Beweislast über Zustandekommen eines Vertrags bei einer Internetversteigerung liegt bei Verkäufer

Bei einer Internetversteigerung hat der Verkäufer das Zustandekommen des Vertrags mit dem Ersteigerer zu beweisen.

Gibt der Ersteigerer an, dass nicht er sondern eine andere Person mit seinem Passwort unrechtmäßig an der Versteigerung teilgenommen hat, tritt keine Beweislastumkehr ein, da die Nutzung des Internets bekanntermaßen mit Gefahren jeglicher Art verbunden ist.

OLG Naumburg
Urteil vom 2. März 2004
Az: 9 U 145/03


Zum Sachverhalt:

Der Kl. begehrt Schadensersatz wegen Nichterfüllung nach einem gescheiterten Autoverkauf. Der Kl. war Eigentümer eines Pkw Audi A4. Über einen Freund ließ der Kl. dieses Fahrzeug über das Internet-Auktionshaus eBay versteigern. Gemäß Mitteilung der Firma eBay erfolgte die Kaufabwicklung zum Kaufpreis von 15500 EUR. Als Besteller wird der Bekl. unter seinem eBay-Mitgliedsnamen genannt. Als Lieferadresse wird die Anschrift des Bekl. bezeichnet. Per E-Mail vom selben Tage teilte der Kl. dem Bekl. mit, wann und wo er das Fahrzeug abholen kann. Per E-Mail teilte der Bekl. dem Kl. mit, dass sein Passwort bei eBay geknackt und geändert worden sei und mit seinem Benutzernamen �Schindluder� getrieben werde und er mit diesen Vorfällen nichts zu tun habe. Mit Schreiben vom 23. 4. 2003 wurde der Bekl. zur Erfüllung des Kaufvertrags unter Fristsetzung bis zum 24. 4. 2003 aufgefordert. Der Bekl. reagierte darauf nicht. Nach dem Verkauf seines Fahrzeugs am 10. 4. 2003 kaufte der Kl. bei der Firma Autohaus A einen gebrauchten Pkw Audi A6 zum Kaufpreis von 18000 EUR. Die Übernahme des Fahrzeugs sollte im Mai 2003 erfolgen. Da zu diesem Zeitpunkt eine Erfüllung des Kaufvertrags mit dem Bekl. nicht eingetreten war, sondern der Bekl. die Erfüllung des Kaufvertrags ablehnte, entschloss sich der Kl., das an den Bekl. verkaufte Fahrzeug an die Firma Autohaus A in Zahlung zu geben, und zwar zu einem Preis von 10300 EUR. Ein höherer Kaufpreis als 10300 EUR war nicht zu erzielen.

Dem Kl. ist damit in Höhe der Differenz zwischen dem bei der Internetversteigerung erzielten Kaufpreis von 15500 EUR und dem tatsächlich erzielten Kaufpreis von 10300 EUR, also in Höhe von 5200 EUR, ein Schaden entstanden, den er im vorliegenden Verfahren geltend macht.

Der Kl. ist der Meinung, dass der Bekl. zur Vertragserfüllung verpflichtet sei. Der Bekl. als Inhaber eines e-Mail-Kontos mit einem bestimmten Pseudonym und Passwort müsse auf Grund des Missbrauchrisikos beweisen, dass sein Passwort durch einen unbekannten Dritten ohne sein Wissen verwendet worden sei.

Der Bekl. behauptet, dass die unter Verwendung der eBay-Mitgliedskennung abgegebene Annahmeerklärung nicht von ihm stamme. Ihm sei die Teilnahme an Auktionen am 10. 4. 2003 unter seiner Mitgliedskennung nicht möglich gewesen, da ein unbekannter Dritter sein Passwort für seinen Zugang zu eBay geknackt und am 10. 4. 2003 geändert habe, so dass der Bekl. von der Nutzung seines Kontos ausgeschlossen gewesen sei.

Der Bekl. habe den Missbrauch seines eBay-Kontos bemerkt, als er beim Abfragen seiner mail-box von eBay die Mitteilung erhalten habe, dass das Passwort für den Zugang zu seinem eBay-Konto geändert worden sei. Der Bekl. habe sofort das so genannte �Sicherheitsteam� von eBay per E-Mail über den Missbrauch informiert und um die Sperrung seines Benutzerkontos gebeten. Am 13. 4. 2003 wurde dann zwischen den Parteien unstreitig eine Sperrung des Mitgliedskontos vorgenommen und ein neues Passwort vergeben. Neben der Mitteilung über die Änderung seines Passwortes erhielt der Bekl. – zwischen den Parteien unstreitig – von eBay am 11. 4. 2003 auch mehrere Mitteilungen über weitere am 10. 4. 2003 unter Verwendung seiner Mitgliedskennung getätigte Käufe und Verkäufe. Der Bekl. vermutet, dass sein Passwort durch einen fremden Dritten unter Verwendung eines so genannten �Trojanischen Pferdes� ausgespäht und unbefugt für die vorerwähnten Käufe und Verkäufe benutzt worden sei. Der Bekl. ist daher der Meinung, dass er dem Kl. keinen Schadensersatz schulde.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Kl. blieb ebenfalls ohne Erfolg.

Aus den Gründen:

Der Kl. hat nicht bewiesen, dass im Rahmen einer Versteigerung am 10. 4. 2003 mit dem Bekl.ein Kaufvertrag über einen PKW Audi A4 1.9 TDI Avant zum Preis von 15500 EUR zu Stande gekommen ist.

Die Berufung vertritt lediglich die Ansicht, dass im Hinblick darauf, dass eine Person unter dem Passwort des Bekl. an der Versteigerung teilgenommen hat, eine Beweislastumkehr nach Gefahrkreisen eintrete. Der Bekl. habe zu beweisen, dass ein Dritter unrechtmäßig unter seinem Passwort das Fahrzeug ersteigert habe. Dieser Ansicht ist aus den vom LG unter Berücksichtigung der h.M. in der Rspr. dargelegten Gründen nicht zu folgen. Es ist gerichtsbekannt, dass die Nutzung des Internets mit Gefahren verbunden ist, weil es technisch möglich ist, auch ein ordnungsgemäß geschütztes Passwort �auszuspähen� (Stichwort z.B. Trojaner und �Passwortklau�) und rechtswidrig zu Lasten des Inhabers zu nutzen. Der Senat verkennt nicht, dass dann, wenn dem Verkäufer die Beweislast für das Zustandekommen des Vertrags im Rahmen einer Internetversteigerung auferlegt wird, Fälle von Kaufreue auf Seiten des Käufers ohne Folgen bleiben. Dieses Risiko geht der Verkäufer bei der Nutzung einer Internetauktion in Kenntnis der Missbrauchsmöglichkeiten ein. Dieser Gesichtspunkt ist daher nicht geeignet, eine abweichende Verteilung der Beweislast zu rechtfertigen. Der Bekl. hat schlüssig dargelegt, dass es zu einer missbräuchlichen Nutzung seines Passwortes im Zusammenhang mit der konkreten Versteigerung des Fahrzeugs gekommen sein kann. Es hätte jetzt dem Kl. oblegen nachzuweisen, dass der Bekl. tatsächlich sein Vertragspartner geworden ist. Indes geht der Kl. selbst davon aus, diesen Beweis nicht führen zu können. Die im Termin überreichten Allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Nutzung von E. allein sind nicht geeignet, eine Umkehr der Beweislast zu begründen. Die Berufung war daher zurückzuweisen.