Verbot, Fahrrad zu fahren (nach Alkohol und Drogenkonsum)

Die Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen, die keine Kraftfahrzeuge sind,  beurteilt sich nach den Vorschriften, die auch für das Führen fahrerlaubnispflichtiger Kraftfahrzeuge gelten. § 3 Abs. 2 FeV erklärt die für Bewerber um eine Fahrerlaubnis geltenden Vorschriften der §§ 11 bis 14 FeV für entsprechend anwendbar. § 11 Abs. 1 FeV bestimmt, dass ein Fahrerlaubnisbewerber die notwendigen körperlichen und geistigen Voraussetzungen insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach der Anlage 4 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Auch wenn sich die Regelung ausdrücklich auf einen Fahrerlaubnisbewerber und dessen (bedingte) Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht, bestehen keinerlei Bedenken gegen die entsprechende Anwendung, denn sowohl beim Führen fahrerlaubnisfreier als auch beim Führen fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge geht es um eine Teilnahme am Straßenverkehr und die dafür erforderliche Umsicht, Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit.

OVG Lüneburg, Beschluss vom 01.04.2008, 12 ME 35/08

 

I.

Der am E. geborene Antragsteller ist nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis. Er begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen das von der Antragsgegnerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung ausgesprochene Verbot, (führerscheinfreie) Fahrzeuge im Straßenverkehr zu führen.

Am 5. Dezember 2006 um 18.50 Uhr überfuhr der Antragsteller in F. als Radfahrer das Rotlicht einer Fußgängerampel. Ausweislich des Polizeiberichts roch der Antragsteller deutlich nach Alkohol und schien auch äußerlich sehr betrunken zu sein. Die Polizeibeamten stellten deutliche Beeinträchtigungen der Artikulations- und Steuerungsfähigkeit fest. Der Antragsteller gab gegenüber der Polizei an, regelmäßig Kokain zu konsumieren. Das polizeiliche Protokoll und der Antrag zur Feststellung von Alkohol und Drogen im Blut enthält den Hinweis, dass der Antragsteller schwer drogenabhängig sei. In dem ärztlichen Untersuchungsbericht zur Blutentnahme eine halbe Stunde nach dem Vorfall ist zu der Frage, ob in den letzten 24 Stunden Medikamente oder Drogen verabfolgt oder eingenommen worden sind, eingetragen: Alkohol, Subutex-Programm. Der Arzt notierte keinerlei Ausfallerscheinungen und vermerkte, dass der Antragsteller sich bei der Untersuchung kooperativ sowie freundlich zugewandt verhalten habe und leicht unter Alkoholeinfluss zu stehen schien. Bei der Blutuntersuchung wurden neben einem Blutalkoholgehalt von 2,16 g o/oo positive Befunde für Cannabinoide und Benzodiazepine festgestellt. Die Bestätigungsanalyse ergab einen Wert für THC-Carbonsäure (THC-COOH) von 8.7 ng/ml und für Diazepam von 28 ng/ml sowie für Nordiazepam von 57/ng/ml. Tetrahyocannabiol(THC) und 11-Hydroxy-delta-9-Tetrahydrocannbiol waren in der Bestätigungsanalyse nicht nachweisbar.

Der Verkehrsverstoß wurde durch rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Neustadt vom 15. März 2007 geahndet. Der Antragsteller erhielt wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen.

Nach Auswertung der Strafakten forderte die Antragsgegnerin den Antragsteller mit Schreiben vom 8. Mai 2007 – zugestellt am 10. Mai 2007 – auf, unverzüglich ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen und sonstigen (führerscheinfreien) Fahrzeugen beizubringen. Nachdem der Antragsteller bis zum 7. Juni 2007 sein Einverständnis zu der aufgegebenen Begutachtung nicht erteilt hatte, hörte die Antragsgegnerin ihn mit Schreiben vom selben Tage zu der Absicht an, ihm das Führen von führerscheinfreien Fahrzeugen zu untersagen. Auf den dagegen als Gegenvorstellung bewerteten Widerspruch hob die Antragsgegnerin unter dem 14. Juni 2007 die Anordnung vom 8. Mai 2007 auf und hörte den Antragsteller nun dazu an, ihm das Führen von (führerscheinfreien) Fahrzeugen im Straßenverkehr mittels einer kostenpflichtigen Verfügung mit sofortiger Wirkung zu untersagen. Hierzu führte sie aus: Nach den gesetzlichen Bestimmungen sei ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wer Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes bzw. psychoaktiv wirkende Stoffe/Arzneimittel einnehme. Beim Antragsteller komme erschwerend hinzu, dass er den Konsum der genannten Stoffe und die aktive Teilnahme am Straßenverkehr nicht habe trennen können. Der Antragsteller äußerte sich nicht.

Mit Bescheid vom 27. Juli 2007 untersagte die Antragsgegnerin dem Antragsteller, (führerscheinfreie) Fahrzeuge (u. a. Fahrräder, Mofa) im Straßenverkehr zu führen und ordnete die sofortige Vollziehung dieser Regelung an. Als Rechtsgrundlage nannte die Antragsgegnerin § 3 Absätze 1 und 2 in Verbindung mit Nr. 9.4 der Anlage 4 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) und verwies darauf, dass gemäß § 3 Abs. 2 in Verbindung mit § 11 Abs. 7 FeV ein Gutachten nicht erforderlich gewesen sei, weil die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Fahrzeugen nach den Gesamtumständen zu ihrer Überzeugung feststehe. Die Fahrerlaubnisbehörde sei gemäß § 3 Abs. 1 FeV verpflichtet, das Führen von (führerscheinfreien) Fahrzeugen zu untersagen, wenn sich die jeweilige Person als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen erweise. Ein Ermessen sei nicht eingeräumt. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung erfolge im überwiegenden öffentlichen Interesse. Bei dem Antragsteller seien gegenwärtig weder ein erneuter missbräuchlicher Konsum von psychoaktiv wirkenden Stoffen und Alkoholmissbrauch noch erneute Fahrten unter Alkohol-Betäubungsmitteleinfluss hinreichend sicher auszuschließen. Die danach bestehenden unmittelbaren Verkehrsunfallgefahren seien zum Schutz von Leben und Gesundheit der Allgemeinheit und für den Antragsteller persönlich mit sofortiger Wirkung auszuschließen.

Am 24. August 2007 hat der Antragsteller gegen das Verbot Klage erhoben (9 A 4215/07) und zugleich vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz beantragt. Zur Begründung macht er geltend, der angefochtene Bescheid sei offensichtlich rechtswidrig. Die Antragsgegnerin stütze das ausgesprochene Verbot zu Unrecht auf die Bestimmungen der Fahrerlaubnisverordnung und deren Anlage 4. Diese Anlage beziehe sich ausdrücklich nur auf Kraftfahrzeuge. Der Gesetzgeber unterscheide zwischen den Begriffen Fahrzeug und Kraftfahrzeug. Die Gefährdung durch führerscheinfreie Fahrzeuge sei grundsätzlich als gering einzustufen. Selbst wenn Nr. 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung anwendbar sei, seien persönliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Aus dem ärztlichen Untersuchungsbericht vom 5. Dezember 2006 gehe eindeutig hervor, dass Ausfallerscheinungen nicht erkennbar gewesen seien. Er habe sich freundlich und kooperativ verhalten und nur den Eindruck erweckt, leicht unter Alkoholeinfluss zu stehen. Danach habe ein Regelfall der Anlage 4 nicht angenommen werden dürfen. Es hätte auch gewürdigt werden müssen, dass er, der Antragsteller, bis dahin nur einmal im Straßenverkehr aufgefallen sei. Außerdem habe er nach dem Vorfall eine Entgiftung im Landeskrankenhaus Hildesheim angetreten. Schließlich habe die Antragsgegnerin das ihr durch § 3 FeV eingeräumte Ermessen verkannt. Ein solches Ermessen bestehe auch bei Nichteignung bzw. bedingter Eignung zum Führen von führerscheinfreien Fahrzeugen jedenfalls bei der Wahl der erforderlichen Maßnahme. Bei der Abwägung sei zu seinen Gunsten zu werten, dass der Bescheid einen massiven Rechtseingriff bedeute und nach den Gesamtumständen von einem Sicherheitsrisiko für die Allgemeinheit nicht ausgegangen werden dürfe.

Der Antragsteller beantragt,

                         die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen,

ihm Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt Beismann aus Hannover beizuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

                        den Antrag abzulehnen.

 Sie tritt dem Vorbringen im Einzelnen entgegen und ergänzt, der Antragsteller habe sich eindeutig als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Das – auch nur einmalige – Fahren unter Betäubungsmitteln und erheblichem Alkoholeinfluss rechtfertige das Verbot zum Führen von (führerscheinfreien) Fahrzeugen im Straßenverkehr unter Anordnung der sofortigen Vollziehung, weil das Interesse an der Sicherheit des Straßenverkehrs das private Interesse des Antragstellers deutlich übersteige. Zur Wiederherstellung der Fahrtauglichkeit wäre neben einer mindestens sechsmonatigen Drogenabstinenz eine generelle, durch medizinisch-psychologische Begutachtung bestätigte Einstellungs- und Verhaltensänderung im Umgang mit berauschenden Substanzen nachzuweisen.

 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin und die Akten der Staatsanwaltschaft Hannover (G.) Bezug genommen. Diese Unterlagen haben dem Gericht bei der Entscheidung vorgelegen,

 II.

Der zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat keinen Erfolg.

 Nach § 80 Abs. 5 S. 1 Alt. 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer Klage ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn das private Interesse des Antragstellers, von der Vollziehung des angegriffenen Bescheids verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse am Vollzug des Bescheids überwiegt. Im Rahmen der danach vorzunehmenden Abwägung kommt den Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache maßgebliche Bedeutung zu. Nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage in der Hauptsache aller Voraussicht nach abzuweisen sein. Denn der mit der Klage angefochtene Bescheid vom 27. Juli 2007, dessen sofortige Vollziehung angeordnet wurde, wird sich voraussichtlich als rechtmäßig erweisen. Im Rahmen der nach § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO vorzunehmenden gerichtlichen Interessenabwägung sind auch sonst keine Gesichtspunkte erkennbar, die trotz des zu erwartenden Unterliegens des Antragstellers in der Hauptsache dennoch für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage sprächen.

 Bei der im vorliegenden Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung hat die Antragsgegnerin den Antragsteller zu Recht als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen angesehen. Diesen Schluss hat sie zutreffend daraus gezogen, dass der Antragsteller mit dem sehr hohen Blutalkoholgehalt von 2,16 g o/oo und unter Betäubungsmitteleinfluss im öffentlichen Straßenverkehr Fahrrad gefahren ist.

 Der angefochtene Bescheid findet seine rechtliche Grundlage in § 3 Abs. 1 FeV, der auf der Ermächtigungsgrundlage des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 y) StVG beruht. Erweist sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet zum Führen von (fahrerlaubnisfreien) Fahrzeugen, ist die Fahrerlaubnisbehörde nach dieser Bestimmung verpflichtet, ihm das Führen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen. Die Regelung gilt für das Führen von Fahrzeugen aller Art, auch für das Fahrradfahren (vgl. Dauer in Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., 3 FeV, § 3 Rdnr. 1 und einhellige Rechtsprechung: z. B. OVG Bremen, Beschluss vom 09.01.1990 – 1 B 108/89, NZV 1990, 246; BayVGH, Beschluss vom 27.03.2006 – 11 ZB 06.41, 11 C 053297; 11 C 05.3298 – zitiert nach juris; VG München, Beschluss vom 17.01.2007 – M 1 S 06.4743, zitiert nach juris). Die Ungeeignetheit zum Führen von Fahrzeugen beurteilt sich hierbei nach den Vorschriften, die auch für das Führen fahrerlaubnispflichtiger Kraftfahrzeuge gelten. § 3 Abs. 2 FeV erklärt die für Bewerber um eine Fahrerlaubnis geltenden Vorschriften der §§ 11 bis 14 FeV für entsprechend anwendbar. § 11 Abs. 1 FeV bestimmt, dass ein Fahrerlaubnisbewerber die notwendigen körperlichen und geistigen Voraussetzungen insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach der Anlage 4 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Auch wenn sich die Regelung ausdrücklich auf einen Fahrerlaubnisbewerber und dessen (bedingte) Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht, bestehen keinerlei Bedenken gegen die entsprechende Anwendung, denn sowohl beim Führen fahrerlaubnisfreier als auch beim Führen fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge geht es um eine Teilnahme am Straßenverkehr und die dafür erforderliche Umsicht, Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit. Das Gefährdungspotenzial, welches hierbei auch von einem ungeeigneten Fahrradfahrer ausgeht, etwa durch der Verkehrssituation nicht angepasste Reaktionen sowie ein unkontrolliertes und die Verkehrsvorschriften missachtendes Fahrverhalten, rechtfertigt diesen strengen Maßstab. Auch wenn die Verkehrsteilnahme mit motorisierten Fahrzeugen schon wegen der möglichen höheren Geschwindigkeiten ein größeres Gefährdungsrisiko birgt, können gerade auch straßenverkehrsuntüchtige Fahrradfahrer schwere Unfälle verursachen und dadurch sich selbst und andere Verkehrsteilnehmer vor allem in ihren geschützten Rechten auf Leben und Gesundheit erheblich verletzen.

 Nach Nr. 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung begründet die Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes bzw. psychoaktiv wirkender Stoffe in aller Regel die mangelnde Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen und entsprechend auch von allen anderen Fahrzeugen. Auf den Antragsteller dürften auch weitere der unter Nr. 9 der Anlage 4 aufgeführten Fallgruppen zutreffen, nach denen Personen für alle Fahrerlaubnisklassen ohne Weiteres als nicht geeignet anzusehen sind. Aus den polizeilichen Feststellungen wie auch der ärztlichen Befunderhebung anlässlich der Blutentnahme und der Untersuchungsergebnisse folgt, dass der Antragsteller im Sinne von Nr. 9.4 zumindest gelegentlich Cannabis konsumiert und auch nicht zwischen Konsum und Fahren getrennt hat, und zudem zusätzlich Alkohol und andere psychoaktiv wirkende Stoffe zu sich genommen hatte, wie die positiven Befunde von Cannabinoiden in der Form von THC-COOH, Benzodiazepinen mit dem Wirkstoff Diazepam und Nordiazepam sowie dem Blutalkohoögehalt von 2,16 g o/oo belegen. Überdies hatte der Antragsteller den ermittelnden Polizeibeamten gegenüber mitgeteilt, er würde regelmäßig Kokain konsumieren. Darüber hinaus bestehen nach Aktenlage Anhaltspunkte dafür, dass auch der in Nr. 9.3 beschriebene absolute Eignungsmangel, nämlich die Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes beim Antragsteller vorliegt. Dazu heißt es in dem polizeilichen Protokoll der Polizeiinspektion Garbsen zur Feststellung von Alkohol und Drogen im Blut vom 5. Dezember 2006 „Person ist schwer drogenabhängig“ und im ärztlichen Untersuchungsbericht ist ein Hinweis auf das Subutex-Programm vermerkt. Das Mittel Subutex enthält den Wirkstoff Buprenorphin, der bei der Drogenersatztherapie zur Behandlung von Opiatabhängigen verwendet wird. Dass der Antragsteller Kontakt zu harten Drogen hatte, ergibt sich auch daraus, dass er durch Urteil des Amtsgerichts Hannover vom 6. Mai 2003 wegen des unerlaubten Besitzes von Heroin am 24. Dezember 2002 zu einer Geldstrafe verurteilt worden ist. Die Alkoholbeeinflussung des Antragstellers mit dem Blutalkoholgehalt von 2,16 g o/oo sowie das Vorbringen des Antragstellers im gerichtlichen Verfahren, er habe nach dem Rotlichtverstoß eine Entgiftungsbehandlung im (damaligen) Landeskrankenhaus Hildesheim angetreten, deuten auch in Bezug auf Alkohol zumindest auf eine fahreignungsausschließende Missbrauchsproblematik im Sinne von Nr. 8.1 der Anlage 4 hin.

 Im gerichtlichen Verfahren hat der Antragsteller keine Fakten vorgetragen, die die beschriebenen Eignungsmängel in seinem Fall entkräften könnten und ihn insbesondere entgegen der Regel der Nr. 9.4 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung derzeit für eine Teilnahme am Straßenverkehr als Fahrradfahrer tauglich erscheinen lassen. Soweit der Antragsteller sich dazu auf die ärztlichen Feststellungen im Untersuchungsbericht anlässlich der Blutentnahme vom 5. Dezember 2006 beruft, überzeugt dies nicht. Wenn jemand mit einem Blutalkoholgehalt von 2,16 g o/oo nur leicht unter Alkoholeinfluss zu stehen scheint und sich auch in der Motorik, dem Denkablauf, dem Verhalten und der Stimmung Hinweise auf die übermäßige Alkoholaufnahme nicht ergeben haben, spricht dies nach allgemeiner Kenntnis für eine hohe Alkoholgewöhnung beim Antragsteller, die eine Missbrauchsproblematik offenbart und den Schluss auf eine fehlende Fahreignung unterstützt. Auch die angegebene Entgiftung im Landeskrankenhaus ändert die Bewertung nicht, zumal der Antragsteller weder vorgetragen, geschweige denn belegt hat, dass er nach dem Vorfall vom 5. Dezember 2006 seinen Alkohol- und Drogenkonsum eingestellt oder auch nur eingeschränkt hätte. Dazu hat die Antragsgegnerin zu Recht darauf hingewiesen, dass der bloße Zeitablauf seit dem Vorfall am 5. Dezember 2006 die für die Nichteignung maßgeblichen Umstände nicht entfallen lässt, sondern dass neben dem Nachweis über eine drogenfreie Lebensführung eine grundlegende Einstellungs- und Verhaltensänderung im Umgang mit Betäubungs-/Rauschmitteln belegt werden müsste.

 Zutreffend rügt der Antragsteller allerdings, dass die Antragsgegnerin bei ihrer Entscheidung, dem Antragsteller das Führen von Fahrzeugen zu verbieten, das ihr in Bezug auf die ergriffene Maßnahme eingeräumte Ermessen nicht erkannt und deshalb auch ersichtlich nicht ausgeübt hat. Dies führt jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, denn nach den Gesamtumständen des vorliegenden Falles war das Ermessen auf die hier von der Antragsgegnerin verfügte Untersagung zum Führen von Fahrzeugen reduziert. Damit hat sich die Nichtausübung des bestehenden Ermessens ausnahmsweise auf die Entscheidung nicht ausgewirkt und führt nicht wegen eines Ermessensfehlgebrauchs zur Rechtswidrigkeit des Bescheides (für alle: Gerhardt in Schoch/Schmidt-Aßmann/ Pietzner, VwGO, Stand 2007, § 114 Rdnr. 27 m. w. Nachw.).

 Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV muss die zuständige Behörde demjenigen, der sich als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen erweist, das Führen untersagen, es beschränken oder die erforderlichen Auflagen erlassen. Die Regelung verpflichtet die Behörde zum Einschreiten gegen den nicht geeigneten Fahrer, sie stellt es aber grundsätzlich in ihr Ermessen, ob sie der von dem Fahrer ausgehenden Gefahr durch eine Untersagung, eine Beschränkung oder durch Auflagen begegnet, indem sie etwa ein lediglich zeitlich, örtlich oder sachlich eingeschränktes Verbot ausspricht. Hier kam nach Lage der Dinge wegen der oben dargelegten schwer wiegenden, aus verschiedenen Umständen abzuleitenden Nichteignung zum Führen von Fahrzeugen allein das ausgesprochene Verbot zum Führen von (fahrerlaubnisfreien) Fahrzeugen in Betracht, das sich insbesondere auch auf das Führen eines Fahrrades erstreckt. Nur so konnte die Antragsgegnerin der von dem Antragsteller ausgehenden Gefahr bei einer Verkehrsteilnahme wirksam begegnen. Eine mildere Maßnahme könnte eine zukünftige Fahrt des Antragstellers unter Drogen-, die Verkehrssicherheit beeinträchtigenden Medikamenten- und/oder Alkoholeinfluss nicht zuverlässig verhindern. Dabei ist davon auszugehen, dass der Antragsteller einen völlig unkontrollierten Gebrauch der genannten berauschenden bzw. psychoaktiv wirkenden Mittel betreibt und deshalb auch eine den Antragsteller weniger belastende Beschränkung in zeitlicher, örtlicher oder sachlicher Hinsicht oder die Erteilung von Auflagen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit nicht möglich war.

Auch wenn die Antragsgegnerin das Verbot nicht zeitlich begrenzt hat, wird der Antragsteller hierdurch nicht unabänderlich von der Teilnahme am Straßenverkehr mit einem Fahrrad ausgeschlossen. Vielmehr hat der Antragsteller es selbst in der Hand, seine Eignung zum Führen von Fahrzeugen wieder herzustellen. Hierauf hat die Antragsgegnerin sowohl in dem Bescheid selbst als auch in ihrer Antragerwiderung hingewiesen und dem Antragsteller auch mitgeteilt, in welcher Form dies geschehen könne.