies wollte der Gesetzgeber verhindern, so dass die durch das AG vorgenommene Auslegung der gesetzgeberischen Intention bei Einführung der neuen Vorschrift entspricht, die gerade im Hinblick darauf erfolgt ist, die mit der Bedienung eines Mobiltelefons verbundenen Gefahren auf ein hinnehmbares Maß zu reduzieren. Soweit der Betr. das Ablesen der Uhrzeit vom Display des Mobiltelefons mit dem Ablesen der Uhrzeit von dem Ziffernblatt einer am Handgelenk getragenen Uhr gleichstellen will, ist dieser Vergleich nicht zutreffend. Von Letzterem gehen die beschriebenen Gefahren gerade nicht aus, da die Hände hierzu am Lenkrad verbleiben können.