Wegen Unfruchtbarkeit nach Ausschabung 40.000 Euro Schmerzensgeld

40.000 Euro Schmerzengeld wegen Unfruchtbarkeit nach Ausschabung 

Wegen fehlender Risikoaufklärung vor einer folgenschweren Gebärmutterausschabung hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln einer Patientin 40.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Die heute 35-jährige Frau war nach Gerichtsangaben vom Freitag durch den Eingriff in einer gynäkologischen Klinik unfruchtbar geworden. Über das entsprechende Risiko sei die Klägerin vor der Ausschabung „nicht hinreichend“ informiert worden, befand das Gericht. Eine solche Aufklärung sei jedoch erforderlich, auch wenn das Risiko einer vollständigen Unfruchtbarkeit durch den Eingriff statistisch gesehen gering sei. (Az. 5 U 180/05)

Der Kölner Arzthaftungssenat bemängelte in seinem Urteil unter anderem, dass der in der Klinik verwendete Aufklärungsbogen keinen Hinweis auf die mit dem Eingriff verbundene Gefahr der Unfruchtbarkeit enthalten habe. Bei der zum Operationszeitpunkt 28-jährigen Patientin habe es sich um eine junge Frau mit Kinderwunsch gehandelt, die durch ihre Unfruchtbarkeit nun „erheblich in ihrer Lebensführung belastet“ sei. Deshalb hätten Klinik und operierender Arzt auf das mit dem Eingriff verbundene Risiko gesondert hinweisen müssen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. 

Quelle: www.aerzteblatt.de 

Arzthaftung – Aufklärungsfehler bei Übertragung der Risikoaufklärung auf nachgeordneten Arzt

BGB § 823 Abs. 1 Dd

Der Chefarzt, der die Risikoaufklärung eines Patienten einem nachgeordneten Arzt überträgt, muss darlegen, welche organisatorischen Maßnahmen er ergriffen hat, um eine ordnungsgemäße Aufklärung sicherzustellen und zu kontrollieren.

 
Kein unbedingter Vertrauensschutz des Chefarztes bei Delegation der Aufklärung auf untergeordneten Arzt

Die Klägerin verlangt Schmerzensgeld von dem Chefarzt einer chirurgischen Klinik. Dieser führte bei ihr eine Divertikeloperation am Zwölffingerdarm durch. Infolge einer Nahtinsuffizienz kam es danach zu einer schweren Bauchfellentzündung und einer eitrigen Bauchspeicheldrüsenentzündung. Ein Behandlungsfehler ließ sich nicht feststellen. Die Klägerin behauptet, über das mit der Operation verbundene Risiko einer Bauchspeicheldrüsenentzündung nicht aufgeklärt worden zu sein. In Kenntnis dieses Risikos hätte sie nicht in die Operation eingewilligt. Das Aufklärungsgespräch hatte der Chefarzt nicht selbst durchgeführt, sondern einem Stationsarzt übertragen.

Das Landgericht Itzehoe hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht Schleswig hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Dabei hat es offen gelassen, ob die Klägerin vor dem Eingriff ordnungsgemäß aufgeklärt worden ist. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts kommt eine Haftung des Chefarztes deshalb nicht in Betracht, weil ihm ein etwaiger Aufklärungsfehler des Stationsarztes jedenfalls nicht zuzurechnen sei.

Der u. a. für das Arzthaftungsrecht zuständige VI. Zivilsenat hat das Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit zur weiteren Sachaufklärung zurückverwiesen, weil die Feststellungen des Berufungsgerichts eine Entlastung des Chefarztes von etwaigen Aufklärungsfehlern des aufklärenden Arztes nicht tragen. Der Bundesgerichtshof hat zu der Frage Stellung genommen, unter welchen Voraussetzungen der nicht selbst aufklärende Operateur sich darauf verlassen kann, dass die Aufklärung ordnungsgemäß erfolgt ist. Die hiernach bestehenden Kontrollpflichten gelten in noch stärkerem Maß, wenn der Operateur zugleich Chefarzt und deshalb für die ordnungsgemäße Organisation der Aufklärung im Krankenhaus verantwortlich ist. Im vorliegenden Fall muss der operierende Chefarzt darlegen, welche Maßnahmen er ergriffen hat, um eine ordnungsgemäße Aufklärung sicherzustellen und die Befolgung seiner Anweisungen zu kontrollieren. Hierzu fehlt bisher jeglicher Vortrag.

BGH
Urteil vom 7. November 2006
Az.: VI ZR 206/05

Die vollständige Entscheidung hierzu können Sie auf der Seite des Bundesgerichtshofs nachlesen. 

Quelle:
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