Verbotene Mobiltelefonnutzung durch Fahrlehrer

Auch ein Fahrlehrer darf während einer Fahrstunde ein Mobiltelefon nur mit Freisprecheinrichtung nutzen.

Oberlandesgericht Bamberg, 2 Ss OWi 127/2009, Beschluß vom 24.3.2009

Der 2. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts Bamberg erlässt durch den Richter am Oberlandesgericht Truppei

am 24. 3. 2009

in dem Bußgeldverfahren

gegen

M. S. F. A.

wegen

Verkehrsordnungswidrigkeit

folgenden Beschluss:

I.

Der Antrag des Betroffenen, gegen das Urteil des Amtsgerichts Hof vom 17. 11. 2008 die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wird als unbegründet verworfen.

II.

Der Betroffene hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:

Im angefochtenen Urteil ist lediglich eine Geldbuße von nicht mehr als 100 Euro festgesetzt worden. Nach § 80 Abs. 1 und 2 Nr. 1 OWiG darf daher die Rechtsbeschwerde nur zugelassen werden, wenn es geboten ist, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des materiellen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

Zur Begründung nimmt der Senat auf die auch unter Berücksichtigung der Gegenerklärung der Verteidigung vom 9. 2. 2009 – im Ergebnis zutreffende Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg in ihrer Antragsschrift vom 29. 1. 2009 Bezug.

Ergänzend bemerkt der Senat:

Unabhängig vom Begriff des Fahrzeugführers im Sinne von § 2 Abs. 15 Satz 1 StVG treffen auch die von der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung bereits entwickelten Kriterien einer Fahrzeugführerschaft; eines nicht selbst hinter dem Steuer sitzenden Fahrtbeteiligten (vgl. BGH VRS 52, 408; OLG Hamm VRS 37, 281) auf einen eine Ausbildungsfahrt beaufsichtigenden Fahrlehrer zu. Ebenfalls obergerichtlich geklärt ist, dass der Fahrlehrer bei Fahrten zur Vorbereitung oder Ablegung der Prüfung verantwortlicher Führer gegenüber den Verkehrsteilnehmern ist, der für die Verkehrsbeobachtung und Führung verantwortlich ist den Fahrschüler ständig beobachten und notfalls sofort eingreifen können muss. Dabei hat er den Schüler ständig im Auge und sich zum sofortigen Eingreifen bereit zu halten (vgl. Hentschel StVR 40. Aufl. § 2 StVG Rn. 42 und 45 jeweils m. w. N.). Damit unterliegt er den gleichen straßenverkehrsrechtlichen Ge- und Verboten wie der das Fahrzeug steuernde Fahrschüler, dessen eventuelle eigene Verantwortlichkeit für selbst begangene Verkehrsverstöße die Verantwortlichkeit des Fahrlehrers jedenfalls nicht ausschließt.

Der Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wird daher nach § 80 Abs. 4 Sätze 1 und 3 OWiG verworfen. Damit gilt die Rechtsbeschwerde als zurückgenommen (§ 80 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Abs. 4 Satz 4 OWiG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG.

 

Das Umlegen eines Handys ist nicht ordnungswidrig

Der Begriff der Benutzung eines Mobiltelefons i. S. des § 23 I a StVO erfasst nicht das Aufnehmen des Geräts, um es lediglich von einem Ablageort an einen anderen zu legen.

Eine "Benutzung" liegt nur beim echten Gebrauch von Handyfunktionen wie Telefonieren oder SMS-Versand vor.

OLG Köln
Beschluß vom 23. August 2005
Az.: 83 Ss-Owi 19/05

Sachverhalt:

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen eines Verstoßes gegen das Handy-Verbot nach §§ 23 I a, 49 I Nr. 22 StVO zu einer Geldbuße von 40 Euro verurteilt. Die hiergegen gerichtete zugelassene Rechtsbeschwerde des Betroffenen führte zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Zurückweisung der Sache an das Amtsgericht.

Gründe:

Der Betroffene rügt zu Recht, dass der Schuldspruch des angefochtenen Urteils, der wegen fehlender Feststellung der Schuldform ohnehin unvollständig ist, auf einer Verletzung des sachlichen Rechts beruht. Die Verurteilung wegen Verstoßes gegen eine Pflicht des Kraftfahrzeugführers nach §23 Ia StVO findet in den tatrichterlichen Sachverhaltsfeststellungen keine tragfähige Grundlage.

a) Nach § 23 I a StVO ist dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobiltelefons untersagt, wenn er hierfür das Mobiltelefon aufnimmt oder hält. Das Amtsgericht legt dem Betroffenen zur Last, als Führer des PKW ………….. gegen diese Bestimmungen verstoßen zu haben, und führt dazu aus:

„Der Betroffene ließ sich dahin gehend ein, dass das ausgeschaltete Handy links im Ablagefach lag. Das Handy rappelte während der Fahrt und er ergriff bei der Fahrt mit der linken Hand das Handy und legte es auf die Mittelkonsole, damit es nicht wieder rappelte.

Allein dieses Verhalten ist schon nach § 23 I a StVO bußgeldbewehrt. Denn die Norm will verhindern, dass der Fahrer während der Fahrt abgelenkt und unkonzentriert wird und somit auch nicht mit beiden Händen das Steuer hält und den Verkehr aufmerksam beobachtet. Dieses Ziel wird auch durch das vom Betroffenen geschilderte Verhalten verfehlt. So auch, wenn er das eingeschaltete Handy nun in eine Hand nimmt, um die Uhrzeit abzulesen.

Daher war der Bußgeldbescheid schon nach der eigenen Einlassung des Betroffenen zu bestätigen. Zeugen brauchten nicht gehört zu werden.“

b) Diese Sichtweise zum Normgehalt der Bestimmung des § 23 I a StVO ist rechtsfehlerhaft. Sie überschreitet die äußersten Grenzen verfassungskonformer richterlicher Auslegung, die durch den (noch) möglichen Wortsinn markiert wird.

Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobiltelefons untersagt, sofern er zu diesem Zweck das Gerät aufnimmt oder hält.

Dabei schließt der Begriff der Benutzung nach dem allgemeinen Sprachverständnis einerseits die Inanspruchnahme sämtlicher Bedienfunktionen ein. Er umfasst also nicht nur das Telefonieren, sondern auch andere Formen der bestimmungsmäßigen Verwendung. Demgemäß wird in der Gesetzesbegründung hervorgehoben, dass neben dem Gespräch im öffentlichen Fernsprechnetz auch „die Versendung von Kurznachrichten oder das Abrufen von Daten im Internet etc.“ verboten sein sollen. Darüber hinaus kann unter Benutzung eines Mobiltelefons auch die Wahrnehmung der von Geräten neuerer Bauart zur Verfügung gestellten vielfältigen Möglichkeiten als Instrument zur Speicherung, Verarbeitung und Darstellung von Daten (Organisatorfunktionen, Diktier-, Kamera- und Spielefunktion) verstanden werden. Es bedarf hier keiner Erörterung, ob insoweit eine einschränkende Auslegung etwa im Hinblick darauf geboten ist, dass die Verwendung spezieller Geräte mit entsprechenden Funktionen ohne Telefoneinrichtung  – wie etwa Organizer, Diktiergerät oder Kamera – keinem Verbot unterliegen. Denn es gilt nicht, den Anwendungsbereich der Bestimmung in der Richtung auszuloten, welche konkreten Gebrauchsformen neben dem Telefonieren noch von dem Verbotstatbestand umfasst werden, wie weit der Anwendungsbereich des § 23 I a StVO reicht. Es ist vielmehr zu klären, wo er beginnt.

Für die vorliegende Fragestellung kommt es deshalb entscheidend darauf an, dass der Begriff der Benutzung auf der anderen Seite schon von seinem Wortstamm her erfordert, dass die Handhabung einen Bezug zu einer der Funktionen des Geräts aufweist. Ansonsten kann nämlich nicht mehr davon die Rede sein, dass bestimmungsgemäß nutzbar gemacht wird. Von daher liegt auf der Hand, dass schon nach dem Sinngehalt des Begriffs nicht jedes In-die-Hand-Nehmen eines Mobiltelefons (während der Fahrt) als dessen tatbestandsmäßige Benutzung verstanden werden kann. Dass dies zudem auch dem Verständnis des Verordnungsgebers entspricht, wird überdies dadurch deutlich, dass nach dem eindeutigen Wortlaut  des § 23 I a StVO das Aufnehmen und Halten des Mobiltelefons nicht als solches untersagt wird, sondern dass dadurch vielmehr nur der Bereich erlaubten Benutzung begrenzt werden soll.

Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts kann daher das bloße Aufnehmen eines Handys, um es von einer Ablage in eine andere zu legen, nicht als Verstoß gegen die Pflicht aus § 23 I a StVO gelten. Es bedarf vielmehr weitergehender Beweiserhebung zur Klärung der Frage, ob die entsprechende Einlassung des Betroffenen zu widerlegen und der Vorwurf der Bußgeldbescheids zu beweisen ist.

Ablesen des Handy-Displays durch Kfz-Führer gilt als gleiche Benutzung wie bei einem Telefonat

Die Frage der Benutzung eines Mobiltelefons i.S. von § 23 I lit.a StVO beurteilt sich allein danach, ob das Mobiltelefon in der Hand gehalten wird oder nicht. Unter Benutzung i.S. des § 23 I lit.a StVO ist somit jegliche Nutzung eines Mobiltelefons zu verstehen.

OLG Hamm
Beschluß vom 6.Juli 2005
Az.: 2 Ss OWi 177/05

Zum Sachverhalt:
 
Das AG hat gegen den Betr. wegen Verstoßes gegen das Handy-Verbot im Straßenverkehr eine Geldbuße in Höhe von 50 Euro verhängt. Der Antrag des Betr. auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wurde als unbegründet verworfen.

Aus den Gründen:
 
II. … Die Zulassung zur Fortbildung des formellen Rechts und zur Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung scheidet schon deshalb aus, weil der Betr. nur zu einer Geldbuße in Höhe von 50 Euro verurteilt worden ist (§ 80 II OWiG). Es war aber auch nicht geboten, die Nachprüfung des Urteils zur Fortbildung des materiellen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben (§ 80 I, II OWiG).
 
Die materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils führt vorliegend nicht zur Aufdeckung einer Rechtsfrage, die noch offen, zweifelhaft oder bestritten ist (Göhler, OWiG, 13. Aufl., § 80 Rdnr. 3 m. w. Nachw). Das Vorbringen in dem Zulassungsantrag lässt eine solche Rechtsfrage nicht erkennen. Insbesondere ist der Wortlaut des § 23 I lit. a StVO nicht klärungsbedürftig.
 
Das AG hat unter anderem folgende Feststellungen getroffen:
 
„ … Am 19. 7. 2004 um 17.55 Uhr befuhr der Betr. die V-Straße in L. in Fahrtrichtung K. mit dem Pkw … Er hatte zu diesem Zeitpunkt sein Mobiltelefon in der Hand und schaute auf das Display des Mobiltelefons … Dieser Sachverhalt steht fest auf Grund der ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls durchgeführten Beweisaufnahme, insbesondere der geständigen Einlassung des Betr. Dieser erklärte, er habe zum Tatzeitpunkt kein Telefonat geführt, sondern lediglich die Uhrzeit auf dem Display des Mobiltelefons abgelesen. Dazu habe er das Gerät in die Hand genommen.“
 
Diese Feststellungen tragen die Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 23 I lit. a StVO. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift ist dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobiltelefons untersagt, wenn er „hierfür das Mobiltelefon aufnimmt oder hält“. Zur Auslegung des Begriffs „Benutzung“ im Sinne dieser Vorschrift hat der erkennende Senat bereits in seinem Beschluss vom 25. 11. 2002 (NJW 2003, 912 = NZV 2003, 98) ausgeführt, dass nicht differenziert wird, auf welche Weise das Mobiltelefon benutzt wird. Es ist vielmehr jegliche Nutzung untersagt, bei der das Mobiltelefon in der Hand gehalten wird. Ziel des Gesetzgebers war es zu gewährleisten, „dass der Fahrzeugführer während der Benutzung des Mobil- oder Autotelefons beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat. Die Benutzung des Mobiltelefons schließt daher neben dem Gespräch im öffentlichen Fernnetz sämtliche Bedienfunktionen wie das Anwählen, die Versendung von Kurznachrichten oder das Abrufen von Daten im Internet etc. ein. Der Fahrzeugführer darf das Mobil- oder Autotelefon benutzen, wenn er dazu das Telefon oder den Telefonhörer nicht aufnehmen oder halten muss“ (Begr. zur ÄnderungsVO v. 11. 12. 2000, VerkBl 2001, 8).
 
Unter den Begriff der „Benutzung“ i.S. des § 23 I lit. a StVO fällt demzufolge auch die Nutzung eines Mobiltelefons als „Organisator“, wenn es dabei in die Hand genommen wird. Davon erfasst wird auch das vorliegende Ablesen der Uhrzeit vom Display des Mobiltelefons. Auch hierbei handelt es sich um eine „Handhabung bei der Bedienung des Geräts". Entscheidend ist, dass der Betr. das Handy aufgenommen hat und „nicht beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hatte". Gerade dies wollte der Gesetzgeber verhindern, so dass die durch das AG vorgenommene Auslegung der gesetzgeberischen Intention bei Einführung der neuen Vorschrift entspricht, die gerade im Hinblick darauf erfolgt ist, die mit der Bedienung eines Mobiltelefons verbundenen Gefahren auf ein hinnehmbares Maß zu reduzieren. Soweit der Betr. das Ablesen der Uhrzeit vom Display des Mobiltelefons mit dem Ablesen der Uhrzeit von dem Ziffernblatt einer am Handgelenk getragenen Uhr gleichstellen will, ist dieser Vergleich nicht zutreffend. Von Letzterem gehen die beschriebenen Gefahren gerade nicht aus, da die Hände hierzu am Lenkrad verbleiben können.